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Archiv "Perspektiven künftiger politischer Entscheidungen" (11.05.1989)

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AK IJEL LITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

r Perspektiven künftiger

politischer

Entscheidungen

Sitzung der Vertreterversammlung

der Kassenärztlichen l3undesvereinigung

in Berlin

D

er neue Vorstand der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung steht wahrlich vor schwierigen Aufgaben:

Erstens: Das Gesundheits-Re- formgesetz, das nicht die KBV er- funden hat, zwingt zu ungewollten Beschlüssen. Die gesetzeskonforme Umsetzung der Blümschen Reform erzwingt auch die Änderung einiger für die kassenärztliche Versorgung wichtiger Vorschriften oder die Mit- wirkung an deren Änderung. Das be- trifft vor allem — wie Dr. Oesing- mann der Vertreterversammlung in Berlin darlegte — die Richtlinien für den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen, eine Rahmenemp- fehlung zum Abschluß dreiseitiger Verträge zwischen Krankenhausträ- gern, Krankenkassen und Kassen- ärztlichen Vereinigungen, Richtli- nien der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung zur Qualitätssicherung und den Bundesmantelvertrag (mit den Pflichtkassen) sowie den Arzt/

Ersatzkassenvertrag. Noch konnte Dr. Oesingmann nichts Endgültiges über die Erneuerung dieser wichti- gen Verträge sagen, weil die Ver- handlungen mit den Partnern auf der Kassenseite noch nicht so weit gediehen sind.

Als zumindest so wichtig wie die vom Gesetz veranlaßte Umsetzung der „Gesundheitsreform" stuften Dr.

Oesingmann und — wie die vehemen- te und engagierte Diskussion seines Referates erwies — gleichermaßen die Vertreterversammlung der KBV die noch zu bewältigenden Zukunfts- probleme ein.

Zweitens also: „Wie können wir bei steigenden Arztzahlen und einer

nach wie vor unzureichend gewähr- leisteten fachlichen Qualifikation von Kassenärzten ohne abgeschlos- sene Weiterbildung eine Versorgung sichern, die ärztlich und wirtschaft- lich dem Bedarf gerecht wird? Das ist das zweite große Problem." Und:

Drittens „geht es um die Weiter- entwicklung des Systems der kassen- ärztlichen Vergütung auf der Grund- lage des EBM. Dabei sollen wir so etwas wie die Quadratur des ICreises zustande bringen: Angemessene Vergütung der kassenärztlichen Lei- stungen bei strikter Wahrung des Grundsatzes der Beitragssatzstabili- tät." So Oesingmann.

Z

weifellos: Die ungebremst stei- gende Arztzahl und die damit verbundenen Probleme, insbe- sondere der Mangel an Qualifikation für die Tätigkeit der Neuapprobier- ten als Hausarzt in der Kassenpraxis, stellen ein Hauptproblem nicht nur in der Gegenwart, sondern leider auf Jahre hinaus dar. Referat und Dis- kussion in dieser Sitzung der KBV- Vertreterversammlung konzentrier- ten sich daher schwerpunktartig auf dieses Thema, in eine Entschließung mündend, die auf der nachfolgenden Seite wiedergegeben ist.

I> Es geht für die KBV jetzt darum, „die letzte Chance" zu nut- zen, im Zuge der Umsetzung der EG-Richtlinie in deutsches Recht zur Sicherung einer qualifizierten und strukturierten Weiterbildung zum Allgemeinarzt zu gelangen. Die Voraussetzungen dafiir sieht die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einer Verkürzung der Studiendau-

er von sechs auf fünf Jahre (durch Wegfall des praktischen Kranken- hausjahres, des PJ-Jahres also) und gleichzeitiger Verkürzung der Min- destweiterbildungsdauer für die All- gemeinmedizin von vier auf drei Jah- re (siehe auch das Schaubild auf ei- ner der folgenden Seiten).

D

ie Kassenärztliche Bundes- vereinigung konnte sich, wie erinnerlich, auch bereits vor der Abfassung und Verabschiedung des „Gesundheits-Reformgesetzes"

Hoffnung machen, daß es zu einer mindestens dreijährigen praktischen Vorbereitungszeit vor Kassenzulas- sung käme Daß der Bundesarbeits- minister Dr. Norbert Blüm „im Wort" war, ist vielfach zitiert wor- den. Er ist es weiterhin, und so versi- cherte er denn auch der Vertreter- versammlung der KBV in einem

Grußwort:

„Ich bin nach wie vor der Auf- fassung, daß in der kassenärztlichen Versorgung als ‚Hausarzt' nur derje- nige tätig werden soll, der nach dem Studium eine mindestens dreijährige qualifizierte Weiterbildung in der Allgemeinmedizin durchlaufen hat.

Ich werde mich deshalb weiterhin mit Nachdruck für die Verwirkli- chung der dreijährigen qualifizierten Weiterbildung in der Allgemeinme- dizin einsetzen. Ich habe mit aller Entschiedenheit klargemacht, daß eine nur zweijährige Zusatzausbil- dung unter voller Einbeziehung der Zeit als Arzt im Praktikum als Quali- fikation nicht ausreichend sein kann;

das wäre eine Scheinqualifikation, die nicht über die heutigen Zulas- Dt. Ärztebl. 86, Heft 19, 11. Mai 1989 (19) A-1379

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rbie Vertreterversammlung der LiIKassenärztlichen Bundesver- einigung sieht in dem seit Jahren festzustellenden Rückgang der Zahl weitergebildeter Allgemein- ärzte eine ernsthafte Gefährdung einer bedarfsgerechten ambulan- ten Versorgung der Bevölkerung.

Alle bisherigen Bemühungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, durch die finanzielle Unterstüt- zung von Lehraufträgen für Allge- meinmedizin an den Hochschulen das Interesse an der Allgemein- medizin und durch die finanzielle Unterstützung von Weiterbil- dungsmöglichkeiten bei Allge- meinärzten diese Weiterbildung zu fördern, haben keine Ände- rung des negativen Trends be- wirkt.

Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesver- einigung sieht daher in der Um- setzung der EG-Richtlinie Allge- meinmedizin die letzte Chance, diese besorgniserregende Ent- wicklung zu brechen und für die Zukunft die erforderliche haus- ärztliche Qualifikation durch den weitergebildeten Allgemeinarzt als Zugangsvoraussetzung zum System der gesetzlichen Kranken- versicherung zu sichern.

Deshalb fordert die Vertre- terversammlung der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung mit Nachdruck die Umsetzung der EG-Richtlinie Allgemeinmedizin im Wege der Weiterbildung zum Allgemeinarzt. Die Vorausset- zungen dafür sind durch eine gleichzeitige Verkürzung der Stu- diendauer von 6 auf 5 Jahre (durch Wegfall des praktischen Krankenhausjahres) und der Min-

destweiterbildungsdauer für die Allgemeinmedizin von 4 auf 3 Jahre zu schaffen. Der Umstel- lungsprozeß einschließlich der er- forderlichen Umstrukturierung des Curriculums kann nach Auf- fassung der Vertreterversamm- lung bis zum Jahre 1995 und da- mit bis zum eigentlichen Wirk- samwerden der EG-Richtlinie Allgemeinmedizin abgeschlossen sein.

Damit ist auch die allgemeine politische Vorgabe erfüllt, daß die Ausbildung zum Arzt einschließ- lich der Zugangsvoraussetzungen zur Kassenarztpraxis insgesamt 8 Jahre nicht überschreiten soll. In- nerhalb dieser Zeitspanne stehen jedoch 3 Jahre für eine qualifizier- te und strukturierte Weiterbil- dung zum Allgemeinarzt zur Ver- fügung. Die Praxisphase als Arzt im Praktikum wird davon nicht berührt. Sie kann bereits nach gel- tendem Recht bei der Weiterbil- dung berücksichtigt werden, wenn die Weiterbildungsvoraussetzun- gen erfüllt sind. Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigun- gen könnten bei Verwirklichung des „Fünf + Drei-Modells" die Weiterbildungschancen der jun- gen Ärztegeneration durch Wei- terbildungsmöglichkeiten in Pra- xen der Kassenärzte und Belegkli- niken verbessern.

Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesver- einigung appelliert daher ein- dringlich an die politisch Verant- wortlichen, diesen zur Sicherung der Qualität der ambulanten kassenärztlichen Versorgung un- verzichtbaren Schritt zu voll-

ziehen.

I Zur Umsetzung

der EG-Richtlinie Allgemeinmedizin

Resolution der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, beschlossen von der Vertreterversammlung der 1CBV am 1. Mai 1989 in Berlin

sungsvoraussetzungen hinausgeht.

Sie werden mich auch in Zukunft in dieser Frage an Ihrer Seite finden.

Meine Verantwortung für eine quali- tativ hochstehende kassenärztliche Versorgung erlaubt es mir nicht, in dieser wichtigen Frage zweifelhaften Scheinlösungen zuzustimmen."

Referat und Diskussion zu dem anderen hochaktuellen Hauptthema, der Weiterentwicklung der Vergü- tung kassenärztlicher Leistungen, hatten kurz vor der Sitzung der Ver- treterversammlung schwer verdau- liche Nahrung erhalten durch das Jahresgutachten 1989 des Sachver- ständigenrates für die Konzertierte Aktion, insbesondere dessen Passa- gen über eine Neuordnung der kas- senärztlichen Versorgung und die Einrichtung eines Primärarztsy- stems. Der Vorstand hatte zu einem Referat über dieses Jahresgutachten den Finanzwissenschaftler Prof. Dr.

rer. pol. Klaus-Dirk Henke von der Universität Hannover eingeladen und Prof. Dr. med. Heinz Losse zu ei- nem Diskussionsbeitrag aufgefordert (beide sind Mitglieder des Sachver- ständigenrates).

D

ie Debatte über deren Refe- rate konzentrierte sich, das war zu erwarten, auf zwei Kernpunkte des Sachverständigen- gutachtens: auf die als Dauerlösung nicht zu akzeptierende Beitragssatz- stabilität und auf die Vorschläge zur primärärztlichen Versorgung, Vor- schläge, die den Zugang zur kassen- ärztlichen Versorgung nur über den Hausarzt (mit Vergütung durch Kopf- pauschale) vorsehen, während die Spezialisten nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden könn- ten, Honorierung nach Einzellei- stung, kombiniert mit Fallpauschale.

Sowohl der Ideologie der Bei- tragssatzstabilität als auch dem Mo- dell der neugegliederten primär- und gebietsärztlichen Versorgung erteil- ten Dr. Oesingmann und die Dele- giertenversammlung eine deutliche, ja massive Absage.

Die Diskussion wird weiterge- hen: der KBV-Vorstand wird jetzt eine schriftliche Stellungnahme zum Sachverständigengutachten erarbei- ten. roe

A-1380 (20) Dt. Ärztebl. 86, Heft 19, 11. Mai 1989

Referenzen

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