„Flying Doctors”
Abbildung 4: Im „Unterrichtsraum" der School of the Air in Mt. Isa.Vor der Lehre- rin mit ihrem Mikrophon ein Tableau mit Bildern ihrer oft Hunderte von Kilome- tern entfernten Schüler
— in 15-Minuten-Abschnitten für jede Altersstufe — ist Unterricht: vom Le- sen und Rechnen über Geographie bis zum Singen. Und das ergibt nicht nur eine geistig-schulische Betreu- ung! Man muß sich vorstellen, was solch eine Kontaktmöglichkeit rein psychisch für Kinder bedeutet, die ansonsten in absoluter Einsamkeit leben; für Kinder, deren Freunde 300 Kilometer weit entfernt wohnen .. . So schließt sich der Kreis: Aufgabe des Royal Flying Doctor Service und der School of the Air ist es heute, jene Menschen, die in die einsam- sten Regionen des australischen Kontinents ein wenig Leben tragen, sowohl körperlich wie geistig und seelisch zu betreuen. Funkgerät und Flugzeug sind für die Outposts in Steppe und Wüste wahrhaftig zu Le- bensadern geworden.
Anschrift des Verfassers:
Dipl.-Ing. Götz Weihmann Haydnstraße 22
7148 Remseck 1
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
JAPAN
Werftspende
Eine von der japanischen Werftin- dustrie getragene Stiftung hat der Weltgesundheitsorganisation ei- nen freiwilligen Beitrag von 3,3 Millionen Dollar überwiesen. Das Geld soll vor allem in der westpazi- fischen Region der WHO verwen- det werden; gedacht ist an Maß- nahmen der Leprabekämpfung, der Pockenausrottung, der Vor- sorge gegen Erblindung und die Erforschung von Tropenkrankhei- ten. Zusätzlich dazu gab die Stif- tung der Werft eine weitere Million Dollar an die Vereinten Nationen zur publizistischen Unterstützung des Nord-Süd-Dialogs und eine halbe Million Dollar an das Flücht- lingshilfswerk der Vereinten Natio- nen zur Unterstützung von burme- sischen Flüchtlingen in Bangla Desh. Insgesamt hat die Industrie- stiftung bisher 6,3 Millionen Dollar an die Weltgesundheitsorganisa- tion gespendet. WHO
AUSTRALIEN
Wieder weg vom Sozialismus
Das überhastet eingeführte, kost- spielige Experiment, mit dem die frühere Labour-Regierung Austra- liens den Weg zu einem staatli- chen Gesundheitsdienst eröffnen wollte, wird von der seit etwa zwei Jahren im Amt befindlichen kon- servativen Regierung allmählich auf einen anderen Weg gebracht.
Seit dem 1. Juli dieses Jahres ist das sogenannte „bulk-billing" ab- geschafft worden. Es bedeutete, daß Ärzte — sie waren von der Re- gierung damals aufgefordert wor- den, dies zu tun — sich dafür ent- scheiden konnten, ihre Honorare nicht vom Patienten zu beziehen, sondern bei der staatlichen Kran- kenkasse „Medibank" in Rech- nung zu stellen. Nun gilt wieder einheitlich das Kostenerstattungs- system, von dem nur Rentner aus- genommen sind. Gleichzeitig wur-
AUS ALLER WELT
den die Selbstbeteiligungen er- höht; für eine normale Beratung hat der Patient statt 90 Cent jetzt 2,20 Dollar zu bezahlen (1 Australi- scher Dollar = 2,50 DM); die Höchstbeteiligung steigt von 5 auf 10 Dollar für jede Gebührenposi- tion.
Gesundheitsminister Ralph munt begründete diese Maßnahme zum einen damit, daß die Kosten des Gesundheitswesens in Australien von 1971 bis 1976 auf das Zweiein- halbfache gestiegen seien, ohne daß eine Verbesserung im Ge- sundheitszustand der Bevölke- rung zu erkennen sei. Zum ande- ren erstrebt die Regierung aber auch eine Senkung der Beiträge zur staatlichen Krankenkasse. bt
CSSR
Schwierigkeiten mit der Akupunktur
In der Tschechoslowakei gibt es rund 100 Ärzte, die sich intensiv mit der Akupunktur beschäftigen und eine Fachkommission für Akupunktur bei der Tschechi- schen und Slowakischen Gesell- schaft für Innere Medizin gebildet haben. Obwohl sie schon mehr als 200 Fachberichte publiziert haben, konnten diese Enthusiasten bisher keinen Erfolg verbuchen bei Ver- handlungen mit den zuständigen
„höheren Stellen". Akupunktur wird immer noch als eine Art Hob- by betrachtet. Jetzt versuchen sie, durch ökonomische Argumente die Aufmerksamkeit zu wecken.
Wenn bestimmte Krankheiten nicht mit Medikamenten, sondern mit Nadeln — die ja langfristige In- vestition darstellen — behandelt werden, könnte man viel sparen.
Außerdem verlangen die Akupunk- turärzte, daß wenigstens die Grundliteratur zu diesem Thema in der tschechischen Sprache er- scheinen sollte; darüber hinaus halten sie es für angebracht, den Medizinstudenten wenigstens in- formative Vorlesungen über Aku- punktur zu bieten. olh
DEUTSCHES ARZUBLATT
Heft 40 vom 5. Oktober 19782299
Spektrum der Woche Aufsätze Notizen
TAGUNGSBERICHT
Arbeits- und Sozialmedizin in Ulm
Enge Verbindung zwischen Forschung und Praxis
Mit einer wissenschaftlichen Tagung stellte sich
die neue „Sozial- und Arbeitsmedizinische Akademie Ulm e. V."
erstmals öffentlich vor
Wesentliches beitragen. Das Sozial- ministerium erwarte, daß nicht nur die Ärzte und medizinischen Assi- stenzberufe, sondern auch die Füh- rungskräfte in der Wirtschaft sowie Gutachter und Richter an den So- zialgerichten von dieser Chance der Fortbildung Gebrauch machen, um dann die Möglichkeiten der Präven- tion und Rehabilitation im geglie- derten System unseres Gesund- heitswesens wirkungsvoll einzuset- zen.
Die ärztliche Aufgabe ist auch eine pädagogische Nach mehrjähriger Vorbereitungs-
zeit trat am 13. September die So- zial- und Arbeitsmedizinische Aka- demie Ulm e. V., Stuttgart, in der Universität Ulm mit einer ersten wis- senschaftlichen Tagung an die Öf- fentlichkeit. Vor über 200 Vertretern aus allen am Gesundheitswesen in Baden-Württemberg maßgeblich beteiligten Institutionen unterstri- chen der Vorstand und die neu ge- wählten Kuratoriumsvorsitzenden, Frau Minister Annemarie Griesinger, Minister für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung in Baden-Württem- berg, sowie Dr. med. Bernhard De- genhard, , Ehrenpräsident der Landesärztekammer Baden-Würt- temberg, einstimmig die Notwendig- keit dieser Einrichtung zur interdis- ziplinären Aus-, Fort- und Weiterbil- dung auf dem Gebiet der Sozial- und Arbeitsmedizin.
Die Akademie soll, wie ihr Vor- standsvorsitzender, Dr. jur. Rein- hard Blasig, unterstrich, „neutrale sachbezogene Plattform für das zu- künftige Bild einer neuen Medizin"
sein. Die Universität Ulm habe ihre vorbildliche Leistung in der Sozial- und Arbeitsmedizin bereits bewie- sen. So beispielsweise in der Ent- wicklung des künstlichen Pankreas von Prof. Dr. med. E. F. Pfeiffer und dem „ökologischen Kurs" von Prof.
Dr. med. Th. Fliedner. Beide Vorha- ben, Forschung am Pankreas und Lehre für den ökologischen Kurs, habe die Landesversicherungsan- stalt Württemberg schon bisher ge- fördert und damit eine praktische Zusammenarbeit zwischen Universi-
tät und Sozialversicherung demon- striert, wie sie modellhaft für die künftige Arbeit der Akademie gelten solle.
Die Einsicht in die Notwendigkeit ei- ner Zusammenarbeit ergäbe sich auch aus der breiten Zustimmung, einen Sitz im Kuratorium zu über- nehmen. Bereits jetzt hätten sich in diesem Gremium praktisch alle Ver- antwortlichen zusammengefunden:
Repräsentanten der Ärztekammern, Universitätsinstitute, Kassenärztli- che Vereinigungen, gesetzliche Krankenkassen, Unfallversicherun- gen, Versorgungsämter, die Arbeits- verwaltung bis zu den Sozial- und Arbeitsgerichten, Berufsförderungs- werke sowie die maßgeblichen Ver- treter der Arbeitgeber- und Arbeit- nehmerorganisationen.
„Die Medizin im elfenbeinernen Turm der Universität und des Ordi- nationszimmers gibt es nicht mehr.
Das haben die Ärzte schmerzlich er- fahren müssen", betonte Minister Annemarie Griesinger. Die großen wirtschaftlichen und gesellschaftli- chen Schwierigkeiten verpflichteten alle dazu, einerseits der Kostenent- wicklung entgegenzuwirken, ande- rerseits aber Erreichtes auf dem Ge- biet der sozialen Sicherung zu erhal- ten und im Rahmen der Möglichkei- ten weiterzuentwickeln. Die Sozial- und Arbeitsmedizinische Akademie, die Forschung, Lehre und Praxis in einmaliger Weise verbinde und in ih- rer Abstützung auf zahlreiche Träger eine interdisziplinäre Zusammenar- beit praktizieren wolle, könne dazu
Anhand von Statistiken über isch- ämische Herzerkrankungen, Krebs und Hypertonie unterstrich Prof. Dr.
med. Siegfried Heyden, Duke Uni- versity Medical Center Department Community and Family Medicine, USA, wie untrennbar heute moderne Präventivmedizin mit dem Fort- schritt der medizinischen For- schung und Innovation verbunden ist. Die amerikanischen Zahlen über den Rückgang der Koronar-Mortali- tät, der Apoplexie-Mortalität und der Änderung der Ernährungsgewohn- heiten seien ein beredtes Zeugnis für unsere Eigenverantwortung bei der Gesundheitserhaltung. Trotz eher steigendem psychosozialem Streß zeigten die ischämischen Herzerkrankungen in den USA für beide Rassen und alle Altersklassen signifikante Rückgänge als Todes- ursachen.
Rehabilitation ist nicht nur ein medi- zinischer Vorgang, also eine ärztli- che Aufgabe, sondern vielmehr eine sehr umfassende, soziale Aufga- benstellung. Die Fragen, die sich aus der Wandlung gesellschaftlicher Strukturen und Probleme einer in- dustriellen Entwicklung ergeben, blieben im Studiengang des Arztes jedoch noch heute weitgehend un- berücksichtigt, obwohl die ärztliche Approbationsordnung von 1970 den weitgehend verschwommenen Be- griff der „ökologischen Fachberei- che" offiziell gemacht habe, führte Prof. Dr. med. Volkmar Paeslack, Universität Heidelberg, Mitglied des Ausschusses für Forschung und
2300 Heft 40 vom 5. Oktober 1978
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
BEKANNTMACHUNGEN
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Fortsetzung von Heft 39/1978, Seite 2228 ff. (Bundesmantelvertrag)
Belegarzt-Vertrag
Anlage 1 zum BMV
aus der kassenärztlichen Gesamtvergü- tung nach Maßgabe des § 7 Nr. 2 zu erfolgen.
2. Die Abrechnung des ärztlichen Hono- rares erfolgt auch dann aus der kassen- ärztlichen Gesamtvergütung nach Maß- gabe des § 7 Nr. 2, wenn der Patient auf seinen eigenen Wunsch in ein Ein- oder Zweibettzimmer aufgenommen, jedoch vom Belegarzt nicht privat behandelt wird.
Sozialmedizin in Ulm
Lehre der Akademie, aus. Die Grün- dung der Akademie stelle einen Ver- such dar, alle am Gesundheitswesen Beteiligten mit den notwendigen so- zialmedizinischen Möglichkeiten, Handlungsweisen und Methoden vertraut zu machen.
Sozialmedizinische Maßnahmen verordnen
3 Die Kassenärztliche Bundesver- einigung, K.d.ö.R., Köln, einerseits und der Bundesverband der Orts- krankenkassen, K.d.ö.R., Bonn-Bad Godesberg, der Bundesverband der Betriebskrankenkassen, K.d.ö.R., Essen, der Bundesver- band der Innungskrankenkassen, K.d.ö.R., Köln, der Bundesverband der landwirtschaftlichen Kranken- kassen, K.d.ö.R., Kassel, anderer- seits vereinbaren gemäß § 368 g Abs. 6 RVO und § 36 Abs. 2 Bundes- mantelvertrag (BMV), als Anlage zum Bundesmantelvertrag den nachstehenden Vertrag über die stationäre kassenärztliche Be- handlung in Krankenhäusern
§1
Allgemeines
Stationäre kassenärztliche Behandlung (belegärztliche Behandlung) liegt vor, wenn
a) die Voraussetzungen für die Gewäh- rung von Krankenhauspflege durch die Krankenkassen nach § 371 RVO erfüllt sind,
b) die Krankenkasse Krankenhauspflege oder Anstaltspflege bei Entbindungen im einzelnen Fall bewilligt hat,
c) die stationäre ärztliche Behandlung nach dem zwischen der Krankenkasse und dem Krankenhaus bestehenden Rechtsverhältnis nicht aus dem Pflege- satz abzugelten ist und
d) der Kassenarzt gemäß § 4 dieses Ver- trages als Belegarzt für dieses Kranken- haus anerkannt ist.
§2
Behandlung in einem Ein- oder Zweibettzimmer
1. Wird ein Patient nicht auf seinen Wunsch, sondern wegen der Art oder Schwere der Erkrankung oder eines son- stigen Notstandes in ein Ein- oder Zwei- bettzimmer aufgenommen, so hat die Abrechnung des ärztlichen Honorares
Voraussetzungen für die Anerkennung als Belegarzt
1. Die stationäre Tätigkeit des Kassenarz- tes darf nicht das Schwergewicht der Ge- samttätigkeit des Kassenarztes bilden, sondern muß gegenüber der ambulanten kassenärztlichen Tätigkeit von nebenge- ordneter Bedeutung sein. Der Charakter der stationären Tätigkeit von nebenge- ordneter Bedeutung ist in der Regel nicht mehr gewahrt, wenn der Belegarzt insgesamt mehr als 20 Betten zu versor- gen hat. Liegen besondere Vorausset- zungen vor, kann der Charakter der sta- tionären Tätigkeit von nebengeordneter Bedeutung noch gewahrt sein, wenn der Belegarzt bis zu 25 Betten zu versorgen hat.
2. Als Belegarzt ist nicht geeignet, a) wer außer seiner ambulanten Tätigkeit Nebentätigkeiten ausübt, die eine ord- nungsgemäße stationäre Versorgung von Patienten nicht gewährleisten, b) ein Arzt, bei dem wegen eines in seiner Person liegenden wichtigen Grundes die stationäre Versorgung der Patienten nicht gewährleistet ist,
c) ein Arzt, dessen Wohnung oder Praxis von dem Krankenhaus, in dem er beleg- ärztlich tätig werden will, so weit entfernt liegt, daß die ordnungsgemäße Versor- gung der von ihm ambulant und statio- när zu betreuenden Versicherten nicht gewährleistet ist.
3. Der Belegarzt soll nur in einem Kran- kenhaus tätig sein.
§4
Verfahren bei der Anerkennung als Belegarzt
1. Ein Kassenarzt, der stationäre kassen- ärztliche Behandlung ausüben will, hat die Anerkennung als Belegarzt bei der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu bean- tragen.
2. Dem Antrag ist eine Erklärung des Krankenhauses beizufügen, aus der die Bereitschaft des Krankenhauses, dem An den dringenden Bedarf bei Aus-
bildungsstätten für die Aus-, Fort- und Weiterbildung jener, die Prä- ventiv- und Rehabilitationsmedizin im Rahmen sozial- und arbeitsmedi- zinischen Wirkens im weitesten Sin- ne tragen und weiterentwickeln sol- len, verwies Ausschußmitglied Prof.
Dr. med. Theodor M. Fliedener, Uni- versität Ulm. Die Akademie in enger Verbindung mit der Universität Ulm sehe ihre Aufgabe in erster Linie in systematischen, wissenschaftlichen Seminaren, Übungen und Kursen für den postgraduierten Mediziner. So biete die Akademie beispielsweise bereits jetzt praxisorientierte Kurse der Betriebsmedizin und einen „so- zialmedizinischen Rezeptierkurs"
für niedergelassene Ärzte an, der dem Arzt das Rüstzeug vermitteln soll, seinem Patienten nicht nur ein Arzneimittel zu „rezeptieren", son- dern das gesamte sozialmedizini- sche Problem bei seinem Patienten diagnostizieren und die notwendi- gen „sozialmedizinischen Maßnah- men verordnen" zu können. Weitere Kurse würden sich mit der Theorie und Praxis des ärztlichen und fach- ärztlichen Gutachtens befassen, Ju- risten und Ökonomen in der Kran- ken-, Unfall- und Rentenversiche- rung werden Grundbegriffe der all- gemeinen Krankheitslehre der ver- schiedenen medizinischen Stoffe angeboten.
Präventiv- und Rehabilitationsmedi- zin könne nur im „team" durchge- führt werden. Deshalb werde die Akademie Kurse veranstalten, die das „team" zusammenführen, wie es jeweils bei sozialmedizinischen Maßnahmen zusammenwirken soll, um die Möglichkeiten und die Gren- zen des Einzelbeitrags klar heraus- zuarbeiten. Ursula Schuster
2302 Heft 40 vom 5. Oktober 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT