Keine pauschalierte Honorierung
des einzelnen Kassenarztes
Hans Wolf Muschallik
Dr. med. Edda Kötter und Dr. med. Manfred Th. Kötter, 6980 Wertheim, hatten in einem sog. offenen Brief unter Bezugnahme auf den Artikel Dr. med. Hans Wolf Muschalliks im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 11 vom 16. März 1978, insbesondere Kritik an der auf Bundesebene mit den RVO-Kassenverbänden vereinbarten vorübergehenden Einführung eines Kopfpauschales als Grund- lage für die Errechnung der Gesamtvergütung geübt. Da der Inhalt dieser Kritik vermuten läßt, daß über die auf Bundesebene abge- schlossenen Vereinbarungen und die Hintergründe für den Ab- schluß dieser Vereinbarungen unzureichende Vorstellungen be- stehen, stellt der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung zur Aufhellung der vielschichtigen Zusammenhänge und der tieferen Überlegungen, welche natürlich mit den Kassen- ärztlichen Vereinigungen der Länder und den berufspolitisch rele- vanten ärztlichen Verbänden vorher abgestimmt worden sind, das folgende klar.
1. Das Krankenversicherungs-Ko- stendämpfungsgesetz zwingt uns, zum 1. Juli 1978 einen einheitli- chen Bewertungsmaßstab für die kassenärztlichen Leistungen fest- zulegen, der, abweichend vom bis- herigen BMÄ, keine DM-Gebüh- renwerte enthalten darf, sondern lediglich das in Punkten ausge- drückte Wertverhältnis der einzel- nen abrechnungsfähigen Leistun- gen zueinander enthalten wird. Dabei ist nach der Übergangsvor- schrift des Gesetzes bei der erst- maligen Erstellung dieses einheit- lichen Bewertungsmaßstabs durch den Bewertungsausschuß von der Ersatzkassen-Adgo auszu- gehen.
C> Dies bedeutet für den RVO-Be-
reich eine grundsätzliche Um- strukturierung der bisherigen Lei- stungsansätze des Bewertungs- maßstabs, welche es ausschließt, im voraus den Punktwert als Grundlage für eine Berechnung
der Gesamtvergütung nach Ein- zelleistungen DM-mäßig festzule- gen. Eine solche DM-Bewertung des Punktwerts im neuen Bewer- tungsmaßstab wäre sowohl für die Kassenärzteschaft als auch für die Krankenkassen mit unzumutbaren Risiken verbunden, da angesichts des umstrukturierten Bewertungs- maßstabs nicht voraussehbar ist, in welcher Weise sich dieser DM- Punktwert auf die Höhe der Ge- samtvergütung auswirkt.
C> Grundsätzlich anders ist die
Lage im Ersatzkassenbereich. Hier kann nach wie vor der Punktwert im voraus festgelegt werden, da der neue einheitliche Bewertungs- maßstab auf der Ersatzkassen-Ad- go aufbaut.
2. Da es nach den unter 1. ge- nannten Gründen unmöglich ist, im RVO-Bereich den Punktwert als Grundlage für die Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzellei-
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Bericht und Meinung DER KOMMENTAR
stungen im voraus festzulegen, mußte für eine Übergangszeit ein anderes System für die Errech- nung der Gesamtvergütung ge- wählt werden, welches gleichzei- tig der erstmaligen Feststellung des Punktwerts im Bewertungs- maßstab dient.
Nach sorgfältiger Überlegung wa- ren sich alle Beteiligten und auch alle Kassenärztlichen Vereinigun- gen darüber im klaren, daß hierfür nur die Errechnung der Gesamt- vergütung nach einem Kopfpau- schale in Frage kommen kann. Da- bei ist das Wort "Kopfpauschale"
keine Eigenschöpfung der Ver- tragspartner, sondern im Gesetz in
§ 368 f Abs. 2 RVO ausdrücklich enthalten. Es kennzeichnet die Be- rechnung der Gesamtvergütung nach einem Pauschalbetrag pro Mitglied einer Krankenkasse im Kalenderquartal.
Diese zur erstmaligen Errechnung des Punktwerts notwendige vor- übergehende Vereinbarung eines Kopfpauschales zur Berechnung der Gesamtvergütung bedeutet aber nicht, daß der Arzt selbst als Vergütung seiner Leistungen nun- mehr ebenfalls ein Pauschale er- halten würde. Die bisherige Ein- zelleistungsvergütung wird auch nicht durch ein leistungsfeindli- ches Pauschalhonorar abgelöst.
Es bleibt vielmehr dabei und ist sogar zwingende Voraussetzung für die erstmalige Errechnung ei- nes Punktwertes, daß die nach ei- nem Kopfpauschale gegenüber den Krankenkassen errechnete Gesamtvergütung gegenüber den Ärzten auf der Grundlage des Ho- norarverteilungsmaßstabs nach wie vor nach Einzelleistungen ver- , teilt wird, wobei die Ärzte ihre Lei- stungen gegenüber den Kassen- ärztlichen Vereinigungen auf der Grundlage des neuen, einheitli- chen Bewertungsmaßstabs in Rechnung stellen.
..,.. Die von den Kritikern befürch- tete Ablösung der Einzelvergütur)g jeder erbrachten ärztlichen Lei-
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Bericht und Meinung Kassenarzt-Honorar
'stung durch eine Pauschalhono- rierung pro Versicherten tritt also nicht ein!
C> Die aus den unter 1. genannten
Gründen zwingend notwendige Berechnung der Gesamtvergü- tung nach einem Kopfpauschale gegenüber den Krankenkassen ist im übrigen ausdrücklich auf ein Jahr befristet worden. Sie dient ausschließlich der Ermittlung des Punktwerts auf der Grundlage des neuen einheitlichen Bewertungs- maßstabs. Steht dieser fest, ist nach dem übereinstimmenden Wi IIen der Vertragspartner der Weg zur Berechnung und Verän- derung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen durch je- weilige Veränderung des festge- stellten Punktwerts wieder offen. Unter Zugrundelegung der unter 1. und 2. aufgeführten Hintergrün- de für die getroffene Bundesver- einbarung sind die Befürchtungen bezüglich einer leistungsfeindli- chen Pauschalhonorierung und einer Existenzgefährdung des frei- praktizierenden Kassenarztes als nicht begründet anzusehen.
Es handelt sich hier keineswegs um ein sachlich nicht gerechtfer- tigtes Entgegenkommen der Kas- senärzteschaft gegenüber sicher- lich bestehenden Tendenzen zur Nivellierung des Versorgungssy- stems, sondern um eine zwingen- de Folgerung aus der durch das
Krankenversicherungs-Kosten- dämpfu ngsgesetz geschaffenen Rechtslage, an der die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung und die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht vorbeigehen können. Die vorübergehende Einführung eines Kopfpauschales (gegenüber den Kassen) ist auch nicht eine Maß- nahme gegen die Kostenexpan- sion im Gesundheitswesen oder ein irgendwie geartetes Zuge- ständnis der Kassenärzteschaft bezüglich einer Mitverantwortung für diese Kostenexpansion. Die temporäre Einführung des Kopfpauschales ist vielmehr tech- nisch bedingt. Sie führt auch nicht zu einer Verminderung der Vergü-
ln Selbstverantwortung frei verordnen
Zur "Arzneimittelfrage", die im
"Kostendämpfungsgesetz" ei- ne so große Rolle spielt, nahm Dr. Muschallik in einem Inter- view mit der Zeitschrift "Der niedergelassene Arzt" wie folgt Stellung:
"Die empfohlenen 3,5 Prozent Erhöhung des Arzneimittel- höchstbetrages betreffen nur das 2. Halbjahr des Jahres 1978.
Sie sollen aber auf die Hälfte der Gesamtausgaben für ver- ordnete Arzneimittel des gan- zen Jahres 1977 Bezug neh- men. Warum dieses Vorgehen?
Im zweiten Halbjahr 1977 sind aus vielerlei Gründen- ein psy- chologischer Effekt hat dabei sicherlich eine Rolle gespielt die Arzneimittelausgaben merklich zurückgegangen. Legt man den Jahresdurchschnitt als Rechnungsbasis zugrunde, ergibt sich folglich eine größere Zuwachsrate.
tung kassenärztlicher Leistungen, sondern auch für die vorgesehene vorübergehende Zeitspanne zu ei- ner Anhebung der Vergütung für die einzelnen kassenärztlichen Leistungen, da entsprechend der Bundesvereinbarung die Konzer- tierte Aktion eine Anhebung der Gesamtvergütung in den beiden letzten Quartalen des Jahres 1978 und in den beiden ersten Quarta- len des Jahres 1979 um jeweils 5,5 Prozent gegenüber den entspre- chenden Quartalen des Vorjahres empfohlen hat!
Letzteres ist auch der Grund dafür gewesen, daß die Kassenärztliche Bundesvereinigung so großen Wert darauf legte, in der Bundes- vereinbarung mit den Bundesver- bänden der Krankenkassen zu ei- ner einvernehmlichen Rechtsaus- legung der im Gesetz enthaltenen Übergangsvorschrift für das erste Halbjahr 1978 zu kommen, wo- nach die im Jahre 1977 bestehen- den Vergütungsregelungen für diesen Zeitraum weitergelten. ..,. Durch die auch hier erreichte Übereinkunft, wonach die Ge- samtvergütung unter Durchfüh- rung einer Saldierung zwischen
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..,. Entsprechend möchte ich mit Nachdruck feststellen: Der einzelne Kassenarzt braucht sich nicht zu beunruhigen; er sollte nicht etwa - wie das Ka- ninchen auf die Schlange starrt - angesichts dieses 3,5prozen- tigen Zuwachses überlegen, ob er überhaupt noch in seiner Verantwortung frei verordnen kann.
..,. Mein Rat an jeden Arzt lau- tet: Auch weiterhin, so wie es bisher jeder verantwortungsbe- wußte Kassenarzt getan hat, ordnungsgemäß und entspre- chend den medizinischen Not- wendigkeiten verordnen!
Wir sind allerdings insgesamt gehalten - vielleicht etwas mehr als in der Vergangenheit- die Wirtschaftlichkeit zu beach- ten. Ich sehe der Entwicklung im zweiten Halbjahr '78 mit Ru- he entgegen. Die Therapiefrei- heit des Kassenarztes ist je- denfalls zur Zeit nicht gefähr- det."
den Ausgaben für Allgemeinversi- cherte und Rentner auch für diese Zeitspanne um 4 Prozent anwach- sen kann, wurde sichergestellt, daß für die beiden ersten Quartale des Jahres 1979 der Zuwachs von 5,5 Prozent auf ei.ner entspre- chend weiterentwickelten Ge- samtvergütung in den beiden er- sten Quartalen 1978 aufbauen kann.
Was wäre geschehen, hätte man nicht zu dieser Einigung kommen können? Die Rechtslage bezüg- lich der Weiterentwicklung der Gesamtvergütung im ersten Halb- jahr 1978 hätte durch eine Vielzahl von Prozessen wohl über Jahre bis hin zum Bundessozialgericht ge- klärt werden müssen. Bis dahin wäre die Ausgangsbasis für die Berechnung der Gesamtvergü- tung für das erste Halbjahr 1978
und für die Folgezeit völlig unge- wiß gewesen. Neben diesen Rechtsstreiten wären in den Kas- senärztlichen Vereinigungen we- gen fehlender Übereinkunft über die Konsequenzen aus der Einfüh- rung eines neuen Bewertungs- maßstabs und dem Veränderungs- faktor der Gesamtvergütung wahr-
scheinlieh Schiedsamtsverfahren angelaufen, wie sie jetzt auf dem Kassenzahnarztsektor wegen der Ablehnung der betreffenden Emp- fehlung der Konzertierten Aktion durch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung abzuwarten sind. Dies hätte dazu geführt, daß für einen beträchtlichen Zeitraum Ungewißheit über die endgültige Höhe des an den einzelnen Kas- senarzt auszuzahlenden Honorars für seine ärztlichen Leistungen be- standen hätte. Demgegenüber ist durch die nunmehr erreichte Ver- einbarung und die sie ergänzende Empfehlung der Konzertierten Ak- tion sichergestellt, daß
a) sich die Übergangsregelung des ersten Halbjahres 1978 nicht als Einfrieren der Gesamtvergü- tung für kassenärztliche Leistun- gen auswirken kann, sondern we- nigstens ein Anstieg des Lei- stungsbedarfs um bis zu 4 Prozent möglich sein wird,
b) ein Wachstum der Gesamtver- gütung im zweiten Halbjahr 1978
sowie im ersten Halbjahr 1979 um
jeweils 5,5 Prozent gegenüber den Vorhalbjahren gesichert ist, c) in dieser Zeitspanne als Grund- lage für eine Rückkehr zur Be- rechnung der Gesamtvergütung gegenüber den Krankenkassen nach Einzelleistungen ein Punkt- wert auf der Grundlage des neuen einheitlichen Bewertungsmaß- stabs im RVO-Bereich ermittelt werden kann.
Zwar bleiben alle auch von mir ge- teilten Meinungen bezüglich des-
sen, was manche politischen Kräf-
te, z. B. in der IG Metall, an ge-
sundheits- und sozialpolitischen Änderungen anstreben, weiterhin voll aufrechterhalten. Dennoch hoffe ich, daß diese meine Ausfüh- rungen geeignet sind, das möch- licherweise vorhandene Mißver- ständnis bezüglich der angebli- chen Einführung einer pauscha- lierten Honorierung des einzelnen Kassenarztes auszuräumen und Verständnis für die auf Grund der vielen Gesetzesimponderabilien getroffenen Bundesregelungen zu gewinnen.
Im Mai: "Bild-Aktion"
verstärkt die Nachfrage nach Vorsorge-Terminen
Die Deutsche Krebshilfe wird im Mai gemeinsam mit der Bildzei- tung bundesweit für die Krebs- Früherkennungsuntersuchung werben. Dabei wird, wie die Vorsit- zende der Deutschen Krebshilfe, Frau Dr. med. Mildred Scheel, mit- teilte, von der Bild-Zeitung an ihre Leser appelliert werden, sich zur Früherkennungsuntersuchung bei einem Arzt anzumelden.
..,.. Mit Gewißheit ist also im Mai und wahrscheinlich darüber hin- aus mit vermehrten Anfragen nach
Terminen zu Krebs-Früherken-
nungsuntersuchungen zu rech- nen. Da beim derzeitigen Morbidi- tätsstand Engpässe bei Präven- tionsu ntersuchu ngs-Terminen im allgemeinen wohl nicht bestehen, ist zu hoffen, daß die in Frage kommenden Ärzte die Vielzahl der Terminwünsche noch im Mai bzw.
im laufenden Quartal, jedenfalls nicht viel später, erfüllen können (andernfalls könnte selbst diese gutgemeinte Aktion dazu beitra-
gen, wieder ein "Feindbild" aufzu-
bauen).
Noch in anderer Hinsicht müssen einzelne Ärzte mit einer Anfrage rechnen: Die in der Bild-Zeitung im Rahmen der Krebshilfe-Werba-
aktion im Mai enthaltenen Cou-
pons, mit denen Frauen und Män- ner an einer täglichen Verlosung (Wert jeweils 4000 DM) teilnehmen können, werden nach Mitteilung von Frau Dr. Scheel eine Rubrik enthalten, in der angegeben wer- den soll, bei welchem Arzt der Le- ser sich zur Vorsorgeuntersu- chung angemeldet hat. Wie zu er- fahren war, soll dies ermöglichen, hinsichtlich der 30 Coupon-Inha- ber, die insgesamt während des Monats Mai als Gewinne~ gezogen werden, durch Anruf des angege- benen Arztes sicherzustellen, daß keine fingierte Coupon-Angabe vorliegt, sondern daß der Betref- fende sich wirklich zur Untersu- chung angemeldet und einen bal-
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digen Termin erhalten hat. Täglich soll übrigens ein Arzt aus eigener Praxiserfahrung in der Bild-Zei- tung darüber berichten (wobei hoffentlich die berufsrechtlich ein- wandfreie Form der Anonymität von Patient und Arzt beachtet wird), wie ein Patient infolge der
Krebs-Früherkennungsuntersu- chung, für deren gesetzliche Ein- führung in die Krankenversiche- rung sich ja gerade die deutsche Ärzteschaft so sehr eingesetzt hat, rechtzeitig behandelt werden
konnte. DÄ
RCDS: Graben zwischen Hochschule und
Dflentlichkeit verkleinern
Die Bundesdelegiertenversamm- lung des RCDS hat sich für ein gemeinsames Vorgehen aller de- mokratischen Studenten und Hochschulgruppen und eine Ver- kleinerung des "Grabens zwi- schen Hochschulen und großem Teil der Öffentlichkeit" ausgespro- chen. Zu beidem will der Studen- tenverband (dessen Rufe in der Vergangenheit freilich bei solchen
"demokratischen Hochschulgrup-
pen" wie denen der Jusos und Ju- dos auf wenig Echo stießen) durch
"Pluralistische Foren" beitragen.
Gemeint sind damit Veranstaltun- gen zu gesellschaftspolitischen Fragen, mit denen die Kontakte zwischen den verschiedenen de- mokratischen Studentenorganisa- tionen und auch außeruniversitäre Gruppen gefördert werden sollen.
Außerdem hat der RCDS in Göttin- gen die Streichung von Kindergeld und Steuerfreibeträgen für Eitern mit studierenden Kindern gefor- dert und statt dessen vorgeschla- gen, die hier frei werdenden finan- ziellen Mittel auf das BAföG anzu- rechnen und zu einem familienun- abhängigen Sockelzuschuß an al- le Studenten von 170 DM zusam- menzufassen. Hierdurch könnten weitere Kreise als bisher in die Förderung einbezogen, die Lei- stungen erhöht und die Mittel- standsfeindlichkeit des BAföGs
abgebaut werden. EB
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