Empfehlung zum Bereich Gesamtvergütung Ärzte
I.
Die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen begrüßt die am 13. März 1987 durch den Bewer- tungsausschuß Ärzte erfolgte Ver- abschiedung eines strukturell ko- stenneutral überarbeiteten Ein- heitlichen Bewertungsmaßstabes.
Sie sieht darin einen wichtigen Schritt zur Sicherung einer qualita- tiv hochwertigen kassenärztlichen Versorgung bei gleichzeitigem Be- mühen, die Ausgabenentwicklung auf diesem Versorgungsgebiet in einem den medizinischen Erfor- dernissen entsprechenden, wirt- schaftlich vertretbaren Rahmen zu halten.
Mit dem neuen Bewertungs- maßstab wird eine umfassende und sachgerechte Anpassung an den medizinischen Fortschritt in Form einer zeitgemäßen leistungs- fähigen Diagnostik und Therapie angestrebt. So werden beispiels- weise
—zuwendungsintensive ärzt- liche Leistungen gezielt gefördert, insbesondere durch Auffächerung und leistungsgerechtere Bewer- tung der persönlich-ärztlichen Ge- sprächs- und Untersuchungslei- stungen
—in den psychiatrischen, psy- chotherapeutischen und psychoso- matischen Leistungsbereichen — unter besonderer Berücksichti- gung der Kinder- und Jugend-
psychiatrie — Gebührenpositionen neu gegliedert, aktualisiert und er- gänzt
— der Katalog der operativen Leistungen im Interesse einer lei- stungsfähigen ambulanten Versor- gung neu gestaltet und zugleich viele Leistungen besser bewertet,
— das Kapitel Strahlentherapie den Erfordernissen einer moder- nen Versorgung angepaßt sowie
— die einzelnen Sonderlei- stungskapitel um aktuelle, wissen- schaftlich erprobte und praktisch bewährte medizinische Untersu- chungs- und Therapieverfahren er- gänzt.
Andererseits wurden im Be- wertungsmaßstab deutliche Ab- senkungen bei technisch-rationali- sierungsfähigen Leistungen vorge- nommen sowie eine Vielzahl me- dizinisch überholter Leistungen gestrichen. Insgesamt wurde das Gebührenverzeichnis durch Weg- fall von über 600 Leistungspositio- nen erheblich gestrafft und in sei- ner Anwendung durch verständ- liche und eindeutige Leistungsle- genden vereinfacht.
Ziel der Reform des Einheit- lichen Bewertungsmaßstabes ist es, eine angemessene, leistungsbe- zogene Bewertung auch für die primärärztliche Versorgung bei medizinisch sachgerechter Ar- beitsteilung mit dem spezialistisch tätigen Arzt zu garantieren und zugleich einer nicht vertretbaren
Mengenentwicklung entgegenzu- wirken.
Die Konzertierte Aktion un- terstreicht erneut, daß sie in die- sem Vorhaben einen wichtigen Beitrag zur anstehenden Struktur- reform im Gesundheitswesen sieht.
II.
Entsprechend der Erklärung der Spitzenverbände der Kranken- kasse und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 23. Ja- nuar 1987 müssen nunmehr Erfah- rungen über die Auswirkungen des neuen Einheitlichen Bewer- tungsmaßstabes und den darauf aufbauenden Vertragsgebühren- ordnungen gesammelt werden.
Gegebenenfalls sind Änderungen vorzunehmen. Bis eine gemeinsam anerkannte Grundlage erreicht ist, sollen die kassenärztliche Gesamt- vergütung bzw. das vertragsärzt- liche Gesamthonorar entspre- chend den Vereinbarungen vom 12. März 1986 pauschal errechnet und an die Grundlohnsummenent- wicklung gekoppelt werden. Die Konzertierte Aktion empfiehlt, für den Empfehlungszeitraum 1.
Juli 1987 bis 30. Juni 1988 in die- sem Sinne zu verfahren.
Die Vertreter der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der Kassenärzte stimmen die- ser Empfehlung zu. ❑
von 21,3 Prozent korrespondiert mit einem gleichfalls sehr hohen Anstieg der Ausgaben für häusliche Kran- kenpflege um nahezu 19 Prozent.
Auffällig und bedeutsam für das ärztliche Verordnungsverhalten ist nach der jahrelang rückläufigen Mengenentwicklung der deutliche Anstieg der Zahl verordneter Arz- neimittelpackungen um 2,2 Prozent.
1986 verordneten die Kassenärzte 14,1 Millionen zusätzlicher Arznei- mittelpackungen. Allerdings ist über das Jahr hin ein sehr unterschied- licher Verlauf festzustellen (1. Halb-
jahr: + 3,1 Prozent, 2. Halbjahr: + 1,4 Prozent). So waren die hohen Zuwächse von Husten-, Schnupfen- und Schmerzmitteln sowie von Anti- biotika die Folge einer hartnäckigen Erkältungswelle mit häufigen Kom- plikationen im ersten Halbjahr 1986, die im ambulanten ärztlichen Be- reich zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der Behandlungsfälle, aber auch zu einer Vermehrung der sta- tionären Fälle geführt hat. Dieser deutliche Behandlungsanstieg, ins- besondere bei Kindern und Rent- nern, stellt nach Auffassung der
Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, so Fiedler, eine „Besonder- heit dar, die nicht vorauskalkulier- bar war und insofern mit einer Bud- getierung nicht auffangbar gewesen wäre".
Den Anstieg der Strukturkom- ponente erklärte der KBV-Hauptge- schäftsführer sowohl mit der Ver- ordnung größerer Packungen bzw.
stärkerer Dosen als auch mit Verän- derungen
im Therapieverhalten.
Letzteres läßt sich beispielsweise nach wie vor bei der Behandlung des Bluthochdruckes nachweisen. >
Dt. Ärztebl. 84, Heft 15, 9. April 1987 (19) A-963