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Archiv "Rheumatoide Arthritis" (20.04.2001)

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D

ie Rheumatoide Arthritis (RA) ist eine Autoimmunerkrankung, die sich primär im Bereich der Gelenke manifestiert, die aber im Rah- men einer systemischen Vaskulitis zu schweren, häufig auch lebenslimitie- renden Begleiterkrankungen viszeraler Organe führen kann. Epidemiologi- sche Untersuchungen zeigen, dass etwa 30 Prozent der Patienten innerhalb des ersten Jahres und 70 Prozent innerhalb der beiden ersten Jahre radiologisch fassbare Knorpel- und Knochende- struktionen entwickeln (26). Im Ver- gleich zu der Normalbevölkerung zei- gen Patienten eine gesteigerte Morta- lität, die die RA nicht länger als eine benigne Erkrankung definieren lässt (10, 19).

Mit den derzeit vorhandenen Thera- pieprinzipien erfahren nur zwei Prozent von RA-Patienten eine klinische Re- mission für mehr als drei Jahre, mehr als 50 Prozent der Patienten sind nach einem fünfjährigen Krankheitsverlauf nicht mehr in ihrem Beruf tätig. Diese

nicht gerade günstigen Daten zum klini- schen Verlauf der RA werden dadurch erklärt, dass die bis vor kurzem zur Ver- fügung stehenden so genannten Ba- sistherapeutika in der Mehrzahl der Pa- tienten über eine Verlaufsbeobachtung von fünf Jahren wegen nicht mehr vor- handener klinischer Effizienz oder Ne- benwirkungen abgesetzt werden müs- sen. Für Methotrexat (MTX) liegen die Daten mit einem Therapieabbruch von etwa 40 Prozent der Patienten über ei- nen Therapiezeitraum von fünf Jahren günstiger (32).

Die bislang unbefriedigenden Be- handlungsmodalitäten führten in den letzten Jahren zu einer Intensivierung der Erforschung der Pathogenese der RA, wobei Forschungsergebnisse drei Therapieziele für neue biologisch wirk- same Medikamente definieren ließen (Grafik 1). Therapieentwicklungen mit

dem Ziel, CD4+-T-Lymphozyten bei Patienten mit einer RA zu inhibieren, werden derzeit vor allem wegen Ne- benwirkungen nicht weiter verfolgt.

Bewährt hat sich dagegen – vor allem aufgrund von klinischen Studien und ausgehend von dem Befund gewebs- und damit knorpel- und knochende- struierender Prozesse bei der RA – die Blockade des Tumor-Nekrose-Faktor- a (TNF-a) als ein neuer therapeuti- scher Ansatz. Darüber hinaus konnten Therapiestudien mit einem IL-1b-inhi- bierenden gentechnologisch hergestell- ten Konstrukt (IL-1-Rezeptor-Antago- nist) günstige Behandlungserfolge er- zielen, zumindest was die Inhibition von radiomorphologischen Verände- rungen an Knorpel und Knochen von RA-Patienten anbelangt. In der folgen- den Übersicht werden die neuen TNF- a-blockierenden Therapiemodalitäten kurz beschrieben, ihre klinische Effizi- enz diskutiert, sowie auf die derzeit empfohlenen Therapierichtlinien hin- gewiesen.

Rheumatoide Arthritis

Blockade des Tumor-Nekrose-Faktor- a als therapeutisches Prinzip

Joachim Robert Kalden Hans-Martin Lorenz

Zusammenfassung

Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chroni- sche, in der Regel aggressiv verlaufende, ge- lenkdestruierende Autoimmunerkrankung, die mit erhöhter Mortalität und Erwerbsunfähig- keit einhergeht. Etablierte Basistherapeutika können die Krankheitsaktivität bessern, aber die Gelenkzerstörung lediglich verlangsamen.

Die meisten dieser Medikamente müssen nach einiger Zeit wegen Nebenwirkungen oder Inef- fizienz abgesetzt werden. Nach der Erkenntnis, dass Tumor-Nekrose-Faktor-aaaa(TNF-aaaa) in der Pa- thogenese und/oder der Entzündungsperpetu- ierung bei der RA involviert ist, wurden Im- munbiologika mit spezifisch TNF-aaaa-blockieren- den Eigenschaften bei der RA getestet. Die wichtigsten Studien zu dem chimären Antikör- per cA2 (Remicade), dem Fusionsprotein aus humanem IgG1 mit dem p75-TNF-aaaa-Rezeptor Etanercept (Enbrel) und dem humanen Anti- TNF-Antikörper D2E7 werden erläutert. Diese Studien haben inzwischen zur Zulassung von

Enbrel und Remicade (in Kombination mit Me- thotrexat [MTX]) bei der Therapie der RA ge- führt. Als Indikation gilt eine aktive RA, die nicht adäquat durch die Therapie mit minde- stens zwei Basistherapeutika (eines davon MTX) zu kontrollieren ist.

Schlüsselwörter: Rheumatoide Arthritis, TNF-aaaa, cA2, Etanercept, D2E7

Summary

TNF-aaaaBlocking Agents in the Treatment of Rheumatoid Arthritis

Rheumatoid arthritis (RA) is a chronic dis- abling disease, leading to destruction of joint architecture. RA is associated with increased mortality and inability to work. It has been well documented that established therapy with disease modifying antirheumatic drugs (DMARD) decreases disease activity, but can not prevent joint destruction. Moreover, in

most cases DMARD treatment must be stopped because of side effects or inefficien- cy. Discovery of the central role of tumour necrosis factor alpha (TNF-aaaa) in the patho- genesis of RA and/or the perpetuation of inflammation led to the initiation of clinical trials using TNF-aaaablocking agents for treat- ment of RA. The most important studies applying the chimeric TNF-aaaamonoclonal anti- body cA2 (Remicade), the fusion protein of human IgG1 with the p75 TNF-aaaa receptor etanercept (Enbrel), and the fully human TNF- mAb D2E7 are being discussed. Results of these studies have led to approval of Enbrel and Remicade (in combination with metho- trexate [MTX]) for treatment of RA. Concen- sus statements recommend usage of these biological agents only in active RA which has failed to respond to at least two DMARD (one of which being MTX).

Key words: rheumatoid arthritis, TNF-aaaa, cA2, etanercept, D2E7

Medizinische Klinik III mit Poliklinik (Direktor: Prof. Dr.

med. Dr. h. c. Joachim Robert Kalden) der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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Blockade des TNF- aaaa als therapeutisches Prinzip

In-vitro-Studien, die den TNF-a mit den in Grafik 1 dargestellten entzün- dungspromovierenden Eigenschaften in einer Hierarchie proinflammatori- scher Zytokine bei der RA an erster Stelle platzieren ließen, sowie Untersu- chungen in Versuchstiermodellen, zum Beispiel der Kollagen-2-induzierten Arthritis (33) und einem TNF-a-trans- genen Mausmodell (11), zeigten, dass die induzierte beziehungsweise spontan sich entwickelnde Arthritis durch eine TNF-a-Blockade verhindert werden kann. Die Ergebnisse führten konse- quenterweise zu dem Einsatz TNF-a- blockierender Prinzipien bei der RA des Menschen. Von den in Grafik 2 dar- gestellten TNF-a-blockierenden Mo- lekülen liegen bislang vor allem Erfah- rungen aus kontrollierten Therapiestu- dien für den chimären monoklonalen TNF-a-Antikörper cA2 (Infliximab, Remicade) sowie das Fusionsprotein aus dem p75-TNF-a-Rezeptor mit hu- manem IgG1 (Etanercept, Enbrel) vor.

Erfahrungen mit cA2

Der chimäre TNF-a-neutralisierende monoklonale Antikörper cA2 wurde, nachdem in einer offenen Pilotstudie an 20 RA-Patienten eine klinische Effi- zienz nachgewiesen werden konnte (7), in einer randomisierten placebokon- trollierten Doppelblindversuchsreihe in vier europäischen Zentren getestet.

In diese Studie wurden 73 Patienten aufgenommen, die mit Placebo oder 1 mg beziehungsweise 10 mg pro kg Kör- pergewicht Remicade therapiert wur- den (5). Vergleichbar zu der offenen Studie war in der verumtherapierten Gruppe ein rasch einsetzender positiver Effekt in der Mehrzahl der Patienten mit einer deutlichen Verbesserung der Symptome zu beobachten. Nach vier Wochen zeigten alle Patienten, die den monoklonalen Antikörper erhalten hatten, eine 25-prozentige Remission, beurteilt nach den Paulus-Kriterien, wobei die Mehrzahl der Patienten ebenso die Kriterien für eine 50-pro- zentige Remission nach den Paulus- Kriterien erfüllte (15). Begleituntersu-

chungen zum Wirkprinzip erbrachten einen kurzen Anstieg der T-Lympho- zyten mit einem Abfall der Monozyten.

Veränderungen der T-Zell- oder Neu- trophilen-Funktion waren nicht festzu- stellen. Der ebenfalls bei den Patienten beobachtete Abfall der proinflammato- rischen Zytokine IL-6 und IL-1bsowie des Adhäsionsmoleküls ICAM-1 unter- streichen die übergeordnete Rolle von TNF-abei der chronischen Inflammati- on bei RA-Patienten (14). So führt of- fensichtlich die Blockade von TNF-a zu einer Suppression von IL-6 und IL-1b, wobei die signifikant verminderten Se- rumspiegel von ICAM-1 sowie eine sig- nifikant verminderte Expression von Adhäsionsmolekülen auf Zellen der Sy- novialis von RA-Patienten nahelegen, dass ein wichtiger, möglicherweise zen- traler Wirkmechanismus an der TNF-a- Blockade bei der RA in der Inhibition der Migration und damit der Extravasa- tion von proinflammatorischen Zellpo- pulationen zu sehen ist (14). Wurden Patienten wiederholt mit dem mono- klonalen Antikörper therapiert, war in der Regel ein anhaltender klinischer Effekt offensichtlich, doch zeigten ein- zelne Patienten eine Verkürzung der Intervalle der therapeutischen Effizi- enz (6), wahrscheinlich verursacht durch die Entwicklung von humanen Anti-Maus-Antikörpern (HACA) (3).

Das Auftreten von HACA führte nach ersten Therapiestudien zu einer randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie, in die 101 Patienten aufgenommen wurden, deren Krank- heitsaktivität unter einer MTX-Thera- pie von 7,5 mg/Woche nicht ausrei- chend zu kontrollieren war. Im Gegen- satz zu Patienten, bei denen unter einer Therapie mit MTX allein eine ausrei- chende Kontrolle der Krankheitsak- tivität nicht zu erkennen war, erfüllten etwa 50 Prozent der Patienten, die be- gleitend 3 oder 10 mg Remicade pro kg Körpergewicht in den Wochen 0, 2, 6, 10 und 14 erhalten hatten, zum Endpunkt der Studie in der 26sten Woche die Pau- lus-Kriterien für 50-prozentige Remis- sion (15). Interessanterweise war in die- ser Studie eine Verminderung der Ent- wicklung von HACA festzustellen, so waren bei der mit 10 mg/kg Körperge- wicht wiederholt therapierten Patien- tenkohorte unter MTX keine HACA

im Serum nachzuweisen. In einer zwei- ten randomisierten placebokontrollier- ten Studie mit 428 RA-Patienten wur- den parallel zu einer MTX-Dosierung von 10 bis 35 mg pro Woche 3 mg oder 10 mg/kg Remicade in Woche 0, 2, 6 und danach nach vier- beziehungsweise achtwöchigen Abständen infundiert.

Die Patienten wurden nach 30 Wochen untersucht, wobei bis zu 58 Prozent der- jenigen, die zusätzlich zu der MTX- Therapie Remicade erhalten hatten, nach den Kriterien des American Col- lege of Rheumatology (ACR) eine 20- prozentige und über 30 Prozent die Kri- terien für eine 50-prozentige klinische Verbesserung aufwiesen (16). Von In- teresse ist, dass eine Fortführung dieser Studie über derzeit insgesamt 54 Wo- chen nicht nur eine weitere Verbesse- rung der klinischen Symptomatik in Form einer Abnahme der geschwolle- nen und schmerzhaften Gelenke, bei ei- nem kontinuierlich niedrigen Wert des C-reaktiven Proteins, zeigte, sondern dass jetzt im Durchschnitt aller MTX/Remicade-behandelten Patien- ten die radiologische Progression von Knorpel- und Knochendestruktionen gestoppt werden konnte, beziehungs- weise neue Erosionen unter dieser Kombinationstherapie nicht nachzu- weisen waren (13).

Der chimäre monoklonale Antikör- per cA2 ist als Remicade zur Monothe- rapie in den Vereinigten Staaten wie auch in Europa für die Therapie des M.

Crohn, in einer Kombination mit MTX in den Vereinigten Staaten auch zur Therapie der RA, zugelassen. Eine Zu- lassung durch die europäische Behörde (EMEA) für die Therapie der RA in Kombination mit MTX ist vor kurzem erfolgt.

Lösliches TNF- aaaa -Rezeptor-p75- IgG1-Fusionsprotein

Grafik 2zeigt das Molekül Etanercept (Enbrel). Mit diesem Fusionsprotein war in einer placebokontrollierten Doppelblindstudie der Phase 2, in die 180 Patienten aufgenommen waren, nach einer Behandlungsdauer von drei Monaten mit einer Dosierung des Fu- sionsproteins von 0,25, 3 und 16 mg/m² Körperoberfläche (subkutan zweimal

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wöchentlich) in 33 beziehungsweise 46 und 75 Prozent der verumtherapierten Patienten zum Endpunkt der Studie ei- ne 20-prozentige Verbesserung der kli- nischen Situation nach den Kriterien des ACR festzustellen (17). In einer Folgestudie konnten diese Ergebnisse

bei 234 Patienten, die ein Placebo oder zweimal wöchentlich 10 oder 25 mg Etanercept subkutan pro Woche erhiel- ten, bestätigt werden (18). 59 bezie- hungsweise 40 Prozent der Kohorte, die mit zweimal 25 mg Etanercept subku- tan therapiert worden waren, zeigten eine 20- beziehungsweise 50-prozentige Verbesserung der ACR-Kriterien. In gleicher Weise wie für den chimären monoklonalen Antikörper cA2 wurde in Folgestudien ein gesteigerter klini- scher Effekt in einer Kombinationsthe- rapie mit MTX in einer Dosierung von 10 bis 25 mg und zweimal 25 mg Etaner- cept pro Woche nachgewiesen (30). Ei- ne Fortführung dieser letztgenannten placebokontrollierten Doppelblindstu- die in einer offenen Form bestätigte die günstigen klinischen Ergebnisse einer Kombinationstherapie über einen Be- obachtungszeitraum von derzeit 18 Mo- naten. Von 79 Patienten zeigten 71 Pro-

zent ein Erreichen der Erfolgskriterien von 20 Prozent nach ACR, 52 Prozent von 50 Prozent und 26 Prozent von 70 Prozent. (31).

Das lösliche TNF-a-Rezeptor-p75- IgG1-Fusionsprotein Etanercept ist in den Vereinigten Staaten wie auch in

Europa zur Behandlung der RA zu- gelassen. Die Zulassung in Europa be- inhaltet zusätzlich die Anwendung von Enbrel bei der juvenilen Arthritis.

Humaner monoklonaler Antikörper D2E7

Ein weiteres, derzeit noch in klinischen Versuchsreihen befindliches und damit noch nicht zugelassenes Antikörper- molekül zur Blockade des TNF-a ist der humane monoklonale Antikörper D2E7. Die Applikation von D2E7 zeig- te in einer dreimonatigen doppelblind angelegten Studie eine gute Verträg- lichkeit und eine signifikante Verbesse- rung der klinischen Symptomatik bei 24 Patienten (22). Gleiche Ergebnisse wurden in einer placebokontrollierten Doppelblindstudie mit 0,15 mg D2E7, intravenös verabreicht, gefunden (25).

In einer dreimonatigen Versuchsreihe der Phase 3 mit 283 Patienten und der Dosierung von 20, 40 oder 80 mg einmal wöchentlich subkutan, erzielten 50 bis 57 Prozent der therapierten Patienten eine 20-prozentige Verbesserung nach den ACR-Kriterien im Vergleich zu zehn Prozent der placebobehandelten Gruppe (24). Parallel durchgeführte ra- diologische Analysen zeigten eine signi- fikante Verringerung der Progression von Knorpel- und Knochenschäden (21).

Dieser humane monoklonale Anti- körper ist derzeit noch in klinischer Er- probung, eine Zulassung ist nicht vor etwa 1,5 Jahren zur Therapie der RA zu erwarten. Die Immunogenität des hu- manen monoklonalen Antikörpers ist sicher geringer als die des chimären An- tikörpers Remicade, doch ist auch bei wiederholter Gabe ohne begleitende immunsuppressive Therapie mit der Entwicklung idiotypisch spezifischer Antikörper zu rechnen.

Ganz allgemein kann für alle TNF-a- blockierenden Reagenzien gesagt wer- den, dass leider nicht eine Heilung der Erkrankung erfolgt, sondern dass es nach Absetzen der Therapie ohne Zu- gabe einer anderen immunmodulieren- den Substanz zu einer Zunahme der Krankheitsaktivität kommt.

In allen Studien mit einem der drei TNF-a-Blocker wurde keine signifi- kant das Placeboniveau überschreiten- de Nebenwirkung beschrieben, mit Ausnahme des Auftretens von Autoan- tikörpern sowie lokaler (an den Injek- tionsstellen) und seltener systemischer allergischer Reaktionen.

Inzidenz von Infektionen

Da der TNF-aein wichtiger Bestandteil normaler Abwehrmechanismen vor al- lem bei intrazellulär wachsenden Krankheitserregern darstellt, wurde in den durchgeführten Therapiestudien unter anderem auf eine erhöhte Inzi- denz besonders von schweren Infekten geachtet. Die Inzidenz von Infekten, die eine Hospitalisierung notwendig machten, unterschied sich in allen Stu- dien nicht signifikant von der unter Pla- cebo beobachteten Infekthäufigkeit.

Auffallend ist, dass es bei der Anwen- Monozyten/

Makrophagen

Autokrines Wachstum

TNF-α IL-1

Proinflammatorische Zytokine (TNF-α, IL-1) Synoviale Fibroblasten T-Zellen

und andere Migration (Auto?-) Antigen

T-Zellen ICAM

Zielstrukturen

1 2 3

Grafik 1

Neue Behandlungsstrategien bei der Rheumatoiden Arthritis. Aufgrund der ständig zunehmenden Erkenntnisse über die Involvierung von unterschiedlichen proinflammatorisch wirkenden Zellpopu- lationen und proinflammatorischen Zytokinen lassen sich folgende Hauptzielstrukturen für neue The- rapieprinzipien entwickeln: Die T-Zelle wird nach wie vor für die Initiierung wie für die Perpetuierung der chronisch-aggressiven gelenkdestruierenden Entzündungsreaktion im Gelenk diskutiert. Gewis- se Mechanismen interferieren mit der Migration und Extravasation von proinflammatorischen Zellen über Adhäsionsmoleküle wie den ICAM (intercellular adhesion molecule). Blockade der wichtigsten proinflammatorischen Zytokine wie TNF-aaaaund IL-1. Knorpelzellen, Knochenzellen, synoviale Fibroblasten.

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dung von D2E7 sowie bei einem Patien- ten, der kombiniert mit Remicade und MTX therapiert wurde, zu der Reakti- vierung einer Tuberkulose kam. Das Ergebnis der kontrollierten Therapie- studien einer nicht erhöhten Inzidenz von zu einer Hospitalisierung führen- den Infektionen konnte in Post- marketingstudien bei derzeit über 60 000 Patienten, die über einen länge- ren Zeitraum Enbrel erhalten hatten, bestätigt werden.

Lymphoproliferative Erkrankungen

Überlegungen einer möglicherweise in- folge einer TNF-a-Blockade erhöhten Inzidenz von malignen Tumoren ins- besondere des lymphoretikulären Sy- stems konnten in den Therapiestudien

nicht bestätigt werden. Das Auftreten maligner Tumoren, vor allem maligner Lymphome, war nicht erhöht gegen- über dem bekanntermaßen vermehrten Auftreten lymphoproliferativer malig- ner Erkrankungen bei RA-Patienten.

Diese Ergebnisse gelten für Remicade und Enbrel, für D2E7 sind vergleichba- re Beobachtungsstudien angelaufen.

Wurde zum Beispiel die erwartete Inzi-

denz maligner Erkrankungen, basie- rend auf Patientenjahren einer Enbrel- Therapie, errechnet, war das zu erwar- tende Auftreten mit 2,8 nicht höher als die errechnete Inzidenz in einer Kon- trollpopulation (Übersicht der Epide- miologie und Endergebnisse nach der Datenbasis der National Institutes of Health)

Entwicklung von Autoantikörpern

Autoantikörper, vorwiegend gerichtet gegen nukleäre Antigene, wurden in den Therapiestudien in 5 bis 15 Pro- zent bei Gabe von Remicade oder En- brel beobachtet. In den meisten Fällen traten die Autoantikörperphänomene nur transient auf. Antinukleäre Anti- körper und die beobachteten Antikör-

per gegen Doppelstrang-DNA waren in der Mehrzahl dem IgM- und nur sel- tener dem IgG-Isotyp zuzuordnen. In zwei Situationen wurden unter der Therapie mit Remicade Symptome wie bei einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) beobachtet, ähnlich einem medikamentenindu- zierten SLE, wobei das Absetzen des TNF-a-blockierenden Prinzips zu ei-

nem vollständigen Abklingen der Symptomatik führte.

Basierend auf den derzeit vorhan- denen Ergebnissen aus den Therapie- studien sowie aus den bislang vorlie- genden Postmarketinganalysen ist mit einer erhöhten Inzidenz von Infektio- nen, malignen Erkrankungen vor al- lem des lymphozytären Systems sowie von Autoimmunerkrankungen nicht zu rechnen, doch sind ohne jeden Zweifel ausgeweitete Postmarketing- untersuchungen notwendig, um zu schlüssigen Feststellungen zu kom- men.

Überempfindlichkeits- reaktionen

Überempfindlichkeitsreaktionen wur- den nach der Infusion des chimären monoklonalen Antikörpers Remicade in einem bis zwei Prozent der Patien- ten beobachtet. Lokale Reaktionen treten in bis zu fünf Prozent von Pati- enten nach subkutaner Administrati- on von Enbrel auf, wobei eine mehr- malige Injektion in der Regel zu kei- ner verstärkten lokalen Nebenwir- kung führt, sondern bei wiederholter Gabe die injektionsbedingten lokalen Symptome im Sinne von Rötung, leichter Infiltration und Juckreiz nachlassen.

Klinische Anwendung von TNF- aaaa -blockierenden Reagenzien

Die Anwendung von TNF-a-blockie- renden Substanzen inklusive der Indi- kationsstellung sollte primär durch In- ternisten mit der Zusatzbezeichnung Rheumatologie erfolgen, beziehungs- weise durch Ärzte durchgeführt wer- den, die die entsprechende Erfahrung in der Diagnosestellung sowie in der Verlaufsüberwachung von Patienten, auch von Patienten unter einer im- munmodulierenden Therapie, besit- zen (1, 2).

TNF-a-blockierende Substanzen sind bei Patienten mit einer RA dann angezeigt, wenn durch die Medikation mit einem oder mehreren Basisthera- peutika inklusive MTX nur eine in- Maus-VH- und

Maus VL-Regionen

Humanes IgG 1 cA2

Humanes IgG 1 D2E7

Humanes IgG 1 Etanercept Komplett humanes

Modell

Maus-CDR-Regionen

Humanes IgG 4 CDP 571

Rezeptoren Grafik 2

TNF-Blockade: Schematisch dargestellt sind unterschiedliche monoklonale Antikörper und ein TNF-

aaaa-p75-Rezeptorfusionsprotein, die in der Therapie der RA angewandt wurden. Enbrel und der mon-

oklonale Antikörper Remicade sind in den Vereinigten Staaten wie auch in Europa zur Medikation der RA zugelassen. Bei dem CDP 571 handelt es sich um ein F(ab)2-Fragment des IgG-4-Moleküls.

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adäquate klinische Besserung zu er- zielen ist. Zusätzlich müssen die Pati- enten eine aktive Krankheitssituation zeigen, die mehr als 3,2 Punkte nach dem DAS 28 erreichen, einem „dis- ease activity score“ aus Blutkörper- chensenkungsgeschwindigkeit, der Zahl schmerzhafter und geschwollener Ge- lenke sowie der subjektiven Einschät- zung der Krankheitsaktivität.

Die Aufnahme einer Blockade des Tumor-Nekrose-Faktors-a sollte ver- mieden beziehungsweise eine laufende Therapie abgebrochen werden, wenn eine Infektion manifest ist, zum Bei- spiel eine septische Arthritis, eine in- fizierte Prothese, postoperative Ab- szesse, eine Osteomyelitis, Pyelonephri- tis beziehungsweise mykobakterielle oder Pilzinfektion. Die Wiederaufnah- me oder der Beginn einer TNF-a- blockierenden Medikation kann in Be- tracht gezogen werden, wenn eine In- fektion ausgeheilt und das Risiko eines Rückfalls niedrig ist.

Vorsicht bei der Anwendung einer TNF-a-Blockade sollte bei Lympho- men und anderen lymphoproliferati- ven beziehungsweise malignen Er- krankungen, bei chronisch-viralen In- fektionen wie einer HIV-, Hepatitis- B- oder -C-Infektion und während der Schwangerschaft und der Stillzeit ge- übt werden.

Ein klinischer Erfolg ist in bis zu 70 Prozent der Patienten zu erwarten, wobei es bislang nicht gelang, Kriteri- en zu erarbeiten, die so genannten Re- sponder von Nonresponder unter- scheiden. Die Therapieeffizienz sollte dokumentiert und unter Verwendung der EULAR- (European League against Rheumatism) oder ACR-Er- folgskriterien ensprechend evaluiert werden (8, 27).

Nach 8 bis 16 Wochen ohne messba- ren klinischen Erfolg ist ein Patient als Nonresponder einzustufen und die Therapie mit einem TNF-a-Blocker abzubrechen. Ob bei einer inadäqua- ten Therapie mit einem TNF-a- blockierenden Prinzip auch die weite- ren derzeit in Erprobung befindlichen Behandlungsmodalitäten ineffektiv sind, bleibt durch entsprechende The- rapiestudien zu klären.

Für beide auf dem Markt befindli- chen TNF-a-blockierenden Substan-

zen, den chimären monoklonalen An- tikörper sowie das p75-Fusionspro- tein, liegen Studienergebnisse vor, die eine besonders gute synergistische Effektivität in einer Kombinations- therapie mit Methotrexat aufzeigen.

Wegen möglicher Nebenwirkungen sind, obwohl in den bisher vorliegen- den Studien nicht beschrieben, Patien- ten, die eine solche Kombinationsthe- rapie erhalten, besonders auf die Ent- wicklung von Nebenwirkungen zu überprüfen.

Zur Anwendung von TNF-a-blok- kierenden Prinzipien bei der Rheu- matoiden Arthritis sind zwei Empfeh- lungen einer internationalen Rheu- matologengruppe erarbeitet worden (9, 23). Eine von der Deutschen Ge- sellschaft für Rheumatologie erarbei- tete Therapieempfehlung kann von der Schriftführerin der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (Frau Prof. Dr. E. Gromnica-Ihle, Rheu- maklinik Berlin-Buch, Zepernicker Straße 1, 13125 Berlin; Telefon: 0 30/

94 01 26 50, Fax: 0 30/9 49 71 39) ange- fordert werden.

Ökonomische Aspekte

Die Behandlungskosten für eine RA lassen sich in direkte, indirekte und psychosoziale Kosten unterscheiden.

Hauptkostenfaktor ist die bei der Er- krankung auffallend frühzeitige Inva- lidisierung, verbunden mit einer per- manenten medizinischen sowie sozia- len Betreuung (4, 12, 28, 29). Eine Ver- hinderung der Frühinvalidisierung durch neue Therapieprinzipien wie TNF-a-blockierende Substanzen kann daher die Gesamtkosten der Therapie von RA-Patienten signifikant verrin- gern und damit auch die Anwendung der neuen, teuren (jährliche Kosten zurzeit über DM 30 000) wirkungsvol- len Therapieprinzipien rechtfertigen.

Sollten derzeit laufende Therapiestu- dien bei Patienten mit einer frühen Arthritis ebenso erfolgreich sein wie die vorliegenden Studienergebnisse bei Patienten mit einer etablierten, zum Teil lang währenden Arthritis, und lassen sich zusätzlich die in Kom- binationsstudien mit Methotrexat be- obachteten signifikanten Besserungen

bei den Knorpel- und Knochende- struktionen erreichen, werden ohne jeden Zweifel TNF-a-blockierende Prinzipien früh in der Therapie der RA auch aus sozioökonomischen Gründen einzusetzen sein.

Ausblick

Ohne jeden Zweifel ist mit der Ein- führung von TNF-a-blockierenden Substanzen das Therapierepertoire für die Behandlung der Rheumatoi- den Arthritis bedeutsam und klinisch effektiv erweitert worden. Neue Kom- binationstherapien werden sich an- bieten und in die Behandlung ein- gebracht, die möglicherweise noch effektiver als bislang den klinischen Verlauf und damit die frühzeitige In- validisierung von Patienten mit einer Rheumatoiden Arthritis verhindern lassen.

Neben der RA liegen Ergebnisse aus Phase-1-Studien vor, die TNF-a- blockierende Substanzen als effekti- ves Therapieprinzip bei der juvenilen chronischen Rheumatoiden Arthritis, bei HLA-B27-positiven Spondylar- thropathien und der Psoriasisarthritis ausweisen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2001; 98: A1059–1063 [Heft 16]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Joachim Robert Kalden Medizinische Klinik III mit Poliklinik Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Krankenhausstraße 12 91054 Erlangen

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