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Archiv "Gemeinsamer Bundesausschuss: Bundesoberbehörde" (03.11.2006)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 44⏐⏐3. November 2006 A2901

S E I T E E I N S

D

er große Wurf ist es nicht. Darüber sind sich alle Beteiligten im Gesundheitswesen bei der Bewer- tung der aktuellen Gesundheitsreform einig. Wer aber hätte gedacht, dass sich ausgerechnet unter einer Großen Koalition aus Union und SPD die „Staatsmedi- zin“ als wesentliches Merkmal des „GKV-Wettbe- werbsstärkungsgesetzes“ herauskristallisieren würde?

Einen gewissen Sinn für Ironie darf man den Namens- gebern hier wohl nicht absprechen.

Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben schon früh vor diesem sich abzeichnenden Trend gewarnt. Genützt hat es bis- lang nichts. Die „Verstaatlichung“ trifft mit dem neuen Gesetz auch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) – eines der wichtigsten Entscheidungsgremien in der gesetzlichen Krankenversicherung. Aufgabe dieses Gremiums der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärz- ten, Krankenkassen und Krankenhäusern ist es zu kon- kretisieren, welche ambulanten oder stationären medizi- nischen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirt- schaftlich sind und somit von den Krankenkassen bezahlt werden. Außerdem definiert der G-BAAnforderungen an Qualitätsmanagement- und Qualitätssicherungsmaßnah- men für die verschiedenen Leistungssektoren. Dem Aus- schuss gehören bislang 21 Mitglieder an, drei unpartei- ische sowie jeweils neun Vertreter der Krankenkassen und der Leistungserbringer, die in unterschiedlichen Be- setzungen Entscheidungen für die verschiedenen Leis- tungsbereiche treffen. Alle Mitglieder sind ehrenamtlich tätig. Damit soll in Zukunft Schluss sein.

Nach dem Willen der Großen Koalition gibt es ab 2008 nur noch ein Beschlussgremium, das sich aus sechs hauptamtlichen und drei unparteiischen ehren- amtlichen Mitgliedern zusammensetzt. Die Arbeit im G-BA soll damit professioneller und effizienter werden.

Entscheidungen werden dann in immer gleicher Beset- zung oder – wie es das Ministerium formuliert – „sach- bezogener und weniger interessengeleitet“ getroffen.

Sicher ist, dass die Vertragsärzte an Einfluss verlie- ren. Denn dem neuen und einzigen Beschlussgremium gehören dann drei Vertreter der Kassen sowie drei ge- meinsam von der KBV und der Deutschen Kranken-

hausgesellschaft vorgeschlagene Mitglieder an, die sich wiederum auf die drei Unparteiischen einigen müssen.

Gelingt ihnen das nicht, besetzt das Ministerium die Pos- ten. Gestärkt wird außerdem die Stellung der Unpartei- ischen. Halten sie eine Beschlussvorlage für nicht sach- gerecht, können sie dem Beschlussgremium einen alter- nativen Vorschlag vorlegen. Ausdrücklich vorgesehen ist zudem, dass die hauptamtlichen Mitarbeiter des G-BA auch „sachverständige“ Personen sein können, die bisher keiner der Trägerorganisationen angehörten.

Werden diese Regelungen umgesetzt, nimmt der Ge- meinsame Bundesausschuss den Charakter einer Bun- desoberbehörde an, befüchtet die BÄK. Sachnähe, Fachkundigkeit, Bedarfsgerechtigkeit und Akzeptanz künftiger Beschlüsse seien gefährdet, wenn das Selbst- verwaltungsprinzip infrage gestellt werde. „Es zeichnet sich eine erhebliche zentralistische Gesundheitssystem- steuerung ab“, so die BÄK in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf.

Die KBV lehnt die Strukturänderung rundweg ab.

Die hauptamtlichen Mitglieder seien künftig nicht mehr Vertreter der bisherigen Bänke. Das verwandele den Gemeinsamen Bundesausschuss von einer Einrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung in eine Behörde un- ter staatlicher Aufsicht mit Entscheidungsspielraum.

Heike Korzilius Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik GEMEINSAMER BUNDESAUSSCHUSS

Bundesoberbehörde

Heike Korzilius

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