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Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken : Entwicklung eines neuen Konzepts für das Informationszentrum der Bibliothek der Universität Konstanz

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Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken –

Entwicklung eines neuen Konzepts für das Informationszentrum der Bibliothek der Universität Konstanz

Masterarbeit

Studiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement der Hochschule der Medien Stuttgart

Sonja Wiestler, B.A.

Erstprüfer: Prof. Dr. Martin Götz Zweitprüfer: Oliver Kohl-Frey, M.A.

Bearbeitungszeitraum: 01. März 2009 bis 31. August 2009

Stuttgart, August 2009

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-88491

URL: http://kops.ub.uni-konstanz.de/volltexte/2009/8849/

(2)

Kurzfassung 2

Kurzfassung

Gegenstand der hier vorgestellten Arbeit sind Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken unter besonderer Berücksichtigung der Konzepte „Learning Centre“ und

„Information Commons“. Nach einer Einführung in das studentische Lernen werden im ersten Teil der vorliegenden Arbeit Lernzentren definiert sowie ihre Ziele und Auf- gaben vorgestellt. Anschließend wird die Entwicklung der Lernzentren in Groß- britannien und Deutschland beschrieben und zwei Einrichtungen aus Großbritannien als Best-Practice-Fälle vorgestellt.

Im zweiten Teil der Arbeit wird eine Neukonzeptionierung des Informationszentrums und zweier Buchbereiche der Bibliothek der Universität Konstanz entwickelt. Die Grundlage stellt eine Statusanalyse der Bibliothek der Universität Konstanz dar.

Darauf aufbauend werden verschiedene Ideen und Vorschläge entwickelt, wie die Lernbedingungen für die Benutzer verbessert werden können. Schwerpunkte liegen auf den Themen Möblierung, Lärm, Raumgestaltung und Funktionszonen. Die Arbeit schließt mit einer Bewertung der Neukonzeptionierung und einem Fazit über Lern- zentren.

Schlagwörter: Lernzentrum, Lernort, wissenschaftliche Bibliothek, Bibliothek der Universität Konstanz, Learning Centre, Information Commons.

Abstract

Subject of this thesis are learning centres in academic libraries while especially con- sidering the concepts of “learning centres” and “information commons”. After an intro- duction into student learning, learning centres are defined in the first part of this the- sis, then aims and assignments are introduced. Subsequently, the development of learning centres in Great Britain and Germany is shown, followed by the introduction of two institutions from Great Britain as best practice-cases.

In the second part of the thesis, a new model is being developed for the information centre and for two book depository areas of the Library of the University of Konstanz.

The basis for this is a status analysis of the library. Based on its results, different ideas are developed and proposals made on how to improve the learning space for the students. The emphases are on functional zones, interior design, furnishing and noise. The thesis concludes with an evaluation of the new concept and a résumé about learning centres.

Keywords: Learning Centre, Learning Space, Academic Library, Library of the Uni- versity of Konstanz, Information Commons.

(3)

Inhaltsverzeichnis 3

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung ... 2

Abstract ... 2

Inhaltsverzeichnis ... 3

Abbildungsverzeichnis ... 6

Tabellenverzeichnis ... 8

Abkürzungsverzeichnis ... 9

Einleitung ... 10

Teil 1: Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken ... 12

1 Grundlagen des studentischen Lernverhaltens ... 12

1.1 Lernarten ... 12

1.2 Lerntypen ... 13

1.2.1 Visueller Lerntyp ... 13

1.2.2 Auditiver Lerntyp ... 13

1.2.3 Kommunikativer Lerntyp ... 14

1.2.4 Motorischer Lerntyp ... 14

1.3 Lernmotivation ... 14

1.4 Veränderte Rahmenbedingungen und ihre Auswirkungen ... 15

1.4.1 Informationstechnik ... 15

1.4.2 Veränderte Studienstrukturen ... 17

1.4.3 Studiengebühren ... 17

2 Theorie der Lernzentren ... 18

2.1 Begriffsbestimmung ... 18

2.2 Typologie und Ziele ... 23

2.3 Aufgaben und Leistungen ... 25

2.3.1 Der Raum des Lernzentrums ... 25

2.3.2 Das Angebot an technischer Ausstattung und Lernmaterialien ... 31

2.3.3 Die Dienstleistungen und das Personal ... 32

3 Geschichte und Entwicklung ... 33

3.1 Entwicklung in Großbritannien ... 33

3.2 Experteninterview mit Graham Bulpitt ... 37

3.3 Entwicklung in Deutschland ... 39

(4)

Inhaltsverzeichnis 4

4 Best-Practice-Lernzentren in Bibliotheken ... 44

4.1 The Adsetts Centre, Sheffield Hallam University ... 45

4.2 Information Commons, University of Sheffield ... 56

4.3 Vergleich der Einrichtungen... 66

Teil 2: Entwicklung eines neuen Konzepts für die Bibliothek der Universität Konstanz ... 68

5 Statusanalyse und Rahmenbedingungen des Konzepts ... 68

5.1 Die Universität Konstanz und ihre Bibliothek ... 68

5.1.1 Einführung ... 68

5.1.2 Das Informationszentrum... 73

5.1.3 Der Buchbereich S ... 77

5.1.4 Der Buchbereich G ... 78

5.1.5 Der Buchbereich J ... 80

5.1.6 Der Buchbereich N ... 81

5.2 Gründe für die Verbesserung des Lernorts und Arbeitsauftrag ... 82

5.3 Meinungsumfrage unter Bibliotheksnutzern ... 83

5.3.1 Fragebogen ... 83

5.3.2 Ergebnisse ... 85

5.3.3 Zusammenfassung ... 90

6 Vorschläge für die gesamte Bibliothek ... 91

6.1 Raumgestaltung ... 91

6.2 Beleuchtung ... 92

6.3 Lärmreduktion ... 97

6.4 Möblierung und Ausstattung von Einzel- und Gruppenarbeitsplätzen ... 101

6.5 Arbeitszonen ... 102

7 Vorschläge für den Buchbereich S ... 110

7.1 Verbesserungsbedarf ... 110

7.2 Neukonzeptionierung... 111

7.2.1 Lärm ... 111

7.2.2 Raumgestaltung und Möblierung ... 112

8 Vorschläge für den Buchbereich G ... 113

8.1 Verbesserungsbedarf ... 113

8.2 Neukonzeptionierung... 114

8.2.1 Lärm ... 114

8.2.2 Raumgestaltung und Möblierung ... 115

9 Vorschläge für das Informationszentrum ... 119

9.1 Verbesserungsbedarf ... 120

9.2 Gestaltung neuer Bereiche ... 121

9.2.1 Lounge ... 121

(5)

Inhaltsverzeichnis 5

9.2.2 Begehbare Terrasse ... 123

9.3 Vorschläge zur Neustrukturierung des Informationszentrums ... 126

9.3.1 Vorschlag 1 ... 128

9.3.2 Vorschlag 2 ... 132

9.3.3 Vorschlag 3 ... 134

9.4 Möblierung und Raumgestaltung ... 136

9.5 Technische Ausstattung ... 136

9.6 Dienstleistungen ... 138

10 Zusammenfassung und Fazit ... 140

Literaturverzeichnis ... 143

Anhang A: Ebenenpläne der Bibliothek der Universität Konstanz ... 150

Anhang B: Umfrage unter Bibliotheksnutzern der Universität Konstanz ... 157

Erklärung ... 166

(6)

Abbildungsverzeichnis 6

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Café im Information Commons Sheffield ... 27

Abbildung 2: Learning Café in der Northumbria University Newcastle ... 27

Abbildung 3: Sitzgelegenheiten im Saltire Centre Glasgow ... 28

Abbildung 4: Unterschiedliche Arbeitsplätze im Information Commons Sheffield ... 29

Abbildung 5: Klappbarer Tisch und Stuhl im Information Commons Sheffield ... 29

Abbildung 6: Unterschiedliche Arbeitsplätze im Saltire Centre Glasgow ... 30

Abbildung 7: Sofa mit integrierten Tischen und Steckdosen im John Wheatley College Glasgow ... 30

Abbildung 8: Graham Bulpitt ... 37

Abbildung 9: Arbeitsplätze im Learning Resources Center Göttingen ... 41

Abbildung 10: Sitzplätze im IKMZ Cottbus ... 43

Abbildung 11: Einzelarbeitsplätze im IKMZ Cottbus ... 43

Abbildung 12: Adsetts Centre Sheffield ... 45

Abbildung 13: Haupteingang und Anbau des Adsetts Centre Sheffield ... 46

Abbildung 14: Gruppenarbeitsplatz im Adsetts Centre Sheffield ... 48

Abbildung 15: Weiterer Gruppenarbeitsplatz im Adsetts Centre Sheffield ... 48

Abbildung 16: Einzelarbeitsplätze im Adsetts Centre Sheffield ... 49

Abbildung 17: "Informal Space" im Adsetts Centre Sheffield ... 50

Abbildung 18: Sitzkissen im Adsetts Centre Sheffield ... 50

Abbildung 19: Sofas im Adsetts Centre Sheffield ... 51

Abbildung 20: Sessel im Adsetts Centre Sheffield ... 51

Abbildung 21: Informationstheke im Eingangsbereich des Adsetts Centre Sheffield ... 52

Abbildung 22: Einzelarbeitsplätze im Adsetts Centre Sheffield ... 54

Abbildung 23: PC-Arbeitsplätze im Adsetts Centre Sheffield ... 54

Abbildung 24: Zusammenarbeit im Information Commons. ... 57

Abbildung 25: Information Commons Sheffield ... 57

Abbildung 26: Lichthof des Information Commons Sheffield ... 58

Abbildung 27: "Flexispace" im Information Commons Sheffield ... 59

Abbildung 28: Gruppenarbeitsraum im Information Commons Sheffield ... 60

Abbildung 29: Arbeitsbereich im Information Commons Sheffield ... 61

Abbildung 30: Arbeitsbereich „silent study“ im Information Commons Sheffield ... 61

Abbildung 31: Einzelarbeitsplätze mit Sichtschutz im Information Commons Sheffield ... 62

Abbildung 32: Farbgebung der Stockwerke im Information Commons Sheffield ... 63

Abbildung 33: Luftaufnahme der Universität Konstanz ... 69

Abbildung 34: Darstellung der Bibliotheksgebäude von außen ... 70

Abbildung 35: Schematischer Plan der Ebene 4 ... 71

Abbildung 36: Blick von der Information Richtung Lehrbuchsammlung ... 75

Abbildung 37: Arbeitsplätze auf der Empore ... 75

Abbildung 38: Plan des Informationszentrums ... 76

(7)

Abbildungsverzeichnis 7

Abbildung 39: Arbeitsplätze im Buchbereich S ... 77

Abbildung 40: Luftraum im Buchbereich S mit Blick auf fünf Ebenen ... 78

Abbildung 41: Arbeitsplätze im Buchbereich G ... 79

Abbildung 42: Offene Wendeltreppe im Buchbereich G ... 80

Abbildung 43: Gruppenarbeitsraum im Buchbereich J ... 81

Abbildung 44: Buchbereich N ... 82

Abbildung 45: Fragebogen zur Bibliothek als Lernort, Seite 1 ... 84

Abbildung 46: Fragebogen zur Bibliothek als Lernort, Seite 2 ... 85

Abbildung 47: Nutzung der Bibliothek als Lernort ... 86

Abbildung 48: Gründe für die Bibliothek als Lernort ... 86

Abbildung 49: Gründe gegen die Bibliothek als Lernort ... 87

Abbildung 50: Bevorzugter Lernort in der Bibliothek... 88

Abbildung 51: Zufriedenheit mit der Bibliothek als Lernort ... 89

Abbildung 52: Verbesserungsbedarf des Lernorts Bibliothek ... 89

Abbildung 53: Bewertung einiger Vorschläge ... 90

Abbildung 54: Lampe über einem Arbeitsplatz der Dublin City University ... 92

Abbildung 55: Tischlampen im IKMZ Cottbus ... 93

Abbildung 56: Ausleuchtung von Arbeitsplätzen im Saltire Centre Glasgow ... 93

Abbildung 57: Beleuchtung eines Arbeitsplatzes im Galway-Mayo Institute of Technology ... 94

Abbildung 58: Indirekte Beleuchtung eines Gruppenarbeitsplatzes im Adsetts Centre Sheffield ... 94

Abbildung 59: Strahler und reflektierende Platten im Information Commons Sheffield ... 95

Abbildung 60: Tischbeleuchtung im Lesesaal der Dublin City Library & Archive ... 95

Abbildung 61: In die Regale integrierte Lampen im Information Commons Sheffield ... 96

Abbildung 62: Grafik der Western Bank Library der University of Sheffield ... 96

Abbildung 63: Schalldämmende Wandverkleidung im Information Commons Sheffield ... 98

Abbildung 64: Akustikelemente aus Holz als Wandverkleidung im Information Commons Sheffield ... 98

Abbildung 65: Akustikelemente im Saltire Centre Glasgow ... 99

Abbildung 66: Akustikwürfel ... 99

Abbildung 67: Akustikelemente ... 100

Abbildung 68: Wandpaneele aus Polyester ... 100

Abbildung 69: Gruppenarbeitsraum im Buchbereich N ... 103

Abbildung 70: Zugänge zu den verschiedenen Arbeitsbereichen im Saltire Centre Glasgow ... 104

Abbildung 71: Eingang zum „Silent Study Space“ im Information Commons Sheffield ... 105

Abbildung 72: Aufblasbares Iglu im Saltire Centre Glasgow... 106

Abbildung 73: Arbeitsplätze des Georgia Institute of Technology, Atlanta USA... 106

Abbildung 74: Arbeitsplätze der University of Cumbria ... 107

Abbildung 75: Arbeitsplätze im Information Commons Sheffield ... 107

Abbildung 76: Arbeitsplätze im North Hertfordshire College ... 108

Abbildung 77: Gruppenarbeitsplätze im „Techno-Café“ der Durham University... 108

(8)

Tabellenverzeichnis 8 Abbildung 78: Trennwände aus Glas im Saltire Centre der Glasgow Caledonian

University ... 109

Abbildung 79: Holztreppen im Buchbereich S ... 112

Abbildung 80: Ausschnitt des Buchbereichs G auf der Ebene 2 ... 115

Abbildung 81: Übergang zwischen den Buchbereichen S und G auf der Ebene 2 ... 116

Abbildung 82: Arbeitsplätze im Übergang zwischen den Buchbereichen S und G auf der Ebene 2 ... 117

Abbildung 83: Sofa mit akustischer Isolierung ... 118

Abbildung 84: Einzelarbeitsplätze in der University of Cumbria ... 118

Abbildung 85: Runder Tisch in der Bibliothek der Northumbria University Newcastle ... 119

Abbildung 86: Die „Library Lounge“ der UB Passau ... 123

Abbildung 87: Gelbe Markierung: Terrasse zwischen Informationszentrum und Buchbereich S ... 124

Abbildung 88: Terrasse zwischen Informationszentrum und Buchbereich S ... 124

Abbildung 89: Innenhof der Zentralbibliothek der Fachhochschule Hannover ... 126

Abbildung 90: Plan des Informationszentrums ohne Einrichtung ... 127

Abbildung 91: Vorschlag zur Gestaltung der Mediothek auf der Empore... 129

Abbildung 92: Vorschlag 1 für das Informationszentrum ... 131

Abbildung 93: Vorschlag 2 für das Informationszentrum ... 133

Abbildung 94: Vorschlag 3 für das Informationszentrum ... 135

Abbildung 95: Informationsbildschirm im Information Commons Sheffield ... 136

Abbildung 96: Informationssäule im Saltire Centre Glasgow ... 137

Abbildung 97: "Business Unit" mit Kopiergerät, Selbstverbuchungsautomat, Zahlautomat, Farbdrucker und Telefon im Information Commons Sheffield ... 138

Die Rechte der folgenden Abbildungen liegen bei der Universität Konstanz: Abbildung 38, Abbildung 80, Abbildung 81, Abbildung 87, Abbildung 90, Abbildung 91, Abbildung 92, Abbildung 93, Abbildung 94 und alle Abbildungen im Anhang A.

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ebenen der Bibliothek der Universität Konstanz ... 72

(9)

Abkürzungsverzeichnis 9

Abkürzungsverzeichnis

BIX Bibliotheksindex

BTU Brandenburgische Technische Universität Cottbus

bzw. beziehungsweise

CAD Computer Aided Design

DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft

GUI Graphical User Interface

IBIT Informations-, Bibliotheks- und IT-Dienste der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

IC Information Commons

IKMZ Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus

JISC Joint Information Systems Committee

KIM Kommunikation - Information - Medien; Serviceverbund der Universität Konstanz

kiz Kommunikations- und Informationszentrum der Uni- versität Ulm

LRC Learning Resource Centre

MOLE My Online Learning Environment

MUSE My University of Sheffield Environment

SUB Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

(10)

Einleitung 10

Einleitung

Jahrhundertelang hat sich das Lernen nicht verändert. Bildung war einer gesellschaft- lichen Elite vorbehalten, Wissen in meist privaten oder institutionellen Bibliotheken zentral gelagert. Mit der allgemeinen Schulpflicht und öffentlichen Bibliotheken wandelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts zwar der Zugriff auf Wissen, nicht aber dessen Verwaltung und die Lernmethodik – bis vor wenigen Jahrzehnten. Erst durch Quantensprünge in der auch im Alltag immer dominanter werdenden Informations- technologie änderte sich die Bereitstellung von Wissen radikal, ein Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen sein wird. Diese Entwicklung erfordert eine neue Art des Lernens, um die neuen Möglichkeiten effizient nutzen zu können.

Elektronische Suchmaschinen ergänzen heute die Recherche in Bibliotheken, Informationen werden auch im wissenschaftlichen Bereich verstärkt online an- geboten. Das Management von Informationen ersetzt immer mehr das Management von Gegenständen, die Informationen bereitstellen. Dass deswegen Informations- und Medienkompetenz immer wichtiger werden, liegt auf der Hand, und diese für Studium und Berufsleben unbedingt notwendigen Schlüsselkompetenzen müssen erst vermittelt werden.

Lernorte müssen diese Kompetenzen fördern und müssen personell, räumlich und technisch auf die Bedürfnisse der Lernenden und die verschiedenen Lernformen zu- geschnitten sein. Als traditionelle Orte des Wissens und der Bildung bieten Biblio- theken gute Voraussetzungen für Lernprozesse. Wissenschaftliche Bibliotheken haben ohnehin ein Klientel, das auf die Bibliothek als Lernort besonders dringend angewiesen ist. Aus diesem Lernort ein Lernzentrum zu entwickeln, bedeutet für Bibliotheken eine Fortentwicklung ihres Angebotsspektrums. Besonders hervorzu- heben sind die räumliche Umgestaltung, die kontinuierliche Erforschung von Be- nutzerbedürfnissen und Lernverhalten sowie eine mögliche organisatorische Neu- strukturierung der Bibliothek.

In Großbritannien und den USA sind Lernzentren an wissenschaftlichen Bibliotheken als Learning Centres oder Information Commons sehr weit verbreitet. Aber auch in Deutschland wird in der Fachöffentlichkeit immer häufiger das Potenzial geeigneter Lernumgebungen erkannt und diskutiert.

Derzeit plant die Bibliothek der Universität Konstanz, die Lernbedingungen für ihre Benutzer zu verbessern. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines neuen Raument- wurfs, der auf die besondere Architektur des Bibliotheksgebäudes abgestimmt ist. In der vorliegenden Arbeit wird deshalb ein neues Konzept auf Basis des Themas

„Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken“ für das Informationszentrum und die Buchbereiche G und S der Bibliothek entwickelt. Es soll klären, wie ein Lernzentrum in der Bibliothek der Universität Konstanz beschaffen sein muss und welche An-

(11)

Einleitung 11 forderungen sich an Raum, Einrichtung, Technik und bibliothekarische Dienst- leistungen stellen.

Die Arbeit stützt sich auf eine Auswertung der aktuellen deutsch- und englisch- sprachigen Fachliteratur zu den Themen Lernzentren in Bibliotheken und Gestaltung von Lernumgebungen. Weiterhin wird ein Überblick über deutsche Einrichtungen ge- geben und es werden zwei Best-Practice-Konzepte aus dem Ausland vorgestellt, analysiert und mit Bildmaterial veranschaulicht. In einer Befragung wird ein Meinungsbild von Bibliotheksnutzern der Universität Konstanz erhoben.

Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken. Nach einer Einführung in das studentische Lernverhalten wird der Begriff Lernzentrum definiert, es werden ver- schiedene Typen von Lernzentren vorgestellt und ihre Ziele und Aufgaben be- schrieben. Anschließend wird die Entwicklungsgeschichte der Lernzentren in Groß- britannien und Deutschland dargestellt und durch ein Experteninterview ergänzt.

Abschließend werden zwei unterschiedliche Best-Practice-Konzepte aus Sheffield, Großbritannien, vorgestellt und miteinander verglichen.

Im zweiten Teil der Arbeit wird ein Konzept für das Informationszentrum und die Buchbereiche G und S der Bibliothek der Universität Konstanz entworfen. Auf Basis einer Statusanalyse der Bibliothek und einer Meinungsumfrage unter Bibliotheks- nutzern wird der Verbesserungsbedarf dargestellt. Daraus werden Vorschläge ab- geleitet und dargestellt. Die Arbeit schließt mit einem Fazit über Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken sowie das neue Konstanzer Konzept.

(12)

Teil 1: Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken 12

Teil 1: Lernzentren in

wissenschaftlichen Bibliotheken

1 Grundlagen des studentischen Lernverhaltens

Eine zentrale Rolle für Überlegungen zum Thema „Lernort“ nimmt die Frage nach dem Lernverhalten von Studierenden ein. Warum und mit welcher Motivation lernen Studierende überhaupt? Vorgestellt werden verschiedene Lerntypen und ihre Lern- methoden sowie aktuelle Entwicklungen, die einen Einfluss auf das Lernverhalten der Studierenden haben.

1.1 Lernarten

Zunächst sind zwei Arten des Lernens zu unterscheiden: das formelle und das in- formelle Lernen. Formelles Lernen findet in einem festen Rahmen statt, die Inhalte werden von einer dritten Person gesteuert und aufbereitet. Ein typisches Beispiel dafür ist der frontale Unterricht in Bildungsinstitutionen wie Schulen und Hochschulen.

Ein Lehrender steht den Lernenden gegenüber und legt Ort, Zeit, Inhalte und Aufbau der Lernsituation fest. Formelles Lernen ist in der Regel institutionell organisiert und führt zu einem Abschluss oder Zertifikat.

Beim informellen Lernen steht dagegen das Lernziel im Mittelpunkt, das Lernen dient einem bestimmten Zweck oder der Lösung eines bestimmten Problems.1 Es ist vom Lernenden bewusst selbst gesteuert, was Ort, Zeit, Umfang, Inhalt und Form angeht, kann jedoch auch ungeplant und unbewusst „nebenbei“ stattfinden. Informelles Lernen ereignet sich außerhalb der genannten Bildungsinstitutionen, beispielweise in der Freizeit, in Kultureinrichtungen, Vereinen, am Arbeitsplatz oder zu Hause. Es führt nicht zu einem Abschluss und rückt erst seit Kurzem in den Mittelpunkt der Auf- merksamkeit, obwohl „etwa 70% aller menschlichen Lernprozesse außerhalb der Bildungsinstitutionen stattfinden (…)“2. Wissenschaftliche Bibliotheken unterstützen mit Ihrem Angebot sowohl das formelle als auch das informelle Lernen. Sie unter- stützen einerseits die Ziele der Lehre und das Erreichen eines vorgegebenen Ziels (z.

B. Prüfungen, Studienabschluss) und damit das formelle Lernen.

1 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Das informelle Lernen. Die inter- nationale Erschließung einer bisher vernachlässigten Grundform menschlichen Lernens für das lebenslange Lernen aller. Bonn 2001). URL:

http://www.bmbf.de/pub/das_informelle_lernen.pdf (letzter Zugriff: 18.04.2009), S 19

2 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, S. 7

(13)

1 Grundlagen des studentischen Lernverhaltens 13 Andererseits bieten sie auch Informationen und Medien, die die Lehre ergänzen und darüber hinausgehen, die also nicht primär dem Erreichen eines Abschlusses dienen, und damit dem informellen Lernen zuzuordnen sind. Zudem nutzen Studierende die Bestände und Informationsdienstleistungen der Hochschulbibliothek nach eigenem Ermessen; Inhalte, Ort, Zeitpunkt, Lernform sowie Dauer der Lernprozesse bleiben ihnen selbst überlassen. Das selbst organisierte und eigenverantwortliche informelle Lernen spielt in wissenschaftlichen Bibliotheken eine große Rolle.

1.2 Lerntypen

Menschen lernen unterschiedlich. In den wenigsten Fällen führt dieselbe Methode bei verschiedenen Menschen zum gleichen Lernerfolg. Es gibt Lerntypen, die sehr unter- schiedliche Techniken und Methoden haben, Informationen aufzunehmen, zu ver- stehen, mit bereits vorhandenem Wissen zu verknüpfen und so zu neuem Wissen zu formen.

In Anlehnung an den dabei unterschiedlich ausgeprägten Gebrauch der Sinne können vier Lerntypen charakterisiert werden. Allerdings lassen sich die meisten Menschen nicht ausschließlich einem Lerntyp zuordnen, sondern vereinen die Eigen- schaften mehrere Typen in sich. In der Regel ist jedoch eine Präferenz erkennbar.

Bei der Gestaltung von Lernräumen in Bibliotheken sollten die Bedürfnisse der ver- schiedenen Lerntypen beachtet und optimale Bedingungen geschaffen werden.

1.2.1 Visueller Lerntyp

Dieser Typ lernt am besten, wenn Informationen visuell dargestellt werden, beispielweise in Texten, Bildern, Grafiken, Tabellen oder Filmen. Eine ästhetische und aufgeräumte Lernumgebung unterstützt ihn. Hilfreich ist auch, wenn er selbst kreativ sein kann wie beim Mind-Mapping oder Zeichnen von Skizzen. Unterstützend sollten Hilfsmittel wie Tafeln, Flipcharts, Smartboards3 oder Poster zur Verfügung stehen, aber auch eine entsprechende technische Ausrüstung. PCs sollten mit ver- schiedenen Grafikprogrammen, einem großen Monitor, einem Beamer sowie Laut- sprechern ausgestattet sein.

1.2.2 Auditiver Lerntyp

Diese Menschen lernen am besten, wenn sie die Informationen hören. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie sich die Informationen selbst laut vorlesen oder von anderen Personen vorgelesen bekommen. Auswendig lernen fällt ihnen leicht. Um nicht ab- gelenkt zu werden, brauchen sie absolute Stille ohne Hintergrundgeräusche, ver-

3 Dabei handelt es sich um elektronische Tafeln. Die großen LCD-Bildschirme lassen sich per Hand bedienen, mit einem „digitalen Stift“ können Kommentare, Zeichnungen etc. hinzu- gefügt werden. Die Arbeitsergebnisse werden abgespeichert und an die ganze Arbeits- gruppe verschickt.

(14)

1 Grundlagen des studentischen Lernverhaltens 14 ursachen selbst jedoch Lärm, der andere ablenken kann. Lernen in der Gruppe ist deshalb für diesen Lerntyp weniger geeignet.

1.2.3 Kommunikativer Lerntyp

Mündliche Erklärungen von Sachverhalten helfen diesem Lerntyp am besten. Durch Diskussionen und Rollenspiele wird eine Sache von mehreren Seiten beleuchtet und von diesem Lerntyp verstanden. Es trägt zu seinem Verständnis bei, wenn er anderen Personen etwas erklären kann. Die Arbeit in Gruppen ist für diesen Lern- typen demnach essenziell. Problematisch ist die dabei entstehende Lautstärke.

1.2.4 Motorischer Lerntyp

Diese Menschen müssen Dinge selbst ausprobieren, damit sie sie vollständig ver- stehen können. Experimente, Modellbauten und die Verknüpfung des Lernstoffes mit Gegenständen, Bewegungen oder Gesten helfen ihnen beim Lernen. Dieser Lerntyp benötigt ein größeres Platzangebot, hilfreich sind außerdem Modelle, Bausätze oder Simulationen des Lernstoffs.

1.3 Lernmotivation

Warum lernen Studierende? Mit welcher Motivation stehen sie dem Lernstoff gegen- über? In der Lernpsychologie werden zwei Arten von Lernmotiven unterschieden: die extrinsischen und die intrinsischen Motive.

Extrinsische Motive ergeben sich außerhalb der Beziehung des Lernenden zum Lernstoff: Die Motivation leitet sich ab aus dem Ziel, gute Noten und Lob zu erhalten.

Der Lernanreiz kann vom Lernenden selbst kommen, der beispielweise einen be- stimmten sozialen Status oder eine berufliche Position erreichen möchte oder im Wettbewerb mit anderen besser sein möchte. Anreize können auch von außen kommen, beispielweise durch Lob, Anerkennung oder auch Bestrafung. Das Lernen selbst ist für den extrinsisch motivierten Lernenden lediglich Mittel zum Zweck.

Intrinsische Motive hingegen motivieren den Lernenden durch seine Beziehung zum Lernstoff. Sie stellen jedoch nicht das Gegenteil der extrinsischen Motive dar; oft er- geben sie sich sogar aus extrinsischen Motiven. Neugier, Wissensdurst, Interesse und Freude am Lernstoff leiten den Lernenden. Das Lernen bereitet ihm Zufrieden- heit, bringt ihm Vorteile, er kann es zur Lebensgestaltung oder Problemlösung ein- setzen. Damit vereinfacht eine intrinsische Motivation Lernprozesse und ist wünschenswert. Stangl: „Der Aufforderungscharakter ist das wichtigste intrinsische Motiv, es wird vom Gegenstand bewirkt, dass sich der Lernende aufgefordert fühlt, sich mit dem Inhalt zu beschäftigen, auch wenn er keinen Nutzen davon hat. Dieses

(15)

1 Grundlagen des studentischen Lernverhaltens 15 Motiv kann man durch eine ansprechende Gestaltung der Lernumgebung zunutze machen.“4

An dieser Stelle können Bibliotheken fördernd eingreifen. Die Lust am Lernen kann durch eine entsprechend gestaltete Lernumgebung deutlich gesteigert werden. Für die Lernenden müssen optimale Bedingungen für die unterschiedlichen Bedürfnisse geschaffen werden. Dies fängt mit der Architektur des Bibliotheksgebäudes an, geht über die Raumaufteilung, die Einrichtung verschiedener Arbeits- und Kommunikationszonen, die Möblierung, das Medien- und Informationsangebot, die technische Ausstattung, Beratungs- und Serviceangebote bis hin zu ausreichendem (Tages-) Licht und einem guten Klima.

Ein weiterer Ansatz ist das Angebot von Lernberatung, die wiederum zu einem effektiveren Lernen, besseren Ergebnissen und einer höheren extrinsischen Motivation führen kann – im Idealfall entsteht damit letztendlich eine intrinsische Motivation.

1.4 Veränderte Rahmenbedingungen und ihre Auswirkungen

Nachfolgend werden Entwicklungen dargestellt, die in den letzten Jahren nicht nur starken Einfluss auf das Lernverhalten der Studierenden, sondern auch auf ihre Ein- stellung gegenüber der Hochschule und deren Einrichtungen wie die Universitäts- bibliothek.

1.4.1 Informationstechnik

Dazu zählt die zunehmende Bedeutung von Informations- und Kommunikations- technologie. Ihr rasanter Fortschritt und zunehmender Einfluss auf den Lehrbetrieb der Hochschulen bedingen Veränderungen der bereitgestellten Technik für die Studierenden. Computer sind heute ein unverzichtbarer Bestandteil der Hochschulen und des Studienalltags und lassen Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationen, Datenbanken und spezielle Anwendungen wie CAD5 überhaupt erst zu. Ein Teil des Lehrbetriebs verläuft heute schon im Internet, sei es durch die Bereit- stellung von Vorlesungsmaterial, Audio- oder Videomitschnitten der Lehrver- anstaltungen, Kommunikation mit den Dozenten, virtuelle Zusammenarbeit mit Kommilitonen oder die Integration von E-Learning: Ohne Computer und das Internet ist die Absolvierung eines Hochschulstudiums heute schwierig. Gleiches gilt für die Hochschulbibliotheken, aus denen elektronische Bibliothekskataloge, elektronische Semesterapparate, E-Books und E-Journals nicht mehr wegzudenken sind. Analog veränderten sich Umgang und Weiterverarbeitung von Informationen: sie können heute am Computer recherchiert, abgerufen, evaluiert, weiterverarbeitet und ver-

4 Stangl, Werner: Lernmotive und Lernmotivation. URL: http://arbeitsblaetter.stangl- taller.at/MOTIVATION/Lernmotivation.shtml (letzter Zugriff: 30.04.2009)

5 Computer Aided Design, auch rechnerunterstützte Konstruktion.

(16)

1 Grundlagen des studentischen Lernverhaltens 16 öffentlicht werden. Die wissenschaftliche Arbeit kann ohne Medienbruch und an einem Ort entstehen. Aus einer Vielzahl von Medien- und Informationsangeboten können die Studierenden heutzutage ihre Lernaktivitäten selbst gesteuert und individuell planen. Sie besitzen heute mobile Geräte wie Laptops, PDAs6 und Mobil- telefone, die sie nicht nur zur Unterhaltung, sondern selbstverständlich auch zur Informationssuche und -verarbeitung verwenden. Von den Hochschulen und Biblio- theken wird erwartet, dass die Nutzung dieser Geräte berücksichtigt und gefördert wird.

Weitere technische Neuerungen wie das WLAN flexibilisieren Arbeitsorte und -zeiten und bedeuten einen Durchbruch für die Studierenden. Mit Beamern oder großen Plasmabildschirmen können Gruppenarbeiten entstehen, bei denen mehrere Personen an einem Dokument arbeiten, Videokonferenzen mit Teilnehmern aus der ganzen Welt durchgeführt werden oder Präsentationen eingeübt und gehalten werden. Durch die Anschaffung und Bereitstellung technischer Geräte wie Video- kameras, Webcams oder Smartboards können ganz neue Projekte und Medien- produktionen entstehen.

Viele Lernprozesse laufen heutzutage IT- und internetbasiert ab, was den Studierenden wiederum ermöglicht, räumlich und zeitlich flexibel zu arbeiten. Hoch- schulen sollten auf diese Entwicklungen reagieren und für eine entsprechende technische Infrastruktur sorgen.

Die schnelle Entwicklung und große Bedeutung der Informationstechnik bedingte in den meisten Bibliotheken eine Trennung von gedruckten und digitalen Ressourcen („print/digital divide in the study space“7). Da die Bibliotheken architektonisch in der Regel nicht darauf ausgerichtet waren, entstanden PC-Arbeitsplätze oft in PC-Pools räumlich getrennt von den übrigen Bibliotheksarbeitsplätzen. Die meisten PC-Pools an Hochschulen wurden außerdem von den Rechenzentren fernab der Bibliotheken eingerichtet. Diese Trennung bewirkt, dass in den Bibliotheken hauptsächlich recherchiert und gelesen wird sowie Informationen exzerpiert werden. Die Weiterver- arbeitung, das Schreiben, Ändern und Veröffentlichen von Texten findet dann in räumlich entfernten PC-Pools statt.

Die Architektur bzw. Einrichtung der Bibliotheken entspricht also oft nicht mehr den heutigen Nutzungsformen der Gebäude und erschwert diese sogar. Die Realität heute sieht so aus, dass die Studierenden die gedruckten Bibliotheksmedien ebenso nutzen wie elektronische Quellen und PC-Arbeitsplätze – und zwar gleichzeitig. Die Trennung elektronischer und gedruckter Medien ist also unzweckmäßig und steht den

6 Personal Digital Assistant; ein sehr kleiner Computer, der hauptsächlich zur Termin- und Adressverwaltung eingesetzt wird.

7 Lewis, Martin: The Information Commons. Learning as architecture. Präsentation.

29.08.2008. URL: http://www.tilburguniversity.nl/services/lis/ticer/08carte/publicat/lewis.ppt (letzter Zugriff: 02.07.2009), S 19f

(17)

1 Grundlagen des studentischen Lernverhaltens 17 studentischen Bedürfnissen entgegen. Eine solche Bibliothek ist kein „ganzheitlicher“

Ort des Lernens, sondern nur eine erste Station im Lernprozess.

1.4.2 Veränderte Studienstrukturen

Weitreichende Veränderungen brachte auch der Bologna-Prozess mit sich, in dessen Rahmen bis zum Jahr 2010 alle Studiengänge auf Bachelor-/Masterabschlüsse um- gestellt werden müssen. Die neuen Studiengänge sind zeitlich gestrafft und stärker verschult, sodass sie den Studierenden weniger Freiräume erlauben als bislang.

Auch die Zahl der benoteten Prüfungsleistungen von Beginn des Studiums an nimmt zu. Das bedeutet, dass sich die Studierenden öfter und länger an der Hochschule aufhalten und durch die gestiegene Anzahl an Prüfungen mehr lernen müssen.

Projekt- und Gruppenarbeiten, eine gemeinsame Problemlösung und die Präsentation von Projektergebnissen werden ausgebaut und nehmen einen wesent- lichen Raum des Studiums ein. Entsprechend wird auch der Erwerb von Schlüssel- kompetenzen aufgewertet, ganz besonders von Informations- und Medienkompetenz, aber auch von Teamfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Präsentationstechniken.

Diese Veränderungen der Studienstruktur und -inhalte führen dazu, dass sich auch das Lernverhalten der Studierenden stark wandelt. Die Beschleunigung des Studiums kann dazu führen, dass die Studierenden auch von den Hochschulbibliotheken eine schnellere Arbeitsweise erwarten und diese ihre Arbeitsprozesse effizienter gestalten oder den Personaleinsatz verstärken müssen. Im Bereich der Informations- und Medienkompetenz müssen sich Bibliotheken noch mehr als bislang engagieren und zu einer Teaching Library entwickeln, die über ein an die Lehre gebundenes Kurs- und Schulungsangebot verfügt.

Durch die stärkere Verschulung und längere Präsenzzeiten der Studierenden an der Hochschule nimmt diese als Aufenthaltsort und sozialer Treffpunkt an Bedeutung zu, ebenso werden sie und ihre Einrichtungen als Lernort stärker beansprucht: Neue Formen des Lernens müssen berücksichtigt und gefördert werden. Die Studierenden suchen Orte, an denen sie gemeinsam in Gruppen diskutieren und arbeiten können.

Ob sie die Bibliothek dabei verlassen und andernorts fündig werden oder sie als Arbeitsort aussuchen, hängt von ihrer Attraktivität als Lernort ab. Auch werden neue Arbeitsmaterialien und technische Ausstattung benötigt, die kreative Zusammenarbeit vor Ort, aber auch virtuell von verschiedenen Plätzen aus unterstützen. Eine ver- stärkte Nutzung der Bibliothek kann wiederum dazu führen, dass bestimmte Be- stände stärker nachgefragt werden und beispielsweise Lehrbuchsammlungen aus- gebaut oder als E-Books lizenziert werden müssen.

1.4.3 Studiengebühren

Im Wintersemester 2006/2007 wurden in mehreren Bundesländern Studiengebühren für das grundständige Studium eingeführt. Die Studierenden müssen Gebühren in

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2 Theorie der Lernzentren 18 Höhe von bis zu 500€ pro Semester für ihr Studium bezahlen. Diese werden erhoben, um die Studienbedingungen für die Studierenden zu verbessern. Eingesetzt werden die Gebühren beispielweise für Personal (wissenschaftliche Mitarbeiter oder Hilfs- kräfte, Tutoren, Lehrbeauftragte), die technische Ausstattung und die Bibliothek.

Dies hat zur Folge, dass die Studierenden sich zunehmend als Kunden der Hoch- schule und deren Einrichtungen sehen und eine höhere Erwartungshaltung gegen- über den Leistungen, die ihnen erbracht werden, an den Tag legen. Als zahlende Kunden sind ihre Ansprüche auch an die Angebote und Dienstleistungen der Hoch- schulbibliotheken gestiegen, die von den Studiengebühren in nicht geringem Maße profitieren. Die Bibliotheken sehen sich zunehmend in der Pflicht, ihre Einrichtungen für die studentische Nutzung zu verbessern. Vielfach umgesetzte Maßnahmen sind verlängerte Öffnungszeiten, verbesserte Dienstleistungen, Bestandsaufbau, Bereit- stellung von E-Books und E-Journals, aber auch die Verbesserung der Lern- umgebung in der Bibliothek.

2 Theorie der Lernzentren

Im folgenden Kapitel soll dargestellt werden, wie ein Lernzentrum definiert wird.

Aufbauend auf die Begriffsklärung wird ein Überblick über verschiedene Typen und Betriebsformen von Lernzentren gegeben. Die provokante Frage lautet: Was unter- scheidet den Lesesaal einer Bibliothek oder eine Ansammlung von Computerarbeits- plätzen von einem Lernzentrum? Zu diesem Zweck werden Ziele, Aufgaben und Merkmale von Lernzentren geklärt. Der Fokus liegt dabei auf wissenschaftlichen Bibliotheken, jedoch wird zur Differenzierung auch auf Lernzentren in öffentlichen Bibliotheken und privatwirtschaftlichen Unternehmen eingegangen.

2.1 Begriffsbestimmung

Der in dieser Arbeit gewählte übergeordnete Begriff Lernzentrum wird in der Literatur, aber auch der Praxis durch viele andere Bezeichnungen ergänzt und teilweise synonym verwendet; eine einheitliche Benennung existiert nicht. Dabei werden die unterschiedlichen Perspektiven deutlich, aus denen die verschiedenen Angebote be- trachtet werden.

Beispielsweise sind folgende Namen und Bezeichnungen in Gebrauch: Lern- umgebung, Lernarrangement, Lernort, Lernpunkt, Lernstudio, Lernatelier, Informationspunkt, Informationszentrum, Bildungszentrum und Wissensturm.

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2 Theorie der Lernzentren 19 Außerdem gibt es die englischen bzw. amerikanischen Begriffe Learning Centre, Learning Resource Centre, Integrated Learning Center8 und Information Commons.

Lernzentren in deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken sind sehr unterschiedlich gestaltet und werden zunehmend diskutiert. Dabei ist noch kein klares eigenes Konzept, kein „deutscher Weg“ erkennbar. Auch in der aktuellen deutschsprachigen Fachliteratur herrscht offenkundig noch kein Konsens über Definitionen, Aufgaben und Eigenschaften von Lernzentren. Jedoch wird hier stets Bezug genommen auf die weiter fortgeschrittene Entwicklung in Großbritannien und den USA, wo eine weit- gehende Einigung über den Charakter solcher Einrichtungen herrscht. Aus diesem Grund werden die dortigen Lernzentren als Vorbilder herangezogen und teilweise an die deutschen Hochschulbibliotheken angepasst. Zwei Konzepte sollen an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden: die Learning Centres bzw. Learning Resource Centres und Information Commons.

Christine Gläser beschreibt die in Großbritannien9 verbreiteten Learning Resource Centres: „LRC dienen als zentrale Lernorte, ausgestattet mit Informationsquellen sowie Lern- und Arbeitsmitteln. Der Aufbau der LRC, ihre Angebote und Ein- richtungen sind primär auf die Bedürfnisse studentischen Arbeitens ausgerichtet.

Studierende sollen an einer Stelle alle notwendigen und möglichen Dienstleistungen erhalten (…).“10

Graham Bulpitt stellt Learning Centres als „a dynamic environment which integrates provision to support a range of independent and group learning activities“11 dar und schließt folgende Leistungen ein: “library and information services, computing provi- sion, multimedia production, educational development, educational research”12.

Es handelt sich also um eine zentrale Einrichtung, die verschiedene Informations- und Mediendienstleistungen der Hochschule integriert und vorrangig auf die Lern- und Arbeitsbedürfnisse der Studierenden ausgerichtet ist, jedoch auch Forschungs- aktivitäten berücksichtigt. Eine besondere Betonung liegt auf der Beschreibung

„dynamisch“, die sich sowohl auf die Einrichtung des Learning Centre als auch auf die angebotenen Dienstleistungen bezieht – Kundenorientierung ist der zentrale An- spruch dieses Modells.

8 Die britische Schreibweise lautet „Centre“, die amerikanische Schreibweise „Center“. In der vorliegenden Arbeit wird die britische Schreibweise verwendet, bei Eigennamen wird jedoch die Schreibweise der jeweiligen Einrichtung übernommen.

9 Zur Verbreitung der Learning (Resource) Centres vgl. Kap. 3.1 Entwicklung in Groß- britannien, S. 33

10 Gläser, Christine: Die Bibliothek als Lernort – neue Servicekonzepte. In: Bibliothek, For- schung und Praxis 32(2008)2, S. 174

11 Bulpitt, Graham: The Learning Centre model in the UK. URL:

http://www.rebiun.org/export/docReb/ponencia_bulpitt.ppt (letzter Zugriff: 16.04.2009), S.

10

12 Ebenda, S. 11

(20)

2 Theorie der Lernzentren 20 In den USA, Kanada sowie Australien wird dagegen der Begriff Information Commons verwendet. Die Übersetzung des Begriffs „Commons“ ins Deutsche ge- staltet sich als schwierig, Gläser leitet her, dass so „(…) der gemeinsam genutzte Gemeindeacker bezeichnet [wird], vergleichbar der „Allmende“. Information Commons wird auch im Zusammenhang mit freiem Zugang zu Information benutzt, im Sinne einer Wissensallmende.“13 Die University of Sheffield erklärt den Begriff folgendermaßen: „A new name expressing an old concept of community. Since the Middle Ages the word `commons` has meant a shared resource. So Information Commons means a shared information resource for our academic community.”14 Hans Dieter Weckmann fasst zusammen, dass mit dem Information Commons ein

„Servicemodell entstanden [ist], das Lernräume und Dienstleistungen aus einer Hand („one-stop-shopping“) einhergehend mit kompetenter und individueller Beratung ver- bindet.“15 Diese Definition erinnert stark an das Prinzip der Learning Centres.

Eine stärkere Differenzierung nimmt Donald Beagle vor, für den der Begriff Information Commons zwei Bedeutungen hat: „On one level, it has been used to de- note an exclusively online environment in which the widest possible variety of digital services can be accessed via a single graphical user interface (GUI) and potentially searched in parallel via a single search engine from any networked workstation. (…) On a second level, the phrase Information Commons has also been used to denote a new type of physical facility specifically designed to organize workspace and service delivery around the integrated digital environment described above.”16

Ein sehr wichtiger Bestandteil der Information Commons sind demnach die um- fassenden Online-Angebote der Einrichtung sowie deren Zugang zu jeder Zeit und von jedem Ort aus. Im Sinne der oben beschriebenen „Wissensallmende“ werden Information Commons andernorts als unerlässlich für die Demokratie beschrieben:

“Information commons ensure open access to ideas and the oppor- tunity to use them. These commons are characterized by values and laws, organizations, physical and communication infrastruc- tures, resources, and social practices that promote sharing, com- munity, and freedom of information. They encourage people to learn, think, and participate in democratic discourse, fundamental to ensuring an informed and active citizenry. In short, information commons are essential to democracy.”17

13 Gläser 2008, S. 176

14 University of Sheffield: Introducing the Information Commons. Broschüre.

15 Weckmann, Hans-Dieter: Macht Lernen in CIP-Pools Spaß? Moderne Lernarbeitsplätze an deutschen Hochschulen. In: Bibliothek, Forschung und Praxis 32(2008)2, S. 168

16 Beagle, Donald: Conceptualizing an Information Commons. In: The Journal of Academic Librarianship 25(1999)2, S. 82

17 Kranich, Nancy: Libraries and the Information Commons. A Discussion Paper Prepared for The ALA Office of Information Technology Policy, 03.12.2003, S.1

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2 Theorie der Lernzentren 21

Es wird deutlich, dass sehr unterschiedliche Ansichten über die Definitionen von britischen Learning (Resource) Centres und amerikanischen Information Commons existieren. Die Begriffe werden zum Teil nicht ausreichend differenziert oder sogar vermischt, sodass es schwierig ist, die Konzepte klar voneinander abzugrenzen.

Laut Gläser liegt eine Ungleichheit in der Entstehung zwischen Learning Resource Centres und Information Commons: „Während die Learning Resource Centres mit einer klaren Funktion in die strategische und politische Ausrichtung im Hochschul- kontext eingebunden wurden („top down“), gingen die Information Commons- Konzepte von Bibliotheken aus („bottom-up“).“18

Graham Bulpitt dagegen sieht die Unterschiede ganz pragmatisch darin, dass Information Commons informations- und technikzentriert sind, während in Learning Centres größerer Wert auf eine Verzahnung von Lehre und Lernzentrum gelegt wird sowie der Fokus mehr auf den Lernprozessen liegt.19

Auch die oft synonym verwendeten Begriffe Learning Centre und Learning Resource Centre unterschiedet Bulpitt:

“(…) a 'pure' learning centre (as at Sheffield Hallam) (Sheffield Hal- lam University, d. Verf.) includes an educational element - educa- tional development, innovation or research. Without this, there's not much to distinguish buildings from a learning resource centre.”20

Learning Resource Centres wiederum betrachtet Bulpitt schlicht als Multimedia- Bibliotheken.21

Les Watson, unter dessen Leitung das Saltire Centre der Glasgow Caledonian Uni- versity entstand, erklärt die Unterschiede zwischen allen drei Begriffen folgender- maßen:

„(...) my view is that what a Library is has clear meaning. These buildings (or virtual spaces) are for the collection and organisation of resources enabling access by those that want, or have the right, to use the resources.

In reinventing itself, in the face of the challenges of new technology, libraries renamed, and to a certain extent reorganised, themselves

- either with a focus on access to information (usually with a strong technology focus and consequently large banks or farms of computers) hence the label Information Commons,

18 Gläser 2008, S. 181

19 Vgl. Kap. 3.2 Experteninterview mit Graham Bulpitt, S. 37

20 E-Mail von Graham Bulpitt, Director of Information Services, Kingston University, 07.08.2009

21 Vgl. Kap. 3.2 Experteninterview mit Graham Bulpitt, S. 37

(22)

2 Theorie der Lernzentren 22 - or with a broader view of the resources held and the man-

agement and organisation of those paper based and elec- tronic resources calling themselves a Learning Resource Cen- tre.

My view however is that

- Libraries have a much broader social and educational role that goes beyond simple access to information and resources and focuses on the activities of the people that inhabit and use these buildings and resources. This gives the building, in my view, an explicit role in supporting and promoting individual and group learning - hence the name Learning Centre.”22

Ein wichtiger Aspekt der Information Commons ist die Demokratisierung von Informationen und Wissen, die durch eine leichte Zugänglichkeit von Informations- quellen vereinfacht werden soll, beispielsweise durch den starken Ausbau elektronischer Angebote und eine moderne Technikausstattung. Learning Resource Centres hingegen setzen ähnliche Mittel mit anderer Intensität ein, haben aber den Fokus ebenso auf gedruckten Beständen und Informationsressourcen. Learning Centres setzen weniger einen Schwerpunkt auf den Bestand sowie die Zugänglich- keit desselben, sondern einen Schritt weiter auf den Ablauf und die Unterstützung von Lernprozessen der Studierenden.

Die in deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken entstandenen Lernzentren sind zu heterogen, als dass man sich auf eine gemeinsame Definition oder Entwicklung fest- legen könnte. Abhängig vom Unterhaltsträger, den beteiligten Einrichtungen, den individuellen Zielen und Aufgaben und nicht zuletzt den finanziellen Mitteln sind sie sehr unterschiedlich gestaltet. Trotz uneindeutiger Definitionen der Konzepte werden Learning Centres als Vorbilder in Deutschland häufiger herangezogen als Information Commons, was vielleicht auch an der räumlichen Nähe zu Großbritannien liegt.

Trotzdem gehen die hier herrschenden Vorstellungen eines Lernzentrums in einer Bibliothek eher in Richtung Learning Centre und Learning Resource Centre, die Schwerpunkte auf die Weiterverarbeitung von Informationen, auf Lernprozesse legen, während Information Commons Zugang und Verfügbarkeit von Informationen gewähr- leisten. In der vorliegenden Arbeit werden deswegen die Konzepte Learning Centre und Learning Resource Centre dem Konzept der Information Commons vorgezogen.

Da jedoch der Aspekt „Gestaltung eines Lernorts“ im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit eine bedeutende Rolle spielt und Information Commons hier interessante Konzepte vorzuweisen haben, werden sie in diesem Zusammenhang als Vorbilder herangezogen.

22E-Mail von Les Watson, Freelance Educational Adviser, 15.08.2009

(23)

2 Theorie der Lernzentren 23

2.2 Typologie und Ziele

Lernzentren entstehen nicht nur in wissenschaftlichen, sondern auch in öffentlichen Bibliotheken, außerdem in Kultur- und Weiterbildungseinrichtungen, privatwirtschaft- lichen Unternehmen sowie durch Zusammenschlüsse mehrerer dieser Institutionen.

Welche genauen Ziele mit welchen Mitteln und welcher Ausstattung verfolgt werden, ist sehr unterschiedlich und hängt unter anderem vom Unterhaltsträger, der Ziel- gruppe und der anbietenden Einrichtung ab.

Die öffentliche Bibliothek hat in der Bereitstellung und Vermittlung von Informationen sowie im Angebot von Arbeitsplätzen eine lange Tradition. In manchen Bibliotheken wird dies bereits als „Lernzentrum“ beworben, während sich andere Bibliotheken mit anderen Bildungseinrichtungen vernetzen, gemeinsame Dienstleistungen und An- gebote schaffen und den Nutzern damit einen echten Mehrwert bieten. Lernzentren in öffentlichen Bibliotheken reichen demnach von einer Ansammlung von Computer- arbeitsplätzen über gemeinsame Lernangebote mit Volkshochschulen bis hin zu modernen Neubauten, die mehrere Kultur- und Bildungseinrichtungen integrieren.

Beispielhaft sei hier das „zib – Zentrum für Information und Bildung“ in Unna erwähnt, das Kultur- und Weiterbildungsdienstleistungen unter einem Dach und aus einer Hand anbietet. Dazu gehören zwei Bibliotheken, ein Museum, das Stadtarchiv, die Volkshochschule, ein Selbstlernzentrum, der Kulturbereich der Stadt sowie Beratungs- und Informationsangebote für Bürger. Das gemeinsame Ziel solcher Lernzentren ist die Förderung des lebenslangen Lernens sowie die Nutzung von Synergieeffekten, aber auch die Förderung bestimmter Kompetenzen wie die IT- oder Informationskompetenz. Sprachlernangebote, aber auch schulisches Lernen und berufliche Weiterbildung sind in Lernzentren öffentlicher Bibliotheken besonders wichtig.

Privatwirtschaftliche Lernzentren unterliegen noch weniger den Grundsätzen der bibliothekarischen Lernzentren. Ihre Gestaltung und Zielsetzung liegt den Unter- nehmen völlig frei. Eingesetzt werden sie in Betrieben, in denen geforscht wird oder sich die Mitarbeiter kontinuierlich fortbilden und auf dem aktuellen Wissensstand bleiben müssen. Auch hier ist die Gestaltung sehr unterschiedlich und reicht von

„Leseecken“ mit aktueller Literatur über E-Learning-Angebote bis hin zu Labors.

Naturgemäß sind Wirtschaftsunternehmen daran interessiert, ihre Mitarbeiter gezielt in bestimmten Bereichen weiterzubilden und bestimmte Kompetenzen zu fördern, die dem Unternehmen zugutekommen.

Eine beispielhafte Einrichtung ist das Lernzentrum der BASF AG in Ludwigshafen.

Dieses fördert das lebenslange Lernen und die Weiterbildung der BASF-Mitarbeiter durch Bereitstellung eines Lernorts, Lernmedien zum Ausleihen oder zur Nutzung vor Ort, ein umfassendes E-Learning-Angebot sowie ein Programm mit Fort- und Weiter- bildungsveranstaltungen unterschiedlichster Art. Das Lernzentrum darf aber aus- drücklich auch für den Privatbereich genutzt werden.

(24)

2 Theorie der Lernzentren 24 Um eine geeignete Lernatmosphäre herzustellen, gibt es neben Einzelkabinen und Seminarräumen auch verschieden gestaltete Arbeitsbereiche wie die „Englische Bibliothek“, die „Felsenoase“ und einen Cafébereich.23 Das Kernstück des Lern- zentrums ist jedoch die Lernberatung: „Die Mitarbeiter erhalten in einem Einzel- gespräch Tipps mit welchen Lernmethoden entsprechend des Lerntyps am Besten gelernt werden kann. Gemeinsam wird ein persönlicher Lernplan erstellt sowie passende Lernmedien und Qualifizierungsangebote ausgewählt.“24

Wissenschaftliche Bibliotheken setzen verschiedene Konzepte ein, um Lernorte zu schaffen. Wie bereits dargestellt, werden in den USA und Großbritannien Information Commons und Learning (Resource) Centres eingerichtet, während es in Deutschland keine einheitliche Definition oder Aufgabenbeschreibung von Lernzentren gibt, ihre Gestaltung steht den Hochschulbibliotheken damit völlig frei.

Einige Typen von Lernzentren kommen in wissenschaftlichen Bibliotheken häufiger vor, auch wenn viele Lernzentren Mischformen sind. Alleine nach organisatorischen Aspekten kann man folgende Modelle unterschieden:

- Integrierte Einrichtung mehrerer zentraler Organe in einem eigenen Gebäude als Ersatz für die Bibliothek.

Beispiele: Adsetts Centre der Sheffield Hallam University, IKMZ Cottbus.

- Integrierte Einrichtung mehrerer zentraler Organe in einem eigenen Gebäude ergänzend zur Bibliothek.

Beispiel: Information Commons, University of Sheffield.

- Integrierte Einrichtung mehrerer zentraler Organe als eigene Abteilung inner- halb der Bibliothek.

Beispiel: Learning Resources Center Göttingen.

- Einrichtung der Bibliothek, „Lernzentrum“ ist lediglich ein räumlicher Begriff, beispielsweise als neuer Name für den Lesesaal.

Beispiel: FH Hannover.

Ein weiteres Differenzierungsmerkmal ist der inhaltliche Aspekt, der die thematischen Schwerpunkte, die Integration weiterer zentraler Einrichtungen, aber auch den Grad der Integration, das Dienstleistungsangebot und die Qualifikation der Mitarbeiter be- inhaltet.

23 Vgl. BASF-Lernzentrum: Lernen leicht gemacht: Ihr Weg zum Wissen. Informations- broschüre.

24 BASF: Ausbildung und Personalentwicklung. Jungen Menschen berufliche Chancen geben.

URL: http://www.basf.com/group/corporate/de/sustainability/employees/training (letzter Zu- griff: 26.06.2009)

(25)

2 Theorie der Lernzentren 25 Die Auflistung verdeutlicht die Vielfalt der Konzepte. Es wird auch ersichtlich, dass die genauen Zielsetzungen der Lernzentren in wissenschaftlichen Bibliotheken jeweils unterschiedlich sind und sein müssen. Ein gemeinsames Oberziel könnte jedoch so lauten: die Studierenden, in manchen Einrichtungen gehören auch die Lehrenden und Forscher der Hochschule zur Zielgruppe, sollen einen Ort vorfinden, der sie optimal beim Lernen, Arbeiten und Forschen unterstützt. Dazu gehört auch das Angebot unterstützender Dienstleistungen in den Bereichen Information und Medien.

Weckmann beschreibt zusätzlich eine kulturelle Betrachtungsebene von Lernorten:

Sie sollen einen Informationsaustausch fördern, ein Ort sozialer Interaktion sein, den Studierenden aber auch Rückzugsmöglichkeiten bieten. So können die Lern- motivation und die Aufenthaltsbereitschaft erheblich gesteigert werden.25

Lernzentren sollen außerdem den Grundstein für lebenslanges Lernen legen. Sie sollen ein niederschwelliges Lern- und Arbeitsangebot sein und neue Studierende, die die Bibliothek bislang nicht genutzt haben, zum Besuch motivieren.

Mit den Lernzentren soll also das Lernen und – einen Schritt weiter – auch die Wissenschaft und Lehre der Hochschule gefördert werden. Arbeits- und Lern- prozesse sollen zusammengelegt und an einem Ort gebündelt werden. Schoenbeck stellt dazu fest: „Der Idealfall ist demnach die komplette Integration des wissenschaft- lichen Arbeitsprozesses an einem entsprechend gestalteten Ort.“26 Alle einzelnen Schritte von der Informationsrecherche und -aufbereitung zu wissenschaftlichen Arbeiten, der Veröffentlichung und Verbreitung des Arbeitsergebnisses, beispielweise durch Open Access und Dokumentserver, sollen im Lernzentrum möglich sein. Für die Studierenden gewinnt das Lernzentrum damit an Bedeutung, da erstmals eine zentrale Anlaufstelle für alle Lern- und Arbeitsprozesse entsteht sowie professionelle Beratung in allen Fragen verfügbar ist.

2.3 Aufgaben und Leistungen

Aus den Zielen der Lernzentren leiten sich ihre Aufgaben und Angebote ab, die hier dargestellt werden. Im Hinblick auf die Vorbilder Learning (Resource) Centres und Information Commons sind drei Aspekte von großer Bedeutung:27

2.3.1 Der Raum des Lernzentrums

Dieser soll Kommunikation und Diskussion fördern, Kritik, neue Ideen und Sicht- weisen ermöglichen und damit zur Persönlichkeitsbildung der Studierenden bei- tragen. Er spielt eine zentrale Rolle in der Wirkung der gesamten Einrichtung auf die

25 Vgl. Weckmann 2008, S. 168-170

26 Schoenbeck, Oliver: Platz schaffen für neue Bedürfnisse – ein neuer Lernort auf alten Flächen. In: Bibliothek, Forschung und Praxis 32(2008)2, S. 185

27 Die folgenden zum Teil idealisierten Beschreibungen beziehen sich besonders auf Lern- zentren in amerikanischen und britischen Bibliotheken, die bereits sehr fortschrittlich sind.

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2 Theorie der Lernzentren 26 Studierenden und ihr Arbeitsverhalten. Ein offener, aber funktioneller Raum wirkt mit einer entsprechenden Ausstattung sowie einem guten Raumklima (Luft, Licht, Temperatur) motivierend und lernfördernd. Beim Erreichen dieser Ziele spielt die Architektur der Einrichtung eine sehr große Rolle. Oft besteht kein oder nur ein geringer Einfluss darauf, sofern nicht gerade ein Neubau der Bibliothek geplant wird.

Über die Raumaufteilung, einfachere bauliche Maßnahmen und die Inneneinrichtung kann dennoch viel Einfluss auf die Wirkkraft des Raumes genommen werden.

So ermöglicht die Festlegung von Arbeitszonen unterschiedliche Arbeits- und Lern- formen: Einzelarbeitsplätze werden sinnvollerweise weiter unterteilt in leise und stille Einzelarbeit. In leisen Einzelarbeitszonen können Studierende alle Medienarten sowie Computer nutzen, während die stillen Einzelarbeitsplätze als laptop- und computer- freie Zone für hochkonzentriertes Arbeiten mit möglichst wenigen störenden Ge- räuschen wie Tastaturklappern vorgesehen sind. Diese sollten räumlich weit von Ge- räuschquellen wie Treppenhäusern, stark frequentierten Laufwegen, Druck- und Scanstationen sowie Gruppenarbeitszonen entfernt sein.

Die Bündelung von Gruppenarbeitsplätzen in einer Zone hat den Vorteil, dass einzel- ne Studierende nicht durch den hohen Geräuschpegel gestört werden. Für die Arbeitsgruppen wiederum gibt es keine Lärmbeschränkungen und sie können sich ungehindert besprechen und diskutieren. Oft werden Gruppenarbeitsplätze zur Ver- meidung von Lärm räumlich voneinander getrennt, beispielweise in größeren Kabinen. Da sich die Gruppen meist nicht gegenseitig durch den entstehenden Lärm stören, ist auch eine große Fläche mit Gruppenarbeitsplätzen möglich.

In Präsentations- und Vortragsräumen können einzelne Studierende oder Arbeits- gruppen die Präsentation ihrer Arbeitsergebnisse ausprobieren und einüben. Sie sind mit einem Präsentations-PC, Beamer, Leinwand und einem Rednerpult ausgestattet, idealerweise außerdem mit Whiteboard, Smartboard, Flipchart, Pinnwänden und einem Moderationskoffer. Seminar- bzw. Schulungsräume erlauben eine Nutzung des Lernorts Bibliothek durch den Lehrbetrieb. Sie würden die Bibliothek besser mit der Lehre verzahnen und könnten für eigene Schulungen der Bibliothek genutzt werden (Stichwort Teaching Library).

Sehr wichtig für die Akzeptanz des Lernzentrums als Lern- und Aufenthaltsort sind informelle Kommunikationszonen oder Lounges. In ihnen muss nicht unbedingt ge- lernt werden, die Studierenden können hier Arbeitspausen einlegen, sich entspannen, andere Studierende treffen und sich informell austauschen. Eine Kommunikations- zone bildet damit einen Gegenpol zu den Arbeitsplätzen, den die Studierenden brauchen, um sich auch bei längeren Aufenthalten in der Bibliothek wohlzufühlen.

Eine positive Entwicklung aus britischen und amerikanischen Einrichtungen ist das

„Learning Café“, das vielen Learning Centres angeschlossen ist. Es handelt sich

(27)

2 Theorie der Lernzentren 27 dabei um Cafés, die meist von externen Dienstleistern28 betrieben werden und in die Einrichtungen integriert sind. Sie dienen als Treffpunkt und Aufenthaltsraum, werden aber auch oft als Lernort genutzt, weshalb es hier die gleiche Infrastruktur geben sollte wie im übrigen Lernzentrum. Les Watson vom schottischen Saltire Learning Centre der Glasgow Caledonian University, das selbst ein Learning Café mit 600 Plätzen hat, glaubt an die Bedeutung der dort stattfindenden Gespräche: "Cafe cul- ture is a powerful medium for learners to test the strength of their understanding and explore new ideas.”29

Abbildung 1: Café im Information Commons Sheffield

Quelle: http://www.sheffield.ac.uk/infocommons/photos/fittings6.html

Abbildung 2: Learning Café in der Northumbria University Newcastle Quelle: http://nuweb.northumbria.ac.uk/library/tour/learning_cafe3.html

28 Oft handelt es sich dabei um bekannte Café-Ketten oder auch die Betreiber der Mensa der Hochschule.

29 Les Watson in: Blane, Douglas: It's a university, but not as we know it. In: The Guardian.

19.09.2006. URL: http://www.guardian.co.uk/education/2006/sep/19/elearning.news (letzter Zugriff: 11.07.2009), S. 11

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2 Theorie der Lernzentren 28 Die Möblierung des Raums muss flexibel und vielseitig sein, um den unterschied- lichen Bedürfnissen gerecht zu werden, denn die Studierenden schaffen sich ihren idealen Lernort selbst durch Umnutzung der Gegebenheiten. Die Möblierung sollte solche Umnutzungen erlauben und vereinfachen. Sinnvoll ist deshalb der Einsatz von sehr verschiedenen Sitzgelegenheiten und Tischen: vom Stehtisch über den Couch- tisch zum Schreibtisch in verschiedenen Größen, Formen und Anordnungen, dazu passend Büro-, Holz- und Polsterstühle, aber auch Sessel, Sitzkissen, Sofas, Hocker und Sitzbälle. Besonders wichtig sind Ergonomie und die Eignung für den längeren Gebrauch. Die Lernenden haben so die Möglichkeit, für ihre persönlichen Bedürfnisse eine ideale Situation zu gestalten.

Abbildung 3: Sitzgelegenheiten im Saltire Centre Glasgow Quelle: http://www.flickr.com/photos/jiscinfonet/146799695/in/set- 72057594135346630

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2 Theorie der Lernzentren 29

Abbildung 4: Unterschiedliche Arbeitsplätze im Information Commons Sheffield

Quelle: eigenes Foto

Abbildung 5: Klappbarer Tisch und Stuhl im Information Commons Sheffield

Quelle: http://www.flickr.com/photos/jiscinfonet/1826987780/in/set- 72157602844855199

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2 Theorie der Lernzentren 30

Abbildung 6: Unterschiedliche Arbeitsplätze im Saltire Centre Glasgow Quelle: http://www.flickr.com/photos/jiscinfonet/146800110/in/set- 72157600082659997

Abbildung 7: Sofa mit integrierten Tischen und Steckdosen im John Wheatley College Glasgow

Quelle: http://www.flickr.com/photos/jiscinfonet/1542944526/in/set- 72157602370290215/

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