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Informationskompetenz häppchenweise : zur Modularisierung von Schulungsangeboten an der Bibliothek der Universität Konstanz

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Academic year: 2022

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14 International Federation of Library Associati- ons and Institutions (IFLA), siehe dazu www.

ifla.org/VII/s42/index.htm 15 www.bibliothekssterben.de

Durch Studien wie SteFi und Pisa em- pirisch belegt, überträgt neben der Kul- tusministerkonferenz damit auch der Wissenschaftsrat den Bibliotheken gesell- schaftspolitische Verantwortung dafür, dass Menschen die Informationskompe- tenz erwerben können, die sie als mündige Bürger benötigen. Diese gesellschaftspo- litische Verantwortung wird nicht nur in Deutschland gesehen, sondern auch in vielen anderen Ländern. Dem trug die IFLA Rechnung, die den ehemaligen Round Table User Education in Berlin 200214 offiziell zu der neuen Information Literacy Section umgewidmet hat.

Nach den bisherigen Erkenntnissen vor allem in den skandinavischen Län- dern helfen Konzepte der Teaching Li- brary, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Dabei ist die Etablierung eines Gesamtkonzepts in einer Bibliothek ein Prozess über einen langen Zeitraum. Für Bibliotheken entsteht mit der Neuorien- tierung eine Möglichkeit zur Profilie- rung; Mitarbeiter erhalten eine Chance für eine Weiterqualifizierung.

Das Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Aufgabe ist aber im bibliothekari- schen Alltag, bei Bibliotheksleitungen und auf bibliothekspolitischer Ebene noch nicht sehr ausgeprägt. Und so gibt es momentan weder auf bibliothekspoli- tischer Ebene noch bei den Mitarbeitern vor Ort einen Konsens darüber, ob und gegebenenfalls wie die Bibliotheken die ihnen übertragene Rolle übernehmen sollen und wollen. Konterkariert wird die Zuweisung der neuen Verantwortlichkei- ten durch die aktuelle Situation der meis- ten Bibliotheken: Etats und Personalstel- len nehmen seit Jahren kontinuierlich ab.

Wenn nun aber die Kultusminister- konferenz auf der einen Seite anerkennt, dass Bibliotheken unverzichtbare Partner der Schulen sind, dann müssten etwa durch die Kultusministerien der Länder die Schul- und Öffentliche Bibliotheken auch entsprechend gefördert werden.

Nur so können sie dieser anspruchsvollen Aufgabe gerecht werden. Stattdessen aber werden landauf, landab immer mehr Bibliotheken geschlossen15, weil ihre Un- terhaltsträger die Bedeutung dieser Ein- richtungen nicht erkennen (wollen).

Dieser Widerspruch – eine anerkann- te Bildungseinrichtung als »freiwillige«

Aufgabe und damit finanzielle Verfü- gungsmasse der Kommunen – muss von bibliothekarischer Seite noch stärker auf- gegriffen, auf breiter Basis publiziert und diskutiert werden.

Mit der Einführung der neuen Bachelor-/Masterstruktur, die bis 2012 für alle Studiengänge in Europa gelten soll, ist auch der Begriff Modularisierung zu einem verbreiteten Schlagwort geworden. Neue Studiengänge werben damit, dass sie modular aufgebaut sind. Doch was bedeutet diese Modularisierung speziell für die neuen Schu- lungsaufgaben der Bibliotheken? – Die folgenden Beispiele stammen aus dem In- und Ausland. Im Mittelpunkt steht dabei das Schulungs- modell der Bibliothek der Universität Konstanz, in das nach umfäng- licher Analyse der Konzepte anderer Anbieter schlüssige Ziele und Standards sowie bewährte Strategien und Methoden integriert wurden.

Informationskompetenz häppchenweise

Zur Modularisierung von Schulungs- angeboten an der Bibliothek der

Universität Konstanz

Anne Oechtering

Die Zielsetzung des Bachelor (BA), ein erster und zugleich berufsqualifizierender Studienabschluss zu sein, hat auch für den Inhalt des Studiums Konsequenzen.

Um die Studierenden für den Arbeits- markt vorzubereiten, müssen diese nun so genannte Schlüsselqualifikationen – andernorts auch berufsqualifizierende oder berufsorientierte Kompetenzen ge- nannt – erwerben. Neben Projektma- nagement, Präsentationstechniken und Fremdsprachen gehört dazu vielerorts auch die Informationskompetenz (abge- kürzt: IK). So ist ein neuer Aufgabenbe- reich für die (Hochschul-)Bibliotheken entstanden, so sie denn die Verantwor- tung zur Vermittlung dieser Kompetenz übernommen haben.

An der Universität Konstanz ist der Erwerb von Informationskompetenz mit der Einführung des Bachelor für Stu- dierende der Geisteswissenschaften teils Pflicht-, teils Wahlpflichtfach geworden.

In den Naturwissenschaften ist eine be- stimmte Anzahl von Credits1 im Bereich Schlüsselqualifikationen vorgeschrieben, ohne dass diese bisher genauer spezifiziert werden; in den Sozialwissenschaften steht die Umstellung auf den Bachelor noch bevor.

Um diese neue Aufgabe bewältigen zu können, wird an der Universität Kon- stanz ein modulares Schulungssystem für Informationskompetenz erstellt. Dieses modulare Schulungssystem soll den Fach- referentInnen Orientierung geben bei

der Durchführung von sowohl komplet- ten Semesterkursen als auch von Einzel- veranstaltungen.

Herausforderungen an das Konstanzer Projekt

Auch in Konstanz beruft man sich auf die IK-Definition der US-amerikani- schen Association of College an Research Libraries (ACRL):

»Information literacy is a set of abilities requiring individuals to ›recognize when information is needed and have the ability to locate, evaluate, and use effectively the needed information‹.«2

Bei der IK-Vermittlung steht die ge- samte Wissens- und Informationsland- schaft im Zentrum, und zwar aus der Perspektive der Studierenden beziehungs- weise künftig Berufstätigen. Die Vermitt- lung von IK ist also eine neue Herausfor- derung für die FachreferentInnen. Um diese neue Aufgabe meistern zu können, wurde an der Bibliothek der Universität Konstanz im Herbst 2003 das Projekt In- formationskompetenz ins Leben gerufen.

Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung ei- nes gemeinsamen Schulungssystems für alle FachreferentInnen. Das System soll modular aufgebaut sein und die folgen- den fünf Bedingungen erfüllen:

z Die inhaltliche Struktur des IK-Schu- lungssystems soll als Grundstruktur für einen ganzen Semesterkurs dienen, aber auch – wie eine Art Baukasten – Module Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS)

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für Einzelveranstaltungen, beispielsweise für eine Datenbankschulung, enthalten.

z Die Module sollen in jedem Studien- fach anwendbar sein und genug Raum für Fachbezug lassen.

z Sie sollen sowohl in Anfängerkursen als auch in Veranstaltungen für Fortge- schrittene zur Anwendung kommen kön- nen.

z Das Schulungssystem soll die Studie- renden in nötiger Breite informieren und zugleich das Üben der Kompetenzen nicht zu kurz kommen lassen.

z Es sollte auf andere Hochschulen übertragbar und somit nachnutzbar sein.

Das Modul im Rahmen der Lehre Nach gängiger Definition ist ein Modul (im Sinne des aus der Datenverarbeitung stammenden, englischen Module) eine Einheit, die »einen Teil eines Ganzen bil- det und geändert oder ausgetauscht wer- den kann, ohne dass Eingriffe oder Ver- änderungen im übrigen System erforder- lich wären« (Brockhaus).

Die einzelnen Module des Konstanzer Schulungssystems sollen ebenfalls so- wohl als Ganzes als auch als Einzelbau- steine für sich stehen können. Ein Bil- dungsangebot aber, das sich modular nennen möchte, muss noch weitere Be- dingungen erfüllen. Die Arbeitsgruppe für Modularisierung und Credits an der Universität Kassel3 sowie die VIKI-Arbeits-

gruppe4 in Stuttgart benennen die fol- genden Merkmale:

– Module sind Lehrveranstaltungen, die sich in den Gesamtzusammenhang des Studien- oder Semesterplans ein- fügen.

– Diese Lehrveranstaltung ist thema- tisch in sich abgeschlossen.

– Das Modul kann in ein Metamodul – beispielsweise im Bereich Schlüssel- qualifikationen – eingebettet sein und als Einleitung und Hinführung auf ein übergeordnetes Lernziel dienen.

– Module sind transparent, das heißt, sie geben vorab Auskunft über Ziel- gruppe, Lernziele, Zeitaufwand und das nötige Vorwissen.

– Inhalte und Struktur des Moduls sind auf die Lernziele ausgerichtet.

– Das Modul ist kooperativ erstellt oder von Kollegen bewertet worden (»Peer Review«). Es wird regelmäßig überar- beitet.

– Das Modul ist wieder verwendbar und übertragbar, zum Beispiel an eine an- dere Hochschule.

– Ein Modul ist bewertbar (Stichwort ECTS) und eventuell zertifizierbar.

Allen Definitionen von Modularisierung ist gemeinsam, dass die Lehrplangestal-

1 »Credits« nennt man die Studienpunkte, die nach dem European Credit Transfer System (ECTS) für Studienleistungen an europäischen Hochschulen vergeben werden. Ein Credit sollte einem Arbeitsaufwand von insgesamt 30 Stunden entsprechen.

2 Association of Research and College Libraries (ACRL): »Information Literacy Competency Standards for Higher Eduaction« (2000). On- line unter: www.ala.org/ala/acrl/acrlstandards/

informationliteracycompetency.htm [Down- load vom 22.04.2004]

3 Nach der Projektgruppe Modularisierung:

»Neuordnung von Studium und Lehre an der Universität Kassel im internationalen Kon- text«. Online unter: www.uni-kassel.de/mo- dularisierung/neuordnung.ghk [Download vom 20.04.2004]

4 Nach dem VIKI-Workshop »Modularisierung von Wissensbeständen und Lehr-Lern-Me- thoden« (13. März 2003). VIKI steht für »Virtu- elles Kooperations- und Informationsnetz- werk zum Medieneinsatz in der Hochschul- lehre« und soll den Informationsaustausch zwischen den Neue-Medien-Projekten in Ba- den-Württemberg befördern. Weitere Infor- mationen online unter: www.virtuelle-hoch schule.de [Download vom 14.11.2004].

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tung sich nicht vornehmlich an dem je- weiligen Fach oder Thema ausrichtet, sondern von den Vorkenntnissen und den Lernzielen der Studierenden ausgeht.

Um hier die notwendigen Vorarbeiten zu leisten, wurde der Konstanzer Arbeitskreis Informationskompetenz (KNAKIK) gegrün- det. Im Rahmen von KNAKIK wurden die möglichen Inhalte und Lernziele des Schulungssystems zusammengetra- gen, wobei auch die Fachbereiche mit einbezogen wurden.

Modularisieren – aber wie?

(Beispiele)

Am Anfang der Planung stand also das Sammeln der möglichen Inhalte und Lernziele für das Schulungssystem.

Dabei wurde deutlich, dass Informati- onskompetenz eine Vielzahl von Fertig- keiten, aber auch Wissen umfasst. Wie sollte man das alles bündeln? Und in wel- cher Reihenfolge sollten diese Fertigkei- ten vermittelt werden? Glücklicherweise gab es diesbezüglich bereits eine Vielzahl von Anregungen im IK-Bereich, die Ori- entierung bieten konnten. Einige sollen hier vorgestellt werden.

Ein wichtiges Beispiel für Modulari- sierung bietet der E-Learning-Bereich.

Hier findet die Aufbereitung von Lernin- halten fast gezwungenermaßen in modu- larer Form statt. Für die Bibliothekswelt sind hier vor allem die in der angelsächsi- schen Welt verbreiteten Online-Tutorials zur Informationskompetenz zu nennen.

Diese bestehen zumeist aus mehreren

kleinen Modulen, die sich zu einem Ge- samtmodul zusammenfügen.

Idealerweise gibt ein Online-Tutorial vorab Auskunft über den Zeitaufwand der einzelnen Module beziehungsweise

Modularisierung nach Wissensgebieten (Objektorientierung)

Dies ist die häufigste Form der Modulari- sierung. Hierbei unterteilt man die Lern- inhalte in Lernobjekte, zum Beispiel

»Opac«, »Datenbanken« oder »Literatur- verwaltung«, die dann im Zentrum des jeweiligen Moduls stehen. Auch das deut- sche Informationsangebot LOTSE5 kennt diese Objektorientierung, wobei Lotse kein Schulungsprogramm sein oder er- setzen will, sondern eher den Charakter eines vernetzten Nachschlagewerks hat.

Objektorientierung lässt sich auch am Beispiel des Online-Tutorials Information Literacy and You der Pennsylvania State University6 ausmachen (siehe auch die Abbildung auf dieser Seite). Der Prozess der Informationssuche und -evaluation wird hier ergänzt durch die Blöcke »Using Periodicals and Journals«, »Databases«

und »Using Web Resources«. So werden Themen wie wissenschaftliche Zeitschrif- ten, Datenbanken und das Internet ge- sondert behandelt und sozusagen aus dem Rechercheprozess herausgehoben.

Auch in Konstanz wurde zu Beginn auf die Frage, was die Studierenden in den IK-Veranstaltungen eigentlich ler- nen sollten, vor allem Objekte genannt:

»Opac«, »traditionelle Informationsmit- tel«, »Aufstellungssystem«, »Datenban-

ken« und so weiter. Erst die Umformulie- rung der Frage in »Was zeichnet denn eine informationskompetente Studentin aus?« führte zu Antworten, die den pro- zessorientierten Charakter der Informati- onssuche in den Vordergrund treten lie- ßen – ganz nach dem Vorbild der Infor- mation Literacy Competency Standards for Higher Eduaction der Association of Col- lege and Research Libraries (ACRL)7.

Modularisierung nach Kompetenzen (Prozessorientierung)

Die Bedeutung von Kompetenzen ent- spricht hier dem »set of abilities« in der IK-Definition der Association of College and Research Libraries (ACRL).8 Ein Kurs, der nach Kompetenzen modulari- siert ist, orientiert sich an dem Prozess der Informationssuche und -evaluation.

In einem prozessorientierten Modul üben die Studierenden beispielsweise den Umgang mit einer Literaturdatenbank anhand eines realen Informationsbedürf- nisses. So können sie erkennen, dass die Recherche in einer Datenbank ein inte- graler Bestandteil der Informationssuche des Gesamtmoduls, über die Zielgruppe

und die einzelnen Lernziele. Zugleich gibt es die Möglichkeit, mithilfe von Tests beziehungsweise so genannten »Quizzes«

den eigenen Lernfortschritt nach Beendi- gung eines jeden Moduls zu überprüfen.

Aber auch außerhalb des E-Learning-Be- reichs findet man in der Literatur Bei- spiele für Modularisierung.

Zu Beginn des Konstanzer Projekts lag es also nahe, existierende modulare Schu- lungsmodelle zu betrachten und für das Konstanzer Konzept auszuwerten. Die Fragestellung war dabei: Wie wird modu- larisiert? Und zweitens: Ist diese Methode sinnvoll und auf die Konstanzer Bedürf- nisse übertragbar. Grob lässt sich die fol- gende Unterteilung bei der Modularisie- rung konstatieren:

– Modularisierung nach Wissensgebie- ten (Objektorientierung)

– Modularisierung nach Kompetenzen (Prozessorientierung)

– Modularisierung nach einer Mi- schung aus Objekt- und Prozessorien- tierung, geordnet nach dem Schwie- rigkeits- beziehungsweise Spezifizie- rungsgrad

Modularisierung heißt, dass die Lehrplangestaltung sich nicht vornehmlich an Fächern und Themen ausrichtet, sondern von den Vorkenntnissen und Lernzielen der Studierenden ausgeht.

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sein kann. Die einzelnen Funktionalitä- ten der Datenbank kennen zu lernen ist dabei weniger von Bedeutung. Auch soll- te man es nicht einfach beim Finden von

»Treffern« belassen, ohne anschließend einige in der Bibliothek suchen zu lassen.

Nur so kann ein Modul zum Thema Da- tenbanken gewährleisten, dass die Stu- dierenden den Nutzen dieses Informa- tionsmittels verstehen und den selbst- ständigen Umgang damit üben, also nicht nur informiert, sondern wirklich kompetent werden.

Ein Beispiel für prozessorientierte Mo- dularisierung ist das Modell, das Michael Eisenberg und Robert Berkowitz mit ihren Big 6 Skills (1990)9 beschrieben ha- ben (siehe Übersicht auf dieser Seite). Bei Schulungen nach Eisenberg/Berkowitz ist das zentrale Lernziel, eine der Frage- stellung angemessene Problemlösestrate- gie entwickeln und durchführen zu kön- nen. Dabei kann jede Fertigkeit – die so genannten »Big 6 Skills« – einzeln geübt werden. Wichtig ist es laut Eisenberg und Berkowitz, die logische Reihenfolge der Fertigkeiten einzuhalten und die Einzel- übung immer im gesamten Recherche- prozess zu verorten. Die nach Eisenberg und Berkowitz beschriebenen sechs Kompetenzen sind:

– Formulierung der Aufgabenstellung – Identifikation der geeigneten Infor-

mationsquellen

– Nutzung dieser Quellen zur Informa- tionssuche

– Rezeption und Evaluation der darin gefundenen Informationen

– Synthese beispielsweise in Form eines Referats, eines Zeitungsartikels oder einer Bewerbung

– Evaluation der Problemlösung und der Strategie (Effektivität und Effizi- enz).

Auch die ACRL-Standards sind ähnlich aufgebaut wie die Big 6 Skills und kön- nen als Grundlage für eine prozessorien- tierte Modularisierung dienen. Benno Homann stellte mit DYMIK ein ähnliches Konzept vor. DYMIK berücksichtigt je- doch, dass Rechercheprozesse viel kom- plexer und nicht linear ablaufen.10 So weist Homann darauf hin, dass mit Fort- schreiten der Recherche, beispielsweise auf der Stufe 4 (»Rezeption und Evalua- tion«), oftmals die Fragestellung neu überdacht oder geschärft wird, was zu ei- ner Rückkehr zur ersten Stufe (»Formu- lierung der Aufgabenstellung«) führt.

Ein weiteres Problem bei einer Modu- larisierung nach Kompetenzen im Sinne der Big 6 Skills oder der ACRL-Kompe- tenzen ist auch, dass diese Kompetenzen von unterschiedlicher Komplexität sind.

So ist es kaum möglich, die Nutzung von Quellen wie Datenbanken, Opac oder Nachschlagewerken in ein Unterrichts- modul zu packen. Dies führt zu dem Kompromiss, an dieser Stelle, doch ein- zelne objektorientierte Module einzu- schieben wie beim Beispiel Information Literacy and You.

Modularisierung nach Schwierigkeits- oder Spezifizierungsgrad

Eine dritte Form der Modularisierung ist die nach dem Schwierigkeits- bezie- hungsweise Spezifizierungsgrad der Auf- gabenstellung. Eine derartige Einteilung der Module entspricht den »Lower« und

»Higher Order Thinking Skills«, wie sie auch die ACRL beschreibt11, und geht davon aus, dass Probleme unterschied- liche kognitive Fähigkeiten erfordern.

Problemlösungsstrategien lassen sich so- mit auf unterschiedlichen Niveaus einü- ben, abhängig von der Komplexität der Aufgabenstellung. Dasselbe gilt für das Maß, in dem Studierende sich mit In- formationsmitteln und deren Funktiona- litäten auskennen müssen.

Ein gutes Beispiel für die Modularisie- rung nach dem Schwierigkeitsgrad bietet das Schulungssystem der University of Michigan Social Work Library.12 Diese Bibliothek hat für den zweijährigen Mas- terstudiengang »Social Work« ein beglei- tendes Schulungssystem entwickelt und dafür eine Modularisierung nach fünf Niveaustufen vorgenommen. Alle Stu- dierenden können während ihrer zwei Studienjahre die fünf Schulungen durch- laufen und werden so Schritt für Schritt

5 www.lotse.uni-muenster.de [Download vom 10.11.2004]; siehe auch den folgenden Bei- trag von Ulrike Scholle zu LOTSE

6 Penn State University: »Information Literacy and You«. Online unter: www.libraries.psu.

edu/instruction/infolit/andyou/infoyou.htm [Download vom 14.11.2004]

7 »Information Literacy Competency Standards for Higher Eduaction« (Anm. 2)

8 Ebd.

9 Michael B. Eisenberg, Robert E. Berkowitz:

Information Problem-Solving. The Big Six Skills Approach to Library and Information Skills Instruction. Stamford, CT: Ablex Publi- shing, 1990; siehe auch online unter: www.

big6.com

10 Vgl. Benno Homann: Das Dynamische Mo- dell der Informationskompetenz als Grundla- ge für bibliothekarische Schulungen In: Ger- hard Knorz, Rainer Kuhlen [Hrsg.]: Informa- tionskompetenz – Basiskompetenz in der Informationsgesellschaft. Konstanz: Universi- tätsverlag, 2000, S. 195–206

11 »Information Literacy Competency Standards for Higher Eduaction« (Anm. 2)

12 Vgl. University of Michigan Social Work Li- brary: »Information Literacy Competencies«.

Online unter: www.lib.umich.edu/socwork/

infolitcomp.html [Download vom 22.04.

2004]

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vom »Seeker« zum »Master of Social Work« ausgebildet. Der Name der höchs- ten Stufe belegt zudem eindrucksvoll, dass das Erwerben von berufsorientierter Informationskompetenz ein integrales Ziel des Aufbaustudiengangs »Social Work« ist (Abbildung auf Seite 39).

Die Inhalte der einzelnen »Social Work«-Module sind in sich abgeschlos-

Wer diese nicht mitbringt, der bekommt die Gelegenheit, am Rechenzentrum spe- zielle Vorbereitungskurse zu besuchen.

Auch in Konstanz hat man in den IK-Kur- sen bereits mehrfach die Erfahrung ge- macht, dass zum Beispiel der Umgang mit dem Internet entgegen der vorherrschen- den Meinung nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann. Eine Koope-

sen, bauen aber aufeinander auf. Die Komplexität der Lernziele und Inhalte steigt von Modul zu Modul. Wer den

»Novice«-Kurs besuchen möchte, kann anhand der Beschreibung des »Seeker«- Kurses erkennen, ob er die nötigen Vor- kenntnisse besitzt. So wird beispielsweise sichergestellt, dass alle Teilnehmer des

»Novice«-Kurses wissen, welche Materia- lien sich überhaupt in einer Bibliothek befinden, bevor Datenbanken behandelt werden.

Ergänzend ist anzumerken, dass bereits der »Seeker«-Kurs Kenntnisse voraus- setzt, und zwar im technischen Bereich.

ration mit dem Rechenzentrum ist für den IK-Bereich also in jedem Fall wünschens- wert.

Übertragung auf das Konstanzer Modell Ein Modul für jeden Zeitrahmen?

Ein geringeres Zeitbudget hat zwangsläu- fig eine Reduktion der Inhalte und Lern- ziele zur Folge. In Konstanz strebte man daher danach, ein Schulungssystem nach dem Vorbild des Stufenmodells der Uni- versity of Michigan Social Work Library

zu entwickeln. Dabei stellt das erste Mo- dul die Grundlage aller weiteren Module dar; es soll als Einführung in einen kom- pletten IK-Semesterkurs dienen und zugleich für sich stehen und im Rahmen von Seminaren und Tutorien eingesetzt werden können. Um den Teilnehmern dieser Einzelschulungen die Möglichkeit zur geben, noch mehr zu erfahren, wird derzeit ein E-Learning-Angebot entwi- ckelt, das die Präsenzlehre ersetzen und von den Teilnehmern selbstständig bear- beitet werden kann.

Außer dem Einführungsmodul sollen sich weitere Module aus dem kompletten Schulungssystem auskoppeln lassen, die dann in einem anderen Rahmen Verwen- dung finden können. So kann man bei fortgeschrittenen Studierenden, die im Umgang mit wissenschaftlicher (Zeit- schriften-)Literatur und mit der Biblio- thek vertrauter sind, das Datenbank-Mo- dul einsetzen oder die Teilnehmer eines Seminars mithilfe des Internet-Moduls für die Grenzen und Untiefen des Internet bei der Literatursuche sensibilisieren.

Ein Modul für jedes Fach?

KNAKIK gelang es, Lernziele und Inhalte zusammenzustellen, die für jedes Fach Ein Schulungssystem, dass sich als Ganzes sowohl für Anfänger als

auch für Fortgeschrittene eignet, kann es kaum geben. Das Vorwis- sen und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Studierenden stehen dem entgegen.

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ihre Gültigkeit haben. Natürlich muss der Umgang mit Datenbanken in den Naturwissenschaften einen größeren Raum einnehmen als in den Geisteswis- senschaften; umgekehrt spielen dafür die traditionellen Informationsmittel in den Geschichtswissenschaften eine größere Rolle als in den Naturwissenschaften.

Auf der Basis allgemeiner Lernziele und Inhalte und einer gemeinsamen Abfolge der Inhalte ist es dennoch möglich, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Das modulare Schulungssystem hält für fachspezifische Themen wie zum Bei- spiel Archivbenutzung (Geschichte) oder Videoschnitt (Medienwissenschaft) Lü- cken vor – diese müssen jedoch von den Referenten selber gefüllt werden. Um den Fachbezug gewährleisten zu können, sind sämtliche Beispiele in den Modulen aus dem jeweiligen Fach wählbar. Zudem ist es vorgesehen, dass die Teilnehmer sämtliche Übungen am Beispiel eines ei- genen Themas bearbeiten, etwa anhand eines real existierenden Hausarbeits- oder Referatthemas.

Ein Modul für Studienanfänger und Doktoranden?

Der Wunsch, dass sich das Schulungssys- tem als Ganzes sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene eignet, kann hingegen nicht erfüllt werden. Ein sol- ches Schulungssystem würde außer Acht lassen, dass die Studierenden ganz unter- schiedliches Vorwissen mitbringen und auch unterschiedliche Bedürfnisse ha- ben, je nachdem auf welcher Stufe im Studium sie sich befinden.

Das Gesamtmodul richtet sich daher auch primär an Studienanfänger, so wie es auch in der Bachelor-Studienordnung vorgesehen ist. Nach dem Vorbild aus Michigan wächst jedoch auch innerhalb des Konstanzer modularen Schulungssys- tems die Komplexität der Aufgabenstel- lungen. Die Entwicklung eines Schu- lungsangebots für Fortgeschrittene ist je- doch geplant.

Inhaltliche Modularisierung:

Kompetenzen oder Wissensgebiete?

Das Hauptanliegen des Konstanzer Schu- lungssystems ist es, Methodenkompetenz

und anwendungsbezogene Kenntnisse zu vermitteln und dabei jedoch so weit wie möglich auf (vom Studium) abgekoppel- tes, abstraktes Faktenwissen zu verzich- ten. Dennoch ist die Kenntnis von Quel- len und Informationsmitteln die Grund- lage für das selbstständige Recherchieren, sodass es ganz ohne »nackte Fakten« nicht geht. Daher wurde bei der Festlegung der Inhalte und Lernziele eine Kombination von Faktenwissen und Kompetenzen an- gestrebt. Die Fakten sollen dabei nicht

»vorgekaut«, sondern möglichst von den Studierenden selber zusammengetragen werden. Der Hauptanteil der Module ist mit aktivierenden Übungen und dem praktischen Umgang mit Informations- mitteln gefüllt; Monologe des Referenten

sollen dagegen vermieden werden. Ein weiteres Prinzip bei der Gestaltung der einzelnen Module war, weniger ins Detail zu gehen, auf Stoff zu verzichten und dafür mehr Übungen und konkrete An- wendungen zu ermöglichen.

Darf’s ein bisschen mehr sein? – Das Einstiegsmodul als Appetitanreger Das prozessorientierte Konstanzer Schu- lungssystem enthält Elemente der Big 6 Skills von Eisenberg/Berkowitz und des Modells der Social Work Library, aber auch einzelne objektorientierte Module.

Am Beispiel des Einstiegsmoduls soll ver- anschaulicht werde, wie sich Wissen und Kompetenzen die Waage halten sollen:

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z Die Studierenden bereiten sich auf die Informationsrecherche vor, indem sie entdecken, welche Informationsmittel es gibt. Diese Auswahl wird bei Bedarf ver- vollständigt, sodass schließlich eine kom- plexe Übersicht über Informationsmittel und -träger entsteht.

z In einem zweiten Schritt werden die Informationsmittel und -träger hervorge- hoben, die über die Bibliothek zugäng- lich sind. So erkennen die Studierenden, welche Recherchemöglichkeiten sich ih- nen in, aber auch außerhalb der Biblio- thek bieten. Diese Übersicht kann als spontane Mindmap entstehen, einer Ab- bildung (Seite 38) als Gedächtnisstütze.

z Dieser eher theoretische Part des Ein- führungsmoduls wird ergänzt durch eine

»Bibliotheksexpedition«, bei der sich die Studierenden gruppenweise in der Bib- liothek orientieren und Aufgaben lösen.

Dazu gehört, einen Titel im Opac zu re- cherchieren, diesen im Regal zu finden und dann auszuleihen. Dabei können sie Hilfestellung vom Kursleiter und von den InformationsmitarbieterInnen erhal- ten.

Die Teilnehmer haben mit diesem Modul eine erste Orientierung: Sie über- schauen, welche Informationsmittel es gibt und welche von diesen sie über die Bibliothek recherchieren und benutzen können; sie üben, sich in der Bibliothek zurechtzufinden; und vor allem wissen sie, wer ihre Ansprechpartner bei der In- formationssuche sind und werden dazu ermutigt, diese auch in Anspruch zu neh- men. Die Studierenden, die nicht an ei- nem kompletten Semesterkurs teilneh- men, sollen zukünftig im Anschluss an das Einstiegsmodul die Möglichkeit ha- ben, sich über das E-Learning-Angebot mit weiteren Recherchemöglichkeiten vertraut zu machen. Das Einstiegsmodul soll sie dazu animieren.

Resümee und Ausblick

Rückblickend stellt sich die Frage, was den Konstanzern die Auseinandersetzung mit dem Thema »Modularisierung« und

und evaluiert sind, erhofft man sich – dank Übertragbarkeit und Nachnutzung der einzelnen Module – Arbeitserleichte- rung für die einzelnen ReferentInnen. Es muss nicht mehr jeder das Rad neu erfin- den, sondern kann sich aus dem Modul- baukasten bedienen. Die einzelnen Mo- dule können kontinuierlich evaluiert und

Anne Oechtering, geboren 1974 in Werlte (Emsland). Studium der Germanistik und German Studies mit den Schwerpunkten Literatur und Kunst unter anderem in Trier, Groningen und Ann Arbor, Michigan. 1999 bis 2000 Teaching Assistant an der Univer- sity of Michigan, 2000 bis 2001 feste Mitar- beiterin an der Ann Arbor District Library.

2001 bis 2003 Referendariat für den höhe- ren Bibliotheksdienst mit Stationen an der UB der TU Braunschweig und der Biblio- theksschule in Frankfurt (Main). Mitarbei- terin im Projekt Informationskompetenz an der Bibliothek der Universität Konstanz ab September 2003. Seit Oktober 2004 Fach- referentin für Allgemeine Literaturwissen- schaft und Literaturwissenschaften einzel- ner Sprachen an der Fachbereichsbiblio- thek Geisteswissenschaften der Rjiksuni- versiteit Groningen (Niederlande). – Kon- takt: Mw. drs. A.M.M. Oechtering, Biblio- theek Letteren, Postbus 716, NL-9700 AS Groningen; Telefon: +31 (0) 50/363-68 38, Telefax -66 34; E-Mail A.M.M.Oechtering@

let.rug.nl

die Entwicklung eines modularen Schu- lungssystems bisher (!) gebracht hat. Fol- gende Punkte sind dabei besonders her- vorzuheben: Die Diskussion, was Infor- mationskompetenz eigentlich ist und was mit dem IK-Angebot erreicht werden soll, war die Grundvoraussetzung für die Entwicklung des Schulungssystems. Die- se Diskussion wurde von allen Beteiligten als sehr fruchtbar erfahren.

Positiv war auch, das die einzelnen Module im Arbeitskreis besprochen und evaluiert wurden. Dies führte zu größerer Transparenz des Schulungssystems, so- wohl für die Bibliotheksmitarbeiter als auch für die Studierenden und die Fach- bereiche. Dank der Entwicklung eines Gesamtmoduls entstand auch mehr Klar- heit über die organisatorischen Rahmen- bedingungen, beispielsweise was die Be- wertungsmöglichkeiten oder die techni- sche Ausstattung betrifft.

Schließlich bot die Auseinanderset- zung mit didaktischer Planung die Gele- genheit, das Thema Didaktik einmal neu zu überdenken und auf die Tagesordnung zu setzen. Und was erwartet man sich noch von dem modularen Schulungssys- tem?

Sobald die Module durch die Studie- renden und die ReferentInnen getestet

nach Bedarf überarbeitet und ergänzt werden. Die Entwicklung gemeinsamer Evaluationsinstrumente soll ebenfalls zu einer besseren Qualität der Kurse und zu Arbeitserleichterung für den Einzelnen führen. Dank Gesamtkonzept ist es auch möglich, einheitlich unter dem Titel In- formationskompetenz aufzutreten und das IK-Angebot breiter zu bewerben. Das Hauptziel des modularen Schulungssys-

tems ist es jedoch, eine bessere inhaltliche und didaktische Qualität der Schulungen zu ermöglichen.

Die Bibliothek hofft, mit dem modu- laren Schulungssystem ein bedarfsge- rechtes und anwendungsbezogenes IK- Angebot zu schaffen, das auf den Zu- spruch der Studierenden trifft. Erste Rückmeldungen vonseiten der Studie- renden bestärken die Bibliothek, dass sie auf dem richtigen Weg ist.

Informationen zum aktuellen Stand des Projekts Informations- kompetenz an der Bibliothek der Universität Konstanz können bei den Projektverantwortlichen ab- gefragt werden. Ansprechpartner sind Oliver Kohl-Frey (Oliver.Kohl

@uni-konstanz.de), sowie die bei- den Projektmitarbeiterinnen Dr.

Johanna Dammeier (Johanna.

Dammeier@uni-konstanz.de) und Sandra Merten (Sandra.Merten

@uni-konstanz.de). Weitere Infor- mationen und Literaturhinweise zum Projekt finden sich auf der Website des Projekts Informa- tionskompetenz unter www.ub.

uni-konstanz.de/ik.

Es muss nicht mehr jeder das Rad neu erfinden, sondern kann sich aus dem Modulbaukasten bedienen. Die einzelnen Module können kontinuierlich evaluiert und nach Bedarf überarbeitet und ergänzt werden.

Die Diskussion, was Informationskompetenz eigentlich ist und was mit dem IK-Angebot erreicht werden soll, war die Grundvorausset- zung für die Entwicklung des Schulungssystems.

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