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Teil 2: Entwicklung eines neuen Konzepts für die Bibliothek der Universität

5.1 Die Universität Konstanz und ihre Bibliothek

5.1.1 Einführung

Die Universität Konstanz gehört mit über 9.000 Studierenden zu den kleineren deutschen Universitäten, bietet jedoch über 100 Studiengänge aus den Geistes-, Natur-, Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften an. Als renommierte Forschungseinrichtung hat sie sich 2007 in der Exzellenzinitiative außerdem als Eliteuniversität qualifiziert.77

Im Jahr 1966 wurde die Uni Konstanz als Reformuniversität gegründet, um neue Formen von Lehre und Forschung einzuführen. Das “Aufbrechen“ traditioneller Strukturen und Lehrformen deutscher Universitäten war ebenso ein Merkmal wie die stärkere administrative und räumliche Zentralisierung: Als Campus-Universität be-finden sich alle universitären Gebäude und Einrichtungen kompakt auf einem Ge-lände, und nicht, wie bei vielen Universitäten üblich, über das Stadtgebiet verteilt. Die Architektur der Universität sollte den Reformgedanken widerspiegeln und ist auch heute noch ungewöhnlich. Die Universität wurde mitten in die Natur gebaut, in einen Wald nahe dem Bodensee; die Gebäude wurden nicht großflächig auf dem Gelände verstreut, sondern kompakt und ineinander verschachtelt entworfen. „Nicht ein grünes

77Universität Konstanz: Uni-Porträt. Webseite. URL:

http://www.uni-konstanz.de/universitaet/index.php?cont=portrait&lang=de (letzter Zugriff: 07.07.2009)

5 Statusanalyse und Rahmenbedingungen des Konzepts 69 Dorf, sondern eine enge, kleine Stadt am Hang (…)“78 sollte die Universität werden.

Die verdichtete Bebauung sorgt dafür, dass alle Gebäude miteinander verbunden und die Wege kurz sind und der Campus ein lebendiger Treffpunkt aller Fachrichtungen ist. Das Projekt „Kunst am Bau“ integriert die bildende Kunst auf dem gesamten Campus in die Universität.

Abbildung 33: Luftaufnahme der Universität Konstanz

Quelle: http://www.uni-konstanz.de/news/bildarchiv/luft/hi_003.jpg Bildrechte: Universität Konstanz, Fotograf: Ralf Metzger

Als logische Folge unterliegt auch die Bibliothek der Universität Konstanz, die zentrale Einrichtung zur Informationsversorgung der Universität und ihrer An-gehörigen, dem Reformgedanken. Als einschichtiges Bibliothekssystem sind alle Be-stände in der zentralen Bibliothek vorgehalten, es existieren keine Institutsbiblio-theken. Lediglich die Bestände zum Bereich Naturwissenschaften („Buchbereich N“) sind ausgelagert und in einem Gebäude in unmittelbarer Nähe zu den naturwissen-schaftlichen Hörsälen untergebracht. Die Universitätsbibliothek hat einen Bestand von 2 Millionen Medien, die vollständig in Freihandaufstellung stehen und für die Be-nutzer sofort zugänglich sind. Hinzu kommen virtuelle Angebote wie Datenbanken, E-Books und E-Journals. Durch ihren interdisziplinären Bestand ermöglicht sie allen Benutzern einen schnellen Zugang zu Fachliteratur fremder Wissenschafts-disziplinen.79

78 Vogt, Adolf Max: Kunst-Burg für die Wissenschaft. In: Deutsche Architektur nach 1945.

Vierzig Jahre Moderne in der Bundesrepublik. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1986, S.

93

79 Vgl. Schmidt, Peter L.: Integrierte Bibliothek und interdisziplinäre Forschung. In: Der Ort der Bücher. Festschrift für Joachim Stoltzenburg zum 75. Geburtstag. Konstanz: UVK, Uni-versitätsverlag Konstanz 1996, S. 201f

5 Statusanalyse und Rahmenbedingungen des Konzepts 70 Im Jahr 2001 führte die Bibliothek die 24-Stunden-Öffnung ein. Mittlerweile wurden die Öffnungszeiten etwas verkürzt. Die Ausleihe wird außerhalb der Arbeitszeiten der Mitarbeiter durch Selbstverbuchungsautomaten aufrecht erhalten. Die Bibliothek er-reichte 2008 und 2009 im bundesweiten Bibliotheksranking BIX (Bibliotheksindex) den ersten Platz unter den einschichtigen Universitätsbibliotheken. Im BIX werden die vier Zieldimensionen Nutzung, Entwicklung, Angebote und Effizienz bewertet.

Die Bibliothek gilt als das Herz der Universität, da sie sich inmitten des Campus be-findet und unter anderem dank der 24-Stunden-Öffnung stets ein lebendiger und gut besuchter Ort ist. Sie ist jedoch wie der übrige Universitätsbau gestaltet: Die Ebenen haben verschiedene Grundrisse, außerdem befinden sich viele schmale Übergänge zwischen den verschiedenen Bereichen und Ebenen. So wirkt sie labyrinthähnlich, verwinkelt und wenig übersichtlich.

Die zentrale Bibliothek ist in vier Bereiche unterteilt (vgl. Abbildung 35). Die drei

„Buchbereiche“, die den Großteil der Bestände enthalten, nehmen eine grobe Auf-teilung der Bestände nach Disziplinen vor:

1. Buchbereich S - Sozialwissenschaften und ein Teil der Geisteswissenschaften 2. Buchbereich G - Geisteswissenschaften

3. Buchbereich J – Jura, Wirtschafts- und Politikwissenschaft

Der vierte Bereich, das Informationszentrum, umfasst die bibliothekarische Informationstheke, einen IT-Helpdesk, die Mediothek mit zugehörigem Leseraum, eine Zeitungsleseecke, die Lehrbuchsammlung, Katalog-PCs, Multimediaarbeits-plätze und die Neuerwerbungsausstellung. Dort befinden sich außerdem der Haupt- und Nebeneingang, die Verbuchungstheken sowie eine größere Anzahl von Einzel- und Computerarbeitsplätzen.

Abbildung 34: Darstellung der Bibliotheksgebäude von außen

Quelle: http://www.ub.uni-konstanz.de/uploads/pics/L-Plan-dt_01.jpg

5 Statusanalyse und Rahmenbedingungen des Konzepts 71 Die Buchbereiche S und G sowie das Informationszentrum gehören zum alten Teil des Universitätsgebäudes. Das Informationszentrum und der Buchbereich G wurden 1972/73, der Buchbereich S 1976 in Betrieb genommen.80 Der Buchbereich N wurde 1982 bezogen, Buchbereich J befindet sich in einem nachträglich angebauten Ge-bäudeteil, der im Jahr 2003 eingeweiht wurde. Wie zu erwarten, unterscheiden sich die Gebäudeteile in ihrer Architektur und Modernität entsprechend voneinander.

Abbildung 35: Schematischer Plan der Ebene 4

Quelle: http://www.ub.uni-konstanz.de/a-z/k-l/lageplan.html

Vom Informationszentrum in der Ebene 4 aus ist der Buchbereich S zu erreichen, durch den man in den Buchbereich J gelangt. Der Buchbereich G ist über ein Treppenhaus neben der Verbuchung zu erreichen. Zwischen den Bereichen S und G gibt es nur auf den Stockwerken 2, 3, 5 und 6 Durchgänge.

Das Informationszentrum ist nur auf Ebene 4 zu finden, während sich die Buch-bereiche S und J jeweils auf die Ebenen 2-6 und der Buchbereich G auf die Ebenen 2-3 und 5-6 erstrecken. Die Ebenen 3, 5 und 6 haben jeweils noch zwei „Zwischen-ebenen“: Die Ebene a liegt eine halbe Ebene tiefer und b eine halbe Ebene höher.

Allerdings existieren nicht alle diese Ebenen auch in allen Buchbereichen. In den Buchbereichen sind verschiedenfarbige Teppichböden ausgelegt, die die Orientierung erleichtern sollen. Das Informationszentrum ist gelb, der Bereich J rot, S dunkelgrün und der Bodenbelag im Bereich G hat ein ähnliches, etwas helleres grün.

80 Vgl. Lehmler, Wilfried: Bibliotheksbau 2000. Erweiterung des Bibliotheksgebäudes der Uni-versität Konstanz. In: Der Ort der Bücher. Festschrift für Joachim Stoltzenburg zum 75.

Geburtstag. Konstanz: UVK, Universitätsverlag Konstanz 1996, S.245

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Es gibt in den Buchbereichen folgende Ebenen:

S J G

Tabelle 1: Ebenen der Bibliothek der Universität Konstanz

Die Architektur der 60er- und 70er-Jahre fördert durch den verwinkelten Aufbau, die asymmetrischen Grundrisse der einzelnen Ebenen und die Zwischenebenen auch die Entstehung von Lufträumen und vielen offenen Treppenhäusern. Dies verhindert eine strikte Unterteilung des Gebäudes und fördert eine offene Atmosphäre. Die Lufträume geben außerdem Raum für Plastiken des Projekts „Kunst am Bau“. Auf der anderen Seite sind diese Bereiche enorm lärmanfällig. So hat beispielweise der Übergang vom Informationszentrum zum Buchbereich S ein offenes Treppenhaus und einen Luftraum über die ganze Höhe des Gebäudes. Hier befinden sich auch die Laufwege zu den Buchbereichen S und J, sodass es in diesem Bereich immer sehr laut ist.

Eine Besonderheit der Bibliothek ist der fehlende Lesesaal. Die vorhandenen etwa 1100 Arbeitsplätze sind in der gesamten Einrichtung verstreut in unmittelbarer Nähe zu den Beständen zu finden. Dies bedeutet, dass die Studierenden kurze Wege zwischen Arbeitsplätzen und der benötigten Literatur haben und diese flexibler nutzen können.

Ein einheitliches Konzept der Arbeitsplätze existiert nicht. Es gibt 196 PC-Arbeitsplätze, da aber fast in der gesamten Bibliothek WLAN vorhanden ist, können die Benutzer fast überall mit eigenen Laptops arbeiten. In den Buchbereichen gibt es kaum Leerflächen, der vorhandene Platz wird für die Aufstellung der Bücherregale gut ausgenutzt.

5 Statusanalyse und Rahmenbedingungen des Konzepts 73 Organisatorisch ist die Bibliothek in den Serviceverbund KIM (Kommunikation - Information - Medien) integriert, ein „Informationszentrum“ gemäß §28 LHG. Der Ver-bund existiert seit 2006 und vernetzt die Dienstleistungsangebote von Bibliothek, Rechenzentrum und Verwaltung. Das KIM-Managementteam, bestehend aus den Leitern von Bibliothek, Rechenzentrum und Verwaltung, trifft strategische Ent-scheidungen. Die operative Umsetzung übernehmen die drei Einrichtungen, die jedoch autonom bleiben. Es handelt sich hierbei folglich nicht um eine Integration der Einrichtungen nach britischem Vorbild, sondern um eine Art „virtuelle Dach-organisation“, die strategische Planungen des Dienstleistungsangebots der Uni-versität Konstanz zu den Themen Kommunikation, Information und Medien vornimmt.