schäftigten in diesem Bereich, zu mehr GKV-Versicherten, zu mehr Konsumausgaben und zu mehr Steu- ern. Das Argument, Beitragssteige- rungen in der GKV würden im Rahmen der Lohnverhandlungen den Arbeitgebern in Form von Lohner- höhungen abgetrotzt, ist Ergebnis eines überholten Denkens. Vielmehr ist anzunehmen, daß auch bei einer vollen Finanzierung der GKV-Beiträ- ge durch die Versicherten gesamtwirt- schaftliche Größen und branchen- spezifische Kriterien – Inflationsrate, Produktivitätszuwachs, Branchenge- winne – die entscheidenden Größen für Tarifverhandlungen sein werden.
Um Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu stimulieren, muß die Nachfrageelastizität gestärkt wer- den. Das gelingt nur durch die volle Übernahme der Krankenkassenprä- mie durch die Versicherten. Die Prei- se und die Qualität der Leistungen, die von den Krankenversicherungen zur Verfügung gestellt werden, erhal- ten mehr Gewicht als heute. Wenn 1999 die Beitragsbemessungsgrenze in der Gesetzlichen Krankenversiche- rung 6 375 DM Bruttomonatsgehalt ist und der maßgebliche Krankenkas- senbeitrag („AOK-Gesundheitskas- se“) weiter 13,3 Prozent beträgt, so hat der Versicherte an der Bemes- sungsgrenze einen Beitrag von rund 848 DM zu entrichten. Beläuft sich der Beitrag einer konkurrierenden Krankenkasse auf 12,5 Prozent, be- trägt der Beitrag 797 DM. Ob sich der Versicherte bei hälftiger Beitragszah- lung durch Arbeitgeber und Arbeit- nehmer zu einem Kassenwechsel ver- anlaßt sieht, wenn er 306 DM pro Jahr spart, ist fraglich. Wenn er als Allein- zahler aber 612 DM sparen kann, ist ein Kassenwechsel eher anzunehmen.
Beitragssatzänderungen beeinflussen die Zusammensetzung des privaten Warenkorbs doppelt so stark, wenn der gesamte Beitrag von den Versi- cherten getragen wird.
Wettbewerb – auch zwischen den Kassen – kann nur entstehen, wenn der
„Kunde“ handfeste Vorteile erwarten kann. Deshalb wird er unter neuen Fi- nanzierungsbedingungen selbst ent- scheiden, ob die Angebote im Gesund- heitswesen erwünscht sind und er be- reit ist, dafür entsprechende Beiträge zu zahlen. Jens K. Jessen, Mainz A-664
P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL
(16) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999
und ein Drittel der Erwachse- nen raucht täglich; 41 Prozent der Jugendlichen rauchen re- gelmäßig oder gelegentlich. Seit 1995 stagniert oder steigt die Raucherquo- te in fast allen Altersgruppen der Er- wachsenen. Bei den Jugendlichen hat sich der Anteil der Raucher in West- deutschland von 38 auf 40 Prozent, in Ostdeutschland von 33 auf 45 Prozent erhöht. Die Jugendlichen fangen heu- te später an zu rauchen. Sie tun dies aber bewußt. Die Hauptmotive sind:
„Mache ich gerne“ oder „Schmeckt“.
Auch die Nichtraucher entscheiden sich bewußt. Der Hauptgrund ist die Gefahr für die Gesundheit.
Hauptmotiv: „Für die richtige Stimmung sorgen“
Dies sind Ergebnisse von zwei repräsentativen Querschnittsstudien des Bundesgesundheitsministeriums zum Gebrauch psychoaktiver Sub- stanzen. Die Daten werden regel- mäßig alle drei Jahre erhoben. In der Drogenaffinitätsstudie der Bundes- zentrale für gesundheitliche Auf- klärung werden Jugendliche der Al- tersgruppe zwölf bis 25 Jahre erfaßt.
In der Bundesstudie wird die erwach- sene Bevölkerung im Alter von 18 bis 59 Jahren erfaßt.
Bei Jugendlichen und Erwachse- nen ist der Alkoholkonsum in den letzten zehn Jahren leicht zurückge- gangen. Die Zahl der Jugendlichen, die sechsmal oder häufiger betrunken waren, ist von 19 Prozent im Jahr 1993 auf 13 Prozent im Jahr 1997 gesunken.
Die Hauptmotive der Jugendlichen, Alkohol zu trinken: „Für die richtige Stimmung sorgen“ und „Besser in Kontakt mit anderen kommen“. 10,5 Millionen Erwachsene (22 Prozent) konsumieren zuviel Alkohol. Davon
sind 3,9 bis 4,4 Millionen alkoholab- hängig oder mißbrauchen Alkohol.
In Westdeutschland haben 14,2 Prozent der Menschen mindestens ein- mal in ihrem Leben Erfahrungen mit illegalen Substanzen gemacht. In Ost- deutschland sind es 4,8 Prozent. Miß- brauchs- beziehungsweise Abhängig- keitssymptome wurden bei 1,4 Prozent der Erwachsenen beobachtet, wobei nur für Westdeutschland Daten vorlie- gen. Der Anteil der Jugendlichen, die Erfahrungen mit illegalen Drogen ha- ben, ist von 18 Prozent in 1993 auf 21 Prozent in 1997 gestiegen. Die Zahlen haben sich besonders in den jüngeren Altersgruppen, bei weiblichen Jugend- lichen und in Ostdeutschland erhöht.
Dabei hat insbesondere der Konsum von Cannabis und Ecstasy zugenom- men. Hauptgründe für den Drogen- konsum: „Weil ich es einmal auspro- bieren wollte“ und „Weil Rauschmit- tel die Stimmung heben“. Drei Viertel der Jugendlichen haben hingegen nie Drogen genommen und wollen dies in Zukunft auch nicht tun.
Zigarettenwerbung animiert Jugendliche
Die Wahrscheinlichkeit, Sucht- mittel zu nehmen, erhöht sich bei Ju- gendlichen in der Reihenfolge: Rau- chen, Alkohol, Cannabis, harte illega- le Drogen. Die Konsumwahrschein- lichkeit erhöht sich besonders, wenn die Jugendlichen zuvor mehrere Sub- stanzen genommen haben. Eine vom Bundesgesundheitsministerium her- ausgegebene Expertise kommt zu dem Schluß, daß Zigarettenwerbung in bedeutsamer Weise das Rauchver- halten junger Menschen fördert.
Dr. med. Frank Lehmann Dr. med. Justina Engelbrecht