Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 47⏐⏐21. November 2008 A2505
P O L I T I K
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enn Frauen so rauchen wie Männer, dann sterben sie ebenso früh – sie verschenken ihre höhere Lebenserwartung“, betonte Dr. med. Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungs- zentrum bei der Jahrestagung der Drogenbeauftragten zum Thema„Frauen und Rauchen – Neue Wege in der Prävention“ Mitte Oktober in Berlin. Frauen reagieren empfindli- cher auf die gesundheitsschädlichen Wirkungen des Rauchens als Män- ner. Sie haben in mittleren Jahren ein höheres Risiko, an Lungenkrebs zu sterben. In den vergangenen 20 Jah- ren hat sich infolge des zunehmen- den Anteils der Raucherinnen die Zahl der Lungenkrebserkrankungen mehr als verdoppelt. Zudem haben rauchende Frauen ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und für Osteoporose. Bestimmte Formen der Leukämie sind mit Ta- bakkonsum assoziiert. Rauchen schränkt die Fruchtbarkeit ein und beeinflusst den Menstruationszy- klus. Rauchende Mütter schädigen auch ihre Kinder.
Allen Präventionsmaßnahmen zum Trotz rauchen in Deutschland etwa 27 Prozent der Frauen, das sind rund zehn Millionen. Dabei rauchen Frauen mit niedriger Schulbildung doppelt so häufig gegenüber Frauen mit Abitur. Unter Alleinerziehenden liegt die Zahl der Raucherinnen bei 52 Prozent. „Gerade bei sozial be- nachteiligten Frauen ohne Netz- werke sehen wir hohe Quoten und stellen keinen Rückgang fest“, er- klärte Prof. Dr. Ulrike Maschews- ky-Schneider, Berlin School of Pub-
lic Health an der Charité – Univer- sitätsmedizin Berlin. Rauchende Schwangere gehören ebenfalls häu- fig dieser Gruppe an. Maschewsky- Schneider fordert eine „zielgruppen- spezifische Prävention“, in die auch Gynäkologen und Hebammen ein- bezogen werden müssten. Beson- ders häufig rauchten zudem Frauen mit psychischen Erkrankungen.
„Die Ursachen für diesen Zusam- menhang bilden biologische, phy- siologische, soziale und auch hor- monelle Faktoren“, erläuterte die Präventionsexpertin. Die Forschung sei darüber noch nicht abgeschlos- sen. Auch Frauen zwischen 45 und 60 Jahren rauchen besonders häufig und meist seit Jahrzehnten. „Für die- se Gruppe ist der Ausstieg sehr schwierig.“ Viele Frauen hätten in den 70er-Jahren angefangen zu rau- chen, beeinflusst durch die Werbung der Tabakindustrie, die die emanzi- patorischen Bestrebungen der Frau- en aufgegriffen habe. „Präventions- maßnahmen, um gegenzusteuern, gab es damals nicht“, erinnert sich Maschewsky-Schneider.
Heute weiß man, dass geschlechts- spezifische Präventionsmaßnahmen am effektivsten sind. Bis Ende dieses Jahres will die Drogenbeauf- tragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, deshalb ein nationales Ak- tionsprogramm zur Tabakprävention auflegen, in dem neben kontinuier- lichen Tabaksteuererhöhungen, der Einführung bildgestützter Warnhin- weise auf Zigarettenpackungen und weiterer Tabakwerbebeschränkun- gen geschlechtsspezifische Präven- tionsempfehlungen aufgegriffen wer- den sollen. „Zum Beispiel muss der Lifestyleaspekt, dass Rauchen schlank mache und cool sei, aus der Werbung herausgenommen wer- den“, sagte Bätzing. Obwohl sich die Zahl der jugendlichen Raucher von 28 Prozent im Jahr 2001 auf 17 Prozent im Jahr 2008 reduziert hat, beginnen heute mehr Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren mit dem Rauchen als Jungen. Besonders auf diese Zielgruppe haben große bildgestützte Warnhinweise auf Tabakprodukten Einfluss. „Vor al- lem dann, wenn sie geschlechts- spezifisch sind“, betonte Pötsch- ke-Langer. Ausreichende Daten dazu aus Brasilien, Kanada, Australien und Neuseeland, wo es diese Hinweise schon gibt, liegen vor. Als einzige EU- Länder haben Belgien und Groß- britannien die abschreckenden Bilder bisher eingeführt. „In Deutschland planen wir die Einführung für das Jahr 2010“, versprach die Drogenbeauf-
tragte. n
Petra Bühring
GESCHLECHTSSPEZIFISCHE ASPEKTE DES RAUCHENS
Höheres Lungenkrebsrisiko für Frauen
Frauen reagieren empfindlicher auf die gesundheitsschädigende Wirkung von Tabak- produkten als Männer. Genderspezifische Prävention ist wirksamer als allgemeine.
Die Europäische Union stellt 42 bildgestützte Warnhinweise zu Verfügung.
Großbritannien und Belgien sind die einzigen EU-Länder, die sie bisher eingeführt haben.
NEUE BROSCHÜRE
Das Deutsche Krebsforschungs- zentrum, Heidelberg, hat eine neue Broschüre in der „Roten Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle Band 9: Frauen und Rauchen in Deutschland“ herausgegeben. Der 67-seitige Report kann im Internet
heruntergeladen werden: www.tabakkontrolle.de/pdf/Frauen_
und_Rauchen_Band_9.pdf.
Foto:Photothek