A 1042 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 20|
18. Mai 2012LÄNDERVERGLEICH GESUNDHEITS-IT
Brachliegende Potenziale
Die mangelnde Vernetzung des Ge- sundheitswesens hindert Ärzte in Deutschland daran, Gesundheitsin- formationen auszutauschen und von den Vorteilen zu profitieren. Das hat eine Studie des Beratungsunterneh- mens Accenture festgestellt. Dabei sind die Grundlagen für die Vernet- zung des Gesundheitswesens vor- handen: In Deutschland erfassen bereits 76 Prozent aller befragten niedergelassenen und Krankenhaus- ärzte Daten über die Behandlung ihrer Patienten. Doch nur etwa ei- ner von vier befragten Kranken- hausärzten gibt seine Behandlungs- daten an andere Gesundheitsein- richtungen weiter. Unter den nieder- gelassenen Ärzten sind es sogar nur zwölf Prozent.
Nach der Studie sehen allerdings weit mehr als die Hälfte der Ärzte deutliche Vorteile in einer Vernet- zung: Sie reichen von verbesserten Daten für die klinische Forschung (mehr als 70 Prozent Zustimmung) bis zur Verringerung von Behand- lungsfehlern (fast 65 Prozent Zu- stimmung).
Für die Studie „Vernetztes Ge- sundheitswesen: Der Weg zu einer integrierten Gesundheitsversorgung“
wurden unter anderem 3 700 Ärzte in Australien, Deutschland, Groß- britannien, Frankreich, Kanada, Singapur, Spanien und den USA befragt (www.accenture.de).
In der Studie nennt Accenture sechs Faktoren, die für die erfolgrei- che Umsetzung eines vernetzten Ge-
sundheitswesens entscheidend sind:
eine klare Zielsetzung, die Strategie, die technische Infrastruktur, die Ko- operation der Beteiligten, gutes Ver- änderungsmanagement und eine fortlaufende Integration. Das Ergeb- nis der Länderanalyse: Spanien ist bei der technischen Infrastruktur und bei Kooperationen führend, Singapur hat die überzeugendste Zielsetzung, Großbritannien und Australien zei- gen sich beim Veränderungsmanage- ment vorbildlich. Deutschland und die USA bieten die beste Integration der Interessentengruppen und treiben dadurch die Integration an.
Bei der Um setzung liegt Deutsch - land gemeinsam mit Frankreich jedoch auf dem letzten Platz. Denn bei vier der sechs Erfolgsfaktoren steht Deutschland ganz am Anfang:
So fehlt es an einer klaren Ziel - setzung, einer überzeugenden Stra- tegie, der Infrastruktur und am Veränderungsmanagement. KBr
ADIPOSITAS
Therapie mit Magenschrittmacher
Ein neues chirurgisches Verfahren zur Adipositastherapie hat die Firma IntraPace (Mountain View, USA) entwickelt. Ähnlich wie bei Herz- schrittmachern und Defibrillatoren wird das „abiliti“-System minimal- invasiv im Magen des Patienten im- plantiert. Es greift nicht in die Ana- tomie des Verdauungstrakts ein und ist für Patienten mit einem Body- mass-Index von 35–55 geeignet. Die
Gewichtsabnahme beruht einerseits auf der Kontrolle der Stimulation und andererseits auf der Unterstüt- zung bei der Eigenüberwachung.
Energiearme Impulse verlangsamen die Magenentleerung und sorgen da- mit bei dem Patienten für ein frühe- res Sättigungsgefühl. Der Patient isst dadurch automatisch weniger, was zu einer dauerhaften Gewichtsab- nahme führt. Das Ausmaß der Sti-
mulation wird durch die Nahrungs- aufnahme bestimmt. Der Patient un- terliegt durch das Implantat keinen Einschränkungen, was er isst. Unter- stützt wird das Abnehmen durch eine Dokumentation der Ess- und Bewegungsgewohnheiten mittels Sensoren. Die gewonnenen Daten werden drahtlos übermittelt und in einem „Ernährungslogbuch“ doku- mentiert. Gemeinsam mit seinem Arzt kann der Patient das Ess - verhalten analysieren und Strate- gien für eine Gewichtsabnahme entwickeln. In einem Online-Forum (my.abiliti.com) können sich die Patienten außerdem mit anderen Betroffenen austauschen.
Das System hat Anfang 2011 die CE-Kennzeichnung erhalten. Das Verfahren ist in Deutschland in 17 darauf spezialisierten Adipositas - zentren als NUB (Neue Unter - suchungs- und Behandlungsme - thoden) anerkannt. Unter anderem wird es im Universitätsklinikum Würzburg, in der Chirurgischen Klinik München-Bogenhausen und im Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf angeboten. Für den Ver- kauf in den USA ist das System nicht zugelassen. EB Magenschritt -
machersystem für die Adipositas- therapie (schemati- sche Darstellung)
Foto: IntraPace