Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 42½½½½20. Oktober 2000 AA2733
S E I T E E I N S
Ambulante Versorgung Ost
Zerreißprobe D
ie Gesundheitspolitik steckt ineinem Dilemma: Wegen der lückenhaften Datenlage mit teil- weise nicht vergleichbaren Zahlen lässt sich mit Fakten nahezu jede Position untermauern. So gesche- hen auf dem berufspolitischen Fo- rum, zu dem der Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. des Be- rufsverbandes der Praktischen Ärz- te und Ärzte für Allgemeinmedizin Deutschlands eingeladen hatte.
„Honorarkrise Ost – und kein En- de?“, so das Motto der Veranstal- tung. Diskutiert wurde jedoch vor allem die Frage, ob eine „Krise Ost“ überhaupt existiert.
Dr. med. Herrmann Schulte-Sas- se, Ministerialdirektor im Bundes- gesundheitsministerium, bezweifel- te dies. Er verwies auf die Kosten- strukturanalyse für das Jahr 1998 des Zentralinstituts für die kas- senärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI).
Danach erzielen die Ärzte in den neuen Ländern etwa acht Prozent weniger Honorar als die westdeut- schen Kassenärzte. Dies sei keine gravierende Abweichung. Generell gäbe es regionale Unterschiede zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), meinte Schulte-Sasse. Es könne sich eben- so um ein 23-Regionen-Problem handeln, das nicht „ostspezifisch“
ist. Dies lasse sich erst klären, wenn die Daten der KVen durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) abgeglichen wären.
Damit wird eine Problemlösung aufgeschoben. Denn unbestritten bleibt, dass die zur Verfügung ste- henden GKV-Mittel für die ambu- lante Versorgung nicht dem Westni- veau angeglichen sind. Obwohl das kontinuierlich von der KBV kriti- siert wird, ist noch keine Änderung in Sicht. Die Vergütung (der glei- chen Leistungen!) beträgt weiter-
hin nur 77 Prozent im Vergleich zu den alten Bundesländern. Um be- triebswirtschaftlich überleben zu können, sind die ostdeutschen Kas- senärzte gezwungen, die Praxisko- sten niedrig zu halten. Nach einer Studie des ZI beträgt der Abstand zu den westdeutschen Praxen etwa 17 Prozent.
Dabei müssten im Osten die Res- sourcen gerade erhöht werden.
Denn hier ist einerseits die Arzt- dichte geringer und andererseits die Morbidität der Bevölkerung höher.
In der Praxis bedeutet dies, dass ostdeutsche Vertragsärzte etwa 15 Prozent und das Personal 25 Pro- zent mehr Patienten betreuen. Dies ist zur Zerreißprobe geworden.
Die gesundheitliche Versorgung ist dem Westniveau angeglichen.
Allerdings nur durch verstärkten Einsatz der Ärzte in Ostdeutsch- land. Nun müssen die GKV-Mittel erhöht werden. Dr. med. Eva A. Richter
Qualitätssicherung im Krankenhaus
Das Vertragswerk steht N
ach einjährigen Verhandlungenhaben sich die Partner in der Selbstverwaltung im Gesundheits- wesen auf ein umfangreiches Ver- tragswerk zur externen Qualitätssi- cherung in Krankenhäusern geei- nigt. Es tritt im Januar 2001 in Kraft und ist dann für alle zugelassenen Krankenhäuser verbindlich. Kom- men diese ihren Verpflichtungen nicht nach, sind nach und nach Ver- gütungsabschläge vorgesehen.
Als Erstes werden Maßnahmen der Qualitätssicherung in der Herz- chirurgie und der Kinderkardiolo- gie greifen, außerdem bei Fallpau- schalen und Sonderentgelten. Dar- über hinaus sollen in Zukunft ent- sprechende Vereinbarungen in der
Transplantationsmedizin und für das ambulante Operieren getroffen werden.
Darauf haben sich die Bundes- ärztekammer, der Verband der privaten Krankenversicherung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenversicherung verständigt.
Sie setzen damit den zum 1. Januar neu geregelten § 137 SGB V um.
Die Abmachung sieht die Grün- dung einer „Bundesprojektgeschäfts- stelle Qualitätssicherung (BQS)“
vor. Sie soll Krankenhäuser bei der Einführung und Umsetzung von Qualitätssicherungsvorhaben unter- stützen, diese bundesweit koordinie-
ren und Ansprechpartner für die Projektgeschäftsstellen auf Landes- ebene sein.
Bei der Vorstellung des Vertrags- werks bestätigten die Vertreter der Verbände und Arbeitsgemeinschaf- ten, nicht immer einer Meinung ge- wesen zu sein, doch nun ziehe man an einem Strang. Prof. Dr. med.
Jörg-Dietrich Hoppe würdigte die gleichberechtigte Mitwirkung von Ärzteschaft und Pflegeberufen. Der Präsident der Bundesärztekammer sagte, die Gründung der BQS belege die Überzeugung aller Beteiligten, dass Qualitätssicherung in der Medi- zin nur in fairer Kooperation und partnerschaftlicher Zusammenar- beit zu bewältigen sei. Sabine Rieser