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Archiv "Gutachten: Patient und Arzt müssen zustimmen" (08.10.1999)

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Gutachten

Zu dem Beitrag „Gutachterkommis- sionen und Schlichtungsstellen:

Rechtsfrieden durch eine gütliche Eini- gung sichern“ von Barbara Berner in Heft 34–35/1999:

Schattenseiten

. . . Die in den Medien im- mer häufiger publizierten, zu- nehmend attraktiveren Arzt- haftpflichtsummen verleiten immer mehr Patienten nach enttäuschenden Behand- lungsergebnissen dazu „es mal bei der Schlichtungsstelle zu versuchen, da es ja nichts kostet“. Tatsächlich aber sind diese Schlichtungsverfahren überaus kostspielig und müs- sen von allen Ärzten und Ärztinnen durch jährlich stei- gende Ärztekammerbeiträge aus eigenem, versteuertem Einkommen bezahlt werden.

Damit aber nicht genug. Die von den Schlichtungsstellen bei den Ärzten und Ärztin- nen angeforderten ausführli- chen Stellungnahmen und Behandlungsunterlagen müs- sen diese „kostenlos“ und fast ausnahmslos in ihrer Freizeit zusammenstellen.

Auch mündigen Patienten sollte daher in Zukunft Ver- antwortungs- und Kostenbe- wußtsein durch eine ange- messene Beteiligung näher gebracht werden.

Es dürfte inzwischen auch den Schlichtungsstellen nicht verborgen geblieben sein, daß Rechtsanwälte den Weg über die Schlichtungsstellen immer dann empfehlen, wenn die Erfolgsaussichten einer Klage als sehr gering einge- schätzt werden. Diese Ge- pflogenheit resultiert offen- bar aus einer auch von uns häufig gemachten Erfahrung, daß die Schlichtungsstellen auch ohne konkrete Beweise für ein ärztliches Fehlverhal- ten zu oft einen Vergleich zu Gunsten der klagenden Pati- enten vorschlagen. Dieses

„appeasement“ ist aber si- cherlich nicht ohne langfristi- ge Folgen. Solche Vergleiche zu Gunsten von Patienten er- möglichen zwar einen beque-

men Verfahrensabschluß, werden aber in den Augen der Patienten stets als Aner- kennung eines ärztlichen Fehlverhaltens gewertet. Sie animieren damit weitere Pati- enten zur Nachahmung. Stei- gende Kosten für Schlich- tungsverfahren und Haft- pflichtversicherungen gehen aber wiederum zu Lasten al- ler Ärzte!

Zudem beflügelt diese Praxis den in unserer Recht- sprechung erkennbaren Trend zum Paradigma-Wech- sel von der „Dienstleistungs- haftung“ zur „Produkthaf- tung“. So wird der Weg zu

„amerikanischen Verhältnis- sen“ in Deutschland geebnet.

Aus diesen Gründen ver- weigern wir inzwischen mit Erfolg dann ein Schlichtungs- verfahren, wenn offenkundig der Patientenvorwurf völlig unbegründet ist. Das zwingt den Patienten, sich sorgfältig zu überlegen, ob er tatsäch- lich eine Klage anstrengen möchte, immerhin geht er so das Risiko ein, bei einer Kla- geabweisung die Verfahrens- kosten tragen zu müssen.

Hinsichtlich der veröf- fentlichten statistischen An- gaben zur „Erfolgsquote“ vor der Schlichtungssstelle (1995 mit 37,5 Prozent bei Nord- rhein angegeben) wäre es wissenswert, wie hoch denn im Vergleich dazu die Rate erfolgreicher Patientenkla- gen ohne Einschaltung der Schlichtungsstelle vor re- gulären Gerichten liegt.

Dr. med Wolfhart Priesack, Chirurgische Klinik, Städti- sches Krankenhaus Kiel, Chemnitzstraße 33, 24116 Kiel

Patient und Arzt müssen zustimmen

„Die Verfahrensordnun- gen stimmen insoweit über- ein, als die Gremien auf schriftlichen Antrag von Pati- enten oder Ärzten hin tätig werden.“ Das von Frau Ber- ner beschriebene Schlich- tungsverfahren stimmt im oben genannten Zitat nicht mit den Statuten der Lan- A-2468 (8) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999

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desärztekammern überein.

Vielmehr ist die Aufnahme einer Gutachterkommission und Schlichtungsstelle nur dann möglich, wenn beide Parteien, Patient und Arzt dem Antrag zustimmen. Erst dann werden die entspre- chenden Gremien tätig.

Und genau dieser feine Unterschied läßt einen be- rechtigten Wunsch nach Auf- klärung und Schlichtung scheitern. Dies trifft zumin- dest auf meinen eigenen Fall zu: Bei mir wurde eine Nasennebenhöhlenoperation durchgeführt. Der Anästhe- siebericht dokumentiert ei- nen Operationsverlauf von gerade mal zehn Minuten. In dieser Zeit wurden mir die unteren Nasenmuscheln ent- fernt und große Kiefer- höhlenfenster angelegt, die sich nun über den mittleren

Ansatz der ehemaligen unte- ren Muscheln hinaus er- strecken. Ich leide bis heute unter den Folgen dieser Ope- ration und kann meinen Be- ruf nicht mehr ausüben. Als auch durch eine Nachoperati- on keine Besserung meiner Beschwerden eintrat, machte ich Schadenersatzansprüche bei der Haftpflichtversiche- rung des betreffenden HNO- Arztes geltend. Ich wurde über die an mir durchgeführ- te Operation nicht aufgeklärt, habe einer solchen auch nicht zugestimmt. Außerdem ent- sprach sie nicht dem heu- te geltenden medizinischen Standard.

Ich habe einen Antrag zur Aufnahme eines Schlich- tungsverfahrens bei der Lan- desärztekammer Rheinland- Pfalz gestellt. Die Haft- pflichtversicherung des be-

troffenen HNO-Arztes teilte mir mit, daß ihr Versiche- rungsnehmer diesem Verfah- ren nicht zustimmt (warum wohl nicht?).

Die Landesärztekammer wird daraufhin nicht tätig.

Mir bleibt als Patient also nur der rechtliche Weg der Klage vor Gericht, um meine An- sprüche geltend zu machen und den Arzt zur Rechen- schaft zu ziehen. Ich kann al- so nur wünschen, daß die Bundesregierung schnellst- möglich Regelungen trifft, zur Stärkung der Patienten- rechte.

In unserem Land werden hohe Schadenersatzansprü- che für verbale Beleidigun- gen gezahlt, aber ein Arzt geht auch heute noch straf- frei aus, wenn er einem Pati- enten dessen ganze Zukunft zerstört. Schlimmer noch, er

wird von seinen Kollegen, hierunter auch Chefärzten, geschützt und gedeckt und kann so seine fehlerhafte Operationstechnik weiterhin ausüben . . . Die Landesärz- tekammer sieht von sich aus leider keinen Handlungs- bedarf, dem vorgeworfenen Fehlverhalten des Arztes nachzugehen und auf diesem Weg die Patienten zu schüt- zen. Meinem ehemaligen HNO-Arzt ist offensichtlich nicht daran gelegen, den Rechtsfrieden durch eine gütliche Einigung herzustel- len. Er hat wohl berechtigte Angst davor, daß die Lan- desärztekammer Rheinland- Pfalz in einem schriftlichen Gutachten seinen Behand- lungsfehler feststellen könn- te.

Iris Herrmann, Amselweg 22, 54294 Trier-Zewen

A-2469 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999 (9)

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Stellensuche

Zu der Glosse „Arzt-Brief: Das war’s"

von Ira Karoussos in Heft 37/1999:

Unverständlich

Die Schwarzmalerei in Sa- chen Stellensuche muß ich aus jahrelanger Erfahrung in oberärztlicher Tätigkeit an ei- ner neurologischen Rehakli- nik leider mit Verständnislo- sigkeit quittieren. Mir sind mehrere mit ein- bis zwei- jähriger Weiterbildungser- mächtigung ausgestattete Kli- niken bekannt, die qualifi- zierte Bewerber durchaus su- chen, die hier unter günstigen Bedingungen ihr klinisches Rüstzeug erwerben und da- mit den Grundstein ihrer wei- teren Karriere legen könnten.

Warum bewerben sich zum Beispiel so wenige angehende Psychiater frühzeitig an einer neurologischen Rehaklinik und umgehen damit den ge- fürchteten Engpaß am Ende ihrer Weiterbildung ?

Dr. med. Matthias Göhmann, Oranienstraße 46, 65527 Nie- dernhausen

Arzneibudget

Zu dem Beitrag „Arzneibudget: Poli- tik und Kassen in der Mitverantwor- tung“ von Josef Maus in Heft 34–35/1999:

Verhandlungen besser abbrechen

. . . Wenn die Ministerin an dem Gesetzentwurf und der Haftung der Ärzte für ein un- zureichendes Arznei-, Ver- band- und Heilmittelbudget festhält, hätten die Unter- händler der KBV die Verhand- lungen abbrechen müssen, statt sich das Notprogramm ohne Gegenleistung abhan- deln zu lassen. Sie haben sogar noch konkretisierende Ein- schränkungen akzeptiert . . .

Mit dem Notprogramm wäre uns die Möglichkeit der Aufrüttelung der Öffentlich- keit geblieben, nachdem der KBV die Aufklärung in den Medien genommen worden

war. Was wir vom Notpro- gramm umgesetzt hätten, wä- re später zu entscheiden ge- wesen.

Dr. med. Georg Kraffel, Ga- brielenstraße 34/36, 13507 Berlin

In-vitro-Fertilisation

Zu dem Beitrag „Blick in die For- schung der Reproduktionsmediziner“

von Dr. Renate Leinmüller in Heft 28–29/1999:

Ein Kind um jeden Preis?

Es werden sich viele – nicht nur Kollegen – fragen, welchen tatsächlichen (hilfrei- chen?) Nutzen die ausufernde Forschung in der Reprodukti- onsmedizin haben soll?

Um sich einen Kinder- wunsch zu erfüllen, der auf natürlichem Wege, aus wel- chen Gründen auch immer, nicht zu erreichen ist, kann die heute bereits etablierte Me- thode der IVF ein Ausweg sein. Es wirft diese Methode für die Nachkommenschaft schon vorstellbare Probleme auf. Aber wie soll ein Mensch seine Identität finden können, der durch die Willkür mensch- licher Machenschaften, be- stenfalls aus väterlicher Sa- men- und mütterlicher Eizel- le, aber mit jungem Cytoplas- ma einer „Donor“-Eizelle – und natürlich mit deren nach- weisbarer DNA –, durch ICSI zustande gekommen ist?

Die zahlreichen Manipula- tionen mit menschlichem Fort- pflanzungsgewebe werfen wahrlich Fragen auf: wohin führt dieser Weg, noch dazu in unserer Zeit, in der millionen- fach natürlich entstandene und sich entwickelnde Em- bryonen und Föten getötet (abgetrieben) werden? Gibt es für die Forschung am Men- schen in dessen frühester Exi- stenzphase keine Grenzen mehr? Glaubt sie ernsthaft, Gottes Schöpfung nachbes- sern zu können und zu dürfen?

Dr. med. Ursula Cammerer, Monatshauser Straße 14, 82327 Tutzing

A-2470 (10) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999

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Gesundheitsreform

Zur sozialen Krankenversicherung:

Fragen

. . . Die Krankenkassen be- stimmen das Gesamtbud- get, verhalten sich den Ver- sicherten gegenüber recht großzügig – „es wird alles ge- tan, was notwendig ist“ – und den Ärzten gegenüber eher restriktiv mit der Forderung, sich beim „Notwendigen“ auf das wirklich Notwendige, was immer das auch sein mag, zu beschränken.

Die Versicherten bezah- len feste Beiträge mit dem Anspruch auf weitgehend freie Behandlung, haben aber keine Möglichkeit, die Höhe der Beiträge zu beeinflussen durch Setzen von Prioritäten oder Schwerpunkten bei Vor- sorge, Umfang und Art der Behandlung oder der Nach- behandlung oder Art und vor allen Dingen Häufigkeit der Untersuchungen. Durch das Fehlen jeglicher Kostentrans-

parenz werden sie zudem von den Kosten-Nutzen-Überle- gungen vollständig ausge- schlossen. Sie haben ihrer- seits auch nicht die Möglich- keit, im eigenen Interesse, den Arzt zur Sparsamkeit zu zwingen, wie man dies bei amerikanischen Patienten immer wieder erlebt.

Da Krankheit heute als objektive und subjektive Störung des körperlichen und seelischen Wohlbefin- dens definiert wird (WHO) und sich das Krankheitsemp- finden sehr stark im subjekti- ven Bereich abspielt, be- stimmt der Patient in hohem Maße den Umfang ärztlicher Zuwendungen und Maßnah- men. Wie soll dieses System in unserer egozentrischen und auf Wohlbefinden ausge- richteten Gesellschaft, bei gleichzeitiger Verbesserung der medizinischen Möglich- keiten und höheren Lebens- erwartungen, kostenneutral funktionieren?

Dr. med. Alexander Kayser, Birkenwaldstraße 165 c, 70191 Stuttgart

A-2472 (12) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Psychiater

Gedanken zum Berufsbild des Psych- iaters in der Öffentlichkeit:

Identitätslosigkeit

Als Psychiater werde ich zunehmend durch die stets anwachsende Zahl von Fil- men erschreckt, die uns ver- zerrt darstellen, zudem unbe- rechenbarer und hinterlisti- ger als die sonstigen Mitglie- der dieser Gesellschaft . . . Ein nachdenklicher Kollege nannte dies die „Entmytho- logisierung der Psychiatrie“.

Aber ich befürchte, daß et- was Brisanteres dahinter- steht, welches keinen ande- ren Beruf bislang so betrof- fen hat – einen Beruf, der so viel Interpretations- und Hilfsmöglichkeiten bietet.

Einst wurde der Psychia- ter – ich übertreibe natürlich – als meist reflektierender, mal esoterischer, teils harm- los-exzentrischer Intellektu-

eller betrachtet, der mit der 60er Bewegung dann größ- tenteils wie ein Dinosaurier verschwand. Nun wird die Team- und angepaßt-wirt- schaftliche Orientierung er- strebt . . . Die Psychiatrie for- dert eine beständige, vielseiti- ge Persönlichkeit, um die Wirkungen der Kranken nicht auf sich zu beziehen.

In den USA wird durch Versicherungsträger die Au- tonomität des Psychiaters noch weiter reduziert und in die Domäne der Psychologie und Allgemeinmedizin zer- splittert. Man rutscht immer weiter von den ursprüngli- chen Wurzeln der Philoso- phie und Naturwissenschaft ab.

Worunter die Psychiatrie heutzutage leidet, ist Iden- titätslosigkeit, die sie als ge- fundenes Fressen für die Pro- jizierungen von Journalisten, Werbetextern und anderen macht – verwundert dies?

Dr. Stephen S. Bantz, Potsda- mer Straße 164, 10783 Berlin

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