Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 29–30|
23. Juli 2012 A 1469 KREBSPLAN-UMSETZUNGSGESETZScreening und Register gegen den Krebs
Nach dem Vorbild des Mammographie-Screenings sollen in Zukunft auch organisierte Krebs - früherkennungsprogramme für Gebärmutterhalskrebs und Darmkrebs durchgeführt werden.
D
ie Halbwertszeit bestimmter gesetzlicher Regelungen kann mitunter recht kurz sein. Ge- rade einmal fünf Jahre ist es her, dass der Gesetzgeber im Sozialge- setzbuch die Regelung traf, wonach nur diejenigen chronisch kranken Krebspatienten einen Anspruch auf Gewährung einer reduzierten Be- lastungsgrenze bei Zuzahlungen haben, die zuvor bestimmte Früher- kennungsmaßnahmen in Anspruch genommen hatten (§ 62 Abs. 1 SGB V). Eine praktikable Umset- zung dieser Gesetzesvorgabe mit etwaigen Ausnahmebestimmungen stellte den damit beauftragten Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vor ein kaum lösbares Pro- blem. Inzwischen scheint sich die Einsicht durchgesetzt zu haben, dass man mit Überzeugungsarbeit weiter kommt als mit kaum um - setzbaren Sanktionen. Nach dem soeben vorgelegten Referentenent- wurf eines Krebsplan-Umsetzungs- gesetzes soll diese Bestimmung gestrichen werden – eine bemer- kenswerte Marginalie in einem Gesetzesvorhaben , das sich die vom Nationalen Krebsplan formu- lierten prioritären Handlungsfelder für eine verbesserte Krebsbekämp- fung zu eigen macht.Der G-BA regelt
Als zentrales Handlungsfeld wird hierin die Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung genannt. Nach dem Vorbild des Mammographie- Screenings sollen in Zukunft auch organisierte Krebsfrüherkennungs- programme für Gebärmutterhals- krebs und Darmkrebs durchgeführt werden. Der G-BA wird verpflich- tet, die inhaltliche und organisatori- sche Ausgestaltung dieser Scree- ningmaßnahmen zu beschließen.
Dies gilt auch für den Umfang der Inanspruchnahme oder die Alters-
grenzen, die bisher gesetzlich vor- gegeben waren und nunmehr vom G-BA nach dem Stand des medizi- nischen Wissens festgelegt werden sollen. Dem Bundesausschuss wird die Aufgabe übertragen, im Detail das Einladungsverfahren zu den neuen Screeningangeboten zu re- geln und dabei neben dem Ziel der Krebsbekämpfung und der Daten- generierung auch die Patientenau- tonomie sowie die Freiwilligkeit der Untersuchungsteilnahme und der Datenverwendung zu berück- sichtigen.
Als ein zweites wichtiges Hand- lungsfeld wird mit dem Gesetzent- wurf der flächendeckende Ausbau von klinischen Krebsregistern un- ter einheitlichen Rahmenbedingun- gen vorbereitet. Die Länder werden unter Verweis auf die Gesetzge- bungskompetenz des Bundes aus Artikel 74 des Grundgesetzes („Maßnahmen gegen gemeinge- fährliche oder übertragbare Krank- heiten“) zur Einrichtung klinischer Krebsregister verpflichtet. Dies wird als wesentliche Voraussetzung für eine vollständige und sektoren-
übergreifende Qualitätsberichter- stattung in der onkologischen Ver- sorgung angesehen. Dem G-BA wird mit der bundesweiten Auswer- tung der klinischen Krebsregister- daten eine weitere wichtige Aufga- be übertragen – der Platz in dem vor nicht allzu langer Zeit bezoge- nen Neubau in Berlin wird wohl bald nicht mehr ausreichen, um den stetig zunehmenden Aufgaben ge- recht zu werden.
Die Krankenkassen zahlen
Die Krankenkassen müssen dage- gen die Kosten für den Betrieb der klinischen Krebsregister überneh- men – 94 Euro sollen sie für jede Krebsneuerkrankung an das zustän- dige klinische Krebsregister ent- richten. Dafür darf der GKV-Spit- zenverband die Mindestbedingun- gen für eine sachgerechte Arbeits- organisation und Ausstattung der klinischen Krebsregister festlegen und für eine einheitliche Software zur Annahme und Verarbeitung der Daten sorgen. Diese sollen auch der Forschung zur Verfügung stehen.▄
Thomas Gerst Frühzeitig gegen
den Tumor: Die Darmkrebsfrüher- kennung soll auf der Grundlage des geplanten Gesetzes verbessert werden.
Foto: dpa