A 2180 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 46|
15. November 2013NATIONALER KREBSPLAN
Darmkrebs-Screening nach 2016
Die Betriebskrankenkassen und die Felix-Burda-Stiftung fordern schnellstmöglich ein zentrales Einladungsverfahren zur Darmkrebsvorsorge – so wie es der Nationale Krebsplan vorsieht. Die Richtlinie dazu soll spätestens im Frühjahr 2016 vorliegen.
E
s war quasi ein Präventions- Testballon: Eine schriftliche Einladung zur Darmkrebsvorsorge erhielten zwischen Sommer 2012 und 2013 etwa eine viertel Million Versicherte der Betriebskranken- kassen (BKK). Diese ermutigten ih- re Versicherten, die das 55. Lebens- jahr erreicht hatten, an einer Kolo- skopie teilzunehmen, oder boten ihnen alternativ – ebenso wie den 50- bis 54-jährigen Versicherten – einen kostenfreien immunologi- schen Stuhltest statt des üblichen Papierstreifentests an.Ende Oktober stellten die Be- triebskrankenkassen, die vor gut ei- nem Jahr das „Aktionsbündnis ge- gen Darmkrebs“ gemeinsam mit der Felix-Burda-Stiftung gründeten, in Berlin die Ergebnisse ihrer Pilot- studie vor: Die Gesamtteilnahme - rate lag bei 26 Prozent. Dabei fühl- ten sich wohl besonders die ansons- ten als „Präventionsmuffel“ bekann- ten Männer von dem Einladungs- verfahren angesprochen, das sich an dem bereits etablierten System beim Mammographie-Screening orientierte. 52 Prozent der Teilneh- mer an der Darmkrebsvorsorge wa- ren Männer, 48 Prozent Frauen.
Einladungssystem getestet
Mit seiner Pilotstudie greift das„Aktionsbündnis gegen Darm- krebs“ der Umsetzung des ersten Handlungsfelds des Nationalen Krebsplans (Kasten) und des Krebsregister- und Krebsfrüherken- nungsgesetzes vor. Das im April dieses Jahres in Kraft getretene Ge- setz soll die Rahmenbedingungen schaffen, um eine organisierte Darmkrebs- und Gebärmutterhals- krebsfrüherkennung zu gewährleis- ten – unter anderem mit einem Ein- ladungssystem, ähnlich dem des Mammographie-Screenings.
„Wir sind aber leider von der Realisierung des Gesetzes noch weit entfernt“, sagte Franz Knieps, Vorstand des BKK-Dachverbandes, bei der Vorstellung der Pilotstudie.
Noch zu schaffen sei ein klarer po- litischer Rahmen, der regelt, wel- che personenbezogenen Daten für die Einladung sowie für die Qualitäts sicherung und Erfolgskon- trolle der Krebsfrüherkennungspro- gramme verwendet werden dürfen.
In der Tat hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) noch bis zum 30. April 2016 Zeit, eine Richtlinie für das Screening zu er- stellen. Dr. med. Regina Klakow- Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA, ist optimistisch, dass dieser Termin eingehalten beziehungswei- se sogar frühzeitiger erreicht wer- den kann. „Wir haben bereits im Ju- ni die Beratungen im entsprechen- den Unterausschuss des G-BA auf- genommen“, erklärte sie. Er be- schäftige sich mit den diagnosti- schen Methoden und den Alters- gruppen, die die Einladungen erhal- ten sollen. „Fest steht, dass wir nach 2016 eine organisierte Darm- krebsvorsorge einführen werden.“
Dass sich dies nicht unbe- schränkt forcieren lässt, stellte Dr. med. Antonius Helou, Leiter des Referates „Nicht-übertragbare Krankheiten“ im Bundesgesund- heitsministerium, klar. Er glaubt nicht an ein früheres Inkrafttreten
der entsprechenden Richtlinie. „Der G-BA hat eine strenge Verfahrens- ordnung. Drei Jahre werden nötig sein, bis sie vorliegt“, sagte er.
Denn das größte Problem bei der Darmkrebsvorsorge sei nicht das Einladungssystem, sondern die Qua- litätssicherung. „Wir brauchen dazu dringend die Krebsregister“, teilte er mit. Das Gesetz ermögliche die Nutzung von Krebsregistern für die Qualitätssicherung und Evaluation der Krebsführerkennungsprogram- me. So könnten die Qualitäts- und Erfolgsparameter wie die Senkung der Sterblichkeit durch ein Scree- ning zuverlässig ermittelt werden.
Viele Daten existieren schon
Nach Ansicht von Prof. Dr. med.Alexander Katalinic, Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Epi- demiologie am Universitätsklini- kum Schleswig-Holstein, existierten bereits jetzt viele Daten zur Darm- krebsvorsorge. Diese müssten je- doch mit den Programmen verzahnt werden. Wie das Einladungssystem gestaltet werde, ob die Kassen ein- laden sollen oder andere Institutio- nen, sei zweitrangig. „Wir müssen aber zentral wissen, wer eingeladen wurde, ob er untersucht wurde und welches Ergebnis vorliegt“, betonte er. Das Mammographie-Screening zeige, dass dies funktioniere – auch datenschutzrechtlich.
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Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann 1. Verbesserte Krebsfrüherkennung durch erhöhte Teilnahme an den Vorsorge -
programmen und deren Evaluation
2. Optimierte onkologische Versorgungsstrukturen und Qualitäts sicherung 3. Effiziente onkologische Therapie
4. Verstärkte Patientenorientierung bei Prävention und Therapie