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Archiv "Screening nach Darmkrebs: Stellungnahme I" (05.02.1986)

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1977 Frauen Männer

1981 Frauen Männer Personen getestet 2,4 Mio. 1,0 Mio. 2,3 Mio. 0,9 Mio.

okkultes Blut im

Stuhl 0,9% 1,5% 1,6% 2,0%

kolorektales Karzi- nom bei test-positi- ven Personen

4,7% 10,7% 6,7% 10,3%

kolorektale Karzino- me, bezogen auf die Gesamtzahl der gete- steten Personen

0,04% 0,16% 0,11% 0,21%

Stuhlbluttest in der Krebsfrüherkennungs-Untersuchung in der Bundesrepublik Deutschland

(entnommen aus der Arbeit von Gnauck)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AUSSPRACHE

Stellungnahme I

1.

Eine der aussagekräftigsten Angaben findet sich in Tabelle 5, die die Ergebnisse des Stuhlblut- testes in der Krebsfrüherken- nungs-Untersuchung in der Bun- desrepublik Deutschland zeigt.

Vorangestellt sei, daß nicht der geringste Anlaß besteht, an den angegebenen Zahlen zu zweifeln, dennoch kann die Art der Darstel- lung zu irreführenden Schlußfol- gerungen verleiten. Daher sei im folgenden die gleiche Tabelle noch einmal aufgezeichnet, wo- bei allerdings die angegebenen Prozentzahlen jeweils auf die glei- chen Grundwertmengen bezogen werden (untere Reihe). Aus der in der Arbeit von Gnauck wiederge- gebenen Tabelle 5 könnte leicht der Schluß gezogen werden, daß durch den Stuhlbluttest in der

Krebsfrüherkennungs-Untersu- chung zwischen 4,7 und 10,7 Pro- zent aller kolorektalen Karzinome erkannt werden können, was je- doch absolut falsch wäre! Tat- sächlich werden bei den geteste- ten Personen nur 0,04 bis maxi- mal 0,21 Prozent aller kolorekta-

len Karzinome festgestellt, womit sich aber die Betrachtung über Ef- fektivität (Wirksamkeit) und Effi- zienz (Kosten-Wirksamkeit) dieser Stuhlblut-Untersuchung ganz we- sentlich verschiebt! Damit stellt sich auch die Frage, ob die Hoff- nung immer noch ihre Berechti- gung hat, daß die Morbidität und Letalität bei Darmkrebs entschei- dend gesenkt werden könne.

2. In der Einleitung wird von Gnauck dargelegt, daß jährlich wiederholte Stuhltests die Chan- ce einer hohen „kumulativen"

Sensitivität beziehungsweise Treffsicherheit bieten. Auf der fol- genden Seite (2109) führt jedoch Gnauck aus: „Es gibt noch kei- nen, die Statistiker befriedigen- den Beweis dafür, daß jährlich wiederholtes Haemoccult-Scree- ning die Morbidität und Letalität von Darmkrebs senkt."

Zusammenfassend ist festzustel- len, daß durchaus korrekt wieder- gegebene ErgElpniszahlen — in un- terschiedlichen Bezug gebracht — zu Fehlschlüssen führen können und unbefangene Leser in be-

stimmte Richtungen zu beeinflus- sen vermögen! Ob dem Stuhlblut- test im Rahmen der Krebsfrüher- kennung bei einer Effektivität von 0,04 bis 0,2 Prozent im Hinblick auf die Verbreitung der Anwen- dung des Stuhltests in der Bevöl- kerung, die Kosten der Untersu- chung — einschließlich der von Gnauck empfohlenen jährlichen Kontrolle — sowie den Aufwand für Folgeuntersuchungen zur diffe- rentialdiagnostischen Klärung tat- sächlich der Stellenwert beizu- messen ist, wie von Gnauck aus- geführt, muß bezweifelt werden!

Professor Dr. med.

Dr. rer. nat. E. Krokowski t Zentral-Röntgeninstitut mit Strahlenklinik der Städtischen Kliniken Kassel Mönchebergstraße 41/43 3500 Kassel

Stellungnahme II

Zu dem Übersichtsaufsatz von Gnauck, der den Haemoccult- Screening aufgrund von einseiti- gen „Statistiken" deutlich über- bewertet, möchte ich folgendes sagen:

1. Die Feststellung, „Nachweis von okkultem Blut im Stuhl spürt Darmkrebs bei beschwerdefreien Personen auf", ist einfach über- trieben.

Die Ergebnisse von mehreren kontrollierten Studien aus den Jahren 1976 bis 1980 — die den Haemoccult-Test mit endoskopi- schen oder röntgenologischen Untersuchungen verglichen ha- ben — zeigen, daß zum Beispiel bei Adenomen (die größtenteils asymptomatisch verlaufen) die Treffsicherheit bei etwa 30 Pro- zent liegt, die der Karzinome nur bei 50 Prozent. Neue Arbeiten zei- gen eine Sensitivität des Haemoc- cult-Testes bei fortgeschrittenen kolorektalen Karzinomen nur in 52 Prozent der Fälle. Vor kurzem wurde aus der Mayo-Klinik ein neues immunologisches Verfah- ren vorgestellt (Haemo-Quant),

Screening nach Darmkrebs

Zu dem Beitrag von Dr. med. Reinhard Gnauck in Heft 28/29, 1985, Seiten 2108 bis 2111

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 6 vom 5. Februar 1986 (65) 335

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Screening nach Darmkrebs

welches eine weit höhere Emp- findlichkeit als der Haemoccult- Test aufzuweisen scheint. Ohne näher auf die sehr interessanten Ergebnisse einzugehen, sei fol- gendes festgestellt: Bei Ade- nomen mit einem Durchmesser von mehr als zwei Zentimeter fiel der Haemoccult-Test bei 17 Pro- zent der Fälle positiv aus, bei asymptomatischen kolorektalen Karzinomen nur in 43 Prozent.

Wenn man noch berücksichtigt, daß etwa 70 Prozent aller Patien- ten mit positivem Haemoccult- Test vorher bereits Blut im Stuhl gesehen haben, so muß man sich fragen, ob der Test als Screening-

Methode überhaupt Wert hat.

2. Für jeden, der die Statistiken über die Lokalisation der Dick- darmkarzinome kennt, ist uner- klärlich, wieso 70 Prozent der

„aufgespürten kolorektalen Karzi- nome" oberhalb der sogenannten Rektoskopiegrenze lagen!

Im Hinblick auf eine Frühdiagnose des kolorektalen Karzinoms soll- te es möglich gemacht werden, die Koloskopie (oder zumindest die Rekto-Sigmoendoskopie) als Screening-U ntersuchungsmetho- de einzubeziehen. Es gibt keinen Zweifel darüber, daß Patienten mit einem erhöhten Risiko für das kolorektale Karzinom einer en- doskopischen Untersuchung zu- geführt werden müssen.

Literatur beim Verfasser:

Dr. med. S. Athanasiadis Proktologische Abteilung St. Joseph-Hospital Laar Ahrstraße 100

4100 Duisburg 12

Schlußwort

1. Zu der Leserzuschrift von Prof. Krokowski

Im Rahmen der Krebsfrüherken- nungs-Untersuchung, also bei wiederholter Anwendung des Stuhlbluttestes bei beschwerde- freien Personen, werden etwa ein

bis zwei Prozent positive Test- ergebnisse registriert. Ein Such- test ist kein diagnostischer Test.

Das heißt, nur etwa fünf bis zehn Prozent der positiven Suchtests in diesem Programm sind durch ein kolorektales Karzinom verursacht.

Dieser Tatbestand ist in Tabelle 5 meines Erachtens eindeutig dar- gestellt (die präkanzerösen gro- ßen Adenome werden bisher lei- der nicht erfaßt). Das Mißverständ- nis, daß mit unserer Krebsfrüher- kennungs-Untersuchung (bei der zudem weniger als 30 Prozent der Frauen und 15 Prozent der Män- ner teilnehmen) fünf bis zehn Pro- zent aller kolorektalen Karzinome erkannt werden", sollte aus Tabel- le 5 nicht entstehen können.

Daß die Zahl der gefundenen Kar- zinome bezogen auf die Gesamt- zahl der im Krebsfrüherkennungs- Programm getesteten Gesunden natürlich sehr klein ist, ergibt sich aus der Inzidenz von Darmkrebs, die in der Altersgruppe der über 45jährigen etwa 1 bis 3 pro 1000 beträgt. Bei der bisherigen mittle- ren Fünf-Jahres-Heilungschance von etwa 40 Prozent nach Opera- tion von Patienten, deren Darm- krebs nach Auftreten von Be- schwerden diagnostiziert wurde, sterben in unserem Land jährlich 23 000 Personen an Darmkrebs (mehr als doppelt so viele wie im Straßenverkehr). Bei den rund 24 Millionen Menschen, die älter als 45 Jahre sind, läßt sich demnach eine jährliche Neuerkrankungsra- te (= Inzidenz) von etwa 38 000 vermuten (ein Krebsregister gibt es bei uns leider nicht). In diesen Zahlen sehe ich kein Argument gegen, sondern für die jährliche Anwendung des Suchtestes nach Darmkrebs bei noch beschwer- defreien Personen.

Daß noch kein genügend großes Kollektiv lange genug, das heißt mindestens zehn Jahre lang jähr- lich getestet wurde, um statistisch eindeutiges Zahlenmaterial zu lie- fern, sollte kein Hindernis sein, dieses Screening durchzuführen.

Denn der Nutzen für den einzel- nen Patienten steht außer Frage.

Auch ergibt die Analyse weiterer Auswertungen des Stuhlblut- testes im Rahmen der Krebsfrüh- erkennungs-Untersuchung 1983 die Schlußfolgerung, daß dieses Screening „tatsächlich darin ef- fektiv ist, Fälle von kolorektalem Krebs aus der wiederholt teilneh- menden Bevölkerungsgruppe zu entfernen" (Robra, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versor- gung). Wir sind also auf dem rich- tigen Wege.

2. Zu der Leserzuschrift von Dr. Athanasiadis

Die Feststellung, daß der Nach- weis von okkultem Blut im Stuhl bei beschwerdefreien Personen Darmkrebs aufspüren kann, ist nicht „übertrieben", sondern ent- weder richtig oder falsch. Daß sie

richtig ist, weiß jeder, der diesen Suchtest anwendet — was in der Klinik von Dr. A. zugegebenerwei- se nicht geschieht. Die Patienten einer koloproktologisch-chirurgi- schen Abteilung sind ein speziel- les, bereits ausgelesenes Patien- tengut, für das andere Regeln gel- ten mögen.

Für die Sensitivität ist entschei- dend, daß drei aufeinanderfolgen- de Stühle getestet werden (wegen der intermittierenden bzw. wech- selnden Menge der Blutspuren im Stuhl). Daher haben auch genaue- ste Testmethoden bei Neoplasien eine eingeschränkte Sensitivität, wenn nur eine einzige Stuhlprobe getestet wird — wie in den zitierten Veröffentlichungen berichtet. Ei- ne solche Verkürzung der Testpe- riode oder andere willkürliche Veränderungen des standardisier- ten Screening-Verfahrens sind nicht erlaubt.

Daß die Angabe von sichtbarem Blut im Stuhl seitens der Patien- ten den Nachweis von diesen lan- ge vorausgehenden, okkulten Blutspuren nicht ersetzen kann, ist evident und in Feldstudien be- wiesen. Wohin uns das Warten auf die Patientenangabe von sichtba- rem Blut im Stuhl bringt, zeigen 336 (66) Heft 6 vom 5. Februar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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