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Archiv "Screening nach Darmkrebs: Allgemeines Schlußwort" (05.02.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Screening nach Darmkrebs

die bisherigen durchschnittlichen Heilungschancen bei Darmkrebs.

Man kann eben nicht auf dieses Symptom warten, wenn man die- se Heilungschancen verbessern, das heißt Früherkennung betrei- ben will. Wenn wir Darmkrebs im noch beschwerdefreien Stadium diagnostizieren wollen, müssen wir logischerweise beschwerde- freie Personen untersuchen. Lei- der können nicht alle beschwer- defreien Erwachsenen ab 45 Jah- ren periodisch untersucht wer- den. Der Suchtest auf okkultes Blut im Stuhl identifiziert jene kleine Gruppe, die unbedingt un- tersucht werden muß. Es gibt kei- ne Alternative zu diesem Scree- ning.

Die hohe Koloskopie als „einzige Methode zur Früherkennung" ist meines Erachtens eine utopische Forderung, jedenfalls heutzutage.

Die Einführung der starren Rekto- sigmoidoskopie in das Krebsfrüh- erkennungs-Programm ist sicher nicht weniger problematisch. Da diese Endoskopie des Enddarms bei niedergelassenen Ärzten be- reits weit verbreitet ist, ist dies wohl ein Grund dafür, daß wir in unserer Klinik bei den meist vor- untersuchten Patienten relativ wenig Rektumkarzinome diagno- stizieren. Ob das Stuhlbluttesten beim Follow-up von operierten Patienten einen Platz hat, wäre zu prüfen (ich habe es nicht behaup- tet). Jedenfalls ist diese Anwen- dung etwas anderes als das jähr- liche, vorsorgliche Testen bei sich gesund fühlenden Personen. Und nur darum geht es beim Problem des Screening nach Darmkrebs.

Druckfehlerberichtigung:

Ein Druckfehler ist in meiner Ta- belle 6 zu berichtigen: Die bei 40 000 getesteten DKD-Patienten aufgespürten 315 großen Adeno- me bedeuten 7.9 (nicht 5.4) pro Tausend Getesteter.

Dr. med. Reinhard Gnauck Fachbereich Gastroenterologie Deutsche Klinik für Diagnostik Aukammallee 33

6200 Wiesbaden

Die so einfache und überall durchzuführende Methode wie der Haemoccult-Test hat inzwi- schen in den USA und auch in Ka- nada zu einer lebhaften Diskus- sion geführt (siehe zum Beispiel Ahlquist, D. A.; McGill, D. B. et al.:

N. Engl. J. Med. 312 [1985]

1422-1448; Neugut, A. I.; Eddy, D.

M.; Kolata, G.: Science 229 [1985]

1186-1188; Simon, J. B.: Canad.

Med. Assoc. J. 133 [1985] 647), ebenso wie in Deutschen Tages- zeitungen, zum Beispiel in der FAZ vom 11.9. 1985. Strittig sind die Sensitivität, das heißt letztlich die richtig positiven Ergebnisse, gegenüber der Sensibilität, das heißt letztlich die richtig negati- ven Ergebnisse. Dazu sind Aussa- gen — wie allen Beteiligten be- kannt — im Grunde nur möglich bei Kenntnis der Prävalenz des Kolonkarzinoms zum Beispiel in einer Durchschnittsbevölkerung oder in der Sprechstunde eines Gastroenterologen bei verdächti- ger Anamnese. Wegen der prakti- schen Bedeutung des Themas be- handeln wir diese Diskussion mit dem nachfolgenden Brief und ei- nem allgemeinen Schlußwort nochmals abschließend.

Rudolf Gross

Stellungnahme III

Zur Frage der sachlich richtigen Einordnung des Tests auf okkul- tes Blut in der ärztlichen Öffent- lichkeit verweise ich auf Band 21 der Wissenschaftlichen Reihe des Zentralinstitutes für die Kassen- ärztliche Versorgung.

Auf Seite 17 findet man darin eine kurzgefaßte Würdigung der kolo- rektalen Früherkennung — mit na- hezu identischen Zahlen, wie sie inzwischen auch anderweitig er- arbeitet wurden, nämlich mit ei- ner Sensitivität des Tests von 50 bis 60 Prozent und der Tastunter- suchung von 10 Prozent. Ebenso ist dort noch einmal die verbale Klassifizierung des Testes als

„Methode, Personen herauszufin- den, bei denen weitere Untersu- chungen sich lohnen", abge- druckt.

Es ist auch in aller Kürze darge- legt, daß kontrollierte Studien lau- fen, aber nicht abgeschlossen sind, und daß die Befürwortung des kolorektalen Screenings sich vor allem darauf stützt, daß prakti- kable Alternativen ausstehen. Ich glaube, in diesem letzten Punkt sind sich die Epidemiologen in ih- ren Standpunkten sehr viel näher- gerückt. Hier bleibt letzten Endes ein gesundheitspolitischer Be- wertungsspielraum. Voll unter- stütze ich das Anliegen, daß der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Hersteller des Tests anhalten möge, die Informa- tion der Ärzte sachgerecht zu ge- stalten, insbesondere überhöhte Angaben der Tests zur Testsicher- heit zu korrigieren. Dies habe ich mit meiner damaligen Publika- tion, die an die deutschen Kassen- ärzte ging, angestrebt.

Daß die Effektivität des Scree- nings in einer Bevölkerung, die bereits mehrfach durchunter- sucht worden ist, sich in der Wei- se verändert, daß die kumula- tive Gesamtsensitivität steigt und die kumulative Gesamtspezifität sinkt, ist ein unter Epidemiologen seit langem gutbekanntes Phäno- men, das auch an Hand der Da- ten des gesetzlichen Krebsfrüh- erkennungsprogramms belegt und publiziert wurde (Sammel- band Frühmorgen, 1984). Dort ist im übrigen auch auf die elementa- re Bedeutung der Prädiktionswer- te für die Effektivitätsbeurteilung in der Praxis hingewiesen.

Professor Dr. med.

Friedrich Wilhelm Schwartz Abteilung Epidemiologie und Sozialmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover

Konstanty-Gutschow-Straße 8 3000 Hannover 61

Allgemeines Schlußwort

Wenn ein Screening-Verfahren unter ausschließlich mathema- tisch-statistischen Gesichtspunk- ten, das heißt rein theoretisch am Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 6 vom 5. Februar 1986 (69) 337

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FÜR SIE GELESEN Screening nach Darmkrebs

grünen Tisch betrachtet wird, kann es geschehen, daß vor lauter Bäumen der Wald nicht gesehen wird. Jedes Screening ist ein pe- riodisch wiederholter Vorgang. Es ist daher unzulässig, ein Scree- ning-Verfahren nach den Ergeb- nissen seiner einmaligen Anwen- dung zu beurteilen. Ein Suchtest ist nun einmal kein diagnostischer Test. Hätte er dessen Sensitivität und Spezifität, würde sich peri- odisch wiederholtes Screening erübrigen. Nur für diesen Zweck aber ist das Stuhlbluttesten bei beschwerdefreien Erwachsenen eingeführt worden. Natürlich gibt es noch offene Fragen:

1. Es ist nicht exakt festzustellen, wie viele Karzinome und große Adenome beim erstmaligen Screening einer beschwerdefrei- en Bevölkerungsgruppe falsch- negativ sind, weil niemand tau- sende testnegative beschwerde- freie Personen koloskopieren kann (beim PAP-Abstrich und der Zervix-Konisation ist es genauso).

Nachbeobachtung und wiederhol- tes Screening haben erwiesen, daß die Sensitivität einmaligen Te- stens für Karzinome etwa 85 Pro- zent (und für große Adenome et- wa 55 Prozent) beträgt.

2. Es gibt noch keine ausrei- chend großen Zahlen darüber, welche kumulative Trefferquote (Sensitivität) dieses Screening bei zweimaliger, dreimaliger oder jährlich wiederholter Anwendung bei beschwerdefreien Personen im gefährdeten Alter aufweist.

Dies gilt nicht nur für kolorektale Karzinome, sondern insbesonde- re für die noch langsamer wach- senden adenomatösen Polypen, deren Aufspürung und Entfer- nung im Laufe der Jahre sekundä- re Prävention im besten Sinne ist.

Zweifellos ist die kumulative Sen- sitivität höher als die bei einmali- ger Testung, das heißt die Zahl der falsch-negativen Teste wird mit jeder Anwendung verringert.

3. Es ist tatsächlich noch nicht statistisch zu beweisen, daß eine wiederholt diesem Screening un-

terworfene Bevölkerungsgruppe eine geringere Letalität an Darm- krebs hat. Nach schwedischen Kalkulationen (Ekelund) müßten bei 100prozentiger Beteiligung am jährlichen Screening je 102 250 Personen in einer Test- und Kontrollgruppe fünf Jahre lang getestet werden, um eine 25prozentige Verringerung der Letalität mit statistischer Signifi- kanz von p < 0.05 zu beweisen.

Bei nur 60prozentiger jährlicher Beteiligung müßten die Kontroll- gruppen je 319 000 Personen um- fassen. Studien dieser Größenord- nung gibt es (noch) nicht. Aus der Analyse unserer Krebsfrüherken- nungsdaten ist bei aller Unvoll- ständigkeit der Befunderfassung (Quartalsgrenzen, adenomatöse Polypen als Krebsvorstufe nicht erfaßt usw.) und bei fehlendem Krebsregister immerhin festzu- stellen, daß unser Programm „dar- in effektiv ist, Fälle von kolorekta- lem Krebs aus der wiederholt teil- nehmenden Bevölkerungsgruppe zu entfernen" (Robra).

Trotz Fragen zum Darmkrebs- Screening bleibt festzuhalten: Ba- sierend auf den „best verfügbaren Informationen zu jener Zeit" emp- fahl die American Cancer Society 1980 das jährliche Haemoccult- Screening bei beschwerdefreien Personen ab 50 Jahre. Fünf Jahre später, nach einer sorgfältigen Überprüfung dieser Empfehlung durch das National Advisory Com- mittee an Cancer Prevention and Detection, wiederholte die Ameri- can Cancer Society im Juli 1985 diese Empfehlung und verfolgt weiter ihr nationales „Colorectal Health Check Program". Bei aller notwendigen Skepsis gegenüber Krebsfrüherkennungs-Verfahren (und zwar nicht nur neuen, son- dern auch den alten „etablier- ten") ist es doch stets nützlich, über die Landesgrenzen zu schauen.

Dr. med. Reinhard Gnauck Fachbereich Gastroenterologie Deutsche Klinik für Diagnostik Au kammallee 33

6200 Wiesbaden

Empfehlungen

zur Durchführung und Bewertung ergometrischer Untersuchungen

Auf einer Tagung in Titisee kamen erstmalig Experten aus verschie- denen Teildisziplinen zusammen, um Empfehlungen zur Ergometrie zu erarbeiten. Die Teilnehmer ver- treten die Kardiologie, Pneumolo- gie, Arbeitsmedizin, Flug- und Sportmedizin, Nuklearmedizin und Pädiatrie. In der jetzt publi- zierten Empfehlung werden aus- führlich Indikationen zur Ergo- metrie und zum Untersuchungs- programm vorgelegt. So soll die Belastungsstufe einheitlich zwei Minuten dauern, die Höhe der Be- lastung soll 25 Watt oder ein Viel- faches davon betragen. Weitere Untersuchungsprogramme be- treffen die Laufbandergometrie und speziell die Pädiatrie. Einge- hend werden Empfehlungen zur Qualitätskontrolle, zu Abbruchkri- terien und Kontraindikationen vorgelegt. Ein erster Versuch wur- de unternommen, Referenzwerte für Herzfrequenz, Leistung und arteriellen Blutdruck vorzuschla- gen sowie für Blutgase, Säure-Ba- sen-Haushalt und Laktat. Ausführ- liche Hinweise zum Belastungs- EKG ergänzen die Darstellung. Im Anhang finden sich die revidier- ten Standardisierungsvorschläge, Qualitätsrichtlinien für das Bela- stungs-EKG, Hinweise für Gütekri- terien und Musterformblätter in der Ergometrie.

Diese Empfehlungen stellen eine erste Grundlage für allgemein ver- bindliche und auch allgemein ak- zeptierte Richtlinien dar für die Durchführung und Beurteilung er- gometrischer Untersuchungen.

Es wäre zu wünschen, daß diese Empfehlungen weit verbreitet werden und daß die Referenzwer- te in Zukunft noch weiter ausgear- beitet werden. Ilg

Löllgen, H., Ulmer, H.-V. (Hrsg.) Ergometrie — Empfehlungen zur Durchführung und Bewer- tung ergometrischer Untersuchungen. Klin.

Wschr. 63: 651-677 (1985). Prof. Dr. H. Löllgen, Hermann-Löns-Straße 8,6250 Limburg.

338 (70) Heft 6 vom 5. Februar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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