A 256 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 112|
Heft 7|
13. Februar 2015 Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sindauch dann freiberuflich und nicht gewerblich tätig, wenn sie ärztliche Leistungen von ange- stellten Ärzten erbringen lassen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Das gilt allerdings nur, wenn die Ärzte aufgrund ihrer Fachkenntnisse durch regelmäßige und einge- hende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit ihrer angestellten Kollegen Einfluss nehmen.
So müssen sie nach Auffassung des BFH die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durchführen, im Einzelfall die Behandlungsmethode festlegen und sich die Behandlung problematischer Fälle vorbehalten.
Geklagt hatte eine Gemeinschaftspraxis für Anästhesie, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die als mobiler Anästhesiebe- trieb in den Praxen niedergelassener Opera- teure die Narkosen durchführt. Die Partner der
Gemeinschaftspraxis legen wöchentlich im Vo- raus fest, welcher Anästhesist bei welchem Operateur nach den von der Praxis entwickel- ten standardisierten Behandlungsmethoden tä- tig wird. Jeder Gemeinschaftspraxispartner führt eine Voruntersuchung durch und schlägt eine Behandlungsmethode vor. Die eigentliche Anästhesie führt dann eine angestellte Ärztin aus. Problematische Fälle bleiben den Ge- meinschaftspraxispartnern vorbehalten.
Das Finanzamt ging aufgrund einer Außen- prüfung davon aus, dass die Partner der Ge- meinschaftspraxis ihre ärztliche Tätigkeit ange- sichts der Beschäftigung der angestellten Ärz- tin nicht mehr leitend und eigenverantwortlich ausüben und deshalb gewerblich tätig sind.
Dieser Auffassung folgte der BFH nicht. Die Mithilfe qualifizierten Personals sei für die Frei- beruflichkeit des Berufsträgers unschädlich,
wenn er bei der Erledigung der einzelnen Auf- träge aufgrund eigener Fachkenntnisse eigen- verantwortlich tätig werde. Soweit das Finanz- amt die unmittelbare Ausführung der Anästhe- sietätigkeit durch Partner der Gemeinschafts- praxis als unverzichtbare Voraussetzung für die Annahme einer eigenverantwortlichen und lei- tenden ärztlichen Tätigkeit ansehe, überdehne es die Anforderungen des Einkommensteuer- gesetzes und würde damit den Einsatz fachlich vorgebildeten Personals im Bereich der Heilbe- rufe im Ergebnis ausschließen. Voraussetzung für eine freiberufliche Tätigkeit ist nach Auffas- sung des BFH allerdings die patientenbezoge- ne leitende Eigenverantwortung, die durch die Voruntersuchung der Patienten, die Festlegung der Behandlungsmethode sowie den Vorbehalt der Selbstbehandlung problematischer Fälle hier gegeben ist.
BFH, Urteil vom 16. Juli 2014, Az.: VIII R
41/12 RAin Barbara Berner
RECHTSREPORT
Praxisinhaber mit angestellten Ärzten gelten nicht als Gewerbetreibende
Der Gesetzentwurf zur „Stärkung der Unabhängigkeit der Daten- schutzaufsicht im Bund durch Er- richtung einer obersten Bundesbe- hörde“ hat nach Zustimmung des Bundestages im Dezember letzten Jahres am 6. Februar auch den Bun- desrat passiert. Danach erhält der Bundesbeauftragte für den Daten- schutz und die Informationsfreiheit den Rechtsstatus einer obersten Bundesbehörde, die eigenständig und unabhängig ausgestaltet ist.
Die Behörde untersteht ausschließ- lich parlamentarischer und gericht- BUNDESRAT
Unabhängige Bundesdatenschutzbehörde gebilligt
licher Kontrolle. Auf die Rechtsauf- sicht der Bundesregierung wird ver- zichtet. Ebenso besteht nicht mehr die Dienstaufsicht des Innenminis- teriums und die organisatorische Anbindung an das Ressort. Der Bundesbeauftragte wird vom Deut- schen Bundestag gewählt. Mit dem Gesetzentwurf werden die Anforde- rungen der europäischen Daten- schutzrichtlinie an die Unabhän - gigkeit der datenschutzrechtlichen Kontrollstellen erfüllt. Das Ge - setz soll im nächsten Jahr in Kraft
treten. KBr
kommunale Infrastruktur sehr wohl deutlich mehr in Anspruch als Freie Berufe, ergänzte sie. Die Grünen hatten bereits 2010 den Einbezug von Freiberuflern gefordert. Dass sie sich dem Antrag nicht uneinge- schränkt anschlossen, liegt an ande-
ren Details. Rie
Ein erneuter Antrag der Fraktion die Linke, die Ge- werbesteuer zu reformieren und auch Freie Berufe ein- zubeziehen, ist im Bundes- tag unterschiedlich aufge- nommen worden. Die Lin- ke verweist darauf, dass viele Kommunen „unter chronischer Unterfinanzie- rung“ litten. Eine Verbesse- rung ihrer Finanzlage lasse sich nur durch gestärkte Einnahmequellen erzielen.
Deshalb müsse die Ge - werbesteuer unter anderem durch eine Einbeziehung von Freiberuflern weiter- entwickelt werden.
„Freiberufler nehmen die kom- munale Infrastruktur in Anspruch.
Folglich können sie auch einen ent- sprechenden Anteil leisten“, sagte die Linken-Abgeordnete Susanne Karawanskij. Der SPD-Abgeordne- te Bernhard Daldrup sicherte der Linken eine „konstruktive Bera- tung“ ihres Antrags in Bezug auf die Erweiterung um Freiberufler zu:
GEWERBESTEUER
Debatte über Einbezug der Freien Berufe
„Das Konzept ist keine Idee der Linken. Es ist in den Kommunen parteipolitisch unumstritten.“
Die CDU-Abgeordnete Margaret Horb warnte hingegen vor dem bü- rokratischen Aufwand für Ärzte, Hebammen oder Krankengymnas- ten. Große Betriebe nähmen die
Gewerbesteuer auch für Ärzte – in der Politik gibt es dafür durchaus Sympathien.
Foto: dpa