Die Information:
Bericht und Meinung
77. DEUTSCHER ÄRZTETAG
Die Verwirklichung der Psychiatrie- reform wird abhängig sein nicht nur von Aufklärung und Mitarbeit von Verantwortlichen und Öffent- lichkeit, sondern auch vom Enga- gement jedes einzelnen."
Und hier die „Persönliche Erklä- rung" von Bosse, Kahlke, Masuhr zu Tagesordnungspunkt 5:
„Mangels Sachverstand und auf Grund seiner restaurativen Einstel- lung gegenüber jeglichen Refor- men in der medizinischen Versor- gung hat sich der 77. Deutsche Ärztetag der Aufforderung entzo- gen, sich für entscheidende Ver- besserungen in der Lage der Psychiatrie in der BRD einzuset- zen. Er hat damit zugleich den An- spruch der psychisch Kranken und Gefährdeten auf eine menschen- würdigere Behandlung mißachtet.
Dadurch geht er weit hinter die bereits im Zwischenbericht der ,Sachverständigenkommission zur Lage der Psychiatrie' aufgezeigten Reformvorschläge zurück. Die un- terzeichneten Delegierten und Mit- glieder des Präsidiums des Deut- schen Ärztetages, die sich für die Interessen der großen Gruppe so- zial und medizinisch benachteilig- ter Patienten vergeblich einzuset- zen versuchten, legen auf Grund dieser mit den Aufgaben eines Arz- tes unvereinbaren Haltung des 77.
Deutschen Ärztetages ihr Mandat nieder.
gez. Dr. Hermann Bosse (Bundes- assistenten konferenz)
Prof. Dr. Winfried Kahlke (Delegier- ter, Baden-Württemberg)
Dr. Karl-Friedrich Masuhr (Bundes- assistentenkonferenz)"
Antwort des
Deutschen Ärztetages
Der Deutsche Ärztetag reagierte auf diese „Erklärung" von Bosse, Kahlke und Masuhr mit folgenden Entschließungen:
❑ „Der 77. Deutsche Ärztetag weist die unrichtige und diffa- mierende Darstellung über die Beschlußfassung zur Verbesserung der Versorgung psychisch Kran- ker durch die Vertreter der Bun- desassistentenkonferenz, Dr. Bosse und Dr. Masuhr, sowie des ehem.
Delegierten, Prof. Dr. Kahlke, mit Empörung zurück.
Der Deutsche Ärztetag stellt fest, daß die drei genannten Ärzte sich der Irreführung der Öffentlichkeit durch die Verbreitung falscher Dar- stellungen in Fernsehsendungen schuldig gemacht haben. Er ver- weist auf die Beschlüsse des 77.
Deutschen Ärztetages zur ,Lage der Psychiatrie in der Bundesrepu- blik Deutschland' und in den ,Ge- sundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzte- schaff."
❑ „Nach Kenntnisnahme der Be- gründung des Rücktritts der Kolle- gen Dr. Bosse, Prof. Dr. Kahlke, Dr.
Masuhr stellt der Deutsche Ärzte- tag fest, daß von ihm zuvor mit überwältigender Mehrheit die im ,Blauen Papier' zur Psychiatrie enthaltenen programmatischen Aussagen beschlossen wurden.
Diese Aussagen gehen weit über das hinaus, was dem Antrag Ma- suhr, Kahlke hierzu zu entnehmen war. Aus diesem Grund fand dieser Antrag keine Mehrheit. Der Deut- sche Ärztetag hat dadurch unter Beweis gestellt, daß er ein weiter- gehendes und umfassenderes Pro- gramm billigte. Die Begründung des Rücktritts der Herren Bosse, Kahlke und Masuhr ist daher falsch, und ihr wird vom 77. Deut- schen Ärztetag daher nachdrücklich widersprochen."
Ziehen wir einen dicken Schluß- strich unter diese politisch unappe- titliche Rücktrittsaffaire. roe
HÖRFUNK UND FERNSEHEN
Sonntag, 14. Juli
8.30 Ist Kinderreichtum unsozial?
Gedanken zum Weltbevölke- rungsjahr
Bayerischer Rundfunk, 2. Programm
Carl Zawadzky
Als Beitrag der christlichen Kirchen zum Weltbevölkerungsjahr veranstaltet der Weltkirchenrat in Daressalam den Kongreß „Familie 74". Auf ihm soll der Grundsatz der zeitgenössischen protestantischen Ethik propagiert wer- den, daß angesichts des bedrohlichen Bevölkerungswachstums die Familien- planung eine Verpflichtung für den Christen ist.
10.30 Die Hypnose in der Medizin Süddeutscher Rundfunk, 2. Programm / Lebendige Wissenschaft
Professor Dr. Dietrich Lan- gen, Mainz
18.50 Computer contra Smog Bayerisches Fernsehen / Problem Fortschritt
19.15 „Ich habe Krebs" — In der Magazinsendung Ventil Westdeutsches Fernsehen Übernahme vom Deutschen Fernsehen/WDR
Montag, 15. Juli
20.15 Behinderte unter uns
„Kontakte"
Zweites Fernsehen Walther Schmandt
Die Sendung weist auf die Schwierig- keiten hin, die den Behinderten die Eingliederung in die Gesellschaft trotz aller medizinischer Versorgung nahezu unmöglich machen.
20.30 Tochter
Hessischer Rundfunk, 1. Programm
Alfred Andersch
Das Seelenleben eines alternden Arz- tes, der sich für längere Zeit von sei- ner heranwachsenden Tochter trennen muß, schildert das Hörspiel von Alfred Andersch.
2162 Heft 28 vom 11. Juli 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Manipuliert
Rüdiger Hoffmann von „Moni- tor" muß
einen ganz DEUTSCHES FERNSEHEN
anderen Ärztetag erlebt haben als der Rezensent, obwohl beide doch denselben 77. Deutschen Ärztetag in Berlin besuchten. Zu- schauern des Magazins „Moni- tor" (ARD, vom WDR) mußte es vorkommen, als seien die Hauptmatadoren die Ärzte von der „Arbeitsgemeinschaft unab- hängiger Ärzte" und als sei der Ärztetag ein Happening, veran- staltet von einer „APO" gegen die etablierte „Standesführung", gewesen. Und soweit die „Stan- desfürsten" unter sich waren, so muß es — auch diesen Eindruck wird der manipulierte Zuschau- er gewonnen haben — dem Ple- num darum gegangen sein, Ge- burtstagskinder mit Rosensträu- ßen zu beschenken. Fast gar nichts konnte der Zuschauer dagegen über die tatsächlichen Ereignisse dieses Deutschen Ärztetages erfahren: zum Bei- spiel über die wichtige Debatte und über die Verabschiedung der Gesundheits- und sozialpoli- tischen Vorstellungen. Selbst wenn Hoffmann die Aussage dieses Papiers nicht paßt, so hätte man von einem Journali- sten doch erwarten können, daß er sich über diesen Kernpunkt
des Ärztetages etwas verbreiter- te — wenn auch kritisch (was sich für einen Monitor-Mann ja gehört). Statt dessen verbreitete er so, als ob das alles wahr und wissenschaftlich nachgeprüft wäre, ausgewählte Behauptun- gen der „Unabhängigen" und ließ dann Prof. Sewering ver- meintlich zu diesen Aussagen zu Wort kommen, obwohl das Statement in ganz anderem Zu- sammenhang aufgenommen worden war und sich auf ganz andere Äußerungen bezog als auf die davormontierten. Selbst Leute, die der Auffassung sind, mit den „Unabhängigen" sollte man einmal in Ruhe diskutieren, können einfach den Monitor-Bei- trag nicht als Empfehlung anse- hen, mit der „Ärzte-Opposition"
in eine Sachdiskussion einzutre- ten. Die „Unabhängigen", die schon einige Tage zuvor wuß- ten, daß „Monitor" sich ihrer wohlwollend annehmen werde, hat Rüdiger Hoffmann im Grun- de genommen in die Pfanne ge- hauen. Denn alle, die zuvor schon der Ansicht waren, mit der „APO" lohne es nicht zu dis- kutieren, werden durch „Moni- tor" in ihrer Meinung bestärkt worden sein. Und alle, deren Haltung noch nicht so ganz fest- gelegt war, werden jetzt eher denen zuneigen, die es ja schon immer gewußt haben. NJ
Die Information:
Bericht und Meinung
21.45 Zehn Stunden sind ein Tag
— Erfahrungen mit der Vier- tagewoche
Erstes Fernsehen
Claus-Ferdinand Siegfried Wie wirken sich zehn Stunden Arbeit auf Gesundheit und Unfallhäufigkeit aus? Was machen die Viertagearbeiter mit ihrer vermehrten Freizeit? Welche Konsequenzen ziehen Städte und Kom- munen? Der Autor möchte mit diesem Film Vorzeichen einer denkbaren wirt- schaftlich-sozialen Entwicklung unter- suchen.
Dienstag, 16. Juli
19.45 Caritas: Abschied von tradi- tionellen Leitbildern
Hessischer Rundfunk, 2. Programm
Josef Frank
20.15 Freizeit (1) — in erster Linie schlafen
Westdeutsches Fernsehen Jürgen Schröder-Jahn
Mittwoch, 17. Juli
20.20 Ist das Altern eine Krank- heit? — Aus der Vortragsrei- he „Altwerden als Aufgabe"
Süddeutscher Rundfunk / Saarländischer Rundfunk 2. Programm
Professor Dr. Werner Hauss, Münster
Donnerstag, 18. Juli
15.05 Operationen heilen die Seele
— Psychochirurgie, Therapie ohne Indikation?
Deutschlandfunk Egmont R. Koch
17.30 Familientherapie — Aus der Reihe: Anatomie der Familie Deutschlandfunk
Rosvita Krausz
20.15 Bilder aus der Wissenschaft Erstes Fernsehen
Günther Siefarth
Für die heutige Magazinsendung sind folgende Beiträge geplant: 1. Apollo und die Medizin; 2. Raumfahrt Anno 1980; 3. Streß im Cockpit; 4. Plastische Mikrobilder
22.07 Der Beamte als Mensch oder Der Mensch als Beamter
—Zur Soziologie des Staats- dieners
Bayerischer Rundfunk, 2. Programm
Ekkehard Kühn
Samstag, 20. Juli
10.05 Krankheiten erkennen oder Gesundheit sichern?
Die Herausforderung der Vor- sorgemedizin
Sender Freies Berlin, 1. Programm
Dr. J. P. Stössel
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 28 vom 11. Juli 1974 2163