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Archiv "Ätio-Pathogenese des Dickdarmkrebses" (26.09.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

D

as kolorektale Karzinom hat in den Statistiken der industrialisierten westli- chen Länder das Magenkarzi- nom überholt. Es rangiert bei den Frauen als zweithäufigster Tumor nach dem Mammakar- zinom, bei den Männern nach dem Bronchialkarzinom. Die Morbidität steigt noch steiler an als die Mortalität. Präventi- ve Maßnahmen sind erforder- lich; sie setzen aber die Kenntnis der Ätio-Pathogene- se voraus.

Wir kennen präkanzeröse Ver- änderungen in Dickdarm und Rektum. Am wichtigsten sind die Adenome. Nach epidemio-

logischen Studien ist gesi- chert, daß zwischen ihrer Prä- valenz und der der kolorekta-

len Karzinome eine strenge Korrelation besteht (2). Auch ihre Lokalisation ist ähnlich:

Sie verschiebt sich mit zuneh- mendem Alter nach distal (3) und liegt schließlich bevorzugt im Colon sigmoideum und im Rektum (5). Adenome, die grö- ßer als 2 cm sind, gehen zu etwa 35 Prozent in maligne Tumoren über. Villöse Adeno- me sind generell gefährlicher als tubuläre (3). Sie weisen auch häufiger Dysplasien bzw.

Atypien auf, und deren Aus- maß ist das wichtigste histo- morphologische Kriterium für die drohende Malignität (6).

Nach neueren Untersuchun- gen sind es undifferenzierte Stammzellen, welche diese

Entwicklung einleiten (1).

Adenome können genetisch bedingt sein, besonders bei der Adenomatosis coli. Diese wird autosomal-dominant ver- erbt. Nahezu alle diese Patien- ten sterben — unoperiert — bis zum 40. Lebensjahr an multi- plen Dickdarmkrebsen.

Eine weitere präkanzeröse Er- krankung ist die Colitis ulcero- sa. Sie führt zu einer gestei- gerten Krypten-Regeneration als Folge der Nekrosen. Nach etwa 10jähriger Krankheits- dauer gehen über Dysplasien diese Kryptenregenerationen in Karzinome über. Nach pro- spektiven Studien (z. B. 6) kann das Krebsrisiko bei chro- nischen Colitis-ulcerosa-Pa- tienten durch wiederholte Kontrollbiopsien dadurch re- duziert werden, daß bei schwerer Dysplasie schon pro- phylaktische Prokto-Kolekto- mien vorgenommen werden. — Auch der Morbus Crohn ist ei- ne potentielle Präkanzerose, allerdings auch hier erst nach sehr langer Krankheitsdauer.

Colitis ulcerosa und Morbus Crohn haben eine deutlich an- steigende Tendenz; sie kön- nen aber nicht die Zunahme der kolorektalen Karzinome erklären. Hier weisen die mei- sten epidemiologischen Stu- dien auf Ernährungsfaktoren.

Diese können prinzipiell auf vier pathogenetischen Wegen wirksam sein (7):

(1) Nahrungsmittelzusätze oder -verunreinigungen kön- nen als Karzinogene bzw. Ko- karzinogene wirken;

(2) solche Wirkstoffe können während der Nahrungsmittel- zubereitung entstehen;

(3) relativer oder absoluter Mangel an einer Nahrungs- komponente kann über bioche- mische Änderungen neoplasti- sche Prozesse verursachen;

(4) Veränderungen durch die aufgenommene Nahrung kön- nen Stoffwechselstörungen oder biochemische Anomalien verursachen.

Die genaueren Mechanismen sind noch offen, aber einige Daten sind von praktischer Relevanz. So haben die hoch- entwickelten Länder in West- europa und den USA die höchsten Dickdarmkrebs-Prä- valenzen; die niedrigsten fin- den sich in Afrika, in Mittel- amerika und auffallenderweise in Japan. Dies steht in statisti- scher Korrelation zur täg- lichen Fettaufnahme: Verglei- chende Untersuchungen von ausgewanderten Populatio- nen, sogenannte Wanderungs- studien, haben gezeigt, daß die Kolonkrebs-Prävalenz bei Japanern, die nach Hawaii oder in die USA ausgewandert sind, schon in der zweiten Ge- neration der der weißen Be- völkerung entspricht.

V

ergleichsstudien bei den Mormonen und den 7-Ta- ges-Adventisten in den USA, die weniger Fett und Fleisch essen als die übrige USA-Bevölkerung, weisen ebenfalls darauf hin, daß fettrei- che Nahrung die Entstehung des Dickdarmkrebses begün- stigt. Im Tierexperiment läßt sich die Krebsentstehung im

Ätio-Pathogenese

des Dickdarmkrebses

Ekkehard Grundmann

2808 (62) Heft 39 vom 26. September 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

(2)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AUS DER PRAXIS EDITORIAL

Verhütung von Dekubitus

Rattendickdarm unter Dimethyl- hydrazin und anderen Karzino- genen durch fettreiche Ernäh- rung signifikant steigern (7).

(I

ie entgegengesetzte Wir- kung hat offenbar der Fa- sergehalt der Nahrung: Je mehr Ballaststoffe die Nah- rung enthält, um so niedriger ist die Kolonkarzinomrate.

Verschiedene polymere Struk- turen, wie Zellulose, Hemizel- lulose, Pektine, Lignin und an- dere pflanzliche Polysacchari- de sind untersucht worden.

Der Fasergehalt des Stuhls bestimmt die Transitzeit: Je mehr Ballaststoffe der Stuhl enthält, desto kürzer ist die Verweildauer im Darm. Nah- rungsmittelzusätze oder krebserzeugende Stoffe, die durch unvollständige Verbren- nung von Fleisch und Fett ent- stehen, werden durch die Bal- laststoffe verdünnt, und ihre Einwirkung auf die Darm- schleimhaut wird verkürzt.

Von Bedeutung ist offenbar auch der Einfluß auf die inte- stinale Bakterienflora. Hier gibt es Studien (z. B. 4), die sowohl verschiedene Enzyme als auch Metaboliten berück- sichtigen. Änderungen der Bakterienflora beeinflussen aber auch die Gallensäuren im Stuhl, und diese sind wieder- um primär gelenkt durch die Fettaufnahme: Fettreiche Nah- rung steigert die Ausschei- dung von primären Gallensäu- ren im Darm. Durch Bakterien werden aus den primären se- kundäre Gallensäuren, und der Gehalt vor allem an se- kundären Gallensäuren steht in statistisch sicherer Korrela- tion zur Häufigkeit kolorekta- ler Karzinome. Auch im Tier- experiment begünstigt die di- rekte Einwirkung von Galle auf den Dickdarm die Karzino- genese (8).

Viele Einzelfragen sind noch offen. Der Dickdarmkrebs steht im Mittelpunkt der z. Zt.

sehr aktuellen Diskussion über die Bedeutung der täg- lichen Nahrung für die Entste- hung von Krebs (z. B. 9). Daß Umweltfaktoren bei der stei- genden Prävalenz des Dick- darmkarzinoms entscheidend sind, ist unbestritten (10). We- niger Fett, mehr Fasern — so lautet die nur allzu vereinfach- te Losung. Welche Rolle mit der Nahrung aufgenommene oder sich im Magen-Darm-Ka- nal bildende Karzinogene oder Kokarzinogene spielen, ist freilich noch offen.

Literatur

(1) v. Bassewitz, D. B.: Zur formalen Ge- nese des Dickdarm-Carcinoms. Habilita- tionsschrift Med. Fak. Münster (1982) — (2) Day, D. W.: Epidemiology of colorectal adenomas. In: Colonic Carcinogenesis.

Eds. R. A. Malt, R. C. N. Williamson. Falk Symposium 31: 135. MTP Press Ltd., Lan- caster — Boston (1982) — (3) Eder, M.:

Krebsvorstadien am Darm. Verh Dtsch Ges Path 63 (1979) 96 — (4) Freeman, H. J.: Dietary fibers and colon cancer. In:

Experimental Colon Carcinogenesis. Eds.

H. Autrup, G. M. Williams. CRC Press Inc., Boca Raton/Fla., 267 (1983) — (5) Herma- nek, P., Karrer, K.: Illustrierte Synopsis kolorektaler Tumoren. Pharmazeutische Verlagsges., München (1983) — (6) Mors- on, B. C.: Markers for increased risk of colorectal cancer. In: Colonic Carcinoge- nesis. Eds. R. A. Malt, R. C. N. Williamson.

Falk Symposium 31: 127. MTP Press Ltd., Lancaster — Boston (1982) — (7) Reddy, B. S.: Dietary fat and colon cancer. In:

Experimental Colon Carcinogenesis. Eds.

H. Autrup, G. M. Williams. CRC Press Inc., Boca Raton/Fla. 225 (1983) — (8) Schwe- ring, H., Tentrup, R., Hobik, H. P., Grund- mann, E.: Galle/Pankreassekret und colo- rectales Carcinom im Tierexperiment.

Langenbecks Arch Chir 359 (1983) 37 — (9) Willet, W. C., MacMahon, B.: Diet an cancer—an overview. N Engl J Med 310 (1984) 633 697 — (10) Zaridze, D. G.: En- vironmental Etiology of large bowel can- cer. J Natl Cancer Inst 70 (1983) 389

Professor Dr. med.

Ekkehard Grundmann Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie der Westfälischen Wilhelms-Universität

Domagkstraße 17 4400 Münster

Ein nur sehr schwer zu beherr- schendes Problem bei bettlägeri- gen unbeweglichen Patienten ist der drohende Dekubitus. Sowohl Intelligenz und Einsatzwilligkeit als auch ein gewisses Maß an theoretischem Wissen bei den Pflegenden sind erforderlich, um die zum Teil schrecklichen Be- funde zu vermeiden. Das gilt für die Pflege im Heim, zu Hause, unter Umständen aber auch in der Klinik. Da wirken u. a. Be- quemlichkeit, Zeitmangel und ei- ne Abneigung gegen das Hantie- ren mit den hilflosen Alten. Na- türlich kann man durch ganzflä- chige Wassermatratzen manches Schlimme verhindern. Aber zum Beispiel ein nach allen Richtun- gen verstellbares Bett, was die zuverlässigste Vorbeugung wäre, ist wegen der hohen Kosten kaum je zu bekommen. Da fiel mit der gute, alte Wagenheber ein. Zwei Wagenheber, jeweils unter wechselnde Seiten eines Bettes gebracht und alle ein bis zwei Stunden verstellt, können alle teuren Mechanismen erset- zen, wenigstens bei der Haus- pflege (im Heim ist das Umset- zen der Heber möglicherweise zu zeitaufwendig). Man muß nur zur Schonung der Fußböden ei- ne Filzplatte, eine Schaumgum- miplatte oder notfalls ein Bündel Papier unter den Heber legen.

Wenn möglich, müßte man hö- herreichende Wagenheber kon- struieren, weil Pflegepersonen hohe Betten bevorzugen (die ich für krankenfeindlich halte: Der Kranke kann viel schwerer ohne Hilfe aufstehen). Ein ausschließ- lich psychologischer Grund für die vielen „Man-Tut's-Personen"

sei erwähnt: Die Wagenheber müßten unter einem wohlklin- genden medizinischen Namen als medizinische Pflegehilfen eingeführt werden, um eine Wertsteigerung und dadurch wil- ligeren Gebrauch zu bewirken.

Dr. med. Edith Engelke Ärztin für Innere Krankheiten Königsweg 20, 2300 Kiel

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 39 vom 26. September 1984 (65) 2809

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