und damit verbundener Verschlech- terung des abdominiellen Befundes steigen sowohl die Operationsletali- tät als auch die Komplikationsrate.
Wie diffizil und gefährlich solche Operationen sind, ist leider nur dem Chirurgen bewußt.
Infolge der massiven Litholyse-
„Offensive” kann der Eindruck ent- stehen, daß die Cholezystektomie bereits an Bedeutung verloren hat.
Tatsächlich ist die Operation auch weiterhin die einzige zweckmäßige Behandlung (von Kontraindikatio- nen aufgrund anderer schwerwiegen- der Erkrankungen abgesehen), die den Patienten von seinen Beschwer- den schnell und endgültig befreit so- wie die Lebensqualität und volle Ar- beitsfähigkeit wiederherstellt.
Unterschiedliche wissenschaft- liche Untersuchungen ergeben, daß die Häufigkeit des Gallenblasenkar- zinoms bei 0,5 Prozent bis 5 Prozent liegt. Im eigenen Krankengut lag sie bei 0,9 Prozent. Ein Zusammenhang der Cholezystolithiasis und der Ent- stehung eines Gallenblasenkarzi- noms ist anerkannt. Aus diesem Grund ist die frühzeitige Chole- zystektomie bei Cholezystolithiasis sinnvoll.
Prof. Dr. med. A. Appel
Rotes-Kreuz-Krankenhaus am Zoo Königswarterstraße 14
6000 Frankfurt/Main
Die orale Auflösung von Gallen- blasensteinen, die bei 40 000 bis 50 000 Patienten durchgeführt wor- den ist und sich damit nicht mehr im Experimentierstadium befindet, stellt selbstverständlich nicht in je- dem Fall eine Alternative zur Opera- tio dar. Bestehen nämlich Kontrain- dikationen gegen die Litholyse (Ta- belle 2 meines Artikels), so ist die Operation natürlich die einzige sinn- volle Maßnahme. Bestehen keine Kontraindikationen, so ist sie aber tatsächlich eine Alternative.
Daß sich bei 40 bis 50 Prozent der
erfolg- reich Behandelten Rezidive bilden, ändert an dieser Ansicht nichts, da 80 Prozent der Rezidive beschwer-defrei sind. Beschwerdefreie Stein- träger werden heute aber weder ope- rativ noch konservativ behandelt.
Außerdem gibt es auch nach der Cholezystektomie bei etwa 8 bis 15 Prozent Rezidive in den Gallengän- gen, und zwar bei unterdessen höhe- rem Alter des Patienten.
Daß die orale Litholyse zu einer Verzögerung des Operationszeit- punktes führt, die damit das Risiko für den Patienten steigern könnte, wird durch eine amerikanische Un- tersuchung widerlegt. Bei diesen Pa- tienten führte die Verzögerung der Operation weder zu größeren techni- schen Problemen noch zu einer hö- heren Komplikationsrate oder einem längeren Krankenhausaufenthalt.
Auch statistisch gesehen steigt das Operationsrisiko eines zunächst che- misch behandelten Patienten nach ein bis eineinalb Jahren vergeblicher Litholyse nicht an, da es bei den we- nig symptomatischen Patienten gleichgültig ist, ob sie zum Beispiel mit 42 oder mit 43,5 Jahren operiert werden. Da diese Zahlen dem Pa- tienten bekannt sind und sie außer- dem den Wunsch haben, die Voll- narkose und die Operation zu ver- meiden, war die Compliance bei den etwa 600 in unserer Klinik behandel- ten Patienten hervorragend, nur 10 Prozent brachen die Therapie ab.
Kurz bemerkt sei nur, daß die orale Litholyse nicht 27, sondern nur 18 Monate in Anspruch nimmt und daß sie keinerlei therapiespezifische Nebenwirkungen aufweist. Die Zahl der Patienten, die während der Li- tholyse operiert werden muß, liegt bei 5 Prozent, was der Zahl eines über den gleichen Zeitraum beob- achteten unbehandelten Kollektivs entspricht.
Führt man Kosten-Nutzen-Ana- lysen durch, kann man natürlich nur vergleichbare Patienten vergleichen, also Patienten, wie sie die Chirurgen tatsächlich seltener sehen. Aber schließlich ist es unsinnig, die Kosten der oralen Litholyse bei einem Pa- tienten mit Schrumpfgallenblase zu berechnen, wenn die Litholyse in diesem Fall kontraindiziert ist. Be- rechnet
man die Kosten also für
ver- gleichbare Patienten (auch wenn das Krankheitsbild vom Chirurgen viel- leicht selten gesehen wird), so fallennatürlich auch die Kosten für die Operation niedriger aus. Würde man die Operationskosten zum Beispiel für einen Patienten mit Schrumpf- gallenblase berechnen, wären sie we- sentlich höher und würden den Be- trag von 34 000 DM (Tabelle 4) weit überschreiten. Kosten bereiten näm- lich die Komplikationen, ihre Vor- diagnostik und Nachbehandlung.
Nur schwerwiegende Komplikatio- nen sind aber in unsere Berechnung eingegangen, nicht etwa eine soge- nannte „Pflasterallergie" oder eine verzögerte Wundheilung. Für die chemische Therapie kostendämp- fend sind besonders die äußerst ge- ringe Komplikationsrate und die Tatsache, daß die Behandlung am- bulant verläuft. Und gerade hier ha- ben wir für die Operation sehr gün- stig gerechnet: Wir haben nämlich einen durchschnittlichen Kranken- hausaufenthalt von nur 10 Tagen eingesetzt, nach Angaben des Stati- stischen Bundesamtes in Wiesbaden liegt er in der Bundesrepublik aber tatsächlich bei 18 Tagen.
Sicherlich ist, wie Herr Dr. Han- sen meint, die Cholezystektomie das sicherste Verfahren zur Entfernung von Gallenblase und Steinen, bisher aber auch das einzige, das in Voll- narkose durchgeführt werden muß und mit einer Letalität von 0,5 Pro- zent (mit dem Alter auf 1 bis 2 Pro- zent steigend) einhergeht. Dies weiß der Patient, weswegen er an alterna- tiven Verfahren interessiert ist.
Ich schließe mich der Meinung von Herrn Kollegen Appel an, daß man die alternativen Therapiever- fahren mit vorsichtigem Optimismus betrachten muß, so positiv die Er- gebnisse zur Zeit auch aussehen. Na- türlich haben wir Internisten nicht die 100jährige Erfahrung der Chirur- gen, doch ermöglichen es uns heute moderne statistische Verfahren und der im Gegensatz zu früheren Zeiten hervorragende internationale Erfah- rungsaustausch, daß wir nicht wieder 100 Jahre benötigen, um sichere Aussagen machen zu können.
Prof. Dr. med. Ulrich Leuschner
Medizinische Klinik der
Universität Abteilung Gastroenterologie Theodor-Stern-Kai 76000 Frankfurt am Main 70
II
SchlußwortDt. Ärztebl. 87, Heft 33, 16. August 1990 (57) A-2485