DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUS DER PRAXIS EDITORIAL
Verhütung von Dekubitus
Rattendickdarm unter Dimethyl- hydrazin und anderen Karzino- genen durch fettreiche Ernäh- rung signifikant steigern (7).
(I
ie entgegengesetzte Wir- kung hat offenbar der Fa- sergehalt der Nahrung: Je mehr Ballaststoffe die Nah- rung enthält, um so niedriger ist die Kolonkarzinomrate.Verschiedene polymere Struk- turen, wie Zellulose, Hemizel- lulose, Pektine, Lignin und an- dere pflanzliche Polysacchari- de sind untersucht worden.
Der Fasergehalt des Stuhls bestimmt die Transitzeit: Je mehr Ballaststoffe der Stuhl enthält, desto kürzer ist die Verweildauer im Darm. Nah- rungsmittelzusätze oder krebserzeugende Stoffe, die durch unvollständige Verbren- nung von Fleisch und Fett ent- stehen, werden durch die Bal- laststoffe verdünnt, und ihre Einwirkung auf die Darm- schleimhaut wird verkürzt.
Von Bedeutung ist offenbar auch der Einfluß auf die inte- stinale Bakterienflora. Hier gibt es Studien (z. B. 4), die sowohl verschiedene Enzyme als auch Metaboliten berück- sichtigen. Änderungen der Bakterienflora beeinflussen aber auch die Gallensäuren im Stuhl, und diese sind wieder- um primär gelenkt durch die Fettaufnahme: Fettreiche Nah- rung steigert die Ausschei- dung von primären Gallensäu- ren im Darm. Durch Bakterien werden aus den primären se- kundäre Gallensäuren, und der Gehalt vor allem an se- kundären Gallensäuren steht in statistisch sicherer Korrela- tion zur Häufigkeit kolorekta- ler Karzinome. Auch im Tier- experiment begünstigt die di- rekte Einwirkung von Galle auf den Dickdarm die Karzino- genese (8).
Viele Einzelfragen sind noch offen. Der Dickdarmkrebs steht im Mittelpunkt der z. Zt.
sehr aktuellen Diskussion über die Bedeutung der täg- lichen Nahrung für die Entste- hung von Krebs (z. B. 9). Daß Umweltfaktoren bei der stei- genden Prävalenz des Dick- darmkarzinoms entscheidend sind, ist unbestritten (10). We- niger Fett, mehr Fasern — so lautet die nur allzu vereinfach- te Losung. Welche Rolle mit der Nahrung aufgenommene oder sich im Magen-Darm-Ka- nal bildende Karzinogene oder Kokarzinogene spielen, ist freilich noch offen.
Literatur
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Professor Dr. med.
Ekkehard Grundmann Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie der Westfälischen Wilhelms-Universität
Domagkstraße 17 4400 Münster
Ein nur sehr schwer zu beherr- schendes Problem bei bettlägeri- gen unbeweglichen Patienten ist der drohende Dekubitus. Sowohl Intelligenz und Einsatzwilligkeit als auch ein gewisses Maß an theoretischem Wissen bei den Pflegenden sind erforderlich, um die zum Teil schrecklichen Be- funde zu vermeiden. Das gilt für die Pflege im Heim, zu Hause, unter Umständen aber auch in der Klinik. Da wirken u. a. Be- quemlichkeit, Zeitmangel und ei- ne Abneigung gegen das Hantie- ren mit den hilflosen Alten. Na- türlich kann man durch ganzflä- chige Wassermatratzen manches Schlimme verhindern. Aber zum Beispiel ein nach allen Richtun- gen verstellbares Bett, was die zuverlässigste Vorbeugung wäre, ist wegen der hohen Kosten kaum je zu bekommen. Da fiel mit der gute, alte Wagenheber ein. Zwei Wagenheber, jeweils unter wechselnde Seiten eines Bettes gebracht und alle ein bis zwei Stunden verstellt, können alle teuren Mechanismen erset- zen, wenigstens bei der Haus- pflege (im Heim ist das Umset- zen der Heber möglicherweise zu zeitaufwendig). Man muß nur zur Schonung der Fußböden ei- ne Filzplatte, eine Schaumgum- miplatte oder notfalls ein Bündel Papier unter den Heber legen.
Wenn möglich, müßte man hö- herreichende Wagenheber kon- struieren, weil Pflegepersonen hohe Betten bevorzugen (die ich für krankenfeindlich halte: Der Kranke kann viel schwerer ohne Hilfe aufstehen). Ein ausschließ- lich psychologischer Grund für die vielen „Man-Tut's-Personen"
sei erwähnt: Die Wagenheber müßten unter einem wohlklin- genden medizinischen Namen als medizinische Pflegehilfen eingeführt werden, um eine Wertsteigerung und dadurch wil- ligeren Gebrauch zu bewirken.
Dr. med. Edith Engelke Ärztin für Innere Krankheiten Königsweg 20, 2300 Kiel
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 39 vom 26. September 1984 (65) 2809