Endbericht zur
Untersuchung zur Versorgung älterer Menschen nach Klinikaufenthalt
in Wiesbaden
Beiträge zur Sozialplanung Nr. 27. November 2006
KÄ KPf KSD KTh
HÄ PfD BS nTh
ambulant
stationär
Bestelladresse:
Amt für Soziale Arbeit
Abteilung Grundsatz und Planung Tel. 0611-313597
Fax 0611-313951
E-mail: sozialplanung@wiesbaden.de
Schutzgebühr: 10,00 €
Endbericht Schnittstellenanalyse GeReNet.Wi - 3 –
Endbericht zur
Untersuchung zur Versorgung älterer Menschen nach Klinikaufenthalt
in Wiesbaden
Dipl.-Gerontol. Petra Schönemann-Gieck
Das Projekt „Nachsorge- Überleitungs- und Zugangsmanagement an der
Schnittstelle von Akutversorgung und geriatrischer Rehabilitation“ wurde im
Rahmen des Wiesbadener Netzwerks für geriatrische Rehabilitation – GeRe-
Net.Wi – durchgeführt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frau-
en und Jugend, dem Europäischen Sozialfonds und der Landeshauptstadt
Wiesbaden gefördert.
Gliederung des Gesamtberichts
Teil A
1. Hintergrund Seite 1
1.1 Das Wiesbadener Projekt „Nachsorge, Überleitungs- und Zugangsmanagement an der Schnittstelle von Akutversorgung und geriatrischer Rehabilitation“ 2 1.2 Ist-Analyse zur Versorgung geriatrischer Patienten nach einem
Krankenhausaufenthalt 3
2. Schnittstellenuntersuchung 8
2.1 Vorgehensweise und Untersuchungsmethoden 8
2.2 Untersuchungsbereiche 9
2.3 Stichproben 13
3. Ergebnisse 21
3.1 Entlassungsmanagement 21
3.1.1 Klinikinterne Kooperationspartner in der Entlassungsplanung 21 3.1.2 Klinikinterne Kooperation mit dem Sozialdienst 22
3.1.3 Der Entlassungszeitpunkt 25
3.2 Kooperation an der Schnittstelle zwischen Klinik und Nachsorge 27 3.2.1 Kooperationspartner der Klinikmitarbeiter mit der Nachsorge 27
3.2.2 Einschalten der nachsorgenden Akteure 29
3.2.3 Kontaktaufnahme durch die Nachsorge vor Entlassung 30
3.3 Folgen der Diagnosis Related Groups (DRGs) 33
3.3.1 Sicht der Krankenhausmitarbeiter 33
3.3.2 Sicht der ambulanten Professionen 34
3.3.3 Veränderungen seit Einführung der Fallpauschalen 35
3.4 Überprüfung von Rehabilitationsbedarfen 37
3.4.1 Abklärung von Rehabilitationsbedarfen im Entlassungsprozess 37 3.4.2 Abklärung von Rehabilitationsbedarfen in der Nachsorge 38
3.5 Beurteilung der Situation durch die Akteure 40
3.5.1 Kooperationsqualitäten 40
3.5.2 Bewertung der Entlassungs- und Nachsorgequalität in Wiesbaden 43
3.6 Die Rolle der stationären Pflegeeinrichtungen 45
3.6.1 Kooperation mit dem Krankenhaus bei Neuaufnahmen 45
3.6.2 Überprüfung von Rehabilitationsbedarfen 47
3.6.3 Folgen der Fallpauschalen im Pflegeheim 47
3.6.4 Medizinische und therapeutische Versorgung 48
3.6.5 Kooperationsqualität mit den Akteuren im Krankenhaus und in der
Nachsorge 49
4. Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick 51
Teil B
5. Fragebögen
- Klinikärzte
- Pflegekräfte (Klinik)
- Krankenhaussozialdienst
- Kliniktherapeuten
- Hausärzte
- ambulante Pflege
- Hauswirtschaftsdienste
- Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter - niedergelassene Therapeuten
- Heimleiter
6. Zusammenstellung der unkategorisierten Antworten
- Klinikärzte
- Pflegekräfte (Klinik)
- Krankenhaussozialdienst
- Kliniktherapeuten
- Hausärzte
- ambulante Pflege
- Hauswirtschaftsdienste
- Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter - niedergelassene Therapeuten
- Heimleiter
7. Matrix zur Kooperationsqualität
Teil C
8. Anhang
8.1 Abkürzungsverzeichnis
8.2 Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
8.3 Literaturverzeichnis
Danksagung
Der vorliegende Bericht basiert auf der Untersuchung zur Versorgung älterer Menschen nach einem Klinikaufenthalt. Diese wurde 2005 im Rahmen des Projektes „Nachsorge, Überleitungs- und Zugangsmanagement an der Schnittstelle von Akutversorgung und geriatrischer Rehabilitation“ im Wiesba- dener Netzwerk für geriatrische Rehabilitation durchgeführt.
Die Tatsache, dass im GeReNet.Wi die relevanten Akteure der stationären und niedergelassenen Versorgungsbereiche für ältere Menschen vertreten sind, ermöglichte es, diese umfangreiche und multidisziplinär angelegte Erhebung durchzuführen.
Allerdings bedurfte es auch der engagierten Unterstützung vieler Menschen, denen ich ausdrücklich meinen Dank aussprechen möchte.
Jutta Killgen von den Dr. Horst-Schmidt-Klinken, Dr. Wolfgang Knauf von der Asklepios Paulinen-Klinik, Dr. Klaus Weil vom Otto-Fricke-Krankenhaus und Thomas Reckmeyer vom St.-Josephs-Hospital danke ich für die Unterstützung bei der Befragung in den Kliniken. Ihnen und den weiteren Mitgliedern des Projektbeirates sei Dank für die vielen kritischen und konstruktiven Rückmel- dungen. Den umfangreichen Versand der Fragebögen haben die Kollegin- nen aus dem Projektbüro übernommen – herzlichen Dank dafür!
Schließlich gilt mein Dank besonders dem gesamten GeReNet.Wi-Team, Karin Knaup von der Abteilung Grundsatz im Amt für Soziale Arbeit sowie meinen Kolleginnen in Heidelberg für den praktischen, inhaltlichen und mentalen Sup- port.
Und natürlich ein ganz besonderes Dankeschön allen Wiesbadener Untersu- chungsteilnehmern, die durch ihre engagierte Mitarbeit die herausragende Bedeutung des Themas Nachsorge bestätigt haben.
Das Wiesbadener Netzwerk für geriatrische Rehabilitation bietet ideale Vor- aussetzungen, neue Lösungswege und Maßnahmen für die Versorgung älte- rer Menschen zu erproben und gegebenenfalls zu verstetigen.
Heidelberg im November 2006
Petra Schönemann-Gieck
Teil A
1. Hintergrund
Seit Mai 2004 führt die Abteilung Altenarbeit im Amt für Soziale Arbeit der Lan- deshauptstadt Wiesbaden das Projekt „Nachsorge, Überleitungs- und Zu- gangsmanagement an der Schnittstelle von Akutversorgung und geriatrischer Rehabilitation“ durch. Ziel des Projekts ist die Optimierung der Versorgung äl- terer Menschen nach einem Krankenhausaufenthalt. Um als Grundlage für die weitere Maßnahmenplanung ein umfassendes Bild von der aktuellen Ver- sorgungslage in Wiesbaden zu erhalten, beauftragte die Stadt Wiesbaden das Heidelberger Institut für Gerontologie mit der Durchführung einer Schnitt- stellenanalyse.
Der vorliegende Bericht umfasst die Ergebnisse der Befragung. Um die Orien- tierung für den Leser zu erleichtern, wird der Aufbau der Ergebnisdarstellung im Folgenden kurz erläutert.
In Teil A wird zunächst die lokale Ausgangssituation und der Hinter- grund der Ist-Analyse darlegt.
Kapitel 2 können Informationen über die Schnittstellenuntersuchung entnommen werden. Untersuchungsablauf, Methoden und die er- hobenen Parameter sind hier detailliert ausgeführt.
Im dritten Kapitel sind die Ergebnisse der Fragebogenerhebung ge- trennt nach den Untersuchungsbereichen beschrieben, wobei je- weils am Ende eines Bereichs ein kurzes Resümee den Überblick er- leichtern soll.
In Kapitel 4 werden die auf Grundlage der Ergebnisse entwickelten Handlungsempfehlungen dargestellt.
Teil B des Berichts enthält sämtliche Fragebögen der einzelnen Diszip- linen sowie eine Zusammenstellung aller Antworten der unkategori- sierten und in dieser Darstellung weitestgehend nicht berücksichtig- ten) Antworten.
Teil C setzt sich aus Verzeichnissen und Anhängen zusammen.
1.1 Das Wiesbadener Projekt „Nachsorge, Überleitungs- und Zugangs- management an der Schnittstelle von Akutversorgung und geriatrischer Rehabilitation“
Hauptanliegen des Projekts ist die Optimierung des Entlassungsprozesses älte- rer, multimorbider Patienten
1aus dem Akutkrankenhaus. Durch die Einführung der Fallpauschalen im Abrechnungswesen der Kliniken hat sich die stationäre Verweildauer immer mehr verkürzt. Aus diesem Grund müssen die Entlassung und Nachsorge der Patienten unter erhöhtem Zeitdruck vorbereitet und ab- gestimmt werden. Dies erfordert eine gute Kooperation zwischen Kranken- haus und nachsorgendem System.
In Wiesbaden, der hessischen Landeshauptstadt, leben rund 270 Tausend Ein- wohner, wovon 24,6% 60 Jahre und älter sind.
2Wiesbaden weist eine Vielzahl von medizinischen, therapeutischen, pflegerischen und sozialen Diensten und Einrichtungen auf. Zu nennen sind u. a. die mobilen Pflegedienste, die kom- munalen Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter, die niedergelasse- nen Ärzte und Therapeuten. Außerdem gibt es mehrere Akut- und Rehabilita- tionskliniken, sowie zwei geriatrische Fachkliniken mit vollstationärer und teil- stationärer Versorgung.
In den Jahren 2000 bis 2003 führte die Stadt Wiesbaden im Rahmen des Bun- desmodellprogramms „Altenhilfestrukturen der Zukunft“ des Bundesministeri- ums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das Projekt „Wiesbadener Netzwerk für geriatrische Rehabilitation“ durch. Die Zielsetzung bestand darin, zu Hause wohnenden alten Menschen Zugänge zu geriatrischer Behandlung und Rehabilitation zu eröffnen, die Heil- und Hilfsmittelversorgung zu verbes- sern und durch die Gewinnung, sowie Schulung von Ehrenamtlichen und An- gehörigen die Lebensqualität zu steigern. Während der Projektlaufzeit wurde ein gut zusammenarbeitendes, multiprofessionelles Versorgungsnetzwerk für geriatrische Patienten entwickelt.
3Das Projekt „Nachsorge, Überleitungs- und Zugangsmanagement an der Schnittstelle von Akutversorgung und geriatrischer Rehabilitation“ baut auf den vorhandenen Strukturen und Netzwerkerfahrungen auf.
1 Um ein flüssigeres Lesen zu gewährleisten, ist im Folgenden jeweils die Geschlechtsform an- gegeben, die in der betreffenden Personengruppe überwiegend vertreten ist.
2 vgl. Knaup, K. (2004)
3 siehe hierzu auch Haas, B., Weber, J. & Schönemann-Gieck, P. (2005)
Die Projektmaßnahmen für die Laufzeit von Mai 2004 bis April 2007 sind insge- samt drei Themenschwerpunkten zugeordnet:
(A) Weiterbildung / Qualifizierung
(B) Vernetzung / Kooperationsförderung (C) niederschwellige Nachsorgeangebote
Träger des Projekts ist die Landeshauptstadt Wiesbaden. Das Projektbüro ge- hört zur Abteilung Altenarbeit des Amtes für Soziale Arbeit. Finanziert wird das Projekt aus Fördermitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Europäischen Sozialfonds und von der Landeshauptstadt Wiesbaden. Mit der wissenschaftlichen Begleitung wurde das Institut für Ge- rontologie der Universität Heidelberg betraut.
1.2 Ist-Analyse zur Versorgung geriatrischer Patienten nach einem Kranken- hausaufenthalt
Um auf der Grundlage gegenwärtiger Verhältnisse planen zu können, sollte ein Überblick über die aktuelle Entlassungspraxis sowie die Nachsorgesituation in Wiesbaden geschaffen werden. Aus diesem Grund wurde die wissenschaft- liche Begleitung Ende 2004 beauftragt, eine Ist-Analyse zur Versorgung älterer, multimorbider Patienten nach einem Klinikaufenthalt durchzuführen.
Folgende Fragestellungen liegen der Untersuchung an der Schnittstelle von Krankenhaus und ambulanter Versorgung zu Grunde:
X Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der Krankenhäuser mit dem ambu- lanten Versorgungsbereich?
X Wo zeigen sich Kooperationsbarrieren, welche Probleme werden aus Sicht der unterschiedlichen Disziplinen wahrgenommen?
X Welche Optimierungsvorschläge für die Zusammenarbeit gibt es aus Sicht der Akteure?
X Welche Maßnahmen könnten bestehende Versorgungslücken schließen?
Die genannten Fragestellungen machten den Einsatz qualitativer und quanti- tativer Erhebungsmethoden erforderlich. Die gesamte Ist-Analyse umfasst da- her die im Folgenden dargestellten drei Untersuchungsschritte (siehe Abb. 1).
Definition der projektbezo- genen Tätigkeitsfelder und Problemfelder
Fokusgruppengespräche
Regelmäßige Berichte und Diskussionen im Projektbeirat
Schnittstellenanalyse
Standardisierte Erhebung der Versorgungssituation aus Sicht der Disziplinen Fragebogenkonzeption
Auswertung, Einzelberichte
Darstellung und Diskussion der Ergebnisse in Gremien der Berufsgruppen
Feedbackgespräche
Integrierter Gesamtbericht
Abb. 1: Untersuchungsablauf
a. Fokusgruppengespräche
Zu Projektbeginn erläuterten ausgewählte Vertreter der Kostenträger, ver- schiedene Berufsgruppen und Institutionen in Fokusgruppengesprächen ihre eigene Position im Nachsorgeprozess. Zwischen Dezember 2004 und Februar 2005 wurden diese Gespräche mit Vertretern der Kliniken (Geriater, Kranken- haussozialdienste), des niedergelassen Bereichs (Hausärzte, mobile Pflege- dienste, Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter und niedergelasse- ne Therapeuten) und Vertretern der Krankenkassen und des MDK geführt.
In den Fokusgruppengesprächen wurden jeweils die eigenen Interessen ver-
deutlicht und Probleme und Fehlentwicklungen, die aus ihrer Sicht die Versor-
gung älterer, multimorbider Patienten nach einem Klinikaufenthalt beein-
trächtigen, geschildert. Die Ausführungen und Diskussionen eröffneten dem
Projektteam und der wissenschaftlichen Begleitung einen umfassenden Über-
blick über den Untersuchungsgegenstand und ermöglichten die Entwicklung
eines Fragebogens, der die angesprochenen Themen umfasste.
b. Schnittstellenanalyse
Um die spezifische Situation jeder der zehn ausgewählten Berufsgruppen zu berücksichtigen, wurde der Fragebogen für jede Disziplin leicht modifiziert, so dass schlussendlich zehn Fragebogenversionen vorlagen (siehe Teil B 5.).
Im April und Mai 2005 erfolgte dann die schriftlich-postalische Erhebung an der Sektorengrenze von Akutversorgung und Nachsorge – die so genannte Schnittstellenuntersuchung.
4Ziel der Erhebung war es, das bestehende Ver- sorgungssystem für geriatrische Patienten zu beschreiben, bestehende Prob- leme und ggf. Versorgungslücken aufzuzeigen und Vorschläge im Hinblick auf eine Verbesserung der Versorgung zu erarbeiten. Als Zielgruppe wurden jene Personen definiert, die über 60 Jahre alt sind und an mehreren unterschiedli- chen Erkrankungen leiden (Multimorbidität), welche wiederum zu Einschrän- kungen in den Alltagsfunktionen der Betreffenden führen. Die so definierten Personen werden im weiteren Verlauf als „geriatrische Patienten“ bezeichnet.
Im Fokus der Schnittstellenuntersuchung und des vorliegenden Berichts stehen sechs Themenbereiche, deren Bedeutung für die Nachsorge älterer, pflegebedürftiger Menschen im Folgenden kurz erläutert wird.
Entlassungsmanagement
Die Gestaltung des Entlassungsprozesses – insbesondere die Existenz eines vorgeschriebenen Entlassungsmanagements mit festgelegten Zuständigkeits- bereichen - ist von großer Bedeutung für eine lückenlose Übergabe des Pati- enten aus dem Krankenhaus an den Nachsorgebereich.
Bei der Entlassung geriatrischer Patienten sind die Koordinations- und Bera- tungsaufgaben von zentraler Wichtigkeit und damit auch die Einbindung ei- nes Sozialdienstes (oder ähnlicher Strukturen) in das Entlassungsmanagement.
Bedeutsam für eine optimale Nachsorge sind weiterhin eine frühzeitige Festle- gung des Entlassungszeitpunktes sowie die schnelle Weitergabe dieser und anderer Informationen an das nachsorgende System.
4 Eine ausführliche Darstellung der Untersuchungsmethodik findet sich in Teil A Kap.2 - Unter- suchungsmethode.
Kooperation an der Sektorenschnittstelle
Die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Nachsorge setzt die Existenz und Wahrnehmung von Kooperationspartnerschaften voraus. Die Zusam- menarbeit kann sowohl innerhalb einer Disziplin erfolgen (z.B. Krankenhausarzt und Hausarzt) als auch Berufsgruppen übergreifend (z.B. Krankenhaussozial- dienst – mobiler Pflegedienst). Hier ist von großem Interesse, ob zwischen be- stimmten Berufsgruppen regelmäßige Kontakte bestehen und falls dies zutrifft, der Frage nachzugehen, wie diese gestaltet sind (zugehend vs. nachfragend, Kontaktzeitpunkt, Standardisierung etc.).
Folgen der Diagnosis Related Groups (DRGs)
Die Einführung der fallpauschalierten Abrechnung führt bereits jetzt zu einer Verkürzung der durchschnittlichen Verweildauer der Patienten im Kranken- haus. Es ist zu befürchten, dass insbesondere geriatrische Patienten mit einem komplexen und multimodalen Nachsorgebedarf nicht immer adäquat ver- sorgt werden können. Die von den einzelnen Akteuren beobachteten Verän- derungen können Hinweise auf Handlungsbedarfe aufzeigen.
Abklärung von Rehabilitationsbedarfen
Die möglichst frühzeitige Erkennung von Selbstständigkeitspotenzialen, die in Form einer (geriatrischen) Rehabilitation, Physio-, Logo- und Ergotherapie oder der Verordnung von Hilfsmitteln gesichert und genutzt werden können, ist eine bedeutende Aufgabe im Rahmen der Entlassung und Nachsorge. Von Inte- resse sind hierbei, wo (im Krankenhaus oder im niedergelassenen Bereich) wer (welche Disziplin) sich wie (Verfahren, Instrumente) für das Thema zuständig fühlt bzw. tätig wird.
Beurteilung der Situation durch die Akteure
Die Bewertung der interdisziplinären und sektorenübergreifenden Zusammen-
arbeit ist ein Schwerpunkt in der Untersuchung. Die Frage, wie die Kooperati-
onsqualität aus Sicht der einzelnen Akteure wahrgenommen wird, gibt Hinwei-
se auf die Frage, zwischen welchen Beteiligten Kooperationen üblich sind und
wo keine Kontakte bestehen. Zudem können Aussagen zur Bewertung dieser
Kooperationen dargestellt und schließlich die Bedeutung, die sich die Berufs-
gruppen gegenseitig beimessen, beschrieben werden. Im Mittelpunkt des In-
teresses stehen hierbei sowohl die interdisziplinäre Zusammenarbeit als auch
die Kooperation an der Schnittstelle zwischen Krankenhaus und Nachsorge.
Die globale Einschätzung der Entlassungs- und Nachsorgequalität in Wiesba- den soll mögliche systematische Unterschiede zwischen den Professionen und den Sektoren aufdecken.
Stationäre Pflege in der Nachsorge
Die Alten- und Pflegeheime können weder dem stationären Bereich noch dem nachsorgenden Bereich eindeutig zugeordnet werden (vgl. Abb. 2).
Während die Nachsorgeprobleme nach Krankenhausaufenthalten Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen ebenso betreffen wie ambulant zu Hau- se versorgte Menschen, so ist doch die Organisationsform Pflegeheim ein sta- tionäres Setting, in dem sozialarbeiterische und pflegerische Dienstleistungen
„vorgehalten“ werden und jederzeit verfügbar sind. Ärztliche und therapeuti- sche Versorgung im Heim werden jedoch von niedergelassenen Praxen über- nommen.
c. Feedbackgespräche
Die Darstellung der Selbstauskünfte der Disziplinen sowie ein zweiter Teil, der sich auf die Fremdeinschätzung aller anderen Disziplinen bezieht, bilden die Grundlage der so genannten Feedbackgespräche, die seit Ende 2005 in Kli- nikkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften, Sitzungen und Qualitätszirkeln durch- geführt werden. Ziel ist es, zum einen Entwicklungsprozesse in den einzelnen Gremien anzustoßen, zum andern aber auch, die in der Ist-Analyse erhobe- nen Daten zu validieren.
Der vorliegende Bericht bezieht sich primär auf die Ergebnisse der Schnittstellenuntersuchung.
Einige Stellungnahmen aus den Feedbackgesprächen fließen in die
Zusammenfassung und Interpretation dieses Berichts mit ein.
2. Schnittstellenuntersuchung
Die Erhebung zur Versorgung älterer, multimorbider Patienten bei Entlassung aus dem Krankenhaus (Schnittstellenuntersuchung) erfolgte zwischen April und August 2005.
2.1 Vorgehensweise und Untersuchungsmethoden
In die Untersuchung wurden alle für die Nachsorge relevanten Berufsgruppen der Disziplinen Medizin, Pflege, Sozialarbeit und Therapie einbezogen - sowohl im stationären, als auch im nachstationären (ambulanten, niedergelassenen) Bereich - und zudem 20 stationäre Pflegeeinrichtungen befragt. In Abb. 2 ist das Untersuchungsdesign dargestellt.
MED PFL SOZ ThE
Abb. 2: Untersuchungsdesign der Schnittstellenanalyse
Die Distribution des Fragebogens im ambulanten Bereich und den stationären Pflegeeinrichtungen erfolgte postalisch über das Projektbüro anhand von Ver- teilerlisten, basierend auf den Adresslisten der Beratungsstellen für selbständi- ges Leben im Alter, Die Hausärzte erhielten die Fragebögen (n=28) im Rah- men zweier Qualitätszirkel (einem freien und einem hausärztlichen) der kas- senärztlichen Vereinigung.
Der Versand der Fragebögen erfolgte (bis auf die der Hausärzte) über das Projektbüro. Beigefügt war jeweils ein frankierter, adressierter Rückumschlag.
stationär Klinik-
arzt Klinik-
pflege Sozial-
dienst Therapie (Klinik)
? ?
Alten-/
Pflege- heime
niederg.
Therap.
Haus-
arzt mobile
Dienste Beratungs- stellen
post-
stationär
Die ausgefüllten Bögen gingen direkt an das Institut für Gerontologie in Hei- delberg. Die Entkopplung von Versand- und Empfangsort stellte die Anonymi- tät der Fragebögen und die Entsprechung bestehender datenschutzrechtli- cher Bestimmungen sicher.
2.2 Untersuchungsbereiche
Für jede Berufsgruppe wurde ein eigener Fragebogen entwickelt, der die spe- zifische Situation der einzelnen Disziplin im Entlassungsprozess bzw. in der Über- leitung adäquat berücksichtigt. Gleichzeitig lag ein Hauptaugenmerk auf ei- ner größtmöglichen Vergleichbarkeit der Fragebögen, um die Ergebnisse der verschiedenen Berufsgruppen einander gegenüber stellen zu können.
Es liegen somit zehn modifizierte, auf die Besonderheiten der einzelnen Diszip- linen zugeschnittene Fragebogenversionen vor, wobei die Fassungen für die mobilen Pflege- und Hauswirtschaftsdienste dieselben Fragen aufweisen. Die Fragebögen sind im Anhang (siehe Teil B) zu finden. Die Dauer zum Ausfüllen eines Bogens beträgt etwa 15-20 Minuten, er ist - je nach Version - ohne Deckblatt 5 bis 6 Seiten lang.
Die Fragebögen gliedern sich in fünf Inhaltsbereiche:
1. einrichtungsbezoge Angaben
2. klinikinterne Kommunikation und Kooperation 3. Entlassungsplanung (bzw. Überleitungsplanung) 4. Kooperation mit dem nachsorgenden Bereich 5. Bewertung der Entlassungs- und Nachsorgequalität.
Die folgende Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Position der Themen bzw.
der einzelnen Fragen in den verschiedenen Fragebogenversionen der Berufs- gruppen. Die Ziffern in Klammern entsprechen dabei den Nummern der Fra- gen in den Erhebungsbögen (siehe Anhang Teil B). Bei den mit „[A]“ gekenn- zeichneten Items gab es keine Vorgaben der Antwortkategorien. Die wörtli- chen Antworten finden sich getrennt nach den Einzeldisziplinen im Anhang (Teil C).
55 Der vorliegende Bericht beschränkt sich vorwiegend auf die Auswertung der quantitativ und kategorisiert erhobenen Daten. Eine Analyse der wörtlichen Antworten konnte für diesen Be- richt nicht geleistet werden, jedoch befasst sich eine z. Zt. entstehende Dissertationsarbeit mit der qualitativen Auswertung und Einordnung der unkategorisierten Antworten.
1. Einrichtungsbezogene Angaben KÄ KPf KSD KTh HÄ PD BS Th HL
Anzahl der Mitarbeiter 1.1 1.1 1.1 1.1 1.1 1.1 - 1.1 -
Qualifizierung der Mitarbeiter 1.2 1.2 1.2 1.2 1.2 1.2 - 1.2 -
Anzahl geriatrischer Patienten / Bewohner 1.4 1.4 1.4 1.4 1.3 1.4 1.2 1.3 1.1
Anteil an Neukontakten - - - - - 1.5 1.3 1.4 1.2
Zustandekommen der Neukontakte - - - - - - - - 1.3
2. Kooperation KÄ KPf KSD KTh HÄ PD BS Th HL
Einschaltkriterien für KSD [A] 2.1 2.1 2.1 2.1 - - - - -
Einschaltzeitpunkt - - 2.2 - - - - - -
Anzahl der Patienten im KSD - - 2.3 - - - - - -
Kontaktaufnahme durch wen - - 2.5 - - - - - -
Art des Kontakts / der Kommunikation [A] 2.2 2.2 2.4 2.2 - - - - -
Standardisierung Kommunikation [A] 2.3 2.3 2.6 2.3 - - - - -
Verbesserung der Kooperation mit KSD [A] 2.4 2.4 2.7 2.4 - - - - -
Einschaltung durch wen - - - - 2.1 2.1 2.1 2.1 2.1
Einschaltkriterien - - - - 2.2 2.2 2.2 2.2 2.2
Standardisiertes Vorgehen - - - - 2.3 2.3 2.3 2.3 2.3
Einschaltzeitpunkt - - - - 2.4 2.4 2.4 2.4 2.4
Häufigkeit des Kontakts vor Entlassung - - - - 2.5 2.5 2.5 2.5 2.5 Kriterien des Kontakts vor Entlassung [A] - - - - 2.6 2.6 2.6 2.6 2.6
Kontakt mit wem vor Entlassung - - - - 2.7 2.7 2.7 2.7 2.7
Verbesserung Entlassung / Überleitung - - - - 2.8 2.8 2.8 2.8 2.8
3. Entlassungsplanung (bzw. Überleitung) KÄ KPf KSD KTh HÄ PD BS Th HL
Hauptaufgaben [A] 3.1 3.1 3.1 3.1 3.1 3.1 3.1 3.1 3.1
Zusammenarbeit mit wem (intern) 3.2 3.2 3.2 - - - - - -
Entlassungszeitpunkt wann? 3.3 3.3 3.3 3.2 - - - - -
Entlassungszeitpunkt rechtzeitig? 3.4 3.4 3.4 3.3 - - - - -
Gründe gegen „nach Hause“ [A] 3.5 3.5 3.5 3.4 3.2 3.2 3.2 3.2 3.2
Überprüfung von Rehabedarfen [A] 3.6 3.6 3.6 3.5 3.3 3.3 3.3 3.3 3.3
Veränderungen durch DRGs [A] 3.7 3.7 3.7 3.6 3.4 3.4 3.4 3.4 3.4
Verbesserung der Entlassungsplanung [A] 3.8 3.8 3.8 3.7 3.5 3.5 3.5 3.5 3.5 4. Kommunikation in der Nachsorge KÄ KPf KSD KTh HÄ PD BS Th HL
Kontakt mit Berufsgruppen [A] 4.1 4.1 4.1 4.1 4.1 4.1 4.1 4.1 -
Standardisierung Infoweitergabe [A] 4.2 4.2 4.2 4.2 4.2 4.2 4.2 4.2 -
Weitergabe welcher Infos [A] 4.3 4.3 4.3 4.3 4.3 4.3 4.3 4.3 -
Verbesserung der Nachsorge [A] 4.4 4.4 4.4 4.4 4.4 4.4 4.4 4.4 -
4. Nachsorge im Heim HL
Medizinische Versorgung im Heim - - - - - - - - 4.1
Therapeutische Versorgung im Heim - - - - - - - - 4.2
Verbesserung der Neuaufnahmen [A] - - - - - - - - 4.3
5. Anregungen und Wünsche KÄ KPf KSD KTh HÄ PD BS Th HL Bewertung der Entlassungsqualität 5.1 5.1 5.1 5.1 5.1 5.1 5.1 5.1 5.1 Zufriedenheit mit den Kooperationen 5.2 5.2 5.2 5.2 5.2 5.2 5.2 5.2 5.2 Vorschläge Optimierungsmaßnahmen [A] 5.3 5.3 5.3 5.3 5.3 5.3 5.3 5.3 5.3
Kommunaler Beitrag [A] 5.4 5.4 5.4 5.4 5.4 5.4 5.4 5.4 5.4
Tab.1: Variablen und deren Fragebogenitems
Um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten und die Antworten in ein quantitatives Verhältnis setzen zu können, wurden zunächst einrichtungsbe- zogene Angaben der befragten Klinikabteilungen bzw. –teams sowie der Pra- xen, Beratungsstellen, Diensten und Pflegeheimen erfasst (siehe Block 1. Ein- richtungsbezogene Angaben).
X Einrichtungsbezogene Angaben
Die verschiedenen Professionen der Krankenhäuser, also Klinikärzte (KÄ), Pfle- gekräfte (KPf), Krankenhaussozialdienst (KSD) und Therapeuten (KTh) wurden zur Anzahl der Kollegen der eigenen Disziplin in der Abteilung sowie zu deren Zusatzqualifikationen befragt. Ebenso sollte die Anzahl geriatrischer Patienten in der Abteilung eingeschätzt werden.
Das Vorgehen im Nachsorgebereich entsprach dem im Krankenhaus: Haus- ärzte (HÄ), mobile Pflegedienste (PD), die acht kommunalen Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter (BS), niedergelassene Therapeuten (Th) und Heimleiter (HL) wurden befragt, wobei außerdem explizit der Anteil neu ge- schlossener Kontakte, der im Rahmen einer Nachsorge nach Klinikaufenthalt entstanden war, interessierte.
X Kommunikation und Kooperation in der Klinik
Der zweite Fragenkomplex beleuchtete die klinikinterne Organisation, also die Schritte, die innerhalb des Krankenhauses zur Vorbereitung einer Entlassung routinemäßig durchgeführt werden. Ein besonderes Augenmerk lag hierbei auf dem Krankenhaussozialdienst, der bei unserer Zielgruppe die Organisation der poststationären Versorgung regelt. Hier wurde erhoben, ob der Sozial- dienst immer oder nur beim Vorliegen bestimmter Merkmale eines Patienten eingeschaltet wird und in welcher Art und Weise eine Kontaktaufnahme er- folgt. Der Krankenhaussozialdienst selbst sollte dann darstellen, wann er (zu welchem Zeitpunkt innerhalb eines Klinikaufenthaltes) und durch wen (welche Berufsgruppe der Klinik) in einen Entlassungsprozess einbezogen wird.
Bei den niedergelassenen Berufsgruppen interessierte, durch wen in der Regel
der Kontakt aus dem Krankenhaus initiiert wird und welche Kriterien zur Ein-
schaltung der eigenen Disziplin führen. Ganz zentral war die Frage nach dem
Zeitpunkt, an dem die nachsorgenden Akteure in einen Entlassungsprozess
eingeschaltet werden und ob dies in der Regel rechtzeitig geschieht. Ver-
gleichbar hiermit sind die Fragen 3.2-3.4 bei den Klinikmitarbeitern. Diese be-
trafen den Entlassungszeitpunkt eines Patienten, die Zuständigkeiten bei der
Festlegung eines Termins und dessen rechtzeitige Weitergabe innerhalb der
Klinik.
Eine Möglichkeit, einen schnellen Informationstransfer in den niedergelasse- nen Bereich zu gewährleisten, ist, dass die nachsorgenden Berufsgruppen mit
„ihren“ Patienten bzw. Klienten bereits vor der Entlassung in Kontakt treten.
Aus diesem Grund interessierte, in wieweit dieses Verfahren üblich ist und wel- che Personen im Krankenhaus dann die Hauptansprechpartner sind. Am En- de dieses zweiten Blocks konnten alle Befragten eigene Optimierungsvor- schläge hinsichtlich der Entlassungsorganisation notieren.
X Entlassungsplanung (bzw. Überleitungsplanung)
In Abschnitt drei zur Entlassungsplanung wurde zunächst jede Berufsgruppe um eine Darstellung ihrer eigenen Aufgaben bei der Entlassung bzw. Nach- sorge geriatrischer Klienten / Patienten gebeten. Insbesondere typische Gründe gegen den Verbleib „zu Hause“ – d.h. eine Entlassung in die eigene Privatwohnung interessierten in diesem Zusammenhang.
Weiter stellte man die Frage, in wieweit im Rahmen der Nachsorge vorhan- dene Rehabilitationsbedarfe bzw. Bedarfe an Heil- und Hilfsmitteln überprüft werden. Außerdem wurde um eine Einschätzung gebeten, ob sich durch die Einführung der DRGs Veränderungen in der Versorgung geriatrischer Patien- ten ergeben haben. Auch hier bildete die Frage nach Optimierungsvorschlä- gen bezüglich der Entlassungsplanung den Abschluss.
X Kooperation mit dem nachsorgenden Bereich
Im Kapitel Kooperation behandelten die wichtigsten Fragen den Kontakt der Klinikberufe mit den niedergelassenen Akteuren sowie den Austausch der Nachsorgeberufe untereinander, die Art der Informationsweitergabe und Verbesserungsmöglichkeiten in der gegenseitigen Kommunikation.
Diese Fragen betrafen die Heimleiter nicht, da Pflege, Hauswirtschaft und So- zialarbeit hausintern stattfinden und somit ein Kontakt mit den mobilen Diens- ten und Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter eher selten zustande kommt. Vielmehr interessierte die medizinische und therapeutische Versor- gung der neu aufgenommenen Bewohner.
X Bewertung der Entlassungs- und Nachsorgequalität
Im letzten (allen Berufsgruppen in gleicher Form gestellten) Fragenblock wur-
de zunächst eine globale Einschätzung der Entlassungs- und Nachsorgesitua-
tion für geriatrische Patienten in Wiesbaden erbeten.
Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Erhebung der Zufriedenheit der be- fragten Berufsgruppe mit der Zusammenarbeit bei der Entlassung bzw. in der Nachsorge geriatrischer Patienten. Diese Einschätzung der Kooperationszu- friedenheit betraf alle potenziellen Beziehungen klinikintern, innerhalb der Nachsorge und über die Schnittstelle zwischen Krankenhaus und niedergelas- senem Bereich hinweg.
Die Berufsgruppen hatten die Möglichkeit, Maßnahmen zu formulieren, die ihres Erachtens dazu beitragen könnten, die Entlassung und Nachsorge geri- atrischer Patienten zu optimieren. Abschließend sollte ein Urteil darüber ab- gegeben werden, welchen konkreten Beitrag hierbei die Kommune leisten könnte.
2.3 Stichproben
An der Untersuchung nahmen die beiden maximal versorgenden Akutkran- kenhäuser Wiesbadens (Dr. Horst Schmidt Klinik und St. Josefs-Hospital) teil.
Außerdem konnten das Akut- und Notfallkrankenhaus „Asklepios Paulinen Kli- nik“ und das Otto-Fricke-Krankenhaus (Fachklinik für Geriatrie und Orthopä- die) für die Befragung gewonnen werden.
In den Kliniken wurden die Fragebögen jeweils an die Abteilungen (oder an- dere organisatorische Einheiten wie „Zentren“ oder „Kliniken“) verteilt, die ei- nen vermuteten hohen Anteil geriatrischer Patienten versorgen. Nach Rück- sprachen mit den Klinikvertretern im Projektbeirat konnten neun Abteilungen für innere Medizin (Kardiologie, Rheumatologie, Gastroenterologie, Onkolo- gie, Angiologie), fünf Abteilungen für Chirurgie (allgemeine, orthopädische, Gefäß-, Unfallchirurgie), drei Abteilungen für Orthopädie, drei geriatrische Ab- teilungen und eine Abteilung für Neurologie ausgewählt werden.
6Insgesamt wurden 271 Fragebögen an die ausgewählten Abteilungen, Diens- te und Praxen verschickt („anvisierte Stichprobe“), davon mit 62% der größte Teil im niedergelassenen Bereich, 31% in den Kliniken und 7% in den Pflege- heimen. Während die „anvisierte Stichprobe“ jeweils alle angeschriebenen Abteilungen pro Berufsgruppe meint, umfasst die „realisierte Stichprobe“ alle zurückgeschickten Fragebögen bzw. die durch die Fragebögen repräsentier- ten Abteilungen.
6 Zur Güte dieser Auswahl siehe Abb. 3, S.14.
Die errechnete Rücklaufquote bezieht sich auf die Anzahl repräsentierter Ab- teilungen und nicht auf die Summe ausgefüllter Bögen.
7In Tabelle 2a ist die Substichprobe des stationären Klinikbereichs getrennt nach Disziplinen aufgeführt.
Anvisierte
Stichprobe Realisierte
Stichprobe Rücklauf- Quote
Klinikärzte / Geriater 21 15 (16 Abt.) 76%
Pflegekräfte im Krankenhaus 21 17 81%
Krankenhaussozialdienste 21 12 (18 Abt.) 90%
Kliniktherapeuten 21 13 62%
Summe 84 57 (64 Abt.) 76%
Tab. 2a: Fragebogenrücklauf Kliniken
In den 21 Abteilungen händigte man jeweils einem Vertreter der vier Diszipli- nen Medizin, Pflege, Sozialarbeit und Therapie einen Fragebogen aus, der dann stellvertretend für die Abteilung – wenn möglich im Team – ausgefüllt werden sollte. Von den 84 ausgegebenen Fragebögen wurden 57 zurück ge- schickt, wobei ein Arzt stellvertretend für zwei Abteilungen auf einem Erhe- bungsbogen antwortete und ein Vertreter eines ausgelagerten, für alle Abtei- lungen der teilnehmenden Klinik zuständigen Krankenhaussozialdienstes nur einen Fragebogen ausfüllte.
Im nachstationären (ambulanten) Bereich wurden insgesamt 167 Fragebögen ausgegeben. Ambulante Pflegedienste, Hauswirtschaftsdienste, kommunale Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter und niedergelassene Thera- peuten wurden flächendeckend angeschrieben, d.h. alle Praxen, Einrichtun- gen und Dienste des Stadtgebietes konnten in die Untersuchung einbezogen werden.
Aus praktischen Gründen wurden die Erhebungen in unterschiedlichen Grundgesamtheiten und Modi durchgeführt. So erfolgte die Befragung der niedergelassenen Ärzte (Hausärzte) im Rahmen von Fortbildungsveranstaltun- gen für Hausärzte (Qualitätszirkel).
7 In einigen Fällen vertrat eine Person bzw. ein Dienst mehrere Abteilungen eines Krankenhau- ses. Aus diesem Grund weicht die Anzahl der Fragebögen in einigen Fällen von der Summe der repräsentierten Abteilungen ab.
In Tabelle 2b sind Informationen über die Stichprobe im Nachsorgebereich aufgeführt.
Anvisierte
Stichprobe Realisierte
Stichprobe Rücklauf- Quote
Niedergelassene Ärzte 28 18 64%
Ambulante Pflegedienste 35 14 40%
Hauswirtschaftsdienste 38 9 24%
Beratungsstellen für selbständiges
Leben im Alter 8 8 100%
Niedergelassene Therapeuten 58 10 17%
Summe 167 59 35%
Tab. 2b: Fragebogenrücklauf niedergelassener Bereich
Aufgrund des besonderen Erhebungsmodus beträgt die Rücklaufquote bei den niedergelassenen Medizinern 64%. 40% der ambulanten Pflegedienste und etwa ein Viertel der befragten Hauswirtschaftsdienste schickten ihre Fra- gebögen zurück. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter beantworteten die Fragebögen im Team.
Bei den niedergelassenen Therapeuten liegt der Anteil auswertbarer Frage- bögen bei nur 17%, wobei hier erwähnt werden muss, dass für die Befragung alle Wiesbadener Therapeuten angeschrieben wurden – unabhängig davon, für welche Altersgruppe die Praxis arbeitet. Es kann davon ausgegangen wer- den, dass ein Teil der angeschriebenen Praxen ausschließlich mit Kindern oder anderen Zielgruppen arbeitet und die Arbeit mit geriatrischen Patienten nicht zu ihrem Hauptbetätigungsfeld gehört. Es ist anzunehmen, dass solche Praxen nicht geantwortet haben und sich so auch die relativ niedrige Rücklaufquote erklären und relativieren lässt.
Um Aussagen über die Stellung der stationären Pflege in der Nachsorge geri- atrischer Patienten vor Ort zu erhalten, bezog man alle 20 Leiter der stationä- ren Alten-/Pflegeeinrichtungen in Wiesbaden in die Befragung ein.
Anvisierte Stichprobe
Realisierte Stichprobe
Rücklauf- Quote
Stationäre Pflegeeinrichtungen 20 8 (9 Heime) 45%
Tab. 2c: Fragebogenrücklauf stationäre Pflegeeinrichtungen
Wie in Tabelle 2c ersichtlich, schickten acht Heimleiter, von denen einer zwei Heime vertrat, ihre Fragebögen zurück, so dass die Rücklaufquote im Bereich der stationären Pflege 45% beträgt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der Krankenhausbe- reich durch eine außergewöhnlich hohe Teilnahmebereitschaft auszeichnet – mehr als drei Viertel der befragten Abteilungen schickten den Fragebogen zurück. Hingegen zeigt sich im ambulanten Bereich ein sehr heterogenes Bild.
Die Rücklaufquote liegt hier zwischen 17% und 100%. Bei den stationären Pfle- geeinrichtungen gab knapp die Hälfte der befragten Heimleiter ein schriftli- ches Statement für seine Einrichtung ab.
Insgesamt konnten durch die Befragung Daten über 132 der 271 ausgewähl-
ten Abteilungen, Einrichtungen, Praxen und Dienste im Nachsorgebereich
Wiesbadens gewonnen werden. Die Gesamtrücklaufquote von 49% ist als sehr
zufrieden stellend zu bezeichnen. Generell liegen die Rücklaufquoten bei
schriftlichen Befragungen deutlich niedriger als bei mündlichen Umfragen,
15% gelten als „solides Ergebnis“ (vgl. Bortz, 2003, 257-258).
X Mitarbeiter und Patienten der Klinikabteilungen
Von jeder untersuchten Abteilung, Einrichtung oder Praxis wurden Daten zu Mitarbeitern und Patienten bzw. Klienten erhoben, um einen Überblick über die durch den Fragebogen repräsentierten Personen zu erhalten.
Mitarbeiter8 Gesamt
(n=18) Akutabteilungen
(n=15) Geriatrische Abteilung (n=3) Klinikärzte
Pflege in der Klinik Krankenhaussozialdienst Therapeuten in der Klinik
171 291 27 102
151 195 20 66
20 96 7 37
gesamt 592 (100%) 432 (73%) 160 (17%)
Tab. 3: Mitarbeiter im stationären Bereich nach Disziplin und Kliniktyp
In den 21 erfassten Abteilungen arbeiten nach Angaben der Befragten insge- samt 592 Personen, 73% in den Akutkliniken und 17% in den Geriatrien. Fast die Hälfte der Mitarbeiter ist in der Pflege tätig. Während in den Akuthäusern die Klinikärzte die zweitstärkste Mitarbeitergruppe bilden, sind dies in den Geriat- rien die Therapeuten.
Die Auswertungen zu den Patientendaten stützen sich auf die Angaben der Klinikärzte, fehlende Werte wurden möglichst durch Angaben des Pflegeper- sonals oder Daten aus den im Internet zugänglichen Qualitätsberichten der Kliniken ersetzt.
Aussagen über die Mitarbeiter und Patienten konnten somit über 18 der unter- suchten 21 Abteilungen getroffen werden. Die Stichprobe repräsentiert so- wohl Abteilungen aus dem Akutklinikbereich als auch Abteilungen der geriat- rischen Fachkliniken. Die Bettenzahl liegt zwischen 24 und 92 Betten, im Schnitt werden 55 Patienten versorgt.
Abb. 3 zeigt den durch die Klinikärzte geschätzten Anteil geriatrischer Patien- ten. Aufgrund der unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkte ist der Anteil älterer, multimorbider Patienten mit funktionellen Einschränkungen sehr unter- schiedlich.
8 Aufgenommen wurden Voll- und Teilzeitstellen (½ gerechnet) – nicht mitgerechnet wurden ehrenamtliche Mitarbeiter, geringfügig Beschäftigte und Aushilfen.
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Gefäß Neu
ro unfal
l Kardio
Innere Häma/On
ko Rheu
ma Nep
hro Kardio
Gastro Unfa
ll Kolo
Gefäß
Ortho WS Geri Geri
Geri
Abb.3: Anteil geriatrischer Patienten in den untersuchten Klinikabteilungen (n=18)
Alles in allem unterscheiden sich die Angaben bezüglich des Anteils älterer, multimorbider und unterstützungsbedürftiger Patienten in den untersuchten Abteilungen sehr deutlich.
Erwartungsgemäß liegt der Anteil in den Geriatrien bei 100%, doch auch in den Abteilungen für Gefäßchirurgie, Kardiologie und Gastroenterologie gehö- ren deutlich über 75% der Patienten zur Zielgruppe. Etwa die Hälfte der Abtei- lungen für Neurologie, Unfallchirurgie, Rheumatologie und Nephrologie erfül- len nach Einschätzung der befragten Abteilungsärzte die vorgegebenen Kri- terien eines „geriatrischen Patienten“ – in den übrigen Abteilungen liegt die Quote unter 25%.
Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Auswahl der Abteilungen sehr gut ge- wählt ist, da tatsächlich die meisten eine hohe Anzahl „geriatrische Patien- ten“ versorgen. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass die Bezeich- nung „geriatrischer Patient“ keines Falls suggerieren soll, der betreffende Mensch müsste eigentlich in einer geriatrischen Einrichtung versorgt werden.
Denn auch wenn typische Merkmale eines geriatrischen Patienten zusammen
auftreten (Bsp. mehrere Erkrankungen, höheres Alter, Sturzneigung und Inkon-
tinenz) so können doch Behandlungsdiagnosen im Vordergrund stehende,
die eine Versorgung außerhalb einer geriatrischen Abteilung erfordern.
X Fachkräfte und Patienten in den ambulanten Praxen und Diensten In Tabelle 4 ist die Anzahl der in den ambulanten Praxen, Einrichtungen oder Diensten tätigen Mitarbeiter sowie die Anzahl der von ihnen zum Zeitpunkt der Befragung betreuten bzw. versorgten geriatrischen Patienten (Punktpräva- lenz) aufgeführt.
Mitarbeiter insgesamt [Summe]9
Mitarbeiter pro Einrichtung / Praxis
[MW]
Geriatrische Patienten [Summe, min, max]
HA-Praxen (n=18) Pflegedienste (n=14)
Hauswirtschaftsdienste (n=9) Beratungsstellen (n=8) Therapiepraxen (n=10)
27 138
59 14 26
1,5 9,8 6,5 1,75
2,6
3943 (10-500) 769 (12-100)
480 (2-148) 1.205 / Quartal
259 (1-60) Tab. 4: Mitarbeiter und Patienten im ambulanten Bereich
In den 18 Hausarztpraxen arbeiten insgesamt 27 Hausärzte. Nach eigenen Angaben werden z. Zt. zwischen 10 und 500 geriatrische Patienten von diesen Hausärzten versorgt – insgesamt sind es 3943. Hiervon befinden sich nach An- gaben der Ärzte etwa 174 Patienten akut in einer Nachsorgesituation.
In den befragten mobilen Pflegediensten arbeiten jeweils zwischen drei und 26 Pflegemitarbeiter – im Schnitt sind es etwa 10 pro Dienst. Der Anteil geriatri- scher Patienten differiert zwischen 12 und 100 pro Dienst, wobei sich zwischen 0,5% und 25% der Patienten z. Zt. in der Nachsorge befinden.
Die Anzahl der zum Zeitpunkt der Erhebung durch die mobilen Hauswirt- schaftsdienste gepflegten geriatrischen Patienten ist sehr unterschiedlich und variiert zwischen 2 und 148 pro Dienst. Insgesamt werden 480 geriatrische Pa- tienten durch die befragten Dienste versorgt, der Anteil von Patienten in der Nachsorge liegt zwischen 0 und 15%. Bei etwa jedem fünften Fall handelt es sich dabei um einen Neukontakt – d.h. der Kontakt zum Patienten bestand vor dem Krankenhausaufenthalt noch nicht.
9 Halbe bzw. Teilzeitstellen sind in den Angaben anteilig zu jeweils vollen Stellen aufsummiert.
Die Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter haben derzeit 20 Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter davon sind 12 in Teilzeit und 8 in Vollzeit beschäf- tigt. Im vierten Quartal 2003 wurden 1.205 aktive Fälle betreut. Der überwie- gende Teil dieser Klienten ist über 60 Jahre alt (im vierten Quartal 2004 waren es 99,4%). Im selben Quartal erfolgte bei 14,4% der Klienten der Erstkontakt durch den Sozialdienst der Krankenhäuser, d.h. hier handelte es sich um Pati- enten in der Nachsorge.
Von den 58 angeschriebenen Therapiepraxen schickten 8 Physiotherapie- und zwei Ergotherapiepraxen ihren ausgefüllten Fragebogen an das Institut für Gerontologie zurück. Die Anzahl der im Moment von den Therapeuten ver- sorgten geriatrischen Patienten ist sehr unterschiedlich und schwankt zwi- schen einem und 60 pro Praxis - der Durchschnitt liegt bei 26 Patienten.
X Mitarbeiter und Bewohner in den stationären Pflegeeinrichtungen
Von den 20 befragten Heimleitern schickten neun den Fragebogen zurück – dies entspricht einer Rücklaufquote von 45%. Die Anzahl der Bewohner der befragten Alten-/Pflegeheime variiert zwischen 55 und 245 pro Einrichtung - der Durchschnitt liegt bei 154 (±76) Bewohner. Der Anteil von Neuaufnahmen aus dem Krankenhaus liegt zwischen 10% und 85% –im Schnitt kommen 61%
d.h. fast zwei Drittel der Bewohner direkt aus der Klinik in ein Pflegeheim.
3. Ergebnisse
Der folgende Ergebnisteil basiert auf der Auswertung der quantitativen Daten.
Die wörtlichen Ergebnisse der offen gestellten Fragen sind im Teil B des Be- richts dargestellt und können als ergänzende und vertiefende Informationen herangezogen werden; an entsprechender Stelle sind Querverweise einge- fügt. Eine systematische Auswertung des frei erhobenen Datenmaterials steht noch aus.
3.1 Entlassungsmanagement
Jede Klinik organisiert die Entlassung der Patienten auf eigene Weise – je nach hausinternem System. Es gibt jedoch einige Parameter, die zur Beschreibung des Entlassungsverfahrens eines Krankenhauses herangezogen werden kön- nen. Hierzu gehören die klinikinterne Kooperation der Akteure in der Entlas- sungsplanung, die Rolle des Krankenhaussozialdienstes und die Festlegung des Entlassungszeitpunktes.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Befragung zum Entlassungsmana- gement der Kliniken dargelegt. Es ist ausdrücklich zu betonen, dass die einzel- nen Kliniken unterschiedlichste Organisationsstrukturen implementiert haben, so dass eine Bewertung der einzelnen Klinik nicht geleistet werden kann.
3.1.1 Klinikinterne Kooperationspartner in der Entlassungsplanung
Klinikärzte, Pflegekräfte und Sozialdienstmitarbeiter wurden um eine Nennung ihrer wichtigsten Kooperationspartner im Krankenhaus gebeten, wenn es um die Entlassung älterer, multimorbider Personen geht. Es waren keine Antwort- kategorien vorgegeben und Mehrfachangaben möglich. In Tabelle 5 sind die Antworten dargestellt, wobei jeweils die befragte Berufsgruppe in der linken Spalte abgetragen ist.
10In den Zeilen stehen die spontan genannten Koope- rationspartner innerhalb der Klinik.
befragte Person KÄ KPf KSD TH
Klinikärzte (N=13) - 62% (8) 92% (12) 39% (5)
Klinikpflege (N=16) 63% (10) - 81% (13) 31% (5)
Krankenhaussozialdienst (N=12) 100% (12) 92% (11) - 67% (8) kooperiert mit
Tab. 5: Klinikinterne Hauptkooperationspartner nach Berufsgruppen
10 Diese Angaben wurden von den Therapeuten nicht erfasst.
Erwartungsgemäß nennen sowohl die Ärzte als auch das Pflegepersonal die Mitarbeiter des Sozialdienstes als ihre wichtigsten Ansprechpartner im Kontext der Entlassung geriatrischer Patienten. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als den Krankenhaussozialdiensten mit der Koordination des Entlassungsprozesses, der Beantragung von Rehabilitations- und Pflegeversicherungsleistungen und der Organisation von Hilfs- und Unterstützungsdiensten zu Hause zentrale Re- gelungen für die Nachsorge obliegen. Diese Zahlen werden durch die Anga- ben der Krankenhaussozialdienste bestätigt, nach denen sie selbst vorwie- gend durch Mediziner und Pflegekräfte hinzugezogen werden.
Alle Mitarbeiter der Sozialdienste nennen die Krankenhausärzte und 92% auch die Pflegekräfte als wichtigste Kooperationspartner, wenn die Entlassung eines älteren, pflegebedürftigen Patienten ansteht. 75% geben zusätzlich die The- rapeuten als Ansprechpartner an, insbesondere bei Rückfragen im Zusam- menhang mit Rehabilitationen oder der Finanzierung von Hilfsmitteln.
3.1.2 Klinikinterne Kooperation mit dem Sozialdienst
Nach Angaben der Sozialdienste kommen zwischen 10% und 100% aller geri- atrischen Patienten der Klinik in Kontakt mit dem Krankenhaussozialdienst - durchschnittlich in 66% der Fälle. In den Geriatrien hat der Sozialdienst eine feste Position. Er wird annähernd routinemäßig in die Entlassung geriatrischer Patienten eingeschaltet.
Eine der befragten Kliniken setzt ein internes Screening-Instrument zur Progno- se des poststationären Pflegebedarfs ein. Liegt der ermittelte Gesamtscore über einem festgelegten Wert, wird routinemäßig der Krankenhaussozialdienst bzw. das Entlassungsmanagement eingeschaltet.
Die Kriterien und Personenmerkmale, die dazu führen, dass der Sozialdienst kontaktiert und in den Fall eingeschaltet wird sind v. a.
bestimmte Personenmerkmale (allein stehend, älter, multimorbid)
der Patient ist verwirrt / dement oder nicht kooperativ
eine Rehabilitation ist geplant
häusliche Pflege / Versorgung ist voraussichtlich notwendig
ein Umzug in ein Pflegeheim ist erforderlich.
1111 Ausführliche Darstellung im Anhang Teil B - Klinikmitarbeiter 2.1
Für den Sozialdienst ist es wichtig, möglichst früh in einen Entlassungsprozess einbezogen zu werden, um genügend Vorlaufzeit für Kontaktaufnahmen, An- tragstellungen etc. zu haben. Auf die Frage, ob der Sozialdienst aus eigener Sicht früh genug eingeschaltet wird, geben 60% an, sie würden „rechtzeitig“
in einen Vorgang eingeschaltet – darunter auch die beiden geriatrischen Ab- teilungen. „Eher rechtzeitig“ werden nach eigenen Angaben vier Abteilun- gen (33%) kontaktiert und ein Vertreter (8%) bemerkt, in der Regel „eher nicht rechtzeitig“ eingebunden zu werden.
rechtzeitig 59%
eher rechtzeitig
33%
nicht rechtzeitig
0%
eher nicht rechtzeitig
8%
Abb. 4: Einschaltung des KSD in den Entlassungsprozess aus eigener Sicht
Die Kontaktaufnahme zum Krankenhaussozialdienst erfolgt in den meisten Fäl- len per Anforderungsschein oder über den PC (Intranet). In den beiden geri- atrischen Abteilungen werden zudem Patientendaten in ausführlicher Form (Sozialfragebogen nach Nikolaus
12) an den Sozialdienst weitergegeben.
In den Geriatrien findet ein regelmäßiger Austausch über zumeist tägliche in- terdisziplinäre Teambesprechungen statt. In den Akutkliniken ist mit den Sozi- aldiensten weniger ein ständiger Austausch als vielmehr der Kontakt in Einzel- fällen in Form von mündlichen Rücksprachen üblich.
Alle Befragten wurden gebeten, ihre Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit mit dem Krankenhaussozialdienst anzugeben. Mögliche Antworten waren „(e- her) zufrieden“ – „(eher) unzufrieden“ und „weiß nicht“ (vgl. Teil B, 5.2).
13Abb. 5 zeigt die Kooperationszufriedenheit der klinischen Berufe mit dem Kran- kenhaussozialdienst. Die Häufigkeitsangaben beziehen sich auf die Anzahl positiver und negativer Bewertungen der Zusammenarbeit. Die mittlere An-
12 Arbeitsgruppe Geriatrisches Assessment AGAST (1997).
13 Im Anhang (Teil B, 7.) findet sich die komplette Antwortmatrix der Frage 4.2. Hier sind alle gegenseitigen Bewertungen der Berufsgruppen aufgeführt.
gabe (k. A.) bezieht sich auf die Fälle, in denen keine oder keine eindeutige Aussage („weiß nicht“) gemacht wurde.
Es wird davon ausgegangen, dass eine Kooperationsbeziehung dann be- deutsam ist, wenn sie von den meisten Befragten eindeutig positiv oder nega- tiv bewertet wurde.
Klinikärzte / Geriater Pflege (Klinik) Therapeuten (KH)
62 % positiv 69 % positiv
86 % positiv
38 % k.A.
25 % k.A.
7 % k.A.
0 % negativ 6 % negativ
7 % negativ
Krankenhaussozialdienst
Abb. 5: Kooperationszufriedenheit mit dem KSD (klinikintern)
Abb. 5 deutet darauf hin, dass alle drei Disziplinen – Medizin, Pflege und The- rapie – überwiegend zufrieden mit der Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst sind - wobei die Zufriedenheit bei den Ärzten am höchsten ausgeprägt ist.
Ein Viertel der Pflegekräfte und 38% der Therapeuten geben kein eindeutiges Urteil ab, d.h. es kann vermutet werden, dass zwischen beiden Berufsgruppen eher wenige Kontakte bestehen.
Umgekehrt wurden auch die Mitarbeiter des Sozialdienstes um ein Urteil über die klinikinterne Zusammenarbeit gebeten.
Der Sozialdienst gibt auf die Frage nach der Kooperationszufriedenheit inner-
halb des Krankenhauses ausschließlich positive Bewertungen ab, wobei die
Zusammenarbeit mit den Klinikärzten mit über 90% positiver Bewertungen
auch die intensivste zu sein scheint. Immerhin noch drei Viertel der befragten
Sozialarbeiter bewerten die Arbeit mit den Pflegekräften positiv.
3.1.3 Der Entlassungszeitpunkt
Die Klinikmitarbeiter wurden gefragt, wann in ihrer Abteilung der Entlassungs- zeitpunkt in der Regel festgelegt würde – „mindestens zwei Tage vor Entlas- sung“, „einen Tag vor Entlassung“ oder „am Entlassungstag“.
mind. 2 Tage vor Entlassung
einen Tag vor Entlassung
am Entlassungstag
KÄ (n=14) 86% 14% 0
KPf (n=15) 80% 20% 0
KSD (n=12) 100% 0 0
KTh (n=10) 80% 20% 0
Tab. 6: Festlegung des Entlassungszeitpunktes aus Sicht der Klinikmitarbeiter
Die Aussagen der verschiedenen Disziplinen unterscheiden sich nicht wesent- lich: Im Durchschnitt geben 86% der Befragten (darunter alle Vertreter des KSD) an, in der eigenen Abteilung werde der Entlassungszeitpunkt mindestens zwei Tage vor der Entlassung festgelegt. Übereinstimmend erklären sie, dass die Entscheidung nicht erst am Entlassungstag gefällt würde. Ein Vergleich zwischen den Akutkliniken und den Geriatrien zeigt, dass es in den beiden ge- riatrischen Fachkliniken zum Standard gehört, den Termin mindestens zwei Ta- ge vor Entlassung fest zu setzen – so die Angaben der Sozialdienstmitarbeiter.
Eine zweite Frage sollte klären, ob der Entlassungszeitpunkt dem Patienten und seinen Angehörigen rechtzeitig mitgeteilt wird. 36% der Befragten geben an, dies sei der Fall, 51% antworten „eher ja“ und 13% der Befragten sagen, der Entlassungszeitpunkt werde in der Regel „eher nicht rechtzeitig“ an die Patienten und ihre Angehörigen weiter gegeben. In Abb. 6 sind die Antwor- ten der verschiedenen Disziplinen dargestellt.
0%
20%
40%
60%
80%
100%
KÄ KPf KSD KTh
ja eher ja eher nein nein
Abb. 6: Zufriedenheit mit der Entlassungsinformation nach Berufsgruppen
Während der überwiegende Teil der Mediziner der Meinung ist, der Entlas- sungstag werde aus ihrer Sicht dem Patienten und seinen Angehörigen recht- zeitig mitgeteilt, sehen dies die Pflegemitarbeiter und v. a. der Krankenhaus- sozialdienst nicht so eindeutig. Immerhin 13% aller Befragten geben an, Pati- enten und Angehörige würden in der Regel eher nicht rechtzeitig über den Entlassungszeitpunkt informiert.
Tab. 7 stellt die Antworten getrennt nach Kliniktypen dar.
ja eher ja eher nein nein
Akutklinik (N=45) 31% 53% 16% -
Geriatrie (N=10) 60% 40% - -
Gesamt (N=51) 36% 51% 13% -
Tab. 7: Zufriedenheit mit der Entlassungsinformation nach Klinikarten
Es zeigt sich eine breitere, aber nicht eindeutige Zustimmung der Geriatrie- mitarbeiter hinsichtlich der klinikinternen Praxis, die Patienten und Angehöri- gen über den Entlassungszeitpunkt zu informieren: Während zwei Drittel der Geriatriemitarbeiter der Meinung sind, ihre Patienten würden rechtzeitig in Kenntnis gesetzt, wann die Entlassung aus der Klinik stattfindet, schätzen dies in den Akutkliniken weniger als ein Drittel der Belegschaft so ein. Vielmehr sind 16% der Mitarbeiter der Auffassung, der Entlassungstermin würde normaler- weise eher nicht rechtzeitig weiter gegeben.
Bezüglich der Entlassungsplanung im Krankenhaus lassen sich folgende Punk- te resümieren:
Der Krankenhaussozialdienst nimmt eine zentrale Stellung im Entlassungsma- nagement älterer Patienten mit poststationärem Versorgungsbedarf ein. In den geriatrischen Fachkliniken wird er routinemäßig bei der Entlassung hinzu- gezogen, aber auch in den übrigen Abteilungen ist er für den klinischen und pflegerischen Dienst wichtigster Ansprechpartner
Als eine besondere Schwierigkeit in der Entlassungsplanung stellt sich die
rechtzeitige Weitergabe des Entlassungstermins an den Patienten und seine
Angehörigen dar. Hier zeigen sich deutliche Optimierungsmöglichkeiten, so
die Einschätzung aller Disziplinen.
3.2 Kooperation an der Schnittstelle zwischen Klinik und Nachsorge
Die folgenden Aussagen beschäftigen sich mit der Frage, in wieweit Kontakte zwischen den Mitarbeitern der Krankenhäuser und dem nachsorgenden Be- reich bestehen, welcher Art sie gestaltet sind und von wem sie initiiert werden.
3.2.1 Kooperationspartner der Klinikmitarbeiter in der Nachsorge
Die Professionen in den Kliniken wurden gefragt, ob und mit welchen Instituti- onen und Berufsgruppen im nachsorgenden Bereich sie regelmäßigen Kon- takt unterhielten. Abb. 7 zeigt die unkategorisiert gegebenen Antworten der verschiedenen Disziplinen, wobei Antworten wie „gelegentlich“ oder „selten“
nicht als regelmäßiger Kontakt gewertet wurden.
0%
20%
40%
60%
80%
100%
KÄ KPf KSD KTh
nein ja
Abb. 7: Regelmäßiger Kontakt zur Nachsorge aus Sicht der Klinikmitarbeiter