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Wann ist der optimale Zeitpunkt für den chirurgischen Eingriff?

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Chirurgie des Morbus Crohn

Wann ist der

optimale Zeitpunkt für den

chirurgischen Eingriff ?

Prof. Dr. Guido Schürmann, Itzehoe

Burkhard K. suchte bleichgesichtig und geschwächt unsere Chirurgische Ambu- lanz auf. Die Mutter des 24-Jährigen berichtete, Burkhard habe zwar sein Stu- dium begonnen, klage in den letzten Monaten jedoch ständig über Schmerzen und Bauchkrämpfe, Appetitlosigkeit und Müdigkeit. Der großgewachsene Burk- hard wog 48 kg, hatte tief liegende Augen und war durch seinen Hausarzt über die letzten Jahre mit verschiedenen Medikamenten, darunter auch Cortison und Mesalazin behandelt worden. Sein Hauptschmerzpunkt war der rechte Unter- bauch mit deutlicher Ausstrahlung in den Rücken. Er könne nur noch mit Schmerz- mitteln leben...

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Abb. 1: Mögliche Diagnostik.

Einleitung

Die Crohn-Krankheit ist eine Domäne der medikamen- tösen Therapie. Hier sind in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt worden.

Dennoch müssen auch heute noch etwa 70% der Crohn- Patienten mindestens einmal in ihrem Leben operiert wer- den. Da der operative Eingriff in der Regel für den Patienten ein weitaus einschneiden- deres Erlebnis ist als die Be- handlung mit Tabletten und

Infusionen, sind die Vorbe- halte gegenüber einer Ope- ration mitunter groß. Der fol- gende Beitrag informiert über die Vor- und Nachteile des operativen Verfahrens und diskutiert den bestmöglichen Zeitpunkt der Operation.

Diagnostik und

medikamentöse Therapie Die mögliche Diagnostik bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen umfasst

eine Fülle von Untersuchun- gen. Besonders wichtig sind die Dickdarmspiegelung, die sonographische und radiolo- gische Beurteilung des Dünn- darmes sowie Laborwerte (Abb. 1). Die zunächst immer anstehende medikamentöse Therapie wird an anderer Stelle in dieser Ausgabe vor- gestellt (Beitrag Prof. Stange).

Aus chirurgischer Sicht sollte die notwendige Diagnostik vor einem operativen Eingriff bei Morbus Crohn folgende Fragen beantworten:

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Morbus Crohn

Indikationen (Gründe) für eine Operation

• Stenose (chronischer Darmverschluss)

• Therapierefraktäre Entzündung

• Bestimmte Fistelformen

• Notfälle

Abb. 4:

Sicht auf eine hochgradige Crohn-Stenose (schwarzes Loch) bei einer Dickdarmspiegelung.

Abb. 5:

Deutliche Wandverdickung und schwerste Darm- entzündung bei einem entfernten Crohn-Abschnitt.

Abb. 2: Indikationen für eine Operation.

1. Welche Form der chronisch entzündlichen Darm erkran kung liegt vor (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, etc.)?

2. Wie ist die Krankheits- ausbreitung/das Befalls- muster?

3. Sprechen die Befunde für das Vorliegen einer der typischen OP-Indi- kationen?

Indikationen (Gründe) für eine Operation

Stenose

Oftmals ist die Folge der chronischen Entzündung der Darmwand eine Stenose (Engstellung). Diese Stenose kann so stark sein, dass sie zu einem Darmverschluss

führt (Abb. 2). In der radio- logischen Kontrastmittel- darstellung lässt sich solch eine langstreckige Stenose gut sehen (Abb. 3, Sellink).

Einige Stenosen sind sogar bei der Dickdarmspiegelung

einsehbar, so z.B. im Falle ei- ner Naht-Stenose nach vo- rangegangener Operation vor vielen Jahren (Abb. 4, Kolos kopiebild). Eine Ste- nose kann auch Folge ei- ner akuten Entzündung sein,

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MPD nach Sellink Morbus Crohn Langstreckige Stenose des terminalen Ileum

Abb. 6:

kurzstreckige Dünndarmenge durch Morbus Crohn (Striktur, OP-Bild).

Abb. 8:

Therapierefraktäre Entzündung, OP-Resektat.

Abb. 3: Röntgendarstellung einer Crohn-Stenose.

dann ist sie medikamen- tös mitunter noch gut beein- flussbar. Nach Abklingen der Schwellung unter Medika- mentengabe kann die Darm- passage wieder frei werden.

Anders ist es bei langjähri-

gen chronischen Entzündun- gen, die zu Bindegewebsver- mehrungen und zu einer er- heblichen Wandverdickung führen. (Abb. 5, Wandverdi- ckung, OP-Foto). Hier muss also unterschieden werden

zwischen einer akuten ent- zündlichen Stenose, die per se noch kein Grund zur Ope- ration ist und der chronischen Wandverdickung, die medi- kamentös nicht mehr beein- flusst werden kann. Eine sol- che chronische Stenose kann zum akuten Darmverschluss führen, der eine Notfallope- ration erforderlich macht.

Eine Operation ist unter folgenden Aspekten empfehlenswert:

Man hat wiederholt versucht, Stenosen im Rahmen einer Darmspiegelung aufzudeh- nen. Dies ist prinzipiell mög- lich und mitunter auch erfolg- reich. Leider neigen die chro- nischen Stenosen aufgrund der hohen Gewebeelastizi- tät zum Zusammenschnur- ren, so dass in den meisten

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Abb. 7: Strikturoplastik bei kurzstreckiger Stenose durch Morbus Crohn: a) Inzision,

b) Erweiterung zwischen Haltefäden, c) Quervernähung einreihig allschichtig. (Allgöwer et al. 1990)

Fällen doch eine Operation erforderlich wird. Die chroni- sche Stenose ist der häufigste Grund, bei Crohn operativ tä- tig zu werden. Fazit: Besteht also chronische Darmeinen- gung, die zu erheblicher Pas- sagestörung und krampfarti- gen Schmerzen führt, muss diese operativ behandelt werden, insbesondere dann, wenn die medikamentöse Therapie erfolglos war.

Die operative Therapie besteht in der kurzstrecki-

gen Entfernung des vereng- ten Darmsegmentes. Bei sehr kurzen Verengungen (Strikturen, siehe Abb. 6) ge- nügt mitunter auch die plas- tische Erweiterung, ohne das Darmgewebe selbst entfernt werden muss.

Durch die Wiederherstel- lung der uneingeschränk- ten Stuhlpassage (Strikturo- plastik) kommt die Entzün- dung zum Abheilen und der Patient wird beschwerdefrei (Abb. 7).

Therapierefraktäre Entzündung

In den meisten Fällen führt eine langandauernde Ent- zündung zu Stenosen (siehe oben). Mitunter besteht aber auch eine deutliche Darm- entzündung mit Abgängen von Schleim und Blut, ohne dass es zu einer Stenose kommt (Abb. 8). Trotz opti- maler medikamentöser The- rapie mit verschiedenen pharmakologischen Ansatz-

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...Burkhard K. wurde operiert. Es zeigte sich ein entzündlicher Konglomerat tumor am Übergang vom Dünndarm zum Dickdarm. Zahlreiche Fisteln führten in den hinteren Bauchraum und in die rechte Flanke, teilweise bereits mit Abszessen.

35 cm Darm wurden entfernt und die Abszesse wurden drainiert. Der Eingriff ver- lief komplikationslos. 4 Monate später stellte sich Burkhard K. noch einmal vor. Ge- wichtszunahme um 25 kg, ein vor Energie sprühender Mann. Er habe sein Studium fortgesetzt und eine Freundin habe er inzwischen auch. Er stehe für Gespräche mit Betroffenen über seine Erfahrungen gerne zur Verfügung (Kontakt über Autor).

punkten kommt es dann zur wiederholten Transfusions- pflichtigkeit infolge von Blut- verlusten aus dem Darm und erheblichen Gewichtsabnah- men, sowie sonstigen Man- gelzuständen des gesamten Organismus.

Wann ist der Morbus Crohn

„therapierefraktär“? Dies ist nicht eindeutig definiert, je- doch muss bei Vorliegen ei- ner immer wiederkehrenden medikamentösen Therapie- pflichtigkeit im Krankenhaus, bei mehrwöchigen hochdo- sierten Cortisongaben (über 40 mg) und bei zunehmen- dem Abbau der Gesundheit des Patienten trotz optimaler Medikamentengabe von ei- ner therapierefraktären Ent- zündung gesprochen wer-

den. Fazit: Wenn sich der be- fallende Crohn-Abschnitt von sämtlichen Medikamenten- gaben unbeeindruckt zeigt, sollte er operativ entfernt werden, da sonst der ge- samte Organismus erhebli- chen Schaden nimmt.

Bestimmte Fistelformen Eine Fistel entsteht bei Mor- bus Crohn in der Darmwand und breitet sich ungerichtet im Körper aus (vgl. auch Bei- trag PD Dr. Ecker). Die Fistel wird nach ihrem Ursprungs- und Zielorgan benannt (z.B.

interenterische Fistel: Fistel zwischen zwei Darmabschnit- ten, enterovaginale Fistel: Fis- tel von der Darmwand in die

Scheide). Der Ursprungs- ort der Crohn-Fistel ist im- mer das entzündete Darm- segment, insofern ist es sinn- voll, dieses zunächst medi- kamentös zu behandeln (z.B.

Azathioprin, Antibiotika, In- fliximab,...). Einige Fisteln können lange toleriert wer- den, so die Fistel um den Af- ter herum und die Fisteln zwi- schen zwei Darmabschnit- ten, so lange hierüber keine großen Stuhlmengen fließen.

Wesentlich gefährlicher hin- gegen sind die Fisteln vom Darm zur Blase (enterovesi- cal) und die in den rückwärti- gen Bauchraum blind enden- den Fisteln. Hierdurch kön- nen weitere Organe betroffen werden (z.B. der Urogenital- trakt) oder es kann zu gefähr-

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Prof. Dr. Guido Schürmann ist Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie am Klinikum Itzehoe, E-Mail: g.schuermanng.schuermann

@kh-itzehoe.de Prof. Schürmann ist Sprecher des Ärztlichen Beirates der DCCV e.V.

für den Bereich Chirurgie.

lichen Eiteransammlungen im Körper (Abszessen) füh- ren. Nach Entfernung der er- krankten Darmabschnitte, heilt die Fistel in der Regel schnell aus. Fazit: Bestimmte Fistelformen müssen opera- tiv behandelt werden.

Notfälle

Richtige Notfälle kommen in der Crohn-Chirurgie erfreu- licherweise selten vor, die Zahlen liegen bei etwas unter 5% aller operativen Eingriffe.

Notfallindikationen sind der Darmdurchbruch (infolge schwerer Entzündungen oder auch nach Koloskopien), das schwere Darmbluten, die akute schwerste Entzündung, der plötzliche totale Darmver- schluss (Ileus). In all diesen Si- tuationen muss immer sofort gehandelt werden und die Er- gebnisse sind etwas schlech- ter als bei geplanten Opera- tionen. Deshalb: Notfallope- rationen sollten bei einer gu- ten medizinischen Betreuung von Crohn-Patienten die Aus- nahme sein!!

Pille oder Skalpell – Was ist besser?

Manche Crohn-Patienten mögen mitunter den Ein-

druck gewinnen, dass Chir- urgen und Gastroenterolo- gen um die optimale Thera- pie streiten. Dies muss nicht der Fall sein, vielmehr sollte die optimale Therapie ge- meinsam besprochen wer- den. Mittlerweile haben Chi- rurgen und Internisten ge- meinsam Vorgehensweisen festgelegt, die klare Maßnah- men für die jeweilige Krank- heitssituation vorsehen. Die Primärbetreuung erfolgt durch den Internisten/Gastro- en ter ologen, bei schwieri- geren Verläufen ist das früh- zeitige Hinzuziehen des Chi- rurgen anzuraten. Der Chi- rurg sollte über besondere Kenntnisse in der Crohn-Chi- rurgie verfügen und auch die Grenzen seiner operati- ven Therapiemöglichkeiten kennen (nämlich, dass er die Crohn-Erkrankung nicht hei- len kann).

Bevor ein operativer Ein- griff ansteht, muss die opti- male medikamentöse The- rapie ausgereizt sein, dann kann die qualifiziert durch- geführte Operation wir- kungsvoll helfen. Sie kann zwar die Crohn-Erkrankung nicht heilen, jedoch mitun- ter über Jahre ein nahezu beschwerdefreies Leben er- möglichen.

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