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Archiv "Schwangerschaft in ärztlicher und gesellschaftlicher Verantwortung" (22.03.1979)

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Abbildung 1: Neun Wochen alter Föt in der Fruchtblase nach Hysterektomie Spektrum der Woche

Aufsätze -Notizen THEMEN DER ZEIT

Schwangerschaft in ärztlicher und gesellschaftlicher Verantwortung

Sonographie hilft bei der Beratung der Frau

Lutz Wolnik und Joachim Hackelöer

Schwangerschaft ist heute mehr denn je nicht nur eine persönliche Angelegenheit, sondern auch eine ärztliche und gesellschaftliche Aufga- be. Die Verfasser plädieren dafür, dem Arzt weiterhin die Entscheidungsfreiheit zu be- lassen und die Schwangere vor einer Abtreibung sorgfäl- tig aufzuklären.

Besteht der Wunsch eines Schwan- gerschaftsabbruches, so ist es in den meisten europäischen Staaten direkt oder aber in einem Nachbar- land möglich, ihn durch einen Arzt vornehmen zu lassen, wenn die er- sten zwölf Schwangerschaftswo- chen noch nicht überschritten sind.

Mit diesem ärztlichen Eingriff wird ein bereits existentes Leben, das

biologisch noch nicht die Fähigkeit zur Selbständigkeit hat, getötet.

Im Gegensatz zur Annahme der mei- sten zum Schwangerschaftsabbruch bereiten Frauen, daß bis zur zwölf- ten Schwangerschaftswoche nur

„ein Klumpen von Zellen" entfernt wird, zeigt die Abbildung 1, die Ende der neunten Schwangerschaftswo- che aufgenommen wurde (Schwan-

gerschaftsabbruch durch Hysterek- tomie), daß die Entwicklung der äu- ßeren Formen des Kindes bereits völlig mit dem uns geläufigen Er- scheinungsbild des Menschen über- einstimmt.

Während viele der Patientinnen kei- ne Kenntnis dieser Sachlage haben, ist der die Interruptio durchführende Arzt in der Konfliktsituation, ent- scheiden zu müssen, ob die, oft nur unter dem derzeitigen Trauma der Schwangerschaft angeführten Gründe der Patientin, für ihn ausrei- chen, um dieses Kind zu töten.

Das ist ein ärztlich-ethisches Pro- blem, das uns erst seit einigen Jah- ren durch eine andere gesellschaftli- che Moralauffassung und Gesetzge- bung konfrontiert. Im Gegensatz zu den Vorstellungen einiger Frauenor- ganisationen glauben wir, daß auch die persönliche Entscheidungsfrei- heit des jeweiligen Arztes in dieser Frage gewahrt bleiben muß.

Hier muß also jeder Arzt, der zu ei- nem Schwangerschaftsabbruch im Rahmen der gesetzlichen Bestim- mungen bereit ist oder ihn aber ver- weigert, das Recht haben, für seine jeweilige Entscheidung eine persön- liche Motivation geltend machen zu dürfen. Die Beschwerden vieler Frauen und mancher femininer Or- ganisationen, daß die Praxis des

§ 218 durch den Widerstand der je- weiligen Ärzte, die diesen Eingriff durchführen sollen, erschwert wird, ist sicher nicht von der Hand zu wei- sen und in dem Rahmen der persön- lichen Entscheidungsfreiheit des Arztes zu sehen.

812 Heft 12 vom 22. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 2: Ultraschallaufnahme einer normalen Schwangerschaft in der 16.

Schwangerschaftswoche

Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Schwangerschaftsabbruch

Die lnterruptio stellt nicht nur für die jeweilige Patientin, sondern auch für den die Operation durchführenden Arzt eine psychische Belastung dar.

Die Verminderung der Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche liegt nicht nur im Interesse der Ärzte, und der Kostenträger, sondern letztlich auch im Interesse der betroffenen Frauen. Besser eine Schwanger- schaft zu verhüten als eine Schwan- gerschaft zu unterbrechen, muß da- her die gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten sein.

Welche Möglichkeiten gibt es, um die Anzahl der ungewollten Schwan- gerschaften und damit die Anträge auf Unterbrechung einer Schwan- gerschaft aus nicht medizinischer Indikation zu verringern?

1. Eltern, Schule und Ärzte können durch eine gezielte und intensive Aufklärung der Jugend über die viel- fältigen Möglichkeiten der Kontra- zeption dazu beitragen, daß die An- zahl der ungewollten Schwanger- schaften abnimmt.

2. Das Austragen unehelicher Kin- der darf nicht zum gesellschaftli-

chen Handikap werden. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

3. Der Staat kann durch eine finan- zielle Unterstützung auch den Eltern mehr als zwei Kinder wirtschaftlich vertretbar erscheinen lassen, die aufgrund geringeren Einkommens oft eine erneute Schwangerschaft abzubrechen wünschen. (Die der- zeitige Erhöhung des Kindergel- des wird sicher auch dazu beitra- gen, daß die Anzahl der Schwan- gerschaftsabbrüche abnehmen wird.)

Hilfe des Arztes in der Konfliktsituation wird oft dankbar anerkannt

Dennoch können auch wir Ärzte nicht die Augen verschließen, wenn in einer konkreten Situation die Ge- burt eines „unerwünschten Kindes"

in eine Umgebung hinein, die durch ständige soziale oder familiäre Kon- fliktsituationen geprägt ist, für alle Beteiligten den Beginn eines Desa- sters darstellen kann. Hier obliegt dem Arzt, der die Indikation zum Schwangerschaftsabbruch stellt

und letztendlich dem Arzt, der die Interruptio durchführt, eine große gesellschaftliche Verantwortung.

Bei vielen der zum Schwanger- schaftsabbruch bereiten Frauen ist der Wunsch zur Beendigung der Schwangerschaft aber noch nicht fi- xiert, das heißt durch eine intensive Beratung, oft auch unter Einbezie- hung des Partners oder der Eltern, wird eine Fortsetzung der Schwan- gerschaft zu erreichen sein, wenn die bestehenden Probleme lösbar sind.

Viele der Schwangeren, die eine In- terruptio anstrebten, sich dann durch ärztliche Beratung zur Fort- setzung der Schwangerschaft ent- schlossen haben, danken dem Arzt die psychische Hilfe in dieser Kon- fliktsituation oft ein ganzes Leben lang. Deshalb sollte keine Beratung einer zum Schwangerschaftsab- bruch bereiten Frau als überflüssig erachtet werden.

Die meisten Frauen sind erstaunt, wenn man ihnen mit Hilfe der Sono- graphie zeigt, daß sich in ihrem Kör- per zu diesem Zeitpunkt bereits ein sehr lebendiges, kleines menschli- ches Wesen bewegt, das man sogar schon fotografieren kann.

Die Abbildung 2 zeigt zwar eine Ul- traschallaufnahme zu einem etwas späteren Schwangerschaftszeit- punkt als die erste Abbildung, sie läßt aber auch für den Laien deutli- che Umrisse des Kindes erkennen.

Diese bildhaften Darstellungen ei- nes ungeborenen Kindes sind oft Stimulus, eine Schwangerschaft fortzusetzen, auch wenn damit viele persönliche Belastungen in Kauf ge- nommen werden müssen. Somit kann die Sonographie zur wertvol- len Hilfe in der Konfliktberatung schwangerer Frauen werden.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Lutz Wolnik

PD Dr. med. Joachim Hackelöer Universitäts-Frauenklinik Pilgrimstein 3

3550 Marburg I

814 Heft 12 vom 22. März 1979

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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