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Archiv "Die Beratung der Schwangeren und Stillenden zum Medikamentenrisiko: Chronotoxikologische Aspekte in der Schwangerschaft" (05.03.1999)

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Der von Herrn Schaefer und Frau Koch publizierte Artikel gibt einen sehr guten Überblick über die Situation der Beratung der Schwan- geren und Stillenden zum Medika- mentenrisiko in Deutschland. Vor allem wird in diesem Artikel deut- lich, daß bereits sehr viel getan wird, um das Risiko für Mutter und Kind möglichst gering und überschaubar zu halten.

Ergänzend ist lediglich hinzuzu- fügen, daß gerade die pharmazeuti- schen Unternehmen häufig Anfragen von Ärzten und Patienten zu dieser Thematik erhalten. Allerdings kön- nen die pharmazeutischen Unterneh- men keine Beratung durchführen.

Sie können aber den Fragesteller mit entsprechender Literatur versor- gen und Auskünfte über die bisher vorliegenden Daten geben. In der Regel wird der Anfragende an eine der Beratungsstellen weiter verwie- sen.

Die Bearbeitung der Anfragen erfolgt in ähnlicher Weise wie in den Beratungsstellen. Die Anfragen wer- den in einer speziellen Datenbank gesammelt. Verlauf und Ausgang der Schwangerschaft werden recher- chiert und entsprechend bewertet.

Bei der Bewertung dieser Fälle ist zu berücksichtigen, daß den pharma- zeutischen Firmen keine verglei- chenden Daten vorliegen, das heißt es kann keine Relation zwischen Schwangeren mit und ohne Expositi- on hergestellt werden. Darüber hin- aus liegt bei den Schwangeren, die ein Medikament einnehmen, in der Regel eine Krankheit zugrunde, die ihrerseits den Verlauf und Ausgang der Schwangerschaft beeinflussen kann.

Eine weitere Schwierigkeit stellt die Tatsache dar, daß bei einer Nach- frage nach dem Verlauf und Ausgang

der Schwangerschaft der Arzt und die Patientin eher bereit sind zu ant- worten, wenn Unregelmäßigkeiten aufgetreten sind.

Trotz dieser Schwierigkeiten sind die Sammlung und Bewertung dieser Anfragen ein hervorragendes Instrument, Signale rechtzeitig zu er- kennen.

Wünschenswert wäre jedoch ei- ne noch bessere Zusammenarbeit sowie ein regelmäßiger Austausch mit den einzelnen Beratungsstellen und den entsprechenden pharma- zeutischen Unternehmen.

Dr. med. M. M. Lämmlein Hoechst Marion Roussel Deutschland GmbH Arzneimittelsicherheit Königsteiner Straße 10 65812 Bad Soden

In ihrer hervorragenden Über- sicht haben die Autoren einen wich- tigen Beitrag zur rationellen Arznei- mitteltherapie in der Schwanger- schaft geleistet und auf die potentiel- len Gefahren für Mutter und Kind durch Nichttherapie von Erkrankun- gen hingewiesen.

Das häufig in epidemiologi- schen Studien verwendete Maß des relativen Risikos (RR) oder dessen Schätzparameter Odds Ratio (OR) repräsentiert eigentlich kein Risiko, sondern vielmehr einen Morbiditäts-

quotienten. Um toxikologische Risi- ken realistisch einzuschätzen, müssen die Spontanraten unbedingt berück- sichtigt werden.

Ein weiterer Aspekt, der bisher wenig beachtet wurde und in die Be- trachtungen einfließen muß, ist der chronotoxikologische Effekt. Tier- experimentell wurde schon in den 80er Jahren nachgewiesen, daß der Einnahmezeitpunkt auf die embryo- toxische Wirkung einen signifikan- ten Einfluß hat.

Beispielsweise zeigten Kortikoi- de bei Mäusen gegen Ende der Ru- hephase vergleichsweise geringe te- ratologische Effekte (1). Dagegen hat sich 5-Fluorouracil während der Ruhephase als deutlich embryotoxi- scher erwiesen als während der akti- ven Phase (2). Alkohol wirkte zu Be- ginn der Aktivitätsphase ausgepräg- ter teratologisch in bezug auf die Kleinhirnentwicklung (3). Ähnliche chronotoxikologische Effekte wur- den für Cyclophosphamid, Cytara- bin und Hydroxyharnstoff beschrie- ben. Diese tierexperimentellen Er- gebnisse belegen prinzipiell die chronobiologischen Effekte von ge- notoxisch und nicht genotoxisch (epigenetisch) wirkenden Substan- zen.

Aus theoretischer Sicht kann die potentielle Gefahr für das Kind während der Schwangerschaft und während der Stillzeit durch Opti- mierung des Einnahmezeitpunkts ei- ner notwendigen Pharmakotherapie noch weiter gesenkt werden. Ob- wohl aus Gründen, die von den Au- toren dargelegt wurden, klinische Untersuchungen nicht durchgeführt werden können, lassen vergleichen- de pharmakologische und toxikolo- gische Beobachtungen den Schluß zu, daß durch Beachtung chronobio- logischer Effekte ein zusätzlicher Gewinn an Sicherheit zu erzielen ist.

Solche Fragestellungen könnten in das Design von pharmakoepidemio- A-557

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 9, 5. März 1999 (53)

Die Beratung der

Schwangeren und Stillenden zum Medikamentenrisiko

Guter Überblick

Zu dem Beitrag von Dr. med. Christof Schaefer und Ingrid Koch

in Heft 42/1998

Chronotoxikologische Aspekte in der

Schwangerschaft

(2)

logischen Studien aufgenommen und mit den Methoden der Populations- kinetik ausgewertet werden.

Literatur

1. Sauerbier I: Circadian variation in teratoge- nic response to Dexamethasone in mice.

Drug Chem Toxicol 1986; 9: 25–31.

2. Sauerbier I: Circadian modification of 5- Fluorouracil-induced teratogenesis in mice.

Chronobiol Int 1986; 3: 161–164.

3. Sturtevant RP, Garber SL: Circadian expo- sure to ethanol affects the severity of cere- bellar dysgenesis. Anat Rec 1985; 211: 187.

Dr. med. Dr. rer. nat. Horst J. Koch Dr. med. Dr. rer. nat.

Dr. Sportwiss. Christoph Raschka Institut für Sportwissenschaften Abteilung Sportmedizin Johann Wolfgang Goethe- Universität

Ginnheimer Landstraße 39 60487 Frankfurt

Es ist wichtig, nochmal darauf hinzuweisen, wie Koch und Raschka es in ihrem Beitrag getan haben, daß nicht nur experimentelle Ergebnisse, sondern auch epidemiologische (Hu- man-)Daten kritisch bewertet wer- den müssen, ehe sie für eine individu- elle Risikocharakterisierung resü- miert werden. Auf der anderen Seite ist klar, daß Zulassungsbehörden und Hersteller von Arzneimitteln eine andere Sicht der Dinge haben müs- sen: Ein gering erhöhtes Mißbil- dungsrisiko, das in einem relativen Risiko (RR) von beispielsweise 1,2 zum Ausdruck kommt, ist für die Be- ratung einer einzelnen Schwangeren irrelevant. Wenn jedoch mit einer Population von 100 000 exponierten Schwangeren gerechnet wird, wä- ren bei Annahme von zwei Prozent

„Spontaninzidenz“ 400 geschädigte Kinder zusätzlich zu erwarten.

Chronobiologie und Chronotoxi- kologie können interessante An- sätze bieten zur Klärung unterschied- licher Reaktionen auf qualitativ und quantitativ gleichwertige Stimuli. Im Bereich der Teratologie des Men- schen ist bislang aber noch für keine (Arznei-)Substanz eine zirkadiane Varianz teratogener Wirkung nach- gewiesen. Ähnlich spärlich sind klini-

sche Erfahrungen mit anderen theo- retisch oder experimentell begrün- deten Hypothesen zu der „Verwirk- lichung“ teratogener Eigenschaf- ten bei einer bekannten Noxe: War- um sind die (bei den Menschen glücklicherweise vorherrschenden)

„schwachen“ Teratogene tatsächlich

„schwach“, also nur bei einem Bruchteil der exponierten Schwange- ren schädigend wirksam? Die seit langem anerkannte Dosis-Wirkungs- Beziehung läßt sich beim Menschen innerhalb des üblichen Dosierungs- rahmens von Medikamenten nicht als eindrucksvoller, dosisabhängiger teratologischer Effekt nachweisen, der sicher differenzierbar ist von der Krankheit als Einflußgröße. Gene- tische Disposition zur individuel- len Metabolisierungsleistung, unter- schiedliche arzneitypische Zielrezep- toren, Konzentrationsparameter sind weitere Faktoren, deren Auswirkung auf die Ausprägung teratogener Wirksamkeit erörtert wird.

Pharmazeutische Unternehmen sind unterschiedlich aktiv hinsicht- lich Erfassung exponierter Schwan- gerer, auf die Lämmlein eingeht.

Vorbildlich ist zum Beispiel die halb- jährlich aktualisierte Zusammenstel- lung einiger Hersteller in den USA in Zusammenarbeit mit der Food and Drug Administration (FDA) zu anti- retroviralen Medikamenten (1) so- wie zu Aciclovir und Sumatriptan.

Letztlich sollte aber sowohl die Bera- tung als präventive Tätigkeit als auch die Auswertung der dokumentierten Schwangerschaftsverläufe nach prä- nataler Arzneiexposition in den Hän- den von unabhängigen Einrichtun- gen bleiben. Beides, Beratung und Aufarbeitung von Nachbeobach- tungsdaten gehören zusammen. Nur so können die Beratungsqualität kon- trolliert und optimiert und wissen- schaftliche Fragestellungen praxis- orientiert formuliert werden. Neben pharmakologischen und epidemiolo- gischen Kenntnissen sind vor allem pädiatrische, geburtshilfliche und pränatal diagnostische Kompetenzen erforderlich, um normale und abwei- chende vorgeburtliche Entwicklung unter Einwirkung äußerer Faktoren beurteilen zu können. Aufgrund der täglich erlebten Unsicherheiten un- ter Kollegen und Schwangeren im

Umgang mit den (zu) kurz gefaßten Risikobeschreibungen auf Beipack- zetteln ist zu überlegen, ob nicht ganz auf eine formelhafte Risikoklassifi- zierung verzichtet werden sollte.

Statt dessen könnte eine vergleichen- de Bewertung „pränataler Verträg- lichkeit“ (als Summe bisheriger hu- manteratologischer und experimen- teller Erfahrungen sowie theoreti- scher Vorbehalte) unter Berücksich- tigung rationaler Therapieempfeh- lungen zu einer abgestuften Thera- pieempfehlung für Schwangere oder besser für Frauen im reproduktions- fähigen Alter zusammengefaßt wer- den. Diese würde für die verschie- denen Behandlungsindikationen ei- ne regelmäßig zu aktualisierende Rangfolge unter den in Frage kom- menden Medikamenten (Mittel der 1., 2., 3. [. . .] Wahl) angeben.

Solch eine Vorgehensweise, die natürlich „politisch“ gewollt sein muß, hätte neben der praxisorien- tierten Entscheidungshilfe den Vor- teil, das haftungsrechtliche Dilemma zwischen verschreibendem Kollegen einerseits und Arzneimittelhersteller sowie Zulassungsbehörde anderer- seits zu lockern: Pointiert ausge- drückt, sucht der eine bisher oft ver- geblich das „absolut unbedenkliche“

Medikament, das der andere (trotz fehlender Bedenken) so nicht klassi- fizieren möchte (und es vorzieht, sein Produkt als „kontraindiziert“ zu be- zeichnen).

Nach bereits erfolgter Expositi- on während einer bestehenden Schwangerschaft kann der Schwan- geren eine individuelle Risikoab- schätzung in dafür qualifizierten In- stitutionen angeboten werden. War- um soll eine Schwangere mit einer potentiell riskanten Exposition an- ders behandelt werden als eine Frau mit einer speziellen genetischen Dis- position? Wie in unserem Artikel ausgeführt, kann eine solche fun- dierte individuelle Risikocharakteri- sierung unnötige Ängste, nicht erfor- derliche diagnostische Eingriffe und den Abbruch einer eigentlich ge- wünschten Schwangerschaft erspa- ren. Die enormen ökonomischen Im- plikationen einer rationalen Risiko- abschätzung sind andernorts wieder- holt beschrieben worden. Schwieri- ger noch als im Zusammenhang mit A-558

M E D I Z I N DISKUSSION

(54) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 9, 5. März 1999

Schlußwort

(3)

Arzneimitteln ist die immer häufiger werdende Fragestellung nach dem Risiko beruflicher Exposition ge- genüber chemischen und physikali- schen Einwirkungen. Mutterschutz- gesetz und MAK-Werte-Liste (2) ge- ben für diese Fragstellungen zwar ei- nen gewissen Rahmen vor.

Für eine individuelle, nicht sel- ten konfliktträchtige Behandlung des pränatalen Risikos reichen diese Informationen jedoch oft nicht aus.

Vorgeburtliche Entwicklungsstörun- gen mit lebenslangen oder lebensbe- drohenden Auswirkungen haben heute, fast 40 Jahre nach „Conter- gan“, in der gesellschaftlichen Risi- kowahrnehmung nur eine unterge-

ordnete Stellung im Vergleich zu an- deren Risiken wie „Krebs“ und

„AIDS“. Dies läßt sich keineswegs mit den Unterschieden der damit verbundenen Kosten oder des Um- fangs an individuellem Leiden er- klären (3). Die Prävention exogen induzierter vorgeburtlicher Ent- wicklungsstörungen ist neben der Vermeidung von Interventionen durch überzogene Risikowahrneh- mung die eigentliche Aufgabe em- bryonaltoxikologischer Beratung.

Ein dringend erforderlicher Ausbau von Beratungskapazitäten kann gleichzeitig den Umfang humantera- tologischer Erkenntnisse erheblich verbessern.

Literatur

1. Antiretroviral Pregnancy Registry 1998: In- ternational interim report for Didanosine, Indinavir, Lamivudine, Saquinavir, Stavudi- ne, Zalcitabine and Zidovudine. 1 January 1989–31 December 1997.

2. Deutsche Forschungsgemeinschaft: MAK- und BAT-Werte-Liste 1997. Weinheim:

VCH, 1997.

3. Kimmel CA: Introduction to the symposi- um: New approaches for assessing the etio- logy and risks of developmental abnormali- ties from chemical exposure. Reprod Toxi- col 1997, 11: 261–263.

Dr. med. Christof Schaefer

Abteilung für Embryonaltoxikologie der Beratungsstelle für

Vergiftungserscheinungen Spandauer Damm 130 14050 Berlin

A-559

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 9, 5. März 1999 (55) Der Aussage der Autoren Wirtz

und Kunze über die Anwendung eines Stereotaxierahmens muß widerspro- chen werden.

« Die Aussage „Die Applikation des Rahmens ist . . . umständlich“ kann nach etwa 1 500 stereotaktisch geführ- ten Operationen in den Jahren 1986 bis 1998 aus der Sicht der Dortmunder Neurochirurgischen Klinik der Städti- schen Kliniken nicht bestätigt werden.

Mit dem von Lerch konstruierten Rahmen kann bei uns jeder – auch der jüngere – Mitarbeiter gut umgehen und ihn in wenigen Minuten am Kopf des meistens narkotisierten oder seltener auch wachen Patienten – dann in Lo- kalanästhesie – zielsicher anbringen.

¬ Die Aussage „. . . für den Pati- enten belastend“ kann nur in einigen Gramm zusätzlichem Gewicht vor- übergehend möglich sein. Sogar wa- che Patienten, bei denen der Rahmen in Lokalanästhesie appliziert wurde, bezeichnen den Eingriff postoperativ als „viel leichter als vorgestellt“.

­ Die Aussage „. . . während der Operation teilweise hinderlich“ kann in keiner Weise von einem unseres halben Dutzend selbständig operie- render Kollegen bestätigt werden.

Wie der erste internationale Kon- greß über „Computer Assisted Sur- gery“ im September 1997 in Linz im Überblick gezeigt hat, gehen die Un- genauigkeiten bei einem Teil der Neu- ronavigationssysteme in den Zenti- meter-Bereich, während die der rah- mengebundenen Neuronavigation im Millimeter-Bereich liegen. Gerade

das in dem obengenannten Artikel beschriebene MKM-System von Zeiss wurde in Linz von damit arbeiten- den Kollegen als „unhandlich, weil schwergewichtig und raumfordernd“

geschildert. Auch von der Kostenseite spricht zur Zeit noch vieles gegen die

– rahmenlose – Neuronavigation in ei- nem nicht universitären, städtischen Klinikum im Gegensatz zu der rah- mengebundenen Stereotaxie.

Dr. med. Tammo Scharphuis Städtische Kliniken Dortmund Münsterstraße 240 · 44145 Dortmund

Wir möchten dem Kollegen Scharphuis für seine kritischen An- merkungen danken, insbesondere, da sie uns noch einmal Gelegenheit dazu geben, den grundsätzlichen Unter- schied zwischen klassischer rahmen- basierter Stereotaxie und der Neuro- navigation klarzustellen. Auch in un- serer Klinik ist die Stereotaxie ein re- gelmäßig angewandtes Verfahren, wobei die Hauptindikationen in dia- gnostischen Biopsien einerseits und der funktionellen Neurochirurgie (Stimulationen oder Läsionen tieflie- gender Hirnareale zur Therapie von Bewegungsstörungen beziehungswei- se chronischen Schmerzzuständen)

Neuronavigation:

Computerassistierte Neurochirurgie

Keine umständliche Handhabung

Zu dem Beitrag von

Dr. med. Christian Rainer Wirtz und Prof. Dr. med. Stefan Kunze in Heft 39/1998

Schlußwort

(4)

andererseits liegen. Hinsichtlich der diagnostischen Biopsien wird von uns allerdings ein zunehmender Anteil der Eingriffe unter intraoperativer Bildgebung im offenen MRT ohne Rahmenapplikation durchgeführt.

Die intraoperative Lokalisation und Orientierung während mikrochirurgi- scher Operationen hingegen ist ein- deutig die Domäne der Neuronaviga- tion, die jederzeit eine interaktive Po- sitionsbestimmung auf dem Bildda- tensatz ermöglicht. Bei der intraope- rativen Lokalisierung mittels Stereo- taxie ist jedoch nur die Lokalisation einzelner Koordinaten möglich, und jeder neue Lokalisierungsvorgang er- fordert eine erneute Koordinaten- Einstellung am Zielbügelsystem mit Neueinstellung des Zielinstrumentes (Spatel, Spekulum oder Sonde), wo- bei bei der weiteren mikrochirurgi- schen Operation sowohl das Zielbü- gelsystem als auch das Zielinstrument im Weg sein können. Dies entfällt ins- besondere bei der Mikroskop-basier- ten Neuronavigation gänzlich, da die Daten ins Okular des Operateurs ein- gespiegelt werden. Auf den Vergleich mit dieser Anwendung – der Navigati- on bei mikrochirurgischen Operatio- nen – beziehen sich auch unsere von Herrn Scharphuis kritisierten Aussa- gen zur Anwendung der Stereotaxie:

« Im Vergleich mit dem Ein- spannen des Patientenkopfes in die Mayfield- oder Sugita-Kopffixierung ist die Applikation des Stereotaxie- Rahmens sicher zeitaufwendiger. Zu- sätzlich ist durch die Applikation des Rahmens eine zeitliche Kopplung der Bildgebung mit der Operation not- wendig.

¬ Während bei der Neuronavi- gation die Bildgebung am Vortage der Operation erfolgen kann, macht die Stereotaxie einen unmittelbar prä- operativen Transport des Patienten mit appliziertem Rahmen zur Bildge- bung notwendig, oder aber der Pati- ent muß eine Nacht mit am Kopf an- geschraubtem stereotaktischen Ring verbringen. Insbesondere letzteres kann durchaus eine gewisse Belastung darstellen, wobei auch in unserer Kli- nik die meisten unserer Patienten, bei denen eine stereotaktische Biopsie in Lokalanästhesie durchgeführt wurde, diese postoperativ als „leichter als vorgestellt“ schildern. Dabei gibt die- A-560

M E D I Z I N DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT

(56) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 9, 5. März 1999

se vergleichende Aussage über die im- mer noch empfundene Belastung kei- nen Aufschluß.

­ Bei Biopsien und funktionel- len Eingriffen ist der Zielbügel gleich- zeitig Instrumentenführung und -hal- ter, damit notwendiger Teil des Ope- rationsinstrumentariums und nicht hinderlich. Für die mikrochirurgische Operation hingegen kann die Zielbü- gelkonstruktion durchaus, wie oben erläutert, störend sein.

Die Systemgenauigkeit der Navi- gationssysteme liegt nach eigenen (3, 4) und auch anderen Untersuchungen (2) ebenfalls um einen Millimeter. Die Ungenauigkeiten in der praktischen Anwendung können deutlich höher sein (4), was aber auch für Rahmensy- steme berichtet wird (1). Verwendet man allerdings implantierbare Kno- chenschrauben als Marker für die Na- vigation, so liegt die Applikationsge- nauigkeit unter einem Millimeter (5).

Fehler im Zentimeter-Bereich kom- men bei der Neuronavigation durch intraoperative Verschiebungen wei- cher intrakranieller Strukturen zu- stande, die auf den präoperativen Bil- dern naturgemäß nicht dargestellt werden. Dieses Problem ist aber allen Verfahren, die mit präoperativen Bilddaten arbeiten, inhärent, und sol- che Ungenauigkeiten kommen somit auch bei der stereotaktischen Lokali- sation während mikrochirurgischer Operationen zustande.

Das Mikroskop-basierte MKM- System schließlich ist aufgrund der

Abmessungen des Trägers in kleine- ren Operationssälen möglicherweise schwierig zu positionieren, aber von allen intensiv damit arbeitenden Kol- legen unserer Abteilung wird die in- traoperative Einspiegelung von Navi- gationsdaten als sehr hilfreich und praktisch beschrieben. Was schließ- lich die Kostenseite angeht, so wird mit zunehmender Verbreitung der Sy- steme und der Rechenleistung von Computern unserer Ansicht nach der Preis der Systeme in Zukunft weiter sinken.

Literatur

1. Maciunas RJ, Galloway RL Jr., Latimer JW:

The application accuracy of stereotactic frames. Neurosurgery 1994; 35: 682–694.

2. Sipos EP, Tebo SA, Zinreich SJ et al.: In vi- vo accuracy testing and clinical experience with the ISG Viewing Wand. Neurosurgery 1996; 39: 194–202.

3. Wirtz CR, Knauth M, Hassfeld S et al.:

Frameless stereotaxy with three different systems. Comparison of phantom accu- racy and clinical use. Stereotact Funct Neurosurg 1997; 67: 45 (Abstract).

4. Wirtz CR, Knauth M, Hassfeld S et al.: Neu- ronavigation – first experiences with three different commercially available systems.

Zentralbl Neurochir 1998; 59: 14–23.

5. Wirtz CR, Tronnier VM, Bosanto MM et al.: Image guided neurosurgery with intra- operative MRI: Update of frameless stereo- taxy and radicality control. Stereotact Funct Neurosurg 1997; 68: 39–43.

Dr. Christian Rainer Wirtz Prof. Dr. Stefan Kunze Neurochirurgische Klinik und Poliklinik

Ruprecht-Karl-Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 400

69120 Heidelberg

Eine Auswertung von Daten der EuroSIDA, einer europäischen Mul- ticenter-Kohortenstudie, bei der ein Klientel von 4 270 HIV-1-Patienten untersucht wurde, ergab einen drama- tischen Rückgang der HIV-Mortalität in den letzten drei Jahren. Dieses Er- gebnis ist nach Ansicht der Autoren dem Einsatz von neueren Therapiere- gimen zuzuschreiben. Die Sterblich- keit betrug im Jahr 1995 pro 100 Pati- entenjahre 23,3 und fiel 1998 auf 4,1 ab. Die genaueren Auswertungen er- gaben für das Jahr 1998 eine Sterblich-

keit von 65,4 pro 100 Patientenjahre bei unbehandelten Patienten, bei Ein- satz einer dualen antiviralen Therapie lag diese Rate bei 7,4. Bei Patienten mit Tripel-Therapie lag die Sterblich- keit sogar nur bei 3,1. acc Mocroft A et al.: Changing patterns of mortality across Europe in patients in- fected with HIV-1. Lancet 1998; 352:

1725–1730.

Dr. A. Mocroft, Royal Free Centre for HIV Medicine, Royal Free and Univer- sity College Medical School, University College London, Royal Free Campus, London NW3 2PF, England.

HIV: Drastische Mortalitätsreduktion

durch neue antivirale Medikamente

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