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Archiv "Die programmierte Beendigung der Schwangerschaft und die terminierte Geburt" (13.01.1977)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die bei uns 1962 einsetzende Be- schäftigung mit gynäkologischen Problemen in der Luftfahrt warf eine Vielzahl von Fragen auf, wie unter anderem:

• Menstruationsstörungen bei weltweiten Flügen mit beträchtli-

cher Zeitverschiebung

• Belastbarkeit der Frau als Be- satzungsmitglied in Luftfahrzeugen

• Körperliche Arbeit von Stewar- dessen in Unterdruckkabinen von Verkehrsflugzeugen

• Tauglichkeitsfragen für die Frau als Kabinenpersonal und in zuneh- mendem Maße auch in der Flug- zeugführung

• Probleme des Fliegens bei be- stehender Schwangerschaft Ab 1980 wird die bemannte Raum- fahrt unter weitgehender Beteili- gung der europäischen Staaten mit dem Space-Shuttle-Programm fort- gesetzt werden. Es steht bereits fest, daß als Nutzlastspezialisten, für die Arbeiten im Space-Labora- torium, in erheblichem Maße auch Frauen an Flügen von 3 bis 28 Ta- gen Dauer teilnehmen werden. Die Hygieneeinrichtungen des in Deutschland gebauten Space-La- boratoriums wurden bereits für Frauen abgeändert. Im Laufe von etwa acht Jahren sind weit über 200 solcher Space-Lab-Flüge in etwa 200 bis 500 Kilometer Höhe geplant, und wir haben uns bereits mit Auswahlkriterien für die weibli- chen Besatzungsmitglieder sowie mit den auftauchenden gynäkologi- schen Fragen auseinandergesetzt.

Die Luftfahrtmedizin und besonders auch die Raumfahrtmedizin erfor-

dern ein weitgehend prophylakti- sches Denken. Möglicherweise ein- tretende Komplikationen müssen frühzeitig vorausgesehen und durch präventive Maßnahmen verhindert werden, bevor sie sich manifestie- ren können. Die jahrelange Be- schäftigung mit diesem Problem- komplex und die hierbei gewonne- nen wissenschaftlichen Erkenntnis- se ließen die Frage aufkommen, wieweit diese Überlegungen zur Präventivmedizin auch auf die Schwangerschaft und den Geburts- ablauf unter normalen Umweltbe- dingungen zur Anwendung kom- men könnten.

Es galt zu prüfen, ob ärztliChes Eingreifen in den spontanen Schwangerschafts- und Geburts- ablauf als präventive Maßnahme den Eintritt in unnötige und ver- meidbare Komplikationen verhin- dern könne. Das bisher gültige Konzept des Geburtshelfers, im wesentlichen beobachtend und ab- wartend bereitzustehen, mußte damit in Frage gestellt werden. Ins- besondere mußte durchdacht wer- den, ob der spontane Eintritt der Geburt wirklich der optimale Zeit- punkt für Mutter und Kind sei. Die vorzeitige Geburt eines unreifen Kindes, die Frühgeburt, ist weltweit für die Höhe der Säuglingssterb- lichkeit verantwortlich. Anderer- seits kann aber auch bei einer ver- längerten Tragzeit die Überreife des Kindes und der Plazenta Ge- fahrensituationen herbeiführen.

Spontaner Geburtsbeginn und opti- male Reife des Kindes gehen, wie wir wissen, häufig nicht parallel.

Es muß sich daher für den Ge- burtshelfer die Aufgabe stellen, die

Hat das Kind r eine optimale Reife erreicht, was heute bei Nutzung der technischen- und Labor-Hilfsmittel zu be- stimmen gut möglich ist, soll- te die Geburt programmiert eingeleitet werden, auch wenn die Mutter zu diesem Zeitpunkt noch keine Ge- burtsreife zeigt. Timing-Stö- rungen zwischen Mutter und Kind sind sehr häufig, was schon die Frühgeburten be- weisen — spontane Geburt bei noch lange nicht reifem Kind — beim richtigen Einlei- ten bei reifem Kind sind Schwierigkeiten seitens der Mutter nicht zu befürchten.

Die Geburt sollte dann tech- nisch überwacht und medika- mentös richtig gesteuert und routinemäßig durch Vakuum- extraktion beendet werden, was wir dann „terminierte Ge- burt" nennen.

Mutter zu einem für das Kind und seine erste Lebensphase optimalen Zeitpunkt der Reife zu entbinden, unabhängig davon, ob die Voraus- setzungen zum Geburtsbeginn bei der Mutter erfüllt sind oder nicht.

Am 16. Juli 1967 entschlossen wir uns erstmalig bei einer Patientin, bei der die Zeichen der Geburtsrei- fe noch nicht vorhanden waren, die Geburt in Gang zu setzen, da uns das Kind ausreichend groß und reif erschien. Wir stützten uns dabei zunächst nur auf die klinische Er- fahrung. Wir leiteten zu dem er- rechneten Geburtstermin ein und die Geburt verlief schnell und kom- plikationslos. Das Kind hatte ein Gewicht von 3400 Gramm und wies alle Zeichen der Reife auf.

Durch diesen Ersterfolg ermutigt, begannen wir in der Folgezeit mit dem Ausbau der Methode. Die Ein- leitung wurde durch eine Dauer- tropfinfusion mit Oxytocin unter gleichzeitiger Sprengung der Fruchtblase erreicht und führte durchweg zu schnellen und kom-

Die programmierte Beendigung der Schwangerschaft

und die terminierte Geburt

Hans Guido Mutke

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 2 vom 13. Januar 1977 93

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Terminierte Geburt

plikationslosen Geburtsverläufen, selbst dann, wenn die Mutter noch keine Zeichen einer beginnenden Spontangeburt zeigte, und auch dann, wenn die Portio noch unreif war und mit einer höheren Dosis von Spasmolytika und einer erhöh- ten Oxytocingabe überwunden werden mußte. Die tyledtkamente wurden unter Kontrolle über intra- venöse Infusionspumpen zugeführt.

Im Jahre 1971 überblickten wir be- reits 127 Geburten und konnten feststellen, daß wir nicht ein einzi- ges Mal mit einer Komplikation bei Mutter oder Kind konfrontiert wur- den, geschweige denn ein Kind verloren hätten*). Inzwischen liegen uns in München die Erfahrungen von weit über 1000 solcher Gebur- ten vor.

Unterdessen hat die rasante Ent- wicklung der Technik im Bereich der Perinatal-Medizin durch Erfas- sung exakter Daten eine bessere Beurteilung des kindlichen Reife- zustandes ermöglicht, als das durch die klinische Erfahrung al- lein möglich war. Die sogenannte

"Programmierte Geburt" wurde von mehreren Frauenkliniken in Deutschland übernommen, und die von uns seinerzeit beobachteten Vorteile des aktiven geburtshilfli- ehen Vorgehans konnten von meh- reren Autoren bestätigt werden.

G. Martius war einer der ersten, der die Methode auf breiter Basis anwendete. Er konnte inzwischen über 2000 Schwangerschaften durch programmierte Geburt been- den und dabei nachweisen, daß sich die perinatale Sterblichkeit er- heblich herabsetzen läßt.

Für die Beendigung des Geburts- ablaufes hatten wir nach den er- sten Erfahrungen in den Jahren 1967 bereits die routinemäßige An- wendung der Vakuumextraktion zur Geburtsverkürzung und Geburtser- leichterung empfohlen und durch- geführt. Wir sind der Meinung, daß

*) Die Ergebnisse über die ersten 127

.,programmierten Geburten" wurden

bereits 1971 mit Herrn Prof. Stoll, Mannheim, und Herrn Prof. Graul, Marburg, diskutiert.

diese Verkürzung der Austrei- bungsperiode zum Vorteil von Mut- ter und Kind auch dann angewen- det werden kann, wenn eine kon- ventionelle Indikation nicht vor- liegt.

Im Gegensatz zu vielen Autoren, die heute solche "programmierten Geburten" durchführen, sind wir auf Grund unserer langen Erfahrungen seit 1967 heute der Meinung, daß man die Geburtsreife der Mutter nicht berücksichtigen, sondern bei erreichter Reife des Kindes die Ge- burt einleiten sollte. Eine Verzöge- rung dieser Einleitung unter amnio- skopischer Kontrolle halten wir für falsch, denn eine Veränderung des amnioskopischen Befundes zeigt an, daß das Kind bereits geschä- digt ist, daß man so also das deut- liche Zeichen eingetretener Kom- plikationen abwartet, bis man sich endlich zum aktiven Vorgehen ent- schließt. Wir verfügen heute über genügend technische Möglichkei- ten zur Reifebestimmung des Kin- des und sind in der Lage, es zu ei- nem optimalen Termin und vor Eintreten einer Plazentainsuffizienz und einer eventuell bereits aufge- tretenen Schädigung zu entbinden.

~ Wir verstehen heute unter "pro- grammierter Geburt" nur noch die geplante Geburtseinleitung zum optimalen Termin für das Kind

~ Unter "terminierter Geburt" ver- stehen wir darüber hinaus den ge- steuerten Ablauf und die Beendi- gung der eingeleiteten Geburt durch Vakuumextraktion.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans Guido Mutke Arzt für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe

Leiter der Arbeitsgruppe

"Die Frau in der Luft- und Raumfahrt" in der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt-Medizin

Leiter der Fliegerärztlichen Untersuchungsstelle München Drygalskial!ee 117

8000 München 71

94 Heft 2 vom 13. Januar 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

IN KÜRZE

Therapie

Den verdächtigen Befund im Ge- sunden zu entfernen, gelang in knapp 63 Prozent von über 413 Ko- nisationen der Cervix uteri, bei de- nen sich in 394 Fällen eine präma- ligne oder maligne Veränderung des Plattenepithels fand. Die un- vollständige Entfernung erfolgte meist endozervikal. Im Anschluß an die Konisation wurden 154 Uteri exstirpiert. Noch 22 Prozent von den Fällen mit scheinbarer Entfer- nung im Gesunden ließen entartete Epithelreste erkennen. ln dem Kol- lektiv mit angeblich unvollständiger Konisation waren dagegen 35 Pro- zent der Uteri frei von Veränderun- gen. Auch bei histologisch freien Schnitträndern des Konus ist lau- fende Nachsorge mit zytologischen Kontrollen erforderlich. Bei jünge- ren Frauen mit Kinderwunsch ist auch bei unvollständiger Entfer- nung des entarteten Epithels unter zytologischen Kontrollen zunächst eine abwartende Haltung gerecht-

fertigt. he

(Kraus, H., Schuhmann, R., Breinl, H., Pi- roth, H.: Geburtsh. u. Frauenheilk. 36 [1976]

439-444)

Eine Fertilitätsvasektomie als vika- riierende Sterilisation des Mannes wurde 1974 in der Urologischen Klinik und Poliklinik der Universität München bei einem Durchgang von etwa 8000 männlichen Patienten nur bei 40 Männern durchgeführt.

Wesentliche Komplikationen, ins- besondere immunologischer Art, wurden nicht beobachtet. Nach- dem alle Versuche einer lediglich temporären Unterbrechung des Ductus deferens fehlgeschlagen sind, schafft die Fertilitätsvasekto- . mie in den meisten Fällen einen ir- reversiblen Zustand. Es empfiehlt sich, für entsprechende Fälle Sper- madepots in Samenbanken anzule- gen. Operative Verfahren zur Re- fertilisierung sind die End-zu-End- Anastomose mittels Vaso-Vaso- stomie oder in besonderen Fällen eine Vaso-Epididymostomie; die Erfolgsquoten liegen zwischen 10

und 30 Prozent. he

(Schmied!, E.: Geburtsh. u. Frauenheilk. 36 [1976]. s. 200-207)

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