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Archiv "Schwangerschaft und Geburt bei Frauen über Vierzig" (13.05.1976)

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Es ist eine altbekannte und in allen Handbüchern unseres Faches her- ausgestellte Tatsache, daß Schwangerschafts-, Geburts- und Wochenbettkomplikationen mit zu- nehmendem Alter der Mutter an- steigen. Schon 1720 hat der franzö- sische‘Geburtshelfer Mauriceau (4)*) darauf hingewiesen und hervorge- hoben, daß von diesen Komplika- tionen im besonderen Maße Erst- gebärende betroffen sind. Die Not- wendigkeit, diesen Altgebärenden

— Robertson (8) spricht sogar et- was taktlos vom „geburtshilflichen Senium" — in der täglichen Praxis besondere Aufmerksamkeit zu schenken, ergibt sich im wesentli- chen aus folgenden drei Gründen:

O In vielen Fällen ist die Schwan- gerschaft durch Begleitkrankheiten kompliziert (Herz- und Gefäßkrank- heiten, Diabetes mellitus usw.).

O Die Geburt muß häufiger als bei jüngeren Gebärenden operativ be- endet werden.

Eindeutig erhöht sind die peri- natale Kindersterblichkeit und die Müttersterblichkeit.

Da die Bemühungen zur Selektie- rung von Risikoschwangeren und zur Intensivbetreuung dieser er- höht gefährdeten Kollektive offen- bar noch nicht überall optimal sind, scheint es gerechtfertigt, die- ser Thematik an Hand eines größe- ren Materials nachzugehen.

Untersuchungsgut

In den Jahren 1958 bis 1973 wur- den an unserer Klinik 367 Frauen

entbunden, die 40 Jahre und älter waren. Das sind 1,42 Prozent aller Entbindungen der analysierten 16 Jahre. Der Anteil der Altgebären- den sank im Verlauf dieser Jahre nur geringfügig von 1,63 Prozent (1958 bis 1961) auf 1,31 Prozent (1970 bis 1973) ab. Diese genann- ten 367 Frauen werden in den fol- genden Ausführungen mit dem Ge- samtkollektiv der in den Jahren 1958 bis 1973 an unserer Klinik ent- bundenen Frauen (n = 25 795) ver- glichen.

Die Altersverteilung der 367 Frauen erläutert Darstellung 1: Die älteste Schwangere, die zur Entbindung kam, war 48 Jahre alt. 57,7 Prozent der Frauen waren 40 und 41 Jahre alt. Nur neun Gebärende oder 2,4 Prozent waren 46 Jahre und älter.

Die Geburtenzahl nimmt also jen- seits von 45 Jahren steil ab. In der in dieser Arbeit berücksichtigten Literatur beträgt das angegebene höchste Gebäralter 49 Jahre. Diese Feststellung dürfte in bezug auf die antikonzeptive Beratung der Frau- en über 45 von Bedeutung sein.

Darstellung 2 gibt die Parität unse- res Patientengutes wieder: 60 Frauen oder 16,3 Prozent sind Erst- gebärende. Diese Gruppe wird im folgenden Teil immer gesondert berücksichtigt werden. Im Laufe der Jahre 1958 bis 1973 konnte in unserem Untersuchungsgut keine wesentliche Zu- oder Abnahme der Zahl der Erstgebärenden über 40 registriert werden. In 18,8 Prozent unseres Kollektivs lag die Parität bei sechs und mehr. Die höchste Parität betrug zwölf.

Schwangerschaft und Entbin- dung bei Frauen über Vierzig sind mit zahlreichen Risiken behaftet. Aufgrund der Analy- se von 367 Gebärenden über 40 Jahren werden als wesent-

liche Komplikationen heraus- gesteilt: hohe Rate von EPH- Gestosen und Diabetes melli- tus, hohe operative Fre- quenz, erhöhte perinatale Kinder- und Müttersterblich- keit. Schwangerschaften bei Frauen über 40 müssen in- tensiv betreut werden. Die Entbindung sollte nur in Kli- niken durchgeführt werden, die den Anforderungen der modernen Geburtsmedizin gerecht werden. Auf die Not- wendigkeit einer eingehen- den antikonzeptiven Bera- tung gerade der Frau über 40 wird nachdrücklich hingewie- sen.

Darstellung 3 gibt den zeitlichen Abstand der 307 Mehr- und Vielge- bärenden zur letzten vorhergegan- genen Entbindung wieder: Interes- sant ist dabei, daß bei rund 38 Pro- zent dieser Frauen die letzte Ent- bindung 11-25 Jahre zurücklag. In vielen dieser Fälle war die neuerli- che Schwangerschaft als uner- wünscht anzusehen.

Bei Frauen über 40 sind Becken- end- und Querlagen mit 8,2 Prozent häufiger als im Gesamtgut mit 5,3 Prozent. Das wird auch im Schrift- tum immer wieder hervorgehoben (3, 5, 6, 7). Dagegen lag die Rate der atypischen Schädellagen in un- serem Material nicht höher.

Häufigkeit untergewichtiger Kinder Die Rate untergewichtiger Kinder (Geburtsgewicht < 2500 Gramm) ist bei den Frauen über 40 mit 12,5 Prozent rund vier Prozent höher als im Gesamtkollektiv mit 8,6 Pro-

*) Die in Klammern gesetzten Zahlen be- , ziehen sich auf das Literaturverzeich-

nis der Sonderdrucke, die beim Ver- fasser angefordert werden können.

Schwangerschaft und Geburt bei Frauen über Vierzig

Günter Scholtes

Aus der Frauenklinik des Rudolf-Virchow-Krankenhauses Berlin (Chefarzt: Dr. Hanns-Werner Boschann)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 20 vom 13. Mai 1976 1377

(2)

61

36 109 103

67

37 24

18

I I im 7

1

1

40 41 42 43 44 45 46 47 48 Jahre 30

20

10

Darstellung 1. Altersverteilung

71 70 69

IV V VI u. mehr

Darstellung 2: Parität

20

60

10

Schwangerschaft bei Frauen über Vierzig

zent. Die Frequenz der unterge- wichtigen Kinder bei Erstgebären- den über 40 betrug zehn Prozent.

Insgesamt gesehen fiel der Pro- zentsatz der untergewichtigen Kin- der bei Frauen über 40 von 16,5 Prozent (1962-1965) auf 11 Pro- zent (1970-1973) allmählich ab, bedingt vor allem durch den deutli- chen Rückgang der echten Frühge- borenen. Im Vergleich zum Ge-

samtkollektiv war bei den Frauen über 40 die Zahl der echten eutro- phen Frühgeborenen (Geburtsge- wicht: < 2500 Gramm, Tragzeit

< 36 Wochen) und ebenso der hypotrophen Kinder (small for date babies mit einem Geburtsgewicht

< 2500 Gramm) prozentual erhöht.

Wenn auch unser Zahlenmaterial relativ klein ist, so ist dennoch als bemerkenswert hervorzuheben, daß auch im Kollektiv der Gebä-

renden über 40 sich ein Trend ab- zeichnet: die Zahl der echten Früh- geborenen ist als Folge der Inten- sivierung der Schwangerenbetreu- ung und der verbesserten thera- peutischen Möglichkeiten (zum Beispiel Tokolyse, Cerclage) rück- läufig, während die Zahl der hypo- trophen (small for date) Kinder zu- nimmt. Im Zeitalter der Wehenhem- mer ist dies — ein auch von ande- ren Autoren registriertes — beach- tenswertes Phänomen.

Entbindungsmodus

Die Frequenz der operativen Ent- bindungen (Vakuum- und Zangen- entbindungen, halbe und ganze Extraktionen, Schnittentbindungen) liegt bei den Frauen über 40 mit 26,7 Prozent fast doppelt so hoch wie im Gesamtkollektiv mit 13,9 Prozent (Darstellung 4). Keine we- sentlichen Unterschiede fanden wir in bezug auf Vakuumextraktionen, Forzepsentbindungen und halbe Extraktionen. Die Zahl der ganzen Extraktionen war mit 1,36 Prozent etwa vierfach höher als im Gesamt- patientengut. Die Häufigkeit der Schnittentbindungen ist mit 18,26 Prozent fast dreifach erhöht. Be- sonders eindrucksvoll ist mit 46,7 Prozent die hohe Rate von operati- ven Entbindungen bei den Erstge- bärenden über 40. Jede dritte Erst- gebärende über 40 wurde durch Kaiserschnitt entbunden. Die Lite- raturangaben über die Sektiohäu- figkeit bei alten Erstgebärenden schwanken zwischen 6,8 und 37,7 Prozent (1,2); die gesamte operati- ve Frequenz dieser Patientengrup- pe liegt zwischen 18 und 77 Pro- zent (1). Gerade bei alten Erstge- bärenden entschließt sich der Ge- burtshelfer mit Recht großzügiger zur operativen Geburtsbeendigung, um das Risiko für das Kind klein zu halten, da die Jahre der Frucht- barkeit für die älteren Frauen nur noch sehr begrenzt sind.

Hauptindikationen zur Schnittent- bindung bei Gebärenden über 40 sind in unserem Material (n = 67):

0 Hohes Gebäralter (27mal), da- von 22mal bei Erstgebärenden, >

(3)

20

78 76

31

10 1-5 6-10 11-15 16-20 20 Jahre 10

Spontangeburt 86,08% 73,30% 53,33%

op. Geburten 13,92% 26,70% 46.67%

VEH-F 3,55% 3,81% 10.00%

1/2 E 3,44% 3,27./o

1/1 E 0,38% 1,36%

Sectio 6,55% 18.26% 36,67./o

Gesamtgut n = 26094 Kinder

Frauen über 40 n = 367

Ers para über 40 n 60

Darstellung 4: Operative und spontane Entbindungen bei Gebärenden über 40 im Vergleich zum Gesamtpatientengut

• drohende kindliche intrauterine Asphyxie (20mal),

• Wehenschwäche und/oder Ge- burtsstillstand (10mal),

O drohende Eklampsie und Eklampsie (10mal).

Genetische Probleme bei Altgebärenden

Bei vier der Kinder unseres Kollek- tivs (= 1,1 Prozent) wurde ein Morbus Down diagnostiziert. Die Chromosomenanalyse ergab in al- len vier Fällen eine Trisomie 21.

Die Mütter dieser Kinder hatten ein Alter von 42 (zweimal), 43 und 45 Jahren. Gerade der Morbus Down zeigt eine strenge Korrelation zum Alter der Mutter: bei einem Alter der Mütter von 40 bis 44 Jahren ist mit einer Häufigkeit von 1:100 mit der Geburt eines mongoloiden Kin- des zu rechnen, während vom 45.

Lebensjahr an dieses Risiko auf 1:46 anwächst (zitiert nach Lenz:

Medizinische Genetik).

Die angeführten Zahlen lassen eine pränatale genetische Diagnostik bei jeder Schwangeren über 40 als ratsam und sinnvoll erscheinen.

Nach Schätzungen von Sperling würde das etwa jährlich 20 000 ge- netische Untersuchungen in der Bundesrepublik Deutschland erfor- derlich machen. Dies übersteigt bei weitem die im Augenblick vor- handene Kapazität der genetischen Untersuchungsstellen. Da außer- dem die Amniozentese für die jun, ge Schwangerschaft ein gewisses Risiko darstellt, wird man wahr- scheinlich heute im allgemeinen — als Kompromiß — in der Praxis so vorgehen, bei einer 40jährigen Erstgravida mit dringendem Kin- derwunsch nicht unbedingt eine pränatale genetische Diagnostik anzustreben. Unbedingt erforder- lich ist eine genetische Untersu- chung jedoch zur frühzeitigen Er- kennung eines möglichen Wieder- holungsfalles. Das Wiederholungs- risiko Mongolismus liegt bei ein bis zwei Prozent und übersteigt damit das Risiko der Amniozentese (ca.

ein Prozent).

Perinatale Sterblichkeit

33 der 367 Kinder sind in der Perinatalperiode verstorben; das entspricht einer ungereinigten Sterblichkeitsquote von neun Pro- zent. Sie liegt damit über dreimal höher als im Gesamtmaterial mit 2,8 Prozent (Darstellung 5).

18, das sind 54,5 Prozent der ver- storbenen Kinder waren unterge- wichtig 2500 Gramm), während 15 oder 34,5 Prozent, schwerer als 2500 Gramm waren. Dieser hohe Anteil von Reifgeborenen ist be- merkenswert, denn im Gesamtkol- lektiv waren nur rund 25 Prozent der verstorbenen Kinder schwerer als 2500 Gramm. Von den Erstge- bärenden über 40 verstarben nur 3 Kinder, das heißt fünf Prozent, pe- rinatal. Sie hatten ein Gewicht von weniger als 2000 Gramm.

Kein reifes Kind einer Erstgebären- den über 40 ist perinatal verstor- ben. Das dürfte im wesentlichen

auf die intensivere Schwangeren- betreuung und auf die großzügige- re Indikationsstellung zur Schnitt- entbindung zurückzuführen sein.

Die Angaben im Schrifttum über die perinatale Sterblichkeit von Kindern alter Erstgebärender schwanken zwischen 2,6 und 14,1 Prozent (1, 2, 7).

Interessant ist weiter die Verschie- bung des Zeitpunktes des perinata- len Absterbens im Vergleich zum Gesamtkollektiv: Rund 58 Prozent der perinatalen kindlichen Todes- fälle bei Frauen über 40 ereigneten sich ante partum oder sub partu im Vergleich zu 38 Prozent im Ge- samtgut aller verstorbenen Kinder des analysierten Zeitraumes. Die Hauptursache dafür dürfte in der hohen Rate von Plazentainsuffi- zienzen als Folge der Häufung von schweren EPH-Gestosen zu su- chen sein.

Insgesamt gesehen ist für die hö- here kindliche perinatale Sterblich-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 20 vom 13. Mai 1976 1379

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Darstellung 5: Perinatale kindliche Sterblichkeit

1958-61 1962-65 1966-69 1970-73

ungereinigte Sterblichkeit gereinigte Sterblichkeit

Frauen über 40 (n = 367) 13

10

5

--- »<> ---

Gesamtgut (n = 26 094)

Darstellung 6: Perinatale kindliche Sterblichkeit in einzelnen Zeitabschnitten (1958 bis 1975)

Eungereinigte gereinigte 9 --

Gesamtkollektiv Frauen über 40 n = 26 094 n = 367

I Para über 40 n = 60 Schwangerschaft bei Frauen über Vierzig

keit bei Gebärenden über 40 ein- mal die höhere Rate von unterge- wichtigen Kindern verantwortlich;

daneben sind jedoch die höhere Parität (6) und die große Zahl von EPH-Gestosen von wesentlicher Bedeutung. Von den untergewichti- gen Kindern (n = 46) sind 18, das heißt 39,1 Prozent, und von den Reifgeborenen (n = 321) sind 15 Kinder, oder 4,6 Prozent, perinatal verstorben, die entsprechenden Bezugszahlen im Gesamtkollektiv

sind 23,9 Prozent für die unterge- wichtigen Kinder und 0,79 Prozent für die reifen Kinder.

Sehr anschaulich stellt Darstellung 6 die perinatale Sterblichkeit des Gesamtgutes der 16 Berichtsjahre der kindlichen Sterblichkeit bei Gebärenden über 40 gegenüber. In beiden Kollektiven ist ein deutli- cher allmählicher Rückgang zu re- gistrieren, der jedoch bei den Frauen über 40 infolge des relativ

kleineren Patientengutes nicht so klar zum Ausdruck kommt.

Eine Häufung von Placenta-praevia- Fällen bei Altgebärenden — wie in der Literatur angegeben (3, 6) — konnte in unserem Material eben- sowenig beobachtet werden wie eine Zunahme von in der Nachge- burtsperiode (1) oder im Wochen- bett (1,7) auftretenden Komplikatio- nen.

EPH-Gestose und Diabetes mellitus An Schwangerschaftskomplikatio- nen sind bei Frauen über 40 vor al- lem EPH-Gestosen und Diabetes mellitus zu nennen (Darstellung 7).

Fast 50 Prozent der Altgebärenden wiesen eine EPH-Gestose (Grup- pen 1-1V nach Rippmann) auf, während im Gesamtpatientengut diese Komplikation nur in 8,5 Pro- zent gefunden wurde.

Herauszustellen ist weiter, daß vor allem die schweren polysymptoma- tischen Gestosen überwiegen; das kommt auch in der höheren Rate von drohenden Eklampsien und von Eklampsien zum Ausdruck.

Eklampsien kamen bei Frauen über 40 sechsmal häufiger als im Ge- samtkollektiv vor. Zu erwähnen ist jedoch, daß sich im Verlaufe des Berichtszeitraumes (1958 bis 1973) auch bei den Frauen über 40 ein deutlicher Gestaltwandel der EPH- Gestosen abzeichnet: Als Folge der besseren und intensiveren Schwangerenvorsorge nehmen die schweren polysymptomatischen Gestosen, die drohenden Eklamp- sien und Eklampsien relativ ab, während die leichteren EPH-Gesto- sen, vor allem die monosymptoma- tischen Fälle relativ zunehmen. Die gesamte Gestosefrequenz ist dabei jedoch annähernd gleich geblie- ben.

Die Häufung von schweren EPH- Gestosen dürfte die wesentliche Ursache für die verhältnismäßig hohe Zahl der ante- und subparta- len kindlichen Todesfälle bei Frau- en über 40 sein. 23 der 33 Frauen, das sind 69,7 Prozent, mit perinatal verstorbenen Kindern weisen eine

(5)

0,14%

Eklampsie

Diabetes mell. 0,35%

drohende Eklampsie

und Eklampsie 0,29% 10 = 2,72%

3 = 0,82%

11T 3 0/0

Müttersterblichkeit

20 = 0,77%0 3 — 8,17%

Gesamtkollektiv n = 25 795

Frauen über 40 n — 367

Darstellung 7: EPH-Gestosen und Diabetes mellitus bei Frauen über 40 im Vergleich zum Gesamtkollektiv der Frauen mit Einfingen

Darstellung 8: Müttersterblichkeit EPH-Gestose auf. Von den 15 Müt-

tern mit reifen verstorbenen Kindern hatten zwölf eine schwere Gestose.

Auch die Zahl der latenten und ma- nifesten Diabetesfälle ist in der Gruppe der Schwangeren über 40 mit drei Prozent im Vergleich zum Gesamtpatientengut deutlich er- höht.

Müttersterblichkeit

Drei der 367 Mütter = 8,17 Promille sind im Zusammenhang mit der Entbindung verstorben, während im Gesamtgut der 15 Jahre 20 Müt- ter = 0,77 Promille ad exitum ka- men (Darstellung 8):

Die drei mütterlichen Todesfälle stammen aus den Jahren 1958, 1961 und 1962. Die Frauen hatten nicht die klinikeigene Schwange- renberatung besucht; sie kamen erstmals zur Entbindung in die Kli- nik: zwei in ausgeblutetem Zustand (vorzeitige Plazentalösung in der 37. Schwangerschaftswoche; Pla- centa praevia in der 39. Schwanger- schaftswoche), die dritte Patientin (1958) mit hohen Temperaturen schon bei der Aufnahme (39.

Schwangerschaftswoche). Wegen protrahierten Geburtsverlaufes und Verlangsamung der kindlichen Herztöne erfolgte der Kaiser- schnitt, die Patientin verstarb an einer Puerperalsepsis.

Alle drei Todesfälle ereigneten sich im Zusammenhang mit einer Schnittentbindung. Sie sind auf schwangerschaftsabhängige Kom- plikationen zurückzuführen, wenn auch in einem Fall ein bereits vor der Schwangerschaft existenter Hypertonus und ein Diabetes melli- tus erschwerend hinzukamen.

Im Gegensatz dazu wird in der Li- teratur hervorgehoben, daß die mütterlichen Todesfälle bei Altge- bärenden vielfach auf schwanger- schaftsunabhängige, vom Lebens- alter beeinflußte Begleitumstände wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leber- und Nierenerkrankungen, Stoffwechselstörungen usw. zu- rückzuführen seien (1).

Konsequenzen für die Praxis Die Ergebnisse bestätigen erneut, daß man berechtigt ist, Schwan- gerschaften bei Frauen über 40 als Risikoschwangerschaften heraus- zustellen. Weiter läßt sich feststel- len, daß Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen häufiger sind, und daß operative Entbindun- gen daher oft unumgänglich sind.

Für die tägliche Praxis ergeben sich aus unserer Untersuchung fol- gende Schlußfolgerungen:

0

Die Bedeutung des Alters der Mutter bei der Erfüllung generati- ver Wünsche ist sowohl in der Öf- fentlichkeit wie auch in der indivi- duellen Beratung immer wieder herauszustellen. Die Sozialstruktur unserer Gesellschaft sollte so ge- staltet werden, daß es allen Bevöl- kerungsschichten möglich wird, für die gewünschte Nachkommenschaft bereits weit vor dem 40. Lebens- jahr zu sorgen.

Jede Schwangere über 40 gilt per se als Risikoschwangere. In- tensivbetreuung ist daher unerläß- lich. Eine pränatale genetische

Diagnostik wäre wünschenswert.

Die Entbindung sollte nur in einer Klinik durchgeführt werden, die nach den Erkenntnissen der mo- dernen Geburtsmedizin ausgestat- tet ist. Nur so sind die Risiken für Mutter und Kind deutlich zu redu- zieren.

o

Eingehende Aufklärung und in- dividuelle Beratung über schwan- gerschaftsverhütende Maßnahmen (hormonale Kontrazeption, Intra- uterinspirale, Sterilisation) zur Ver- meidung unerwünschter Schwan- gerschaften sind vordringliche so- zialmedizinische Aufgaben jedes Arztes. Das gilt — eben wegen des hohen Risikos — ganz besonders bei der Betreuung von Frauen über 40.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Günter Scholtes Städtisches

Rudolf-Virchow-Krankenhaus Gynäkologisch-

Geburtshilfliche Abteilung Postfach 65 02 69

1000 Berlin 65

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