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B R E N N P U N K T

18 Physik Journal 17 (2018) Nr. 1 © 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

der Teilchenintensität bei etwa 60 EeV vorher. Der GZK-Effekt rührt daher, dass die extrem hoch- energetischen Protonen der Pri- märstrahlung mit den Photonen des kosmischen Mikrowellenhin- tergrunds kollidieren können, die in ihrem Ruhesystem zu harter Gammastrahlung „blauverschoben“

sind. Oberhalb von etwa 3 EeV können die Protonen in diesen Kollisionen Elektron-Positron- Paare erzeugen, oberhalb von etwa 60 EeV sogar Pionen. Diese Ver- lustmechanismen begrenzen die freie Weglänge auf drei Milliarden Lichtjahre bei 3 EeV bzw. 300 Milli- onen Lichtjahre bei 60 EeV.

Die Unterdrückung der Teil- chenintensität für Protonen bei etwa 60 EeV nachzuweisen, ist dadurch erschwert, dass die Zu- sammensetzung kosmischer Strah- lung schwierig zu bestimmen ist.

Grundsätzlich unterscheiden sich die Luftschauer von Protonen von denen schwererer Kerne gleicher Ener gie, doch die Entwicklung der Luftschauer fluktuiert zu stark, um verlässliche Aussagen zu einzelnen Schauern treffen zu können. Schwe- re Kerne wie Kohlenstoff oder Eisen unterliegen dem GZK-Effekt erst weit oberhalb von 60 EeV, fragmen- tieren aber durch Kollisionen mit sechs Teleskope am Rand des Mess-

feldes. Sie weisen das schwache tiefblaue Fluoreszenzlicht nach, zu dem die geladenen sekundären Teilchen den Stickstoff der Luft anregen. Da schwere Kerne we- niger tief in die Atmosphäre ein- dringen als Protonen, beginnt die Lichtemission weiter oben, sodass die gemessene Höhe des Lichtmaxi- mums Aussagen über die Masse der Primärteilchen erlaubt.

Das Ziel des Auger-Observa- toriums ist es, die Primärteilchen der kosmischen Strahlung mit bisher unerreichter Güte zu rekons- truieren und insbesondere den

„Greisen-Zatsepin-Kuzmin-Effekt“

(GZK) nachzuweisen. Dieser sagt für Protonen eine Unterdrückung

D

ie Wissenschaftler und Tech- niker am Large Hadron Col- lider müssten eigentlich vor Neid erblassen: Während sie daran arbei- ten, die Strahlenergie von 7 TeV auf 14 TeV zu erhöhen, gelingt es der Natur ohne Schwierigkeiten, die Atomkerne der kosmischen Strah- lung auf eine millionenfach höhere Energie zu beschleunigen [1]. Wie und wo dies geschieht, ist eine der wichtigen Fragen der modernen Physik. Ihrer Beantwortung scheint man nun mit neuesten Messungen des Pierre-Auger-Observatoriums nähergekommen zu sein.#) Diese zeigen eine ausgeprägte Anisotropie der Teilchenintensität bei Energien oberhalb von 8 Exa elektronenvolt (1 EeV = 1018 eV) [2], die auf einen extragalaktischen Ursprung der kosmischen Strahlung mit höchst en Energien hindeutet.

Hochenergetische kosmische Strahlung erzeugt durch Wech- selwirkung mit Atomkernen des atmosphärischen Gases einen Schauer von Sekundärteilchen („Luftschauer“). Beim Auger- Observatorium registrieren ins- gesamt 1600 Detektor-Tanks die kurzen Lichtblitze, welche die Teilchen eines Luftschauers im Tank auslösen (Cherenkov-Licht).

Hieraus lässt sich auf die Energie der Primär teilchen schließen, nicht aber auf ihre Masse, sodass sich nicht zwischen Protonen und schwereren Kernen unterscheiden lässt. Diese Unterscheidung leisten

Auf die Quellen kommt es an

Beobachtungen deuten darauf hin, dass der Ursprung kosmischer Strahlung bei höchsten Energien außerhalb unserer Galaxis liegt.

Das Auger-Observatorium besteht aus 1600 solcher Cherenkov-Tanks und umfasst eine Fläche von 3000 Quadratmetern in der argentinischen Pampa Amarilla.

S. Jorda

#) Mehr zum Auger-Ob- servatorium im Physik Journal, März 2014, S. 29

Abb. 1 Die Intensitätsverteilung des Teil- chenflusses, hier in galaktischen Koordi-

naten, zeigt ein Defizit in Richtung des galaktischen Zentrums (Stern).

a

90

0 km–2 sr–1 yr–1

360

–90

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

0,46

0,42

0,38

nach [3]

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B R E N N P U N K T

© 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 17 (2018) Nr. 1 19 dem Mikrowellenhintergrund und

sind so ebenfalls unterdrückt. Mit dem Auger-Observatorium haben Messungen tatsächlich einen Abfall des Teilchenflusses bei etwa 60 EeV ergeben. Gleichzeitig lässt sich aber keine eindeutig von leichten Teilchen wie Protonen dominierte Zusammensetzung nachweisen.

Ob der Abfall des Flusses also dem GZK-Effekt zuzuschreiben ist, einer starken räumlichen Ungleichver- teilung der kosmischen Teilchen- beschleuniger oder möglicherweise ihrer Energiegrenze, ist daher heute noch nicht zu beantworten.

Auf die Quellen der kosmischen Strahlung mit höchsten Energien kommt es also an. Grundsätzlich sollte man in Richtung der Quellen eine höhere Intensität erwarten.

Allerdings bewegen sich die Pro- tonen und schwereren Atomkerne im interstellaren Magnetfeld, was zu einer Kreisbewegung um dessen Feld linien (Gyration) führt. Inner- halb unserer Milchstraße beträgt der Gyrations- oder Larmor-Ra- dius eines Atomkerns der Energie 60 EeV und der Ladungszahl Z etwa (6 kpc)/Z. Für Protonen mit Z = 1 fällt er geringer aus als der Ab- stand der Sonne vom galaktischen Zentrum. Daher sind für Protonen Ablenkungen von einigen zehn Grad und für schwere Kerne stark beeinflusste Trajektorien zu erwar- ten. Erste Messungen ergaben in der Tat eine leicht erhöhte Intensi- tät kosmischer Strahlung oberhalb 50 EeV aus Richtungen, in denen man auch aktive Galaxienkerne innerhalb von 200 Millio nen Licht- jahren beobachtet, von denen die Teilchen stammen könnten. Inter- essant war dieser frühe Befund, weil nur sehr leichte Kerne eine so geringe Ablenkung aufweisen dürf- ten, dass eine Richtungskorrelation mit ihren Quellen beobachtbar wäre. Nur für diese leichten Kerne sollte auch der GZK-Effekt auf- treten und die Mehrdeutigkeit der beobachteten Flussunterdrückung aufgehoben sein. Eine Analyse von 2010 zeigt aber, dass diese Korrelati- on nicht signifikant ist und die kos- mische Strahlung höchster Energie nicht einer bestimmten Quellklasse zuzuordnen ist [3].

Die Auger-Kollaboration hat nun ihre neuesten Messungen der Anisotropie bei Teilchenenergien oberhalb von 8 EeV vorgestellt [2].

Die Wahl der Energie unterhalb der Schwellenenergie für Pionen- erzeugung erweitert den Horizont bis zu einer Entfernung von einigen Milliarden Lichtjahren. Aufgrund der Vielzahl möglicher Quellen wird so eine Zuordnung zwar schwierig, aber dafür ergeben sich eine Reihe von Vorteilen. Zum einen ist die Zahl der auch mit der Fluoreszenztechnik beobachteten Ereignisse so hoch, dass sich die am besten gemessenen Teilchen mit geringer Messunsicherheit unter- suchen lassen. Zum anderen sind die Larmor-Radien der Teilchen so klein, dass selbst Protonen in der Milchstraße sehr stark abgelenkt werden [4]. Auch im intergalak- tischen Transport sind gekrümmte Trajektorien zu erwarten.

Wenn kosmische Strahlung bei Energien um 8 EeV in der Milch- straße selbst erzeugt würde, müsste man eine großskalige Anisotropie mit einem Intensitätsmaximum in Richtung der inneren Galaxie beobachten. In der Tat zeigt sich dies bei niedrigeren Energien zwischen 1 PeV und 1 EeV [5]. Die jetzt mit Auger bei etwa 8 EeV gefundene dipolare Aniso tropie weist ihr Intensitätsmaxi mum hin- gegen etwa 120° vom galaktischen Zentrum entfernt in Richtung der äußeren Galaxie auf (Abb. 1). Dies

ist ein starker Hinweis darauf, dass kosmische Strahlung oberhalb von 1 EeV extragalaktischen Ursprungs ist. Die wahre Amplitude der An- iso tropie sollte noch etwas höher als die gemessenen sechs Prozent sein, da der Transport der Teilchen im galaktischen Magnetfeld die Anisotropie etwas verschmieren und verschieben sollte.

Die gemessene dipolare An- iso tropie kann nicht auf Eigen- bewegung der Milchstraße oder des Sonnensystems zurückgehen, da die betreffenden Geschwin- digkeiten viel zu gering sind. Sie entsteht wahrscheinlich durch eine Ungleichverteilung der extragalak- tischen Quellen kosmischer Strah- lung. Hier stellt sich die Frage, wel- che Objektklasse die dazu passende räumliche Verteilung hat.

Nun gilt es, die aktuellen Ergeb- nisse mit weiteren Untersuchungen zur Elementzusammensetzung und zur Ablenkung kosmischer Strah- lung in der Milch straße zu verbin- den, um ihrem wahren Ursprung noch näher zu kommen.

Martin Pohl [1] J. Linsley, Phys. Rev. Lett. 10, 146 (1963) [2] A. Aab et al. (The Pierre Auger Collabo-

ration), Science 357, 1266 (2017) [3] P. Abreu et al., Astropart. Phys. 34, 314

(2010)

[4] R. Jansson und G. R. Farrar, Astroph. J.

757, 14 (2012)

[5] M. G. Aartsen et al. (IceCube Collabora- tion, Astroph. J. 866, 220 (2016); KT. An- toni et al. (KASCADE Collaboration), Nucl. Part. Phys. Proc. 279-281, 56 (2016)

Schneller Fall mit Falten

Forscher der TU München haben die Strömungsdynamik des Sprungs des österreichischen Extremsportlers Felix Baum gartner aus fast 39 km Höhe un- tersucht. Dieser hatte 2012 nicht nur die Schallgeschwindigkeit von etwa 1200 km/h erreicht, sondern war sogar um 25 Prozent schneller. Eigentlich sollte der Springer nicht schneller fal- len als ein glatter symmetrischer Kör- per. Eingesetzt in die theoretische Ana- lyse zeigten die aufgenommenen Da- ten wie Druck und Temperatur aber, dass gerade die Dellen und Falten des Sprunganzugs den Luftwiderstand fast halbiert haben. Das lässt sich zukünftig vielleicht im Flugzeugbau anwenden.

M. Guerster und U. Walter, PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0187798 (2017)

Ultrakalte Neutronen en masse Der Forschungsreaktor TRIGA der Uni- versität Mainz produziert seit etwa zehn Jahren ultrakalte Neutronen für die Grundlagenforschung. Nach einem Upgrade der Anlage ist es nun gelun- gen, die Ausbeute um den Faktor 3,5 zu steigern. Damit liegen bis zu 8,5 ultra- kalte Neutronen (UCN) pro Kubikzenti- meter vor – ein Spitzenwert im interna- tionalen Vergleich. Die UCN erlauben es, mithilfe von Hochpräzisionsmes- sungen die Eigenschaften freier Neu- tronen exakt zu bestimmen. Insbeson- dere für die Lebensdauer war bisher die Intensität der UCN ein limitierender Faktor. Das sollen zukünftige Messun- gen am Mainzer TRIGA-Reaktor ändern.

J. Kahlenberg et al., Eur. Phys. J. A 53, 226 (2017)

K U R Z G E FA S S T

Prof. Dr. Martin Pohl, Institut für Physik & Astronomie, Universität Potsdam Karl-Liebknecht- Straße 24/25, 14476 Potsdam

Referenzen

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