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Archiv "Hans Wolf Muschallik wird Siebzig" (28.05.1981)

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Die Information:

Bericht und Meinung

tion der niedergelassenen Ärzte untereinander voraus. Bei der Überweisung vom Praktiker zum Gebietsarzt müsse sichergestellt sein, daß der Patient auch wieder zum überweisenden Arzt zurück- kehrt. Nicht der Krankenschein, sondern die fachliche Kapazität der ambulanten Praxis müsse bes- ser genutzt werden, zumal, wie Bausch besonders hervorhob, die erhöhte Facharztdichte bessere personelle Voraussetzungen für eine intensivere ambulante Dia- gnostik und Therapie geschaffen hat als je zuvor.

Zustimmung erhielt Bausch auch für seine Feststellungen, oh- ne mindestens zweijährige Berufs- praxis nach dem derzeitigen Ex- amen sei ein junger Arzt nicht be- fähigt, verantwortungsvoll und ri- sikolos so viel ambulant wie mög- lich zu arbeiten, oder: alle nieder- gelassenen Ärzte müßten bereit sein, bei Nacht und an Sonn- und Feiertagen einen Bereitschafts- dienst zu leisten, der die nicht not- wendigen Krankenhauseinweisun- gen durch die Notfalldienste redu- ziert.

Ebenso notwendig ist nach Kooperation zwischen niederge- lassenen Ärzten und den Kollegen Bausch eine Intensivierung der

am Krankenhaus. Hierdurch kön- ne auch die Verweildauer gesenkt werden, wobei Bausch auch den Krankenhausverwaltungen ziem- lich deutlich die Leviten las: Im Zeitalter des Kostendrucks sei es nicht mehr zu verantworten, wenn der Stationsarzt für schnelles Ent- lassen eines Patienten nicht be- lohnt, sondern „bestraft" wird;

wenn die personelle Ausstattung eines Krankenhauses an der Zahl der jährlich belegten Betten ge- messen wird statt an der geleiste- ten Arbeit. Schließlich sei es be- denklich, daß, wie Bausch berich- tete, bei einem Krankenhausbrand im süddeutschen Raum kürzlich fast 75 Prozent der Patienten ohne weiteres und auf der Stelle in die ambulante Weiterbehandlung ent- lassen werden konnten .. .

• Fortsetzung auf Seite 1090

Hans Wolf Muschallik wird Siebzig

Kurz vor seinem 70. Geburtstag mit noch mehr Stimmen zum Er- sten Vorsitzenden gewählt denn als Fünfundsechzigjähriger, er- weist sich Muschallik als so vital wie eh und je. Seine Persönlich- keit prägt weiterhin die Politik der KBV; seine Zielbewußtheit, aber auch seine Flexibilität; sein Behar- rungsvermögen, aber auch seine Fähigkeit zum Kompromiß; seine mitreißende und ausdauernde Energie. Wenn sich Muschallik überhaupt in den letzten fünf oder zehn Jahren verändert hat, dann nur um ein weiteres Positivum:

Souveränität, nicht nur in der Be- herrschung des Stoffes, aus dem Gesundheits-, Sozial- und ärztli- che Berufspolitik gemacht wer- den, sondern auch im Umgang mit Feind und Freund; eine souveräne Beherrschung auch der Emotio- nen, die hochsteigen könnten bei so manchem Winkelzug der Poli- tik, aber auch bei so mancher At- tacke aus anderen Interessenkrei- sen (man denke nur an eine gewis- se „medizinische" Boulevardpres- se). Er ist gewappnet durch die ihn

Man hat sich daran gewöhnt, daß neuerdings wieder, wie in frühe- ren Epochen der Geschichte, den großen alten Männern die Verant- wortung für Gruppen, Völker, Staaten anvertraut wird. Die Apostrophierung Dr. Hans Wolf Muschalliks als eines großen alten Mannes der kassenärztlichen Be- rufspolitik liegt nahe— aber zu die- sem Mann paßt das Wort „alt"

nicht, jedenfalls nicht in dem heu- te eher mißachtenden Sinne.

Was ein paar Kritikaster zu Anfang dieses Jahres flüsternd gegen die

— am 21. März mit so überwältigen- der Mehrheit erfolgte — Wieder- wahl zum Ersten Vorsitzenden der

Kassenärztlichen Bundesvereini- gung vorzubringen hatten, wird am 4. Juni Faktum: Hans Wolf Mu- schallik vollendet das siebente Le- bensjahrzehnt.

Seit 1946 in Köln als niedergelas- sener Internist in eigener Praxis tätig, wurde er 1948 Vertragsarzt für die Ersatzkassen, und erst 1951 — ein Jahr, nachdem er den

„Verband der Niedergelassenen 1941 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen; dreimal verwundet (Eisernes Kreuz II. und I. Klasse), rettete ihm die Abkommandierung auf einen „verlorenen Posten"

vermutlich das Leben, weil er so der Vernichtungsschlacht ent- ging, die um die Stadt Stalingrad entbrannte, in der Muschallik zu- vor monatelang Dienst getan hat- te. Schicksal, Fügung, Zufall? Das fragte sein Freund Friedrich Vo- ges, der inzwischen verstorbene Ehrenvorsitzende der KBV, in sei- ner Laudatio zum 65. Geburtstag Muschalliks (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT Heft 23/1976). Die Frage mag sich jeder selbst beantwor- ten, der den konsequenten Le- bensweg Muschalliks verfolgt:

Hans Wolf Muschallik wurde am 4. Juni 1911 in Bismarckhütte in Oberschlesien geboren. Er wuchs in Krefeld auf und machte dort das Abitur. Medizin studierte er in Frei- burg, Jena, München und Köln, wo er sein Staatsexamen absol- vierte und promovierte. Muschal- lik, der aus einer Bergmannsfami- lie stammt, begann auch seine be- rufliche Laufbahn bei den „Män- nern unter Tage". In der Klinik

„Bergmannsheil" in Bochum ar- beitete er zunächst als Assistent unter Prof. Bürkle de la Camp auf der internen neurologischen Ab- teilung bei Prof. Reichmann.

tief durchdringende Überzeugung

— von außen beurteilt: in der durch die Fakten gerechtfertigten Ge- wißheit —, das Richtige für die Kas- senärzteschaft und deren Patien- ten nicht nur zu wollen, sondern auch zu tun.

El

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 22 vom 28. Mai 1981 1087

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

Nichtkassenärzte" mitgegründet hatte und dessen erster Vorsitzen- der geworden war — bekam er die Zulassung zu den RVO-Kassen.

Sein weiterer berufspolitischer Werdegang in Stichworten: Von 1952 bis 1957 war Dr. Muschallik Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein und Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer; 1959 übernahm er den Vorsitz der Be- zirksstelle Köln der Kassenärztli- chen Vereinigung Nordrhein; 1960 wurde er Vorsitzender der KV Nordrhein und Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesver- einigung; 1968 Zweiter und 1969 Erster Vorsitzender der KBV. Die- ses Mandat hat er seitdem unun- terbrochen inne.

Die knappen Daten markieren nur den Ablauf, sagen aber nichts über den reichen Inhalt dieses Le- bens aus, das sich in drei Jahr- zehnten mehr und mehr der Be- rufspolitik zuwandte. Muschallik hat sich dabei viele Verdienste er- worben: in den fünfziger Jahren um den Zugang zur Berufsaus- übung für alle zulassungswilligen Ärzte, die die gesetzlich vorge- schriebenen Voraussetzungen er- füllten; in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre und seitdem im- mer wieder um die Erhaltung des Kassenarztrechts, um die ambu- lante ärztliche Behandlung der Versicherten und ihrer Familien- angehörigen durch freipraktizie- rende Kassenärzte, um deren Ver- tragsfreiheit und Selbstverwal- tung; in den sechziger Jahren um die Einzelleistungshonorierung kassenärztlicher Tätigkeit; in den siebziger Jahren bei der Einfüh- rung und Entwicklung präventiver Maßnahmen als Pflichtleistung der sozialen Krankenversicherung, bei der Verbesserung der kassenärztli- chen Versorgung dort, wo Engpäs- se aufgetreten waren, wie über- haupt bei der stetigen Weiterent- wicklung und Verbesserung der kassenärztlichen Versorgung auf wissenschaftlich fundierter Basis.

Das jüngst vergangene Jahrfünft war gekennzeichnet von span-

nungsvollen Auseinandersetzun- gen nicht nur „mit Funktionären, Journalisten und Verbänden", wie es die Zeitschrift der Ortskranken- kassen anläßlich seines 65. Ge- burtstages einmal konstatiert hat- te, sondern mit einer immer mäch- tiger werdenden politischen Ten- denz, das freiheitlich-soziale Sy- stem der Krankenversorgung in der Bundesrepublik Deutschland abzubauen.

In dieser Auseinandersetzung hat sich Muschallik aufs höchste be- währt, indem er prinzipientreu — über eine bei kluger Abwägung als erfolgreich anzuerkennende kas- senärztliche Interessenvertretung hinäus — das verteidigte und damit der Ärzteschaft wie der Bevölke- rung bis heute sicherte, was er selbst in einem seiner ersten gro- ßen öffentlichen Referate (beim 56. Deutschen Ärztetag in Lindau 1953!) als wesentlich postuliert hatte, nämlich „die Befestigung der Stellung des Arztes im System der Krankenversicherung". Diese

„Befestigung" hatte das jahrelang beratene und schließlich 1955 ver- abschiedete Kassenarztgesetz be- zweckt und realisiert, aber — so Muschallik — „nicht um des Arztes willen, sondern vorwiegend im In- teresse einer möglichst vollkom- menen, auf ein persönliches Ver- trauensverhältnis gegründeten ärztlichen Versorgung der Versi- cherten".

Für Muschallik war schon 1953 transparent:

„Die Entwicklung der sozialen Si- cherheit und der zu ihrer Verwirk- lichung notwendigen Einrichtun- gen stößt immer wieder auf das Problem, ob die mit jedem System einer sozialen Krankenversiche- rung anscheinend unlösbar ver- bundene kollektivistische Ten- denz geeignet oder sogar bestrebt ist, das Wirken freiberuflich tätiger Ärzte durch andersartige Einrich- tungen und Formen zu ersetzen.

Überall dort, wo Systeme der so- zialen Sicherheit errichtet oder ausgebaut werden, entsteht die Gefahr, daß die Freiheit der ärztli- chen Berufsausübung und die

Freiheit des persönlichen Vertrau- ensverhältnisses zwischen Arzt und dem Kranken beeinträchtigt werden. Diese Überlegungen spit- zen sich auf die Frage zu, ob den Systemen der Sozialversicherung eine in dem Dienst ihrer Einrich- tungen stehende abhängige Ärzte- schaft angemessener oder ob es möglich und nicht vielmehr sogar notwendig ist, die Freiheit ärztli- cher Berufsausübung auch inner- halb solcher Systeme aufrechtzu- erhalten."

Diese Frage war schließlich 1955 im Sinne eines freiheitlich-sozia- len Systems der ambulanten Kran- kenversorgung durch freiberufli- che Ärzte gesetzlich „beantwor- tet" worden; aber diese Entschei- dung des Gesetzgebers wird seit- dem von den verschiedensten Kräften außerhalb der Ärzteschaft immer wieder, gelegentlich gar von wechselnden ärztlichen Inter- essengruppen, in Frage gestellt.

Wo Muschallik heute in dieser per- manenten Auseinandersetzung steht, die sein Leben erfüllt, stellt er — ins Grundsätzliche und ins Detail gehend — selbst dar in sei- nem jüngsten „Bericht zur Lage", erstattet auf der Vertreterver- sammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 18. Mai 1981 in Trier (veröffentlicht auf den Seiten 1071 bis 1082 dieses Heftes).

El

Muschalliks Arbeit der nächsten Jahre für die Kassenärzteschaft und für die bundesdeutsche Be- völkerung wird eher noch schwe- rer wiegen als die bereits geleiste- te. Da ist auch keiner, der dem Siebzigjährigen seine Arbeit und seine Leistungen streitig machen möchte und könnte. Die Anerken- nung ist vielmehr einhellig. Des- halb sind auch die Glückwünsche des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES identisch mit den guten Wün- schen der Kassenärzteschaft für ihren ersten Repräsentanten:

Ein herzliches Glückauf für Hans

Wolf Muschallik! DÄ

1088 Heft 22 vom 28. Mai 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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