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Archiv "Muschallik appelliert an die Bundesländer: Poliklinikpläne aufgeben!" (19.03.1981)

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Fallpauschalen nur geringfügig unter den durchschnittlichen Fall- werten in der kassenärztlichen Versorgung liegen.

Zudem erfolgt die im Kassenarzt- recht geregelte Inanspruchnahme der Polikliniken durch Sozialversi- cherte ausschließlich im Interesse der Universitätsausbildung, und zwar wie die übrige Hochschul- ausbildung finanziell zu Lasten der Kultushaushalte und nicht et- wa zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine finan- zielle Inanspruchnahme der ge- setzlichen Krankenversicherung für die unter dem Gesichtspunkt von Lehre und Forschung in den Polikliniken erbrachten Leistun- gen kann daher nur mit der Be- gründung einer Entlastung der Krankenversicherung von erfor- derlichen Behandlungskosten in der kassenärztlichen Versorgung gerechtfertigt sein.

Der weitere Hinweis der Länder, das Problem habe sich durch die wachsende Zahl jener schwierigen Fälle verhärtet, die mit Lehre und Forschung nichts zu tun haben und von den niedergelassenen Ärzten an die Polikliniken statt an niedergelassene Fachärzte über- wiesen würden, kann wohl auch kein stichhaltiges Argument für ei- ne solche tiefgreifende Systemän- derung sein:

..,.. Wo Schwierigkeiten auftau- chen, sei es wegen der Höhe der Vergütungssätze, sei es wegen zweckfremder Inanspruchnahme, könnten sie mit Sicherheit in Ge- sprächen mit den Beteiligten ge- löst werden, ohne "eine Flucht in staatlichen Dirigismus", wie es der BdO seinerzeit formulierte. Das Zugeständnis einer Einzellei- stungsvergütung würde jedoch, da die Polikliniken in der Bestim- mung des Leistungsumfanges völ- lig frei sind, nicht nur die gesetzli- che Krankenversicherung mit Mehrkosten von hunderten Millio- nen belasten, sondern tief in die Struktur der ambulanten Versor-

• Fortsetzung auf Seite 542

Die Information:

Bericht und Meinung

Muschallik appelliert an die Bundesländer:

Poliklinikpläne aufgeben!

Der Brief des KBV-Vorsitzenden an die Ministerpräsidenten

"Nach einer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzen- verbänden der Krankenkassen zuge- gangenen Information befaßt sich ei- ne Arbeitsgruppe der zuständigen Landesministerien im Rahmen des anstehenden Gesetzgebungsverfah- rens zur Änderung des Krankenhaus- finanzierungsgesetzes mit der Rege- lung des Kassenarztrechts über den Abschluß von Poliklinikverträgen in

§ 368 n Abs. 3 RVO.

Bereits in der letzten Legislaturperi- ode war bei der zweiten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgeset- zes im Bundesrat versucht worden, diese Vorschrift des Kassenarztrechts dahingehend zu ändern, daß der Zu- gang zu den Universitätspolikliniken uneingeschränkt geöffnet und den Po- likliniken eine Vergütung in Höhe der für Kassenärzte geltenden Gebühren- sätze zugestanden werden sollte.

Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung und die Spitzenverbände der Krankenkassen haben schon damals ihre erheblichen Bedenken gegen eine derartige Reform des Kassenarzt- rechts vorgetragen.

Die weitere parlamentarische Behand- lung dieses Vorhabens hat sich je- doch erübrigt, da die Gesetzesnovelle als solche gescheitert ist.

Wir bitten Sie, Ihren Einfluß dahinge- hend geltend zu machen, daß der erneute Versuch einer Novellierung des Kassenarztrechts in diesem Punkt abgebrochen und die bestehende Re- gelung über den Abschluß von Polikli- nikverträgen beibehalten wird. Das geltende Recht bewirkt, daß die Kas- senärztlichen Vereinigungen im Ein- vernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen mit den Universi- täten Verträge über die Vergütung für die Behandlung von Versicherten in Polikliniken abschließen, die den Poli- kliniken die Untersuchung und Be-

handlungvon Versicherten in dem für die Durchführung ihrer Lehr- und For- schungsaufgaben benötigten Umfang gewährleisten.

Diese Regelung ist sachgerecht, da sie unabhängig von der Notwendig- keit einer Einbeziehung von Poliklini- ken in die kassenärztliche Versorgung zur Sicherung einer bedarfsgerechten Krankenbehandlung das für die Durchführung von Lehre und For- schung notwendige Krankengut den Universitäten zur Verfügung stellt und einen Kostenausgleich für die Einspa- rungen garantiert, welche die Kran- kenversicherung dadurch hat, daß der Anspruchsberechtigte nicht in ei- ner Einrichtung der kassenärztlichen Versorgung, sondern an einer Univer- sitätspoliklinik behandelt wird.

Die im damaligen Gesetzgebungsver- fahren und offensichtlich jetzt wieder diskutierten Vorschläge für eine Re- form des§ 368 n Abs. 3 RVO werden damit begründet, daß angeblich die Universitätspolikliniken über die Durchführung von Lehre und For- schung hinausgehende Versorgungs- aufgaben in der kassenärztlichen Ver- sorgung erbringen und die ihnen dar- aus entstehenden Kosten durch die vereinbarten Pauschalbeträge in kei- ner Weise gedeckt würden. Diese Ar- gumentation geht von falschen Vor- aussetzungen aus. Sie läßt insbeson- dere unberücksichtigt, daß die Errich- tung und der Betrieb von Polikliniken als Ausbildungsstätte für das Medi- zinstudium eine Aufgabe der Länder ist, die auch nicht teilweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenversiche- rung finanziert werden kann. Sie läßt darüber hinaus unberücksichtigt, daß die Universitätspolikliniken in ihrer Leistungserbringung wegen ihrer Aufgabenstellung für Lehre und For- schung nicht an das Wirtschaftlich- keitsgebot der Reichsversicherungs- ordnung gebunden sind. Das Ausmaß der in den Universitätspolikliniken durchgeführten Krankenbehandlung

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 12 vom 19. März 1981 541

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Die Information: Bericht und Meinung

geht daher weit über die als Leistung der gesetzlichen Krankenversiche- rung geschuldete ärztliche Behand- lung hinaus.

Nur so sind überhaupt die hohen Ver- gütungssätze zu erklären, welche die Kultus- und Finanzminister der Län- der als die nach ihrer Auffassung sachgerechte Vergütung ansehen. Sie liegen in ihrer Höhe weit über den Durchschnittsfallwerten der in der kassenärztlichen Versorgung er- brachten Behandlungsfälle. Wie das Sozialgericht Frankfurt in einer Ent- scheidung zu Recht anerkannt hat, muß sich aber der den Universitäts- polikliniken zustehende Kostenaus- gleich ausschließlich an den Einspa- rungen orientieren, welche die Kran- kenversicherung dadurch hat, daß der Anspruchsberechtigte nicht in ei- ner Einrichtung der kassenärztlichen Versorgung, sondern in einer Univer- sitätspoliklinik behandelt wird. Auf dieser Grundlage ist die Beibehal- tung eines Pauschalbetrages als Ver- gütungsgrundlage in den Poliklinik- verträgen allein sachgerecht.

Abgesehen von den aufgezeigten sachlichen Bedenken gegen eine No- vellierung des § 368 n Abs. 3 RVO würde jedoch die ursprünglichvorge- sehene und jetzt wieder diskutierte Änderung dieser Bestimmung das Sy- stem der ärztlichen Versorgung, wel- ches auf der Tätigkeit freiberuflich niedergelassener Kassenärzte auf- baut, ernsthaft gefährden und die Krankenversicherung mit zusätzlichen Kosten in beträchtlicher Höhe bela- sten.

Mit welcher Begründung kann von dem Kassenarzt noch die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes ver- langt werden, wenn medizinische Hochschuleinrichtungen zu den glei- chen für ihn geltenden Vergütungs- sätzen ohne Bindung an das Wirt- schaftlichkeitsgebot unter dem Ge- sichtspunkt von Lehre und Forschung ihr Leistungsangebot beliebig aus- dehnen können?

Wie soll sich ein Facharzt unter die- sen Umständen noch im Einzugsbe- reich einer derartigen medizinischen Hochschuleinrichtung niederlassen können?

Die Auswirkungen der vordergründig geringfügigen Anderung des Kassen- arztrechts auf das System der kas- senärztlichen Versorgung durch frei- berufliche Kassenärzte wären, abge- sehen von den zu erwartenden erheb- lichen Kostenbelastungen für die Krankenversicherung nicht absehbar.

Sie können langfristig dieses System, soweit es die ambulante fachärztliche Behandlung betrifft, in Frage stellen, ohne formal an den übrigen Vor- schriften des Kassenarztrechts etwas zu ändern.

Eine solche Gesetzesänderung würde

daher in direktem Widerspruch zu dem von allen politischen Parteien abgegebenen Bekenntnis für eine am- bulante Versorgung durch freiberuf- lich tätige Ärzte stehen.

Soweit örtlich die für die Lehre und Forschung erforderliche Zahl von Be- handlungsfällen in Polikliniken durch die bestehenden Verträge nicht er- reicht wird oder die vereinbarte Ver- gütung auch unter dem Gesichts- punkt des genannten Kostenaus- gleichs nicht angemessen ist, sind die Kassenärztliche Bundesvereini- gung und die Spitzenverbände der Krankenkassen gerne bereit, sich für entsprechende Vertragsänderungen einzusetzen.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind auch bereit, im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Kran- kenkassen dort Ermächtigungen für Polikliniken bzw. darin tätige Ärzte zur Erbringung bestimmter Leistun- gen auszusprechen, wo dies über die Poliklinikinanspruchnahme hinausge- hend zur Sicherstellung einer be- darfsgerechten kassenärztlichen Ver- sorgung erforderlich ist.

.Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung und die Spitzenverbände der Krankenkassen werden sich jedoch

mit allem Nachdruck dagegen weh-

ren, daß das System der kassenärztli-

chen Versorgung und die Beitrags- satzstabilität in der gesetzlichen Kran- kenversicherung durch eine Ände- rung des § 368 n Abs. 3 RVO gefähr- det wird.

Mit vorzüglicher Hochachtung Dr. Muschallik"

542 Heft 12 vom 19. März 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Poliklinikpläne

gung der Bevölkerung durch nie- dergelassene Kassenärzte ein- greifen.

~ Angesichts der Pläne der Bun- .desländer haben die Warnungen

des Ersten Vorsitzenden der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung vor der Vertreterversammlung am 12. Mai 1980 nichts an Aktualität verloren. "Wie soll denn", so Mu- schallik damals unter dem lebhaf- ten Beifall der anwesenden Dele-

gierten und Politiker, "das beste-

hende System der ambulanten ärztlichen Versorgung durch frei- praktizierende Ärzte, dem gerade

in letzter Zeit von Politikern aller

Richtungen die Bewährung ex- pressis verbis bescheinigt wurde, in Zukunft existieren können, wenn daneben ein von allen Bür- gern mit Steuergeldern vorab sub- ventioniertes System von Universi- täts- und Lehrkrankenhausambu- latorien aufgebaut werden soll, in dem unter dem Gesichtspunkt von Lehre und Forschung das medizi- nische Leistungsangebot unken- trolliert ausgedehnt werden kann?"

"Wie soll"- so Muschallik weiter-

"künftig auch .nur halbwegs glaubwürdig die Notwendigkeit der Unterwerfung des Kassenarz- tes unter das Wirtschaftlichkeits- gebot der Reichsversicherungs- ordnung gerechtfertigt werden, wenn auch diese Ambulatorien Anspruch auf eine Einzellei- stungsvergütung haben, sie je- doch nicht nur keiner Wirtschaft- lichkeitsprüfung unterliegen, son- dern wegen des Auftrages zu Leh- re und Forschung frei von jeder Bindung sind?"

Tatsächlich würde sich ein sol- chermaßen mit handfesten Vortei- len bedachtes System von Univer- sitäts- und Lehrkrankenhausam- bulatorien für den freipraktizieren- den, das volle Berufsrisiko tragen- den Kassenarzt zur unerträglichen

"Konkurrenz" auswachsen. Die geplante gesetzliche Änderung würde den bisher schwersten Ein- griff in das Kassenarztrecht und in das System der ambulanten kas-

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