A362 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 715. Februar 2008
S T A T U S
Bauern der Umgebung dar. Dieser Umstand und der Mangel an höher qualifizierter Gesundheitsversor- gung haben zur Folge, dass viele
Erkrankungen erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium durch uns behandelt wurden.
Wo lag nun meine Rolle als ein aus Deutschland stammender Fach-
arzt für Chirurgie? In einem Um- feld, in dem die wichtigsten Proze- duren wie Kaiserschnitte und Leis- tenbruchoperationen gut durch die einheimischen Kolleginnen und Kollegen durchgeführt wurden, sah ich eine Aufgabe darin, die Rolle des Krankenhauses als Überwei- sungsinstanz auszubauen und dabei gleichzeitig tansanische Kollegen anzuleiten. Für mich ist es sehr er- freulich, dass zwei tansanische Kol- legen, die den Arztberuf auf einen nur dort anerkannten zweiten Bil- dungsweg erlangt haben, nun Stru- men operieren und transvesikale Prostatektomien durchführen. Sie haben bis jetzt auch alle Komplika- tionen beherrscht.
Ein weiterer Schwerpunkt für mich war die Traumatologie. Der im Land stark forcierte Kampf gegen die Malaria, Aids und all die ande- ren tödlichen Infektionskrankheiten
hat zur Folge, dass „kleinere“ Pro- bleme, wie Sehnenverletzungen, kaum thematisiert wurden. Viel Energie benötigte ich auch für unse- re Intensivstation. Speziell ausge- bildete Intensivpflegekräfte gibt es im Land nicht, und es dauerte einige Zeit, bis wir ein Team zusammenge- stellt hatten, das die Grundsätze der Intensivpflege verstand und mit dem es uns auch gelang, mit gerings- ten Mitteln Patienten mit schweren abdominellen Erkrankungen, wie fortgeschrittenen Peritonitiden, durch- zubekommen. Großen Respekt habe ich da auch vor unseren Anästhesie- pflegern gewonnen, die einmal eine Patientin eine ganze Nacht lang per Hand beatmet haben.
Eine weitere wichtige Rolle für
„ökumenische Austauschmitarbei- ter“, so war mein offizieller Titel, ist die Funktion als „Brückenbauer“.
Es gibt ein großes Geflecht von Be- ziehungen von Ndolage zu Institu- tionen und Einzelpersonen in der ganzen Welt. Für all die Gäste aus Deutschland waren wir natürlich die Ansprechpartner, und auf diesem Weg konnten wir auch viel Unter- stützung für das Krankenhaus orga- nisieren. Zusammen mit der VEM konnten wir einen Poor-Patients- Fund mit Spenden, hauptsächlich aus Deutschland, aufbauen, um die Hilfe für zahlungsunfähige Patien- ten zu verbessern. Auch war ich An- sprechpartner für die mehrheitlich aus Deutschland stammenden 50 Medizinstudierenden, die während unserer Zeit nach Ndolage kamen.
Für all diese administrativen Tätig- keiten waren die sehr gute Zusam- menarbeit mit der Krankenhausver- waltung und auch die funktionieren- de Internetverbindung wichtig.
Im Rückblick kann ich die Zeit in Ndolage trotz mancher Kämpfe und Anstrengungen als einen gelunge- nen und wichtigen Lebensabschnitt bezeichnen. Bis jetzt bereue ich es nicht, mit 42 Jahren eine Oberarzt- stelle aufgegeben zu haben. Ich muss jetzt zwar wieder den An- schluss an die technische (und büro- kratische) Weiterentwicklung in Deutschland finden, aber das wird durch die fünf erfüllten Jahre in Tan- sania mehr als aufgewogen. I Dr. med. Frank Beier
RECHTSREPORT
Allgemeinarzt kann keine Koloskopien abrechnen
Die Abrechnung fachärztlicher – hier: gastroen- terologischer Leistungen – durch einen All- gemeinarzt ist nicht zulässig. Dieser durfte des- halb nach dem 1. Januar 2003 keine Koloskopi- en mehr in Rechnung stellen. Das hat das Bun- dessozialgericht entschieden.
Nach § 73 Absatz 1 Satz 1 SGB V gliedert sich die vertragsärztliche Versorgung in einen haus- und einen fachärztlichen Teil. Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Vertragsärzte Leistungen ausschließlich in ihrem jeweiligen Versorgungs- bereich abrechnen dürfen, sind nur in einem en- gen Rahmen vorgesehen. So kann der Zulas- sungsausschuss für Kinderärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine abweichen- de Regelung für einen befristeten Zeitraum tref- fen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung sonst nicht gewährleistet ist.
Weiterhin können Kinderärzte mit Schwer- punktbezeichnung an der fachärztlichen Versor- gung teilnehmen. Ferner kann der Zulassungs- ausschuss Allgemeinärzten und Ärzten ohne Ge- bietsbezeichnung, die wesentliche spezielle Leis-
tungen erbringen, auf deren Antrag die Geneh- migung zur Teilnahme ausschließlich an der fachärztlichen Versorgung erteilen.
Ein Allgemeinarzt nimmt dagegen an der hausärztlichen Versorgung teil. Angesichts der Gliederung der Versorgungsbereiche bleibt dem- nach kein Raum dafür, besondere persönliche Befähigungen und Erfahrungen in der Erbringung bestimmter spezieller Leistungen zu berücksich- tigen. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, da dies nur bei einer unbewuss- ten planwidrigen Regelungslücke im Gesetz möglich ist. Der Gesetzgeber hat allerdings die Zuordnung zur haus- oder fachärztlichen Versor- gung umfassend geregelt.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Gleich- heitsgebots des Artikel 3 Grundgesetz kommt ei- ne Einbeziehung der Allgemeinärzte in die Rege- lung des § 73 nicht in Betracht. Vielmehr ist die Beschränkung auf Kinderärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung durch ausrei- chende sachliche Gründe gerechtfertigt (Beson- derheiten der Arztgruppe). Der Kläger durfte da- her die fachärztlichen Leistungen nicht abrech- nen. (Urteil vom 27. Juni 2007, Az.: B 6 KA
24/06 R) RA Barbara Berner
Fotos:privat
Entfernung eines Kreissägesplitters
aus dem Thorax