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Archiv "Keiner will dem Allgemeinarzt an den Kragen (Oder doch?)" (11.11.1983)

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hier denn auch, taktisch völlig richtig, an. 24 000 Plätze, das sei

"sinnlose Vergeudung"; die Hochschulabsolventen würden sich auf Kosten der Bundesländer

"um die ohnehin arg strapazierten

Krankenhauspatienten scharen". Wieviel leichter hätte man es doch, lockt Häußler, mit sei- ner Weiterbildungslösung: "Ent- schlösse man sich statt dessen, nun endlich von jedem Arzt, der sich niederlassen will, eine im An- schluß an die Approbation abzu- leistende Weiterbildung zu for- dern, wie sie heute - bezogen auf die in freier Praxis tätigen- ohne- hin schon fast 80 Prozent der Ärz- te erbringen, wären lediglich 3000 bis 3500 zusätzliche Stellen erfor- derlich."

Auch Hoppe weiß natürlich, wie gefährlich das Zahlenspiel für den Marburger Bund werden kann. ln seiner ersten Stellungnahme zu den Geißlersehen Plänen macht er folglich seine Rechnung auf:

"Gehen wir davon aus, daß in der Praktikumsphase ein halbes Assi- stentengehalt gezahlt wird, hätten wir bei Inanspruchnahme der 6000 neuen Stellen (aus der neu- en Bereitschaftsdienstregelung, die Red.) und von 3000 zusätz- lichen Arztstellen in den Kranken- häusern schon 18 000 Plätze für die künftigen jungen Ärzte. Das wird für den Krankenhausbereich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus- reichen. Die restlichen 6000 Plät- ze müßten in den übrigen Einrich- tungen unseres Gesundheitswe- sens zur Verfügung gestellt wer- den."

Ärztetage pro Praxisphase Das Bundesgesundheitsministeri- um schließlich plant nicht ins Blaue. Es hat sich ein Gutachten machen lassen. Professor Dr.

Wolfgang Hardegg (Heidelberg) gab auf Häußlers Münchener Ta- gung einen Vorgeschmack: Er rechnet, daß 20 000 der 24 000 Plätze in den Krankenhäusern aufgebracht werden müssen. Den übrigen Bereichen des Gesund-

Die Information:

Bericht und Meinung Pflichtassistent und Pfl ichtweiterbi I du ng

heitswesens traut er, bisherigen Erfahrungen folgend, nicht mehr als 4000 zu. Das bedeutet nach Hardegg, daß auf 32 Kranken- hausbetten ein Pflichtassistent entfiele, nimmt man nur die Akut- Krankenhäuser, wären es 20 Bet-

ten. Bei der Berechnung von Aus-

bildungsplätzen müßte freilich auch noch das "Praktische Jahr"

einbezogen werden {denn das soll, nach den bisherigen Bonner Plänen, beibehalten werden), dann ergäbe sich ein Schlüssel von einem Praktikantenplatz auf 13 "Akutbetten".

Über den Platzbedarf wurde schon auf dem Deutschen Ärzte- tag 1979 in Nürnberg gesprochen.

Der Ärztetag hat das Problem als lösbar angesehen. Und er hat sich für eine Reform der Approba- tionsordnung ausgesprochen, die

dem, was jetzt aus Bonn verlautet,

auffallend ähnelt. Schon in Nürn- berg freilich waren (zum ersten Male in dieser Heftigkeit und in al- ler Öffentlichkeit) Häußler und Hoppe (plus die jeweilige Anhän- gerschar) aneinandergeraten. Das geschah - nicht immer in den Per- sonen Häußler/Hoppe - fortan Jahr für Jahr auf den Ärztetagen. Der letzte Höhepunkt der Kontro- verse: jener fast chaotische Ärzte- tag im Mai dieses Jahres in Kas- sel, der fast ausschließlich von dem Gegeneinander der beiden Konzepte Ausbildungs- oder Wei- terbildungslösung geprägt war.

Dieser Ärztetag hat aber schließ- lich doch expressis verbis eine

"Medizinal- oder Pflichtassisten-

tenzeit von zwei Jahren" gefor- dert.

..,.. Das Vorhaben der Bundesre- gierung liegt also auf der Linie der Ärztetagsbeschlüsse.

Angenommen Geißlers Vorhaben kommt unbeschädigt durch, be- deutet das das "Aus" für den All- gemeinarzt? Formal ohnehin nicht, denn der Weiterbildungs- gang ist in den Weiterbildungs- ordnungen verankert. Wird aber de facto der weitergebildete All- gemeinarzt an Bedeutung abneh-

men, werden sich noch genügend

Interessenten (deren Zahl bisher schon nicht überwältigend ist) fin- den?

Es kommt darauf an. Es kommt nämlich auf das politische Ge- spür, die realistische Beurteilung und auf den Sinn für Kompromis- se an -bei den Vertretern der All- gemeinärzte, aber nicht nur bei ihnen. Spekulieren wir jetzt mal ein wenig:

Und doch:

Chance für den Allgemeinarzt Sollte der "Pflichtassistent" gebo- ren werden, dann hätte es objek- tiv wenig Sinn, dennoch immer wieder die "Pflichtweiterbildung"

zu fordern (es sei denn, man wolle sie um den Laden dichtzuma- chen). Mehr Sinn würde es ma- chen, Interessenten für die Allge- meinmedizin freiwillig auf diesen Weg zu locken. Die Chancen könnten besser sein als heute. Et- wa dann, wenn es gelänge, die zweijährige Praxisphase im Sinne der Allgemeinärzte zu strukturie- ren und auf die allgemeinmedizi- nische Weiterbildung anzurech-

nen. Das wäre für alle jungen Ärz-

te ein großer Anreiz, dann auch noch die gesamte Weiterbildung zum Allgemeinarzt zu absolvie- ren. Die Allgemeinmedizin bekä- me so einen echten Konkurrenz- vorteil, erst recht dann, wenn der Weiterbildungsgang überarbeitet, vielleicht sogar verkürzt wird (die

"Pflichtassistentenzeit" wird ver- mutlich die Diskussion um die Weiterbildungszeiten ohnehin wiederaufleben lassen). Stru ktu- rierung setzt freilich voraus, daß genügend Plätze für die "Pflicht- assistenten" angeboten werden - mehr als bei einer unstrukturier- ten Praxisphase. Und das heißt wiederum: Nicht nur die Kranken- häuser, sondern auch, ja ganz be- sonders, die Ärzte selbst sind ge- fordert. Sie werden dann zeigen müssen, ob und wieviel ihnen die Allgemeinmedizin wert ist.

Die Allgemeinärzte stünden sich mit einer Lösung, die die "Pflicht- Ausgabe A DLUT!::'CHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 45 vom 11. November 1983 15

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Entwicklung der Nierentransplantationen in der Bundesrepublik Deutschland

Die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommenen Nieren- transplantationen nahm in den letzten neun Jahren einen erfreulichen Auf- schwung. Lag die Zahl der in 1974 durchgeführten Nierentransplantationen noch bei 100, so erhöhte sich die Transplantationsfrequenz progressiv. 1982 wurde die Rekordmarke von 922 Nierentransplantationen erreicht. Für 1983 rechnen die Experten damit, daß erstmals die „Schallgrenze" von 1000 Nie- rentransplantationen überschritten wird. Allein im Juli 1983 lag die Zahl der Nierentransplantationen in den zwanzig Zentren bei 100 BÄK/EB Die Information:

Bericht und Meinung Pflichtassistent

assistentenzeit" nutzt, immer noch besser als mit der EG-Richt- linie für Allgemeinmedizin, die der Kasseler Ärztetag ebenfalls goutiert hat. Besser vor allem auch deshalb, weil die EG-Richtli- nie aller Voraussicht nach nicht in deutsches Recht umgesetzt wer- den kann.

Darüber wogt zwar ein heftiger Streit unter Berufspolitikern und Juristen. Das Bundesgesundheits-

ministerium scheint sich aber den Bedenken, die zum Beispiel von der Bundesärztekammer vorge- bracht wurden, anzuschließen.

Prof. Dr. Manfred Steinbach je- denfalls hat dieser Tage vor dem Hartmannbund erklärt, nach Aus- kunft von Verfassungsjuristen in Bund und Ländern passe die EG- Richtlinie nicht in unseren Verfas- sungsraum.

Die Zeit drängt

Steinbach kann natürlich nur für sein Haus, das Bundesgesund- heitsministerium, sprechen. Das Bundesarbeitsministerium könnte für seinen Kompetenzbereich an- derer Meinung sein und eine ab- geschlossene Weiterbildung als Zulassungsvoraussetzung für die kassenärztliche Tätigkeit vor- schreiben. Auch über diese Frage wird wacker gestritten. (Wer sich für die gegensätzliche Argumen- tation interessiert, mag zwei Auf- sätze im Deutschen Ärzteblatt nachlesen. In Heft 43 und 44/1982 sprechen sich Prof. Dr. med. Fritz Beske und Wolfgang Ciszewski, ein namhafter Jurist aus dem So- zialministerium Schleswig-Hol- steins, in dieser Sache pro aus; in Heft 8/1983 bringt Horst Dieter Schirmer, ebenfalls ein namhafter Jurist, aus dem Bundesarbeitsmi- nisterium, das Kontra vor.) Wie dieser Streit auch ausgehen mag, eines ist sicher: Das Ergebnis wird lange auf sich warten lassen. Die Sache hingegen, die praktische Qualifizierung der jungen Ärzte, eilt. Darin sind sich Häußler und Hoppe sogar einig.

Norbert Jachertz

NACHRICHTEN

Umschichtung in der Suchtszene

Etwa 1,5 bis 1,8 Millionen Einwoh- ner der Bundesrepublik gelten als alkoholabhängig, rund 60 000 vor- wiegend jüngere Menschen grei- fen, so die Schätzung, ständig zu illegalen Drogen und etwa 300 000 bis 500 000 Bürger sollen Medika- mentenmißbrauch betreiben. Die Zahlen nannte der Direktor der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS), Herbert Ziegler, vor der Herbsttagung sei- ner Organisation. Ziegler wies auch auf ein neues Suchtphäno- men hin: die grassierende Spiel- sucht an Geldautomaten.

„Der Zustrom ,harter Drogen' ist ungebrochen, der Mißbrauch von Cannabis und suchterzeugenden Medikamenten nimmt weiter zu", hieß es weiter. Seit 1978/79 sei aber eine Umschichtung in der Sucht-Szene im Gange. „In unse- rer jungen Generation gibt es un- trügliche Zeichen für eine Wand- lung zu einer vernünftigen Hal-

tung". Eine Beobachtung aus dem Jahr 1981 zu immer jüngeren Drogensüchtigen habe sich als vorübergehend herausgestellt.

Seit 1982 würden zunehmend äl- tere Tatverdächtige gefaßt. „Ins- gesamt sind 65,6 Prozent der Tat- verdächtigen Erwachsene, 1971 waren es nur 61 Prozent." Das sei mit auf das Älterwerden der einst sehr jungen abhängigen zurück- zuführen, aber auch darauf, daß es weniger Neueinsteiger gebe.

Auch die Zahl der Kokain-Konsu- menten steige nicht mehr. Jedoch zeichne sich auf dem Gebiet der sonstigen harten Drogen eine deutliche Zunahme ab.

Im allgemeinen sei der bundes- deutsche Suchtkranke 30 bis 50 Jahre alt. 80 Prozent seien vom Al- kohol abhängig, davon wieder 75 Prozent Männer, meinte Ziegler.

Die Kranken hätten eine etwa sechs bis zwanzigjährige Sucht- karriere hinter sich und seien laut Statistik zu einem Drittel arbeits- los. Beim Tablettenmißbrauch stünden Analgetika und Tranquili- zer an der Spitze. dpa

16 Heft 45 vom 11. November 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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