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Archiv "Zum Nachlesen" (23.11.2007)

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A3244 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 4723. November 2007

T H E M E N D E R Z E I T

N

anotechnologie ist Natur pur“, heißt es in einer vom Bundesforschungsministerium her- ausgegebenen Broschüre zum The- ma Nanotechnologie. Lassen sich Nanotechnologie und Natur mögli- cherweise überhaupt nicht mehr un- terscheiden? Und enthält der Ver- weis auf Natürlichkeit etwa bereits ethische Implikationen? Mit diesen Fragen befasste sich ein interdiszi- plinär ausgerichtetes Fachgespräch der Evangelischen Akademie Hof- geismar.

„Nanotechnology – Shaping the world atom by atom“ überschrieb 1999 der US-amerikanische Wis- senschafts- und Technikrat unter Vorsitz des damaligen Präsidenten Bill Clinton einen programmati- schen Bericht, den viele als Ge- burtsstunde der Nanotechnologie- Initiative betrachten. Implizit ent- hält er die Vorstellung, dass wir die Welt auf nanotechnologischer Ebe- ne umbauen können, um sie zu ver- bessern. „Natur wird reduziert auf ein technizistisches Paradigma“, er- klärt Dr. Andreas Woyke, Institut für Philosophie der Technischen Uni- versität Darmstadt. Die Natur werde verstanden als „Nanoingenieur“, den es nachzuahmen gelte. Über die effektive Manipulation der Natur auf atomarer Ebene könne die Natur nicht nur nachgeahmt, sondern so- gar verbessert werden. Der Mensch als Techniker hat die Aufgabe, die Welt neu zu schaffen: Technikge- staltung und Weltgestaltung fallen ineinander. Als einer der ersten hatte der US-amerikanische Physiker Eric Drexler solchen Machbarkeitsfanta- sien Ausdruck verliehen und die Vi- sion von Nanofabriken entworfen, in denen Nanoingenieure Atome und Moleküle vervielfältigen und zu neuen Produkten zusammenset- zen. Letztlich liegt dem ein mecha- nistisches Weltbild zugrunde, wo-

nach der technologische Fortschritt einer deterministischen Entwick- lung folgt, die der Mensch aufgrei- fen und lenken kann, lautet die In- terpretation Woykes. „Die Grund- idee ist das Übertreffen, die Trans- formation der Natur.“ Zwar bestehe eine klare Differenz zwischen Vi- sionen dieser Art und Forschung, doch gleichzeitig sei Drexlers „Na- nomaschine“ handlungsleitend für die reale Forschung. Inwiefern die Nanotechnologie dabei in Bereiche vorstoße, die auch einer ethischen Bewertung bedürften, bleibe offen.

Naturgesetze geben den Rahmen ab

Auch die Nanotechnologie müsse die Rahmenbedingungen der Natur berücksichtigen, sagt dagegen Prof.

Dr. Gregor Schiemann, Institut für Philosophie an der Bergischen Uni- versität Wuppertal. Im Hinblick auf

die Frage der Naturverträglichkeit und gesellschaftliche Wünschbar- keit von Nanotechnologie gebe es von philosophischer Seite keine grundsätzlichen Bedenken, „sofern schädliche Auswirkungen durch na- turidentische Stoffe ausgeschlossen sind“. Nanotechnische Systeme als Ergebnis menschlicher Tätigkeit sind intentionale, zweckgerichtete Eingriffe in die Natur. In begriffli- cher Hinsicht lässt sich Natur nega- tiv bestimmen als das, was nicht vom menschlichen Handeln hervor- gebracht ist – im engeren Sinn sind das Dinge oder Gegenstände, deren Dasein nicht auf menschliches Han- deln zurückgeht, weiter gefasst Be- dingungen und Strukturen, die sich menschlicher Verfügbarkeit entzie- hen, wie die Naturgesetze. Ein Ob- jekt gehöre zur Natur, „wenn wis- senschaftlich nachweisbar ist, dass es nicht durch menschliches Han- deln hervorgeht“, erläutert Schie- mann. Nanotechnische Objekte sei- en Hybride aus Natur und Technik.

Sie würden hergestellt, um etwas zu schaffen, das in gewisser Weise nützlicher sei als Naturstoffe. Was auf den ersten Blick möglicherwei- se von Natur aus nicht mehr unter- scheidbar sei, lasse sich mit wissen- schaftlichen Methoden jedoch gut auf seinen Ursprung hin analysie- ren. „Nanotechnologische Herstel- lungsprozesse sind von natürlichen deutlich verschieden“, meint Schie- mann, auch wenn sich künftig mög- licherweise der Teil der Gegenstän- de erhöhe, bei denen wir nicht mehr feststellen könnten, was Natur und was Technik sei. Die Naturgesetze als „allgemeingültige Form, um die Verknüpfung von Bedingungen dar- zustellen, unter denen ein Ereignis regelmäßig der Fall ist“, geben auch den Spielraum ab für die Nanotech- nologie, lautet sein Resümee. n Heike E. Krüger-Brand

NANOTECHNOLOGIE

Frage nach dem Naturverständnis

Besteht angesichts des „Hype“ um nanotechnologische Entwicklungen Anlass, das Verhältnis von Natur und Technik zu überdenken?

ZUM NACHLESEN

In der Reihe „Akzente: Texte – Materialien – Impulse“, herausgegeben vom Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen (www.kircheund gesellschaft.de), ist erschienen: „Ethische Aspekte der Nanotechnologie. Eine Stellungnahme der Arbeitsge- meinschaft der Umweltbeauftragten in der EKD“ (Heft 14).

Darin entwickeln die Autoren ethische Kriterien für eine Beurteilung der Nanotechnologie unter Berücksichtigung von Gesundheits- und Umweltaspekten. Die Publikation kann auch als PDF-Datei aus dem Internet heruntergela- den werden.

Lesenswert ist darüber hinaus das Positionspapier des Öko-Instituts e.V. Freiburg „Chancen der Nanotechnologi- en nutzen! Risiken rechtzeitig erkennen und vermeiden!“

(www.oeko.de/oekodoc/472/2007-077-de.pdf). Der Titel umreißt bereits die Tendenz des Papiers: Die Autoren plä- dieren für eine sachliche Abwägung der Chancen und Ri- siken der Nanotechnologie und lehnen ein „unspezifisches Moratorium“ für die Verwendung von Nanomaterialien ab, weil dies „die Entwicklung und damit auch die Realisie- rung möglicher Chancen pauschal unterbindet“. KBr

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