Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 1–2|
7. Januar 2013 A 17D
er Satz passte zu Anlass und Person: „90 Jahre ist ein gu- tes Alter, um mit der Arbeit aufzu- hören – im Prinzip.“ Prof. Dr. med.Fritz Beske MPH machte die Zuhö- rer neugierig, die sich zu seinen Eh- ren am 12. Dezember in Kiel ver- sammelt hatten – zur Feier seines 90. Geburtstags und zu seiner Ver- abschiedung als ehrenamtlicher Di- rektor des Fritz-Beske-Instituts für Gesundheits-System-Forschung Kiel. Die Liste der Gäste, fast ein Who’s Who des deutschen Gesund- heitswesens, steht für die Reputati- on Beskes und seines Instituts.
Den Dank der Ärzteschaft für Beskes Arbeit bekundete Prof. Dr.
med. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer.
Er schätze an dem Jubilar „den uneitlen, ruhigen intellektuellen Diskurs“. Besonders hob Montgo- mery Beskes Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit hervor.
Dr. Rainer Hess, der frühere un- parteiische Vorsitzende des Ge- meinsamen Bundesausschusses, wür- digte Beske als klaren Denker, der geschliffen formulieren könne. „Er ist kein Freund von Worthülsen, po- litischen Gedankensprüngen und
Utopien“. Unbeirrt mahne Beske gegenüber der Politik ein Bekennt- nis zur Wahrzeit an. Hess verwies auf die im Dezember veröffentlich- te „Versorgungsprognose 2060“, in der Beske der Politik erneut vorhal- te, das Gesundheitswesen nicht rechtzeitig auf die Folgen des de- mografischen Wandels vorzuberei- ten. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass trotz einer bis 2060 um 17 auf 65 Millionen abnehmen- den Bevölkerungszahl die Leis-
tungsanforderungen in ambulanter und stationärer Versorgung zuneh- men werden. Zu den unangeneh- men Wahrheiten, die Beske nicht scheue, zählt Hess die Feststellung, dass Patienten im ländlichen Raum künftig lange Wege zurücklegen müssten, um die nächste Arztpraxis zu erreichen. Oder seine Mahnung, dass die Rationierung von Gesund- heitsleistungen gesellschaftlich of- fen zu diskutieren sei.
Beske-typisch knapp, wie immer frei vorgetragen, fiel die Bilanz des Jubilars aus: „Was habe ich ge- wollt? Dass sich die Gesellschaft auf eine vorhersehbare Zukunft vorbereitet. Was habe ich erreicht?
Mir war nicht vergönnt, dass eine ausreichende Zahl von Politikern als Staatsmänner über Generatio- nen vorausdenkt.“ Aber in Deutsch- land werde es immer möglich sein, das Notwendige zu leisten.
Und Beske verriet, dass er noch zwei Bücher plant. Das erste – ein Ratgeber für den Bürger – mit dem Arbeitstitel: „Vorbereitet sein auf das Alter“ kommt im März. Das zweite dann einige Monate später über Beskes Generalthema: eine be- darfsgerechte Gesundheitsversor- gung bei begrenzten Mitteln.
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Heinz Stüwe
Es war eine der ersten deutschen Einrichtungen der Versorgungsfor- schung „mit revolutionärem Konzept“
(Rainer Hess): Der damalige Staats- sekretär im Kieler Sozialministerium, Fritz Beske, gründete 1975 das Insti- tut für Gesundheits-System-For- schung Kiel (IGSF). Er hat es seitdem, 37 Jahre lang, geleitet. Seit 2000
trägt das Institut Beskes Namen. Von 1984 bis 2004 war es Kollaborationszentrum der Weltge- sundheitsorganisation. Pate bei der Institutsgrün- dung stand die Robert-Bosch-Stiftung, die die erste große Studie, eine Strukturanalyse des Ge-
sundheitswesens in Schleswig-Holstein, bezahlte. 125 Bände in der institutseige- nen Schriftenreihe sind seither erschie- nen, zuletzt die „Versorgungsprognose 2060“. Da weder ein Nachfolger für Bes ke noch ein neuer Träger gefunden wurde, endet die Arbeit des Instituts vo- raussichtlich Ende April. Seine Arbeiten bleiben als „Fritz Beske Bibliothek der Ärztekammer Schleswig-Holstein“ erhalten. Die gesundheitspolitischen Veranstaltungen zur Kieler Woche führt die Hermann-Ehlers-Akademie wei- ter. Auch die 1987 ausgegliederte IGSF GmbH für betriebswirtschaftliche Beratung bleibt bestehen.
37 JAHRE FRITZ-BESKE-INSTITUT
FRITZ BESKE
Mahnungen zum Abschied
Großer Bahnhof in Kiel: Fritz Beske wurde als Direktor des Instituts verabschiedet, das sein Lebenswerk ist.
Sag’s mit Blumen: Dank für Fritz Beske und seine Frau (links), die unentgeltlich alle Veröffentli- chungen des Instituts Korrektur gelesen hat.
Foto: Vico Foto: Institut für Gesundheits-System-Forschung