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Archiv "„Versorgung in Gesundheit und Pflege“: Mahnung an die Politik" (23.07.2012)

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A 1476 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 29–30

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23. Juli 2012

„VERSORGUNG IN GESUNDHEIT UND PFLEGE“

Mahnung an die Politik

Immer weniger Menschen werden immer mehr Menschen zu versorgen haben.

Darauf machte Politikberater Fritz Beske aufmerksam

und diskutierte die Folgen mit Ärzten und Vertretern von Verbänden.

E

in Appell an die Politik stand am Beginn der zwölften ge- sundheitspolitischen Veranstaltung im Rahmen der Kieler Woche. Prof.

Dr. med. Fritz Beske, Leiter des Fritz-Beske-Instituts für Gesund- heits-System-Forschung Kiel, for- dert von den Verantwortlichen, end- lich die Wahrheit über die Probleme zu sagen, die künftig das Gesund- heitswesen beherrschen werden.

„Bis 2060 nimmt die Bevölkerungs- zahl um 17 Millionen, die nach- wachsende Generation um fünf Mil- lionen und die Altersgruppe im er- werbsfähigen Alter ebenfalls um 17 Millionen ab.

Steigende Lebenserwartung

Die Altersgruppe der über 67-Jähri- gen nimmt dagegen um fünf Millio- nen zu. Während heute drei Personen im erwerbsfähigen Alter für eine Per- son im Rentenalter zur Verfügung stehen, beträgt diese Relation im Jahr 2060 nur noch eins zu eins.“ Die Le- benserwartung könne von 41 Jahren für Jungen und 44 Jahren für Mäd- chen im Jahr 1900 auf bis zu 88 Jahre für Jungen und 91 Jahre für Mädchen steigen. Die Zahl der Demenzkran- ken verdoppele sich von 1,1 auf 2,2 Millionen, die Zahl der Pflegebedürf- tigen von 2,25 auf 4,5 Millio- nen. Zwar werde keine Pro - gnose so eintreten, wie dies vorausgesagt werde, dennoch

„haben wir eindeutig eine Si- tuation, in der immer weniger Menschen immer mehr alte Menschen zu versorgen ha- ben“, betonte Beske.

Bisher würden diese Pro- bleme weggeschoben und ver- drängt. Der Leiter des Kieler Instituts verweist jedoch mah- nend auf die Situation im Ausland:

„Es muss vermieden werden, was in verschiedenen Ländern Europas auf-

grund der Wirtschafts- und Finanz- krise und einer hohen Staatsver- schuldung beobachtet wird: Kürzun- gen im Gesundheits- und Sozialbe- reich in Milliardenhöhe, und dies praktisch über Nacht und ohne Vor- warnung. In Griechenland bekom- men Sie zum Beispiel kein Arznei- mittel mehr, ohne dafür bar zu be- zahlen.“

Martin Litsch, Vorstandsvorsit- zender der AOK NordWest, ergänzt, dass die Probleme nicht nur durch den demografischen Wandel, son- dern auch durch den medizinischen Fortschritt entstanden seien. Dr.

med. Klaus Bittmann, Sprecher des Vorstandes der Ärztegenossenschaft Schleswig-Holstein, schlägt zur Lö- sung der Probleme eine bessere Zu- sammenarbeit der Heilberufe vor.

Auch Wolfram-Arnim Candidus, Präsident der Deutschen Gesell- schaft für Versicherte und Patienten, plädiert für ein solches Bündnis:

„Partikularinteressen sollten nicht

verhindern, dass Druck auf die Poli- tik ausgeübt wird.“ Und wenn man über die Zukunft der Pflege rede, müsse man auch diejenigen einbe- ziehen, die die Pflege erbringen, for- derte der Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus.

Diskussion über Priorisierung

Einig waren sich die Diskussions- teilnehmer in der Forderung einer Priorisierungsdebatte, was letztend- lich auch zu Leistungseinschrän- kungen führen werde. Dr. Rainer Hess, damaliger unparteiischer Vor- sitzender des Gemeinsamen Bun- desausschusses, bezweifelt diese Notwendigkeit zwar nicht. Er äu- ßerte sich dennoch skeptisch. Hess geht davon aus, dass die Politik ak- tuell nicht in der Lage sein wird, ei- ne Diskussion über Leistungsein- schränkungen zu führen: „Der Leis- tungskatalog ist eine heilige Kuh, an die niemand herangehen will.“

Gisela Klinkhammer

Prof. Dr. med. Fritz Beske wurde am 12. Dezem- ber 1922 in Wollin (Pommern) geboren. Trotz wid- riger Umstände begann Beske 1946 das Studium der Humanmedizin an der Universität Kiel. 1951 wurde er zum Dr. med. promoviert.

An der Universität Michigan in Ann Arbor, USA, erwarb er den Abschluss Master of Public Health. Von 1971 bis 1981 bekleidete er das Amt des Staatssekretärs im schleswig-holsteinischen Sozialministerium. Nach dem Ende seiner Tätigkeit als Staatssekretär widmete sich Beske ganz der wissenschaftlichen Arbeit in dem 1975 von ihm

gegründeten Institut für Gesundheits-System-For- schung Kiel. Dieses trägt heute den Namen Fritz- Beske-Institut für Gesundheits-System-For- schung. Beske, Träger der Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft, wurde in diesem Jahr mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstor- dens der Bundesrepublik Deutschland ausge- zeichnet.

Zum zwölften Mal veranstaltete das Fritz-Be- ske-Institut vor kurzem im Rahmen der Kieler Wo- che eine Podiumsdiskussion. Und die Zahl zwölf habe für ihn eine besondere Bedeutung, berichte- te Beske, der seinen Rückzug aus dem Alltagsge- schäft ankündigte. „Am 12.12. feire ich nämlich meinen 90. Geburtstag. Und mit 90 Jahren ist es Zeit, mit dem Arbeiten aufzuhören“, sagte er un- ter Standing Ovations.

FRITZ BESKE NIMMT ABSCHIED

Foto: Institut für Gesundheits-System-Forschung

P O L I T I K

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