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Archiv "Rechtsreport" (22.02.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 822. Februar 2008 A423

S T A T U S

E

s ist ein Samstag im Juni 2007, 16.15 Uhr. Ich befinde mich mit meinen Kindern auf einem Spielplatz. Es wird gespielt, gelacht, getobt und geturnt. Doch durch ei- nen markerschütternden Schrei mei- ner kleinen Tochter, fünf Jahre alt, wird die Idylle jäh zerstört. Sie hat auf etwa 50 Zentimeter hohen Holz- pflöcken balanciert und ist dabei ausgerutscht. Ungebremst landet sie mit dem Bauch auf den Holzpflock.

Abfangen konnte sie sich nicht, denn die kleinen Arme und Beine sind einfach zu kurz. Sie schreit, wie ich es noch nie von ihr gehört habe, und lässt sich nicht beruhigen. Die Prell- und Schürfmarke des etwa zehn Zentimeter großen Durchmes- sers des Holzpflocks zeichnet sich deutlich auf der Bauchdecke ab. Wir entscheiden uns, unverzüglich in das Krankenhaus A in der Nachbar- stadt zu fahren, denn dort gibt es auch eine Kinderstation. Und nun beginnt eine unfassbare Odyssee.

Im Krankenhaus A angekommen, widmen wir uns zunächst den büro-

kratischen Notwendigkeiten. Meine Tochter hat sich etwas beruhigt. Sie wirkt aber geschockt, teilnahmslos und von den Ereignissen überfordert.

Die Notfallambulanz hat viel zu tun.

Wir nehmen im Wartebereich Platz und hoffen, dass möglichst schnell ein Arzt wenigstens einen kurzen Blick auf meine Tochter wirft: eine erste Begutachtung, ob innere Orga- ne verletzt wurden – einfach, ob was Schlimmeres passiert ist. Eine Stun- de später ist noch nichts passiert. Wir sorgen uns, gehen aber davon aus,

dass alles seine Richtigkeit hat. An- dere Patienten wollen auch behandelt werden, Notfälle werden bestimmt korrekt priorisiert.

Nach zwei Stunden werden wir desillusioniert: Man teilt uns mit, dass ein Notfall reingekommen sei und die Ärzte sich nun darum küm- mern müssten. Bei den Anwesenden gebe es ja offensichtlich keine Not- fälle. Wer nicht noch weitere zwei bis drei Stunden warten wolle, solle ein umliegendes Krankenhaus aufsu- chen. Unfassbar! Bis zu diesem Zeit- punkt hat noch niemand nach meiner Tochter geschaut. Woher nimmt der Mitteiler die Erkenntnis, dass hier keine Notfälle anwesend sind? Wir sind verzweifelt. Was nun?

Die nächste Idee: Ich rufe die Rettungsleitstelle an. Die können mir bestimmt sagen, was ich jetzt machen soll. Hier ist man zunächst auch überrascht, oder besser gesagt verwundert darüber, dass Kranken- haus A uns unbehandelt weiterge- schickt hat. Wir sollen zur ärztlichen Notdienstzentrale kommen. Dort werde ein Arzt meine Tochter unter- suchen. Aber auch hier ist viel los.

Bei der Anmeldung erhalte ich die Auskunft, dass ich noch ein biss- chen warten müsse – und den Hin- weis, dass man hier gar nicht die Instrumente und Geräte habe, um meine Tochter gründlich untersu- chen zu können. Uns wird empfoh- len, das nächstgrößere Krankenhaus B anzufahren. Meine Tochter ist vor knapp drei Stunden schwer gestürzt, und bis jetzt kann mir noch niemand sagen, ob sie ernstlich verletzt ist!

Ein Hoffnungsschimmer: Nach nur eineinhalbminütiger Wartezeit im Krankenhaus B werden wir in den Untersuchungsraum für den Ul- traschall geführt. Doch hier müssen wir wieder eine halbe Stunde war- ten. Es ist gerade ein Notfall ange- kommen: ein akuter Asthmaanfall.

Dann kommt ein Arzt und unter- sucht endlich per Ultraschall den KINDERÄRZTLICHE NOTFALLVERSORGUNG

Wenn die Hilfesuche zur Odyssee wird

Ein erschütternder Erfahrungsbericht eines Vaters

RECHTSREPORT

Abrechnung von ärztlichen Leistungen nach dem Schwellenwert

Die Höhe der Gebühren für persönlich-ärztliche Leistungen bemisst sich nach dem Ein- bis Drei- einhalbfachen des Gebührensatzes (§ 5 Absatz 1 Satz 1 GOÄ). Für medizinisch-technische Leis- tungen gilt nach § 5 Absatz 3 GOÄ ein Rahmen zwischen dem Einfachen und dem Zweieinhalb- fachen des Gebührensatzes. Ärzte haben die Ge- bühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistungen sowie der Umstände der Ausführungen nach bil- ligem Ermessen zu bestimmen.

Faktisch werden heute viele Leistungen nach dem 2,3-fachen Gebührensatz abgerechnet. Es liegt jedoch nach Auffassung des Bundesgerichts- hofs an sich noch kein Ermessensfehlgebrauch vor, wenn persönlich-ärztliche Leistungen von durchschnittlicher Schwierigkeit zum Schwellen-

wert abgerechnet werden. Dem Verordnungsgeber ist die Abrechnungspraxis seit Jahren bekannt. Er hat aber bislang keine Notwendigkeit gesehen, den für eine durchschnittliche Leistung angemessenen Faktor zu ermitteln und festzulegen. Der Verord- nungsgeber nimmt vielmehr hin, dass ärztliche Leistungen von durchschnittlichem Schwierigkeits- grad zum Schwellenwert abgerechnet werden.

Dementsprechend ist nach § 12 Absatz 3 GOÄ eine Begründung des Arztes nur erforder- lich, wenn der Schwellenwert überschritten wird.

Sonst ist die Abrechnung des 2,3-fachen Ge- bührensatzes für persönlich-ärztliche und des 1,8-fachen für medizinisch-technische Leistun- gen nicht zu beanstanden. Das gilt zumindest, sofern keine ernsthaften Einwände gegen die Bewertung der Leistungen als durchschnittlich gemacht werden. (Urteil vom 8. November 2007, Az.: III ZR 54/07) RA Barbara Berner Ein Unfall auf

dem Spielplatz:

In Zeiten, in denen ökonomische Zwänge die medizi- nische Versorgung prägen, kann es bis zur Erstbehandlung des Kindes dauern.

Foto:vario images

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A424 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 822. Februar 2008

S T A T U S

Bauchraum meiner Tochter. Die ist mittlerweile völlig irritiert. Das Un- tersuchungsergebnis ist für uns sehr besorgniserregend: Der Arzt erkennt

„eine unklare Flüssigkeit“ an einer Niere, die er nicht deuten kann. Nun kommt aber für mich absolut unver- ständlich noch hinzu, dass der Arzt mir erklärt, dass er „normalerweise“

nur Erwachsene untersuche und sich bei den kleinen Organen der Kinder nicht so auskenne. Sicherheitshalber (?!) sollen wir die nächstgelegene Kinderuniklinik anfahren – sofort.

Also doch – es ist das eingetreten, was wir befürchtet hatten. Ich als medizinischer Laie schließe aus der Tatsache, dass eine Flüssigkeit im Bauchraum meiner Tochter festge- stellt wurde, dass etwas Schlimmeres passiert ist. Warum sonst sollen wir unverzüglich zur Uniklinik fahren?

Angst und Sorge nehmen zu. Der be- handelnde Arzt schickt uns zunächst aber noch einmal zurück in den War- teraum der Unfallambulanz. Hier eröffnet uns eine Krankenschwester, dass für die Uniklinik erst noch ein Arztbrief geschrieben werden müsse.

Das werde aber noch „etwas dauern“, weil die Ärztin anderweitig auf der Intensivstation beschäftigt sei. Das ist

zu viel! Meine Tochter ist vor fast fünf Stunden gestürzt, und der Ultraschall zeigt eine unklare Flüssigkeit an der Niere. Ich bringe der Krankenschwes- ter gegenüber sehr deutlich mein Un- verständnis darüber zum Ausdruck.

Ich werde hier keine Minute länger auf einen Arztbrief warten.

Nach kurzer Diskussion mit der Krankenschwester über für mich banale Formalitäten fahren wir ohne Arztbrief zur Uniklinik. Dort kom- men wir gegen 22.00 Uhr an. An der Anmeldung erklären wir die Situati- on, werden aber trotzdem nicht von Anmeldeformalitäten verschont. In der Notaufnahme der Kinderklinik warten bereits drei Kinder. Aber nachdem wir der diensthabenden Krankenschwester den Sachverhalt und unsere Sorge erklären, kommen wir zügig dran. Erstmals an diesem Nachmittag oder Abend fühlen wir uns gut aufgehoben.

Um 22.30 Uhr wird von einem Facharzt der Ultraschall gemacht.

Mit dem Nervenkostüm ist es nicht mehr zum Besten bestellt, und in großer Sorge warten wir auf das Er- gebnis der Untersuchung. Aber wir können aufatmen. Der Arzt im Krankenhaus B hat etwas falsch ge-

deutet. Es sind keine inneren Orga- ne verletzt. Außer der oberflächli- chen Abschürfung und der Prellung der Bauchdecke ist nichts Schlim- meres passiert, und wir können be- ruhigt nach Hause fahren. Als wir mit unserer nun im Auto eingeschla- fenen Tochter zu Hause ankommen, ist es 0.15 Uhr.

In meinen Ausführungen habe ich bewusst keine Daten oder Namen eingebracht, weil ich niemanden de- nunzieren will. Eine medizinische Beurteilung des Dilemmas liegt mir fern. Nein, ich möchte ausschließ- lich um Verständnis für besorgte El- tern bitten und mein Unverständnis über sechs Stunden banger Unge- wissheit zum Ausdruck bringen.

Ärztinnen und Ärzte, die sich ange- sprochen fühlen, aber auch Kran- kenhausleitungen und Politiker, sollten ihr Möglichstes tun, um me- dizinische Notfallodysseen, wie die hier geschilderte, zum Einzelfall werden zu lassen. Die kinderärztli- che Notfallversorgung scheint mir in vielen Regionen nicht (mehr) op- timal geregelt zu sein. I Ein besorgter Vater*

* Der Verfasser ist der Redaktion namentlich bekannt.

GOÄ-RATGEBER

Analoge Analogien nicht unbedingt hilfreich

Die Amtliche Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sieht in § 6 Absatz 2 GOÄ ein Selbstergän- zungsrecht des Arztes für Leistungen vor, die in der geltenden GOÄ nicht aufgenommen sind.

Analoge Bewertungen nehmen auch der Zen- trale Konsultationsausschuss für Gebührenord- nungsfragen bei der Bundesärztekammer (BÄK) sowie der BÄK-Ausschuss „Gebührenordnung“

vor. Immer wieder gibt es den Wunsch, diese analogen Bewertungen auch auf weitere Leis- tungen zu beziehen. Zwei Beispiele dazu:

1) Der Beschluss des Zentralen Konsultati- onsausschusses für Gebührenordnungsfragen bei der BÄK zur stereotaktischen Radiochirurgie, veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt, Heft 37/

2005, bezieht sich nur auf die stereotaktische Radiochirurgie mittels Linearbeschleuniger und nicht auf die mittels Gamma-Knife. Die Beratun- gen im Ausschuss haben explizit die Strahlen- chirurgie mit dem Gamma-Knife ausgeklammert.

Die BÄK sieht daher ebenso wie der Zentrale

Konsultationsausschuss für Gebührenordnungs- fragen keinen Anlass, die Empfehlung der Bayeri- schen Landesärztekammer für die stereotakti- sche Radiochirurgie mittels Gamma-Knife als überholt zu betrachten. Da jedoch durch die vom Zentralen Konsultationsausschuss für Gebühren- ordnungsfragen gewählten künstlichen Ge- bührenpositionen (A 5860 und A 5861) Missver- ständnisse entstehen können – diese sind iden- tisch mit den von der Bayerischen Landesärzte- kammer gewählten künstlichen Gebührenpositio- nen –, ist es empfehlenswert, die Abrechnung für das Gamma-Knife nicht mit einer künstlichen Gebührenposition zu versehen. Besser ist es, die originäre Gebührenposition (mit entsprechender Anzahl), so wie es § 12 Abs. 4 GOÄ verlangt, auf der Rechnung auszuweisen und eventuell in ei- ner Fußnote auf die Abrechnungsempfehlung der Bayerischen Landesärztekammer hinzuweisen.

2) Die analoge Nummer 5846 GOÄ wurde vom Ausschuss „Gebührenordnung“ für die Prostata-Seed-Implantation (PSI) geschaffen, weil die PSI als Low-dose-rate(LDR)-Brachythe-

rapie nicht den in den GOÄ-Nrn. 5840 bis 5846 GOÄ zuzuordnen war. Die in der GOÄ genannte interstitielle Brachytherapie nach Nr. 5846 GOÄ steht für die High-dose-rate(HDR)-Brachythera- pie mit passagärer Implantation von radioaktiven Seeds über vier bis sechs Nadeln. Bei der LDR- Brachytherapie der Prostata handelt es sich je- doch um eine minimalinvasive strahlenthera- peutische Therapievariante des lokal begrenzten Prostatakarzinoms, bei dem radioaktive Strahlen- quellen in Form von Seeds über 15 bis 28 Hohl- nadeln zum dauerhaften Verbleib in das Prostata- gewebe eingebracht werden. Die Empfehlung des Ausschusses gilt also ausschließlich für die Low-Dose-Rate-Brachytherapie und nicht für die in der GOÄ vorhandene High-Dose-Rate-Brachy- therapie nach der originären Nr. 5846 GOÄ.

Über die analogen Bewertungen kann man sich auf den Internetseiten der BÄK informieren (Arztseiten, Rubrik: Gebührenrecht). Die Be- schlüsse findet man unter „Ausschüsse“, Kom- mentierungen und ergänzende Hinweise unter

„GOÄ-Ratgeber“. Dr. med. Anja Pieritz

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