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Archiv "Ärztliche Schweigepflicht: Verrechnungsstellen, Praxisverkauf und andere umstrittene Punkte" (05.12.1991)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT AKTUELLE POLITIK

nTeich zu Anfang wies Rechtsan- walt Maximilian G. Broglie, Wiesbaden, auf das jüngste Urteil zur ärztlichen Schweigepflicht hin.

Darin hat der Bundesgerichtshof (BGH) einem Arzt die Verletzung der Schweigepflicht angelastet, weil dieser Behandlungsunterlagen zur Abrechnung an eine gewerbliche Verrechnungsstelle weitergeleitet hatte. Eine Einwilligung des Patien- ten hierzu hatte der Arzt nicht einge- holt.

Was aus dem Urteil allerdings an Schlüssen für den ärztlichen Be- rufsalltag zu ziehen ist, ist umstrit- ten. So wies Prof. Dr. jur. Dieter Meurer, Marburg, auf das Strafge- setzbuch hin: Nach § 203, I, 6 unter- lägen zumindest privatärztliche Ver- rechnungstellen der Schweigepflicht.

Diese Verpflichtung könne man ebenso auf gewerbliche Stellen aus- dehnen. Meurer war zusätzlich der Auffassung, daß die Patienten im Grunde auch von derartigen Ver- rechnungsstellen wüßten — wenn er auch nur einen kenne, der einer Weiterleitung der Unterlagen dort- hin widersprochen habe: „Ich selbst." Sein Fachkollege, Rechtsan- walt Dr. Bernd Luxenburger, Saar- brücken, sah das anders: Eine Wei- tergabe der ärztlichen Unterlagen an eine Verrechnungsstelle sei nur halt- bar, solange man von der stillschwei- genden, mutmaßlichen Einwilligung

des Betroffenen ausgehen könne. Ju- ristische Kriterien hierfür seien je- doch, daß der Patient ein eigenes In- teresse an der Weitergabe habe oder unfähig zur Entscheidung sei. Lu- xenburger: „Beides scheidet hier aus."

Wenn der Arzt die Abrechnung immer über eine Verrechnungsstelle vorgenommen habe und der Patient dies wisse, sei eine förmliche Einwil- ligung für die Zukunft wohl nicht nö- tig. Anderenfalls genügt aber nach Luxenburgers Einschätzung ein all- gemeiner Aushang im Wartezimmer nicht, obwohl der Bundesgerichtshof dies offengelassen habe. „Es ist bes- ser, die Einwilligung schriftlich ein- zuholen", betonte der Saarbrücker Rechtsanwalt — für alle Fälle.

Die Schriftform empfahl er Ärz- ten auch in anderem Zusammen- hang: Praxismitarbeiterinnen müß- ten laut Berufsordnung über die Schweigepflicht belehrt werden; dies sei schriftlich festzuhalten. Dieser zweite Teil werde jedoch meist ver- gessen. Die Berüfsordung reicht Lu- xenburger ansonsten an einigen Stel- len nicht weit genug. So sei bei- spielsweise der mögliche Informati- onsaustausch zwischen Ärzten zu weit gefaßt. Von einem mutmaßli- chen Einverständnis des Patienten könne nicht ohne weiteres ausgegan- gen werden.

Kritisch äußerte er sich auch da- zu, daß die Berufsordnung keine Festlegungen zur ärztlichen Schwei- gepflicht in Gemeinschaftspraxen und bei Praxisveräußerungen enthal- te, obwohl darüber seit Jahren disku-

tiert werde. 1973 habe der Bundes- gerichtshof über die Weitergabe von Daten bei einem Praxisverkauf ent- schieden, wobei die Richter das In- teresse des Patienten an der Weiter- gabe und damit eine stillschweigende Einwilligung vorausgesetzt hätten.

Luxenburger war jedoch der Mei- nung, daß auf eine ausdrückliche Einwilligung vor dem Hintergrund aktueller Datenschutzbestimmungen nicht verzichtet werden könne. Wie Ärzte exakt vorgehen könnten — dar- über waren sich die Juristen aller- dings nicht ganz im klaren. Luxen- burger riet konkret zu einer Art Rundbrief, um Einspruch gegen die Datenweitergabe zu ermöglichen, oder zur schriftlichen Einwilligung.

Trotz vieler kritischer Anmer- kungen kam der Rechtsanwalt zu dem Schluß, daß fahrlässige Verstö- ße gegen die ärztliche Schweige- pflicht häufiger vorkämen, vorsätzli- che jedoch ausgesprochen selten.

Die Schweigepflicht sei auch weniger innerhalb des Arzt-Patient-Verhält- nisses selbst gefährdet als vielmehr von außen: „Der Kreis derjenigen, die ein öffentliches Interesse an Da- ten haben, wächst."

Prof. Dr. Dieter Meurer wid- mete sich in seinem Vortrag speziell der strafrechtlichen Verantwortung durch die ärztliche Schweigepflicht.

Er verwies unter anderem auf das Zeugnisverweigerungrecht des Arz- tes als Zeuge in einem Prozeß, solan- ge der Patient ihn nicht von der Schweigepflicht entbinde. Dies um- fasse auch ein Beschlagnahmeverbot für Unterlagen. Als Angeklagter sei der Arzt allerdings in einer anderen Situation, zum Beispiel bei einer An- klage wegen Abrechnungsbetrugs.

Dann entfalle auch das Beschlagnah- meverbot. Allerdings seien diese und andere Fälle „Konfliktfelder".

Diese Auffassung teilte offenbar auch Dr. Alfred Einwag, der Bun- desbeauftragte für den Datenschutz.

„Richter gehören neben Epidemio- logen zu denen, die am wenigsten vom Datenschutz halten", urteilte er zu Anfang. Er beleuchtete den Zu-

Ärztliche Verrechnungsstellen,

Schweigepflicht Praxisverkauf

und andere umstrittene Punkte

Verletzt ein Arzt seine Schweigepflicht, wenn er Patientenunterla- gen an eine Verrechnungsstelle weiterleitet? Verletzt die Ärztin sie, wenn sie ihre Patientenkartei dem Praxisnachfolger übergibt? Sol- chen und anderen „Rechtsfragen der ärztlichen Schweigepflicht"

widmeten sich Juristen vor interessierten Ärzten während eines Se- minars auf der Medica '91 in Düsseldorf.

I Schlüsse für den Berufsalltag

I Öffentliches Interesse an Daten wächst

Dt. Ärztebl. 88, Heft 49, 5. Dezember 1991 (21) A-4349

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sammenhang von Datenschutz und ärztlicher Schweigepflicht: Beide er- gänzten sich im Fall ärztlichen Han- delns, da die ärztliche Schweige- pflicht schon relevant sei für ein

„Wissen im Kopf", während Daten- schutz erst bei der Dokumentation beginne. Der Gedanke der informa- tionellen Selbstbestimmung stütze und fördere aber auch den Gedan-

ken der ärztlichen Schweigepflicht.

„Sorge" bereiten dem Datenschützer derzeit Fragen der wissenschaftli- chen Forschung und der ärztlichen Schweigepflicht. Zudem sind offen- bar die Sozialversicherungsträger keine Musterschüler in Sachen Da- tenschutz: Einwag berichtete vom Vordruck einer Berufsgenossen- schaft mit immerhin einer Million

Versicherter, mit Hilfe dessen die Betroffenen ihrem Arzt pauschal ihr Einverständnis für die Weitergabe von Daten erklären sollten. Einwag forderte die Ärzte auf, in diesem Be- reich bei Versicherten nachzufragen und keinesfalls umfassende, unspezi- fische Vordrucke zu akzeptieren — nur weil sie von „amtlicher" Stelle kämen Sabine Dauth

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Ärzte helfen Arzten zahn- undder ärztlichen,

und tierärztlichen Organisationen

Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

wie in den Vorjahren hat sich auch 1990 das politische Geschehen sehr deutlich in der Entwicklung der Hart- mannbund-Stiftung „Ärzte helfen Ärzten" widergespie- gelt. Von den insgesamt 1121 Arztkindern, die zur Zeit während ihrer Schul- oder Ausbildung wegen wirtschaftli- cher Bedürftigkeit von der Stiftung betreut werden, stam- men etwa 570 aus dem Gebiet der ehemaligen DDR. Die meisten von ihnen sind gemeinsam mit ihren Familien in die alten Bundesländer gezogen, wobei die Eltern häufig große Schwierigkeiten bei der beruflichen Integration als Ärzte haben. Finanzielle Schwierigkeiten gibt es aller- dings auch in den Fällen, in denen nur die Kinder zum Studium in „den Westen" gekommen sind, während die Eltern nach wie vor in der angestammten Heimat wohnen, da gerade Ärzte im Bereich der ehemaligen DDR sehr häufig durch Kündigung ihren Arbeitsplatz verloren ha- ben. Wenn dann noch durch Scheidung der Eltern oder Tod eines Elternteils zusätzliche Belastungen hinzukom- men, können die betroffenen Jugendlichen ihre Situation kaum mehr allein bewältigen. In diesen Fällen ist neben der finanziellen Unterstützung auch die persönliche Be- treuung durch die Stiftung von besonderer Bedeutung.

Auffallend ist auch die hohe Zahl der aus Polen und son- Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages

stigen Ostblockländern übergesiedelten Arztkinder, die sich hilfesuchend an die Stiftung gewandt haben. Trotz deutscher Abstammung haben sie in der Regel große Sprachschwierigkeiten, die sich für die Eltern bei der Stel- lensuche und für die Kinder bei der schulischen Einglie- derung als sehr belastend auswirken. In diesen Familien reichen die finanziellen Mittel oft nicht einmal zur Dek- kung der elementaren Bedürfnisse. — Nach wie vor betreut die Stiftung auch eine große Gruppe von Arztwaisen aus den alten Bundesländern. Im Falle frühzeitigen Todes des Familienernährers wird immer wieder deutlich, daß auch bei durchschnittlicher Vorsorge die staatlichen und sonsti- gen Mittel allein oft nicht für eine angemessene Ausbil- dung dieser Kinder ausreichen.

Nehmen Sie bitte das bevorstehende Weihnachtsfest zum Anlaß, an die Kollegenkinder zu denken. Tragen Sie bitte durch Ihre Spende dazu bei, die für die betroffenen Arztkinder notwendige Lebensbasis — eine adäquate Aus- bildung — zu ermöglichen, und bedenken Sie bitte, daß ins- besondere Dauerspenden die Stiftung in die Lage verset- zen, längerfristige Hilfszusagen zu erteilen. Sie erhalten umgehend eine Spendenquittung.

Mit dieser Bitte sei herzlicher Dank an alle Einzel- spender und Organisationen verbunden, die der Stiftung und ihren Schützlingen in der Vergangenheit durch ihre Unterstützung geholfen und Mut gemacht haben.

Dr. Oesingmann, Erster Vorsitzender der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung

Dr. Thomas, Vorsitzender des Hartmannbundes — Verband der Ärzte Deutschlands e.V.; Dr. Montgomery, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes — Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands e.V., Bundesverband; Dr. Hirschmann, Bundes- vorsitzender des NAV — Virchowbund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V.; Dr. Ingeborg Retzlaff, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes e.V.; Dr. Walther, Bundesvorsitzender des Deutschen Kassenarztverbandes; Dr. Hoch, Bundesvor- sitzender des BPA — Berufsverband der Praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin Deutschlands; Präsident der Gemein- schaft Fachärztlicher Berufsverbände (GFB); Prof. Dr. Dr. Hoffmann, Präsident des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands e.V.; Ltd. Medizinaldirektor Dr. Grieve, Vorsitzender des Bundesverbandes der Ärzte des öffentlichen Gesundheits- dienstes e.V.; Zahnarzt Schneider, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Zahnärzte e.V. — Bundeszahnärztekammer —;

Dr. Gutmann, Bundesvorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte e.V.; Prof. Dr. Scheunemann, Präsident der Deut- schen Tierärzteschaft e.V.

Die Stiftung hat folgende Konten: Dresdner Bank AG Stuttgart Nr. 122 238 700 (BLZ 600 800 00); Deutsche Apotheker- und Ärzte- bank Stuttgart Nr. 0 001 486 942 (BLZ 600 906 09); Landesgirokasse Stuttgart Nr. 1 268 267 (BLZ 600 501 01); Postgiroamt Stuttgart Nr. 415 33-701 (BLZ 600 100 70).

A-4350 (22) Dt. Ärztebl. 88, Heft 49, 5. Dezember 1991

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