Aus Bund und Ländern
Kassen: Richtlinien für Arzneimittel rechtlich absichern
BONN. Nachdem das Landgericht Hamburg auf An- trag von drei Pharmaunter- nehmen die Veröffentlichung der neuen Arzneimittelricht- linien verboten hat, fordern die Spitzenverbände der ge- setzlichen Krankenkassen nun eine rechtliche Absicherung der Richtlinien. Der Gesetz- geber müsse durch rechtliche Klarstellungen und eine klare Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten die erforder- liche Rechtssicherheit mög- lichst bald wieder herstellen.
Andernfalls könne der Bun- desausschuß der Ärzte und Krankenkassen seinen gesetz- lichen Auftrag zur Sicherstel- lung der Qualität und Wirt- schaftlichkeit in der Arznei- mittelversorgung nicht aus- reichend erfüllen. Das Land- gericht Hamburg hatte am 31. März 1999 die Veröffent- lichung der Arzneimittelricht- linien aufgrund europa- und kartellrechtlicher Bedenken untersagt. Bis auf weiteres gelten nun die alten Arznei- mittelrichtlinien weiter, die seit dem 1. Januar 1994 in
Kraft sind. JF
Heilmittelverbände kritisieren Pläne zur Gesundheitsreform
KÖLN. Die Bundesar- beitsgemeinschaft der Heilmit- telverbände (BHV) hat ihren
„erbitterten politischen Wi- derstand“ gegen die „Gesund- heitsreform 2000“ angekün- digt. Besonders kritisiert die BHV das geplante Global- budget als langfristige Strate- gie zur Ausgabenbegrenzung.
Dies führe dazu, daß die Ärz- te ihre Verordnungen im Heil- mittelbereich rationierten, was unmittelbare Folgen für die Patientenversorgung habe.
Die Verbände lehnen auch entschieden die Möglichkei- ten ab, Einzelverträge abzu- schließen oder Einkaufsmo-
delle einzuführen, weil dies Preisdumping und Qualitäts- einbußen mit sich bringe.
Weiter spricht sich die BHV gegen ein Benchmarking zur Festlegung der Arznei- und Heilmittelbudgets aus – re- gionale Entwicklungen und Faktoren blieben so unbe- rücksichtigt. Mehr Mitspra- cherecht im Sinne eines Part- nerschaftsmodells statt Ein- führung des Benchmarking- Prinzips lautet hier die BHV- Forderung. Richtige Signale setzt die „Gesundheitsreform 2000“ nach Ansicht der Heil- mittelverbände mit Anregun- gen wie „ambulant vor sta- tionär“, „Reha vor Pflege“, mehr Patientenrechte, eine aktivere Gesundheitsförde- rung und die Verzahnung der ambulanten und stationären
Versorgung. JF
Arzneimittelbudget:
Ost-West-Unterschiede beachten
MÜNCHEN. Im Rahmen der gesundheitspolitischen Diskussion über die Festle- gung von Arzneimittelbud- gets sollten die unterschiedli- chen Morbiditätsraten in Ost- und Westdeutschland nicht außer acht gelassen werden.
Dies geht aus zwei parallel durchgeführten Studien des Berliner Instituts für Gesund- heits- und Sozialforschung (IGES) und des Frankfurter Instituts für Medizinische
Statistik (IMS) hervor. Dem- nach ist der schlechtere Ge- sundheitszustand der Men- schen in den neuen Bundes- ländern dafür verantwortlich, daß die Arzneimittelausgaben pro Kopf seit 1994 im Osten höher sind als im Westen.
Die Sterblichkeit an Herz- Kreislauf-Erkrankungen ist beispielsweise in den neuen Bundesländern um mehr als 25 Prozent höher als im Bun- desdurchschnitt.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben bisher in der Diskussion um das Vor- schaltgesetz versucht, regio- nale Budgets auf der Basis von Pro-Kopf-Ausgaben durch- zusetzen, die sich an den Bun- desländern mit den niedrig- sten Arzneikosten orientie- ren. Im Eckpunkte-Papier zur Gesundheitsreform 2000, das die Koalition am 2. März vereinbart hat, wird zwar der Gedanke des Benchmark- ing aufgegriffen, allerdings mit dem Zusatz: „Dabei sind relevante Unterschiede der Regionen zu berücksichti-
gen.“ JF
Ergebnisorientierte Vergütung: Gefahr der Risikoselektion
DÜSSELDORF. Nach Ansicht des Qualitätssiche- rungsbeauftragten der Kas- senärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), Dr. med.
Klaus Enderer, bergen die Plä-
ne des Bundesgesundheits- ministeriums (BMG) zur Qua- litätssicherung die Gefahr der Risikoselektion. Die vom BMG angekündigte Einfüh- rung einer am Ergebnis orientierten Vergütung wer- de damit enden, daß Schwer- und chronisch Kranke be- nachteiligt werden.
Es sei notwendig, Leitlini- en für den ambulanten Sektor zu entwickeln, die die Bedürf- nisse der Patienten und ge- sundheitsökonomische Bedin- gungen berücksichtigten, sag- te Enderer. Leitlinien könnten aufgrund der Erfahrungen for- muliert werden, die in den Qualitätszirkeln gesammelt worden seien. Die KVNo wol- le auch die Selbsthilfeorgani- sationen in die Diskussion ein-
beziehen. SG
A-962 (18) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 15, 16. April 1999
P O L I T I K NACHRICHTEN
„Ärztliche Schweigepflicht“
Die Zeitschrift mit Re- feraten und Zusammenfas- sungen der Diskussion des 22. Symposiums für Juri- sten und Ärzte zum Thema
„Ärztliche Schweigepflicht und Datenschutz in der Medizin“ (siehe DÄ, Heft 5/1999) erscheint im Herbst im Gustav Fischer Verlag, Niederlassung Jena, Post- fach 10 05 37, 07705 Jena, Tel 0 36 41/62 64-43. Bereits eingegangene Bestellungen werden vorgemerkt. EB
Zwischen 1970 und 1997 hat sich der Soli- darbeitrag der Aktivver- sicherten in der Kran- kenversicherung zugun- sten der Rentner mehr als versechsfacht. Die Leistungsausgaben der Gesetzlichen Kranken- versicherung für ambu- lante ärztliche Leistun- gen sind im gleichen Zeitraum nahezu kon- stant geblieben. N
0,64 1,59 0,98 0,64 1,64 0,19 0,24
2,45
2,23
1,01 0,95 0,82 1,65 0,50
3,08
2,22
1,03 0,75 1,64 0,46 0,36
3,77
2,45
1,00 0,86 1,75 0,59 0,39
Leistungsausgaben der GKV für Allgemeinversicherte in Prozent vom Grundlohn je Mitglied
Solidarbeitrag für Kranken- versicherung der Rentner
Krankenhaus
Heil- und Hilfsmittel Arzneien Zahnersatz Zahnärzte Ärzte
1970 1980 1990 1997 Jahr
Quelle: Amtliche Statistik und Statistik der Krankenkassen, Bundesländer West, 1997 einschließlich Berlin (Ost) Anteil in
Prozent
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