Arzneimittel bei Erkältungskrankheiten
Noch einmal: Die gültige Interpretation der gesetzlichen "Negativliste"
Die Ärzteschaft, die Apotheker- schaft und nicht zuletzt die Kran- kenversicherten müssen seit dem 1. April mit der sogenann-
ten "Negativliste" des Bundes-
gesetzgebers leben. Dabei sind
"negative" Erfahrungen ver-
ständlicherweise nicht ausge- blieben. Sie scheinen vor allem
die Verordnung von Arzneimit-
teln bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten zu betref- fen, wie aus einem Hinweis der Apothekerkammer Nordrhein an die Kassenärztliche Bundesver- einigung hervorgeht.
ordnet werden. Dabei wird der Begriff "Befindlichkeitsstörung"
auf diejenigen Fälle von "Erkäl- tungskrankheiten" und "grippa- len Infekten" eingegrenzt, in de- nen eine dem Gebot der Zweck- mäßigkeit und Notwendigkeit folgende Arzneitherapie mit Hustenmitteln, Grippemitteln, Schnupfenmitteln oder auch Schmerzmitteln medizinisch ge- sehen sowieso entbehrlich ist oder aber durch die Anwendung probater Hausmittel entbehrlich wird.
..,.. Liegt allerdings keine "Be··
findlichkeitsstörung" vor, sind also die Symptome stärker aus- geprägt - der Patient klagt z. B.
Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
über Fieber, Kopfdruck (Neben- höhlen!), Gliederschmerzen oder Husten - bzw. ergibt sich für den Kassenarzt der Verdacht auf eine Komplikation, so kön- nen auch heute alle medizinisch indizierten Arzneimittel auf Kas- senrezept verordnet werden. Um es auf einen kurzen Nenner
zu bringen: Bei Erkältungs-
krankheiten mit ausgeprägterer Symptomatik sind die medizi- nisch gebotenen Arzneimittel (einschließlich der Schmerzmit- tel) nach wie vor auf Kassenre- zept verordnungsfähig.
Der nachstehende Kasten infor- miert noch einmal in Stichwor- ten insgesamt über die zwischen der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung und den Kassenver- bänden vereinbarte "ärztlich ver- antwortbare Interpretation einer mangelhaften gesetzlichen Vor- schrift" (so Prof. Dr. H. J. Sewe-
ring). DÄ
..,.. Falsch ist beispielsweise die Annahme, daß Schmerzmittel generell für Versicherte, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, nicht mehr zu Lasten der gesetz- lichen Krankenkassen verordnet werden dürften. Richtig ist, daß die Benennung von Schmerzmit- teln in der "Negativliste" sich ausschließlich auf die Anwen- dung bei "Erkältungskrankhei-
ten" bzw. "grippalen Infekten"
bezieht. Aber auch in diesem Fall dürfen Schmerzmittel nur dann nicht mehr zu Lasten der Kassen verschrieben werden, wenn sich
die "Erkältungskrankheiten"
bzw. "grippalen Infekte" als blo-
ße "Befindlichkeitsstörungen"
darstellen.
"Negativliste" - auf einen Blick
Aus der vom KBV-Hauptge- schäftsführer, Dr. Eckart Fiedler, in Heft 11 vom 18. März veröf- fentlichten detaillierten "Segel- anweisung" für den Kassenarzt seien hier die Kernsätze noch einmal sinngemäß zitiert:
..,.. Allein bei "Erkältungskrank- heiten" bzw. "grippalen Infek-
ten", die sich als "Befindlich-
keitsstörungen" darstellen, dür- fen Arzneimittel nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen ver-
1. Für Versicherte , die das 16.
Lebensjahr vollendet haben, dürfen
• lokal anzuwendende Mund- und Rachentherapeutika ( Ausnahmen: lokal anzuwenden- de Arzneimittel, die bei ulzerie- renden Erkrankungen, nach ope- rativen Eingriffen und bei Pilzer- krankungen im Mund-Rachen- Raum verordnet werden , sowie Verordnung von künstlichem Speichel)
• Abführmittel ,
• Arzneimittel gegen Reise- krankheit
nur noch auf Privatrezept ver- ordnet werden .
2. Bei , ,Erkältungskrankheiten "
bzw. " grippalen Infekten " mit
ausgep rägter Symptomatik wie Kopfdruck, Fieber, Husten sind Grippe- , Husten- , Schnupfen- sowie Schmerzmittel auch wei- terhin auf Kassenrezept verord- nungsfähig .
Bei ,, Erkältungskrankheiten '' und
" grippalen Infekten ", die sich lediglich als , ,Befindlichkeitsstö-
~
darstellen : Verweis auf bewährte Hausmittel!
Wunschverordnung bei banalem Schnupfen auf Privatrezept!
3. An sich ausgeschlossene Arzneimittel , die zur Vorberei- tung oder im zeitlichen Anschluß an diagnostische(r) oder opera- tive(r) Eingriffe benötig t werden , über Sprechstundenbedarf be- ziehen und dem Patienten aus- händigen! Dr. EF/KBV
Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 19 vom 13. Mai 1983 27