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Archiv "Strukturreform - die Apotheker bringen sich ins Spiel" (11.07.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pharma-Exporte in die Dritte Welt:

Pauschalvorwurf zurückgenommen

D

ie Entschließung des 90.

Deutschen Arztetages über den Export von Arz- neimitteln in Länder der Dritten Welt (Wortlaut in Heft 23/1987) hat Wellen geschlagen: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dieter Schanz griff die Aussage auf, die pharmazeutische Industrie handele hier „unethisch und unmoralisch".

Bekanntlich (dazu auch in Heft 23

„seite eins": „Ärzteparlament" — schlechter Stil) hatte es auf dem Ärztetag kurz vor Toresschluß gera- de über diese pauschale Verurtei- lung einige Differenzen gegeben.

Der Parlamentarische Staats- sekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Ge- sundheit, Anton Pfeifer (CDU), wies im Bundestag darauf hin, daß keine Sachverhalte bekannt seien, die eine pauschale Bewertung von Aktivitäten der pharmazeutischen Industrie beim Export von Arznei- mitteln in die Entwicklungsländer als unethisch und unmoralisch zulas- sen. Pfeifer räumte freilich ein, daß in der Vergangenheit einige Mängel bekannt geworden seien. Diese sei- en inzwischen aber abgestellt wor- den, und wo nicht, dann liefen die Verfahren zur Behebung der Män- gel zur Zeit. Einzelheiten wollte Pfeifer in der Fragestunde nicht nen- nen.

Im übrigen ist die Bundesregie- rung der Auffassung, so Pfeifer, daß die Importländer in eigener Verant- wortung die Bedingungen festlegen, unter denen bei ihnen Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden dürfen. Die Bundesregierung stelle den Ländern auf Anfrage alle not- wendigen Informationen zur Verfü- gung. Außerdem nehme die Bun- desrepublik Deutschland am Zertifi- katssystem der Weltgesundheitsor- ganisation teil. In einem solchen Zertifikat über die Qualität eines pharmazeutischen Produktes erhalte ein Land auf Anfrage darüber Aus- kunft, ob ein Arzneimittel in der Bundesrepublik zugelassen oder aus welchen Gründen es nicht zugelas- sen sei.

Zu der Ärztetagsentschließung hat die Bundesärztekammer inzwi- schen eine erläuternde Anmerkung herausgegeben. Sie ist in der Samm-

lung der Entscheidungen des Deut- schen Ärztetages, die von der Bun- desärztekammer zusammengestellt und an öffentliche Institutionen ver- breitet wird, enthalten. Diese An- merkung lautet:

• „Dieser Antrag ist mit 95 ge- gen 85 Stimmen angenommen wor- den. Danach wurde gemäß § 18 der Geschäftsordnung des Deutschen Ärztetages ein Antrag auf 2. Lesung gestellt, um folgende Abänderungen des Wortlautes zu erreichen:

a) in der 1. Zeile die Worte ,un- ethischen und unmoralischen' zu streichen,

b) die Formulierung ,der phar- mazeutischen Industrie' zu ersetzen durch die Formulierung ,einzelner pharmazeutischer Unternehmen' und

c) die Ziff. 1 wie folgt zu formu- lieren: ,die in der Bundesrepublik Deutschland vom Markt genomme-

Die Bundesvereinigung Deut- scher Apothekerverbände, kurz ABDA, hat vor der Presse in Bonn ihre Vorstellungen und Forderun- gen zur Strukturreform im Gesund- heitswesen vorgestellt. Die Apothe- ker nehmen die anstehende Struk- turreform zum Anlaß, an alte Wün- sche zu erinnern, den Apotheker als den Fachmann für Arzneimittel ver- antwortlicher in die Arzneimittelab- gabe einzubeziehen. ABDA-Präsi- dent Klaus Stürzbecher: „Wir Apo- theker wollen mehr am Gesund- heitswesen beteiligt sein." Im ein- zelnen schlugen die ABDA-Vertre- ter am 26. Juni im Bonner Presse- club vor:

0 Die Abgabe namensgleicher Importarzneimittel soll mehr als bis- her gefördert werden. Die Apothe- ker seien bereit, mit den Kassen bundesweit Vereinbarungen dar- über zu treffen.

nen Medikamente nicht in Ländern der Dritten Welt weiterhin verkauft würden'.

Über die Durchführung einer 2.

Lesung und die erforderlichen Än- derungsvorschläge konnte nicht mehr abgestimmt werden, da ein Antrag auf Feststellung der Be- schlußfähigkeit ergab, daß von 250 Delegierten nur noch 120 anwesend waren. Der 90. Deutsche Ärztetag mußte deshalb wegen Beschlußunfä- higkeit beendet werden.

Mit Schreiben vom 18. Mai 1987 an den Präsidenten der Bundesärz- tekammer hat die Antragstellerin, Frau Dr. Fuchs-Hammoser, Berlin, bedauert, daß sie ihren Redebeitrag wegen Beschlußunfähigkeit nicht mehr halten konnte. Sie wäre mit der vorgeschlagenen Änderung des ersten Satzes einverstanden, da sie an einer sachdienlichen Diskussion interessiert sei." EB

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Die Abgabe von Generika ( „Nachahmerprodukten" ) soll aus- geweitet werden. Die ABDA schlägt in diesem Zusammenhang ein Verfahren vor, das bereits bei ei- nem Modellversuch in Frankfurt er- probt wird. Danach erhält der Arzt die Möglichkeit, auf dem Rezept an- zukreuzen, ob er mit der Abgabe ei- nes Generikums (statt des Marken- präparates) einverstanden ist. In ei- nem solchen Falle würde der Apo- theker die Auswahl eines nach Preis und Qualität gleichwertigen Generi- kums treffen. Die Sprecher der AB- DA gestanden in Bonn allerdings zu, daß es mit der Biovergleichbar- keit der Generika vielfach noch ha- pert (dazu auch „seite eins" in die- sem Heft). Der Apotheker soll die betreffenden Arzneimittel innerhalb eines Preissegmentes auswählen können. Für diese Zwecke wären noch geeignete Listen zu schaffen

Strukturreform — die Apotheker bringen sich ins Spiel

Dt. Ärztebl. 84, Heft 28/29, 11. Juli 1987 (23) A-1955

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oder zum Beispiel die Preisver- gleichslisten entsprechend zu modi- fizieren.

• Die Zahl der ärztlichen Ver- ordnungen von Arzneimitteln soll durch die Ausstellung von Wieder- holungsverordnungen deutlich ver- mindert werden. Gemeint ist mit dem Terminus „Wiederholungsver- ordnung" nicht der in den kassen- ärztlichen Gebührenordnungen ver- wandte Begriff „Wiederholungsre- zept". Vielmehr wollen die Apothe- ker, ähnlich dem Privatsektor, auch im Kassensektor erreichen, daß ein Patient für einen gewissen Zeitraum seine Medikamente ohne nochmali- ge Einschaltung des Arztes in der Apotheke erhalten kann. Als Kon- trollinstrument offerieren die Apo- theker ein „Scheckheft", in dem die Arzneimittelabgaben einzutragen wären.

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Ein ähnliches Verfahren soll für die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln Platz greifen. Gedacht ist hierbei an Patientengruppen, die regelmäßig Heil- und Hilfsmittel nachfragen, etwa Inkontinente, Sto- ma-Träger, Dialysepatienten.

O Der Mehrwertsteuersatz für Humanarzneimittel soll halbiert werden. Als Kompensation für den Finanzminister schlägt die ABDA einen Risikozuschlag auf Tabak- und Alkoholprodukte (pro Zigarette 1 Pfennig, pro Liter Alkohol 2,50 DM) vor.

Abgelehnt werden von den Apothekern die prozentuale Selbst- beteiligung bei den Arzneimitteln sowie Vorschläge, die Apotheken- spanne zu vermindern oder den Ra- batt, den die Apotheker den gesetz- lichen Krankenversicherungen ge- währen müssen, zu erhöhen. Im Ge- genteil, die Apotheker forderten in Bonn, diesen 5-Prozent-Rabatt zu streichen — als Äquivalent für die zu- sätzlichen Leistungen, die Apothe- ker bei der Auswahl preiswerter Ge- nerika zu erbringen gewillt sind.

Auch in dem Frankfurter Modell- versuch wird die auswählende und beratende Tätigkeit des Apothekers honoriert, hier pauschal mit 3 DM pro Verordnung.

Alles in allem verspricht sich ABDA-Präsident Stürzbecher Ein- sparungen zu Gunsten der gesetzli-

chen Krankenversicherung von 3 Milliarden DM. Laut dem Sprecher der ABDA-Geschäftsführung, Dr.

Johannes Pieck, setzt sich die erhoff- te Einsparung folgendermaßen zu- sammen: 1,5 Milliarden DM aus dem Übergang zur vermehrten Ge- nerika-Abgabe, 200 Millionen aus dem Umsteigen auf Importarznei- mittel und gut 1 Milliarde DM aus der Halbierung des Mehrwertsteuer- satzes. Die Einsparungen aus dem vorgeschlagenen Übergang zu Wie- derholungsverordnungen hat die ABDA nicht beziffert. Am Rande der Veranstaltung verlautete, daß die Ziffer 70 des neuen EBM (Aus-

Im Zuge der Strukturreform im Gesundheitswesen solle der Gesetz- geber die gesetzliche Krankenversi- cherung auf ihre ursprünglichen und ureigensten Aufgaben zurückfüh- ren; bei einer konsequenten Durch- musterung des Pflichtleistungskata- logs und einer Straffung der Versi- cherungsbedingungen seien Einspar- potentiale in Höhe mehrerer Milliar- den DM zu erzielen — so die Diagno- se eines (aktualisierten) Grundsatz- programms des Verbandes der pri- vaten Krankenversicherung (PKV)

„zur Struktur des Krankenversiche- rungssystems".

Vor der Presse in Köln hat sich PKV-Verbandsvorsitzender Hein- rich Frommknecht, Generaldirektor der Signal-Versicherungsgesellschaf- ten, Dortmund, für die Wiederein- führung einer früher bereits in der RVO verankerten Berechtigungs- grenze in der gesetzlichen Versiche- rung ausgesprochen, oberhalb derer eine freiwillige Weiterversicherung nicht mehr möglich sein soll. Die Einführung einer Krankenversiche- rungspflichtgrenze auch für Arbeiter dürfe aber keinesfalls mit einer Er- höhung der für Angestellte gelten- den Jahresverdienstgrenze verbun- den werden. Die PKV verweist auf Erfahrungen in den Niederlanden und Interpretationen des Bundes- sozialgerichts sowie des Bundesge-

stellung von Wiederholungsrezep- ten), die mit 40 Punkten bewertet ist, überflüssig sei.

Gleichfalls nicht erörtert wur- den die möglichen längerfristigen Kosten, die von den Apothekern für die zusätzlichen Aufgaben rekla- miert werden könnten. Lediglich die oben schon apostrophierte Aufhe- bung des 5-Prozent-Rabattes wurde am Rande erwähnt Stürzbecher versicherte allerdings, daß sich die Apotheker im Sinne des Erhalts der gesetzlichen Krankenversicherung ihrer Verantwortung bewußt seien und ihre Vorschläge auch die Apo- theker belasten könnten. NJ

richtshofes zur „sozialen Schutzbe- dürftigkeit".

Revisionsbedürftig sei auch die kostenfreie Mitversicherung von Fa- milienangehörigen. Die rund 500 000 nicht-erwerbstätigen Ehe- partner ohne Kinder, die in der GKV beitragsfrei mitversichert sind, sollen dem PKV-Programm zufolge künftig einen eigenen Beitrag zah- len. Falls der halbe Beitrag eines Pflichtversicherten zugrunde gelegt würde, ergäbe dies allein eine Mehr- einnahme von 1,5 Milliarden DM jährlich. Selbst wenn eine solche Beitragspflicht lediglich auf die frei- willig Versicherten beschränkt blie- be, so ergäbe sich für die Kassen ei- ne Ersparnis in beträchtlicher Höhe.

Frommknecht gestand zu, daß eine spürbare Anhebung der Bei- tragsbemessungsgrenze zwar die freiwillig Versicherten stärker zur Kasse bitten würde und dadurch den Solidarausgleich stärke, gleichzeitig würden aber (politische) Forderun- gen provoziert, die Versicherungs- pflichtgrenze ebenfalls anzuheben.

Jede Änderung der derzeitigen dy- namisierten „Friedensgrenze" (Be- messungs- und Versicherungspflicht- grenze betragen 75 Prozent der Ren- tenversicherungs-B emessungsgren- ze) könnte zu Turbulenzen bei der Marktabgrenzung zwischen den Er- satz- und Privatkassen führen.

Wie sich die Privatassekuranz eine Strukturreform vorstellt

A-1956 (24) Dt. Ärztebl. 84, Heft 28/29, 11. Juli 1987

Referenzen

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