Die Information:
BerichtundMemung NACHRICHTEN
PKV - auf dem Weg zur Ersatzkasse?
rung der Versicherungsarten rela- tiviert.
Der Bestand gliederte sich zum 31.
Dezember 1980 wie folgt: Der vom Verband der privaten
Krankenversicherung e. V. (PKV) Ende September 1981 vorgelegte Jahresbericht ist auf den ersten Blick imponierend. Die Beitrags- einnahmen sind 1980 um fast 10 Prozent gestiegen (Vorjahr weni- ger als 6). Sie haben nahezu 10 Milliarden DM erreicht.
Die Versicherungsleistungen stie- gen um 11,2 Prozent (Vorjahr 8,9).
Die Verwaltungskosten konnten weiter auf nun 5,06 Prozent der Beitragseinnahmen gedrückt wer- den. Die Vermögensanlagen stie- gen um 8,2 Prozent auf über 13,5 Milliarden DM. Der Bestand der Tarifversicherten hat sich auf über 20 Millionen nur leicht erhöht.
Gesetzlich Versicherte mit privatem Zusatzschutz
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1966 ?1971 _91'>,1 :l·1.1b 1976 f.t·~l 1981 <1 0Schon dieser Globalvergleich zwi- schen Einnahme/Ausgabe- und Vermögenssteigerungen einer- seits und den demgegenüber be- scheidenen Steigerungen der Ver- sichertenzahlen andererseits zeigt den massiven Kostendruck auf dieses letzte Reservat freiheitli- cher Vorsorge im Krankheitsri- siko.
Signalisieren die Zahlen Alarmzei- chen für den Fortbestand pri- vatwirtschaftlicher Vorsorge im Krankheitsfall? Die eindrucksvolle Zahl von über 20 Millionen Versi- cherten, immerhin also zwischen einem Viertel und einem Drittel der bundesdeutschen Bevölke- rung, wird durch die Aufgliede-
..". Krankheitskosten-
versicheru.ng 39,7 Prozent ..". Selbständige
Krankenhaustagegeld-
versicherung 30,4 Prozent ..". Sonstige selbständige
Teilversicherung 21 ,6 Prozent ..". Krankentagegeld-
versicherung 8,3 Prozent Damit wird klar, daß überhaupt nur rund 40 Prozent der Privat- krankenversicherten, also rund 8 Millionen Personen, außerhalb der RVO- und Ersatzkassen existen- tiell krankenversichert sind. [>
Beiträge nach Versicherungsarten
9.843.7 Insgesamt Mio. DM
Mio. Personen
7.159.7
Freiwillige Mitglieder der GKV 1981
2.986 Mio. Mitglieder Ersatzkassen
Ortskrarikenkassen
1.001 Betriebskrankenkassen
D D
0.37565.0 21.8 8.2 Insgesamt 4.591 Mio. Mitglieder
Innungskrankenkassen 1976
0.164
~
3.6
Sonstige 0.065 c:::::::J
1.4 Prozent
Krankheitskostenversicherung Sonstige selbständige Teilversicherung Selbständige Krankenhaustagegeldversicherung Krankentagegeldversicherung
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 45 vom 5. November 1981 2115
Die Information:
Bericht und Meinung
Private Krankenversicherung
Und auch diese Aussage ist falsch, wenn sie gleichgesetzt würde mit dem Bevölkerungsanteil, der das Risiko Krankheit eigenverantwort- lich versichert.
Die weit überwiegende Mehrzahl dieses Personenkreises ist beihil- feberechtigt, wird im Krankheits- fall von der öffentlichen Hand ali- mentiert. Insoweit ist die private Krankenversicherung de facto teil- und zwischenfinanzierendes Hilfs- organ der staatlichen Fürsorge- pflicht für beihilfeberechtigte Be- dienstete öffentlicher Hände.
So gesehen ist dieser Teil der pri- vaten Krankenversicherung schon jetzt Bestandteil des öffentlich- rechtlichen Netzes sozialer Si- cherheit neben RVO- und Ersatz- kassen.
Interessenkonflikt: Ankoppeln an den Staat oder
freies Unternehmertum?
Die innerverbandliche Meinungs- bildung zum Referentenentwurf einer neuen amtlichen Gebühren- ordnung für Ärzte (GOÄ) hat dies offengelegt. Zwischen dem Selbst- verständnis der Erfüllungsgehilfen staatlicher Sicherung durch die Kombination von Beihilfen und Privatversicherung einerseits und den vorwiegend Selbständige in gewerblicher Wirtschaft und Freien Berufen versichernden Un- ternehmen andererseits wird der Interessenkonflikt in der Zukunfts- orientierung immer deutlicher spürbar.
Während die einen mehr oder weniger bewußt die Ankoppelung an das staatlich geordnete Siche- rungssystem geradezu suchen, um am staatlichen Sozialkuchen zu partizipieren: Einheitshonorare und einnahmeorientierte Ausga- benpolitik bei 100prozentigem Leistungsversprechen, müht sich eine Minderheit um Selbstbeteili- gungsmodelle und um individuel- le alternative Ergänzungen zur ge- setzlichen Standardversorgung für jedermann.
Wie sich die Führung des Verban- des schon vor Jahren mit Einfüh- rung der 100-Prozent-Tarife um den Anschluß an die gesetzliche Krankenversicherung bemühte, so sucht sie nun anläßlich der Novel- lierung der ärztlichen Gebühren- ordnung den Anschluß an leicht kalkulierbare Einheitshonorare auf kontrolliertem Niveau. Ein seit Jahren der Marktwirtschaft den Rücken kehrender Weg: gleichzei- tig mit den Versuchen der Sozial- demokraten, die Ersatzkassen mit den RVO-Kassen gleichzuschal- ten, suchen diese Privatversiche- rer de facto den Ersatzkassensta- tus von gestern.
Demgegenüber wird es die Min- derheit marktwirtschaftlicher As- sekuranz schwer haben, ihr Kon- zept vertragsfreiheitlicher Alterna- tiven für die Selbständigen in Han- del, Gewerbe und Freien Berufen weiterzuentwickeln.
Die Erfolgszahlen 1980 des Ver- bandes der privaten Krankenversi- cherung geben jedoch auch dafür Anhaltspunkte. Arteigene Pro- blemlösungen für kostenbewußte Selbständige und einkommens- orientierte Zusatzversicherung für individuell orientierte Sozialversi- cherte und Beihilfeberechtigte bleiben marktoffen. Hier kann nur differenzierte Tarifpolitik und Wer- bung den Markt von morgen ma- chen, wozu es auch einer dem An- gebot differenzierter Problemlö- sungen angepaßten Provisionspo- litik und der Bestandspflege be- darf.
Die Interessenlage von Ärzten und
Versicherungsunternehmen Die Ärzteschaft verfolgt die Ent- wicklung mit Sorge und Aufmerk- samkeit. Sie gehört zum Kreis der versicherten Selbständigen, die individuell differenzierter Pro- blemlösungen für die Sicherung ihres eigenen Krankheitsrisikos bedürfen. Die Kosten- und Bei- tragsexplosion in diesem Bereich trifft sie hart.
Andererseits fordern die immer schärferen Restriktionen soziali- stischer Gesundheits- und Sozial- politik zwangsläufig konstruktive privatwirtschaftliche Alternativen heraus, um der unabhängig prakti- zierten Arzt-Patient-Beziehung in ambulanter wie in stationärer Ver- sorgung diktatur- und bürokratie- freie Räume zu bewahren und wo- möglich auszugestalten.
Wie die berufliche Entscheidungs- freiheit des Arztes im Kranken- haus auch davon abhängt, daß der Arzt jederzeit seinem Arbeitgeber den Rücken kehren und in freier Praxis das Schild heraushängen kann, so stärken die privatärztli- chen Elemente auch die Entschei- dungsfreiheit des Kassenarztes.
Ein neuer Markt hätte viele negative Konsequenzen
Und schließlich: Sollte über die Neugestaltung der Amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ) und über anschließende „Anpas- sungen" im Kleingedruckten der privaten Krankenversicherungen sowie über anschließende Anpas- sungen der Beihilferichtlinien die private Krankenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland sich zu einer Art Ersatzkasse im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenversicherungen degene- rieren, dann könnte nicht ausblei- ben, was Folge komplettierter So- zialisierungen in Ost und West ist:
Es würde sich ganz sicher nicht zum Nutzen der Patienten ein neu- er Markt praktizierter Medizin ne- ben RVO, Ersatzkassen und PKV bilden.
Die Folgen sind nicht abzusehen, weil dies auch die qualitative Struktur der ärztlichen Versor- gung in der Bundesrepublik Deutschland betreffen würde. DÄ
Die drei Darstellungen auf Seite 2115 sind aus dem „Zahlenbericht 1980/81"
des Verbandes der privaten Krankenver- sicherung zitiert.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 2116 Heft 45 vom 5. November 1981