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Archiv "GOÄ '96 und Krankenhausarzt: Einschneidende Veränderungen für leitende Ärzte" (05.07.1996)

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T H E M E N D E R Z E I T BLICK INS AUSLAND

D

haramsala, einst eine Som- merfrische der Briten, liegt et- wa zwölf Reisestunden nord- westlich von Delhi am Süd- hang des Himalaja. Der pittoreske Ort ist seit 1960 Sitz des Dalai Lama und der tibetischen Exilregierung.

Dort befindet sich auch das Tibetan Medical & Astro Institute, wo die tra- ditionelle tibetische Medizin ge- lehrt und praktiziert wird. Dem Institut sind 37 Zweigkliniken angeschlossen, die in Indien und Nepal die ärztliche Grundver- sorgung der weitverstreuten Flüchtlingsgemeinschaft der Ti- beter übernehmen: Pulsdiagno- se und Kräuterpillen kosten nicht viel.

Allerdings richten die tradi- tionellen Pillen gegen die weit- verbreiteten Infektionskrank- heiten, vor allem gegen die Tu- berkulose, nur wenig aus. Des- halb wurde 1971 das Delek Hos- pital in Dharamsala gegründet.

Zunächst als Ambulatorium ge- plant, verfügt es mittlerweile über 45 Betten. Die Drei- bis Vierbettzimmer sind klein und sauber. Die Angehörigen sind mitverantwortlich für die Ver- sorgung der Patienten: sie waschen sie, kochen für sie und halten auch die Krankenzimmer sauber.

Das kleine, aber effizient arbei- tende Hospital verfügt über zwei Am- bulanzen in anderen Stadtteilen Dha- ramsalas. Außerdem hat es eine Zahn- und eine Augenambulanz so- wie ein kleines Labor, in dem einfache

Blut-, Harn-, Stuhl- und Sputumun- tersuchungen vorgenommen werden können. An medizinischem Gerät gibt es ein Gastroskop, ein EKG und ei- nen Röntgenapparat. Außerdem ist dem Krankenhaus eine Apotheke an- gegliedert.

Da die Exilregierung über kein eigenes Einkommen verfügt und die

rund 120 000 Tibeter, die weit ver- streut in sogenannten Settlements entlang dem Himalaya, in Nepal und in Südindien leben, extrem arm sind, lassen sich die Behandlungskosten nicht annähernd erwirtschaften. Das Hospital ist deshalb auf die Unterstüt- zung durch ausländische Hilfsorgani- sationen angewiesen. Freiwillige Hel-

fer aus dem Westen und aus Australi- en haben in den 80er Jahren tibetische Schwestern, Dentisten und Optiker ausgebildet, so daß das Krankenhaus mittlerweile über einen kleinen Stamm tibetischer Mitarbeiter ver- fügt. Diese können ihrerseits wieder geeignete Personen in den Settle- ments anlernen.

In den letzten 20 Jahren haben rund 60 Tibeter an indischen Univer- sitäten Medizin studiert. Die meisten sind jedoch nach ihrer Ausbildung ins Ausland abgewandert oder haben sich in eigenen Praxen in Indien nie- dergelassen, wo sie wesentlich besser verdienen. Das Delek Hospital kann nur ein Gehalt von rund 150 DM mo- natlich zahlen. Es ist deshalb auf die Mitarbeit ausländischer Ärzte ange- wiesen, deren Visa jedoch nur maxi- mal sechs Monate gültig sind. Seit 1994 haben auch ausländische Stu- denten die Möglichkeit, für zwei Mo- nate am Krankenhaus zu hospitieren.

Zwei tibetische Ärzte, zwei bis drei ausländische Ärzte und 12 Kran- kenschwestern bewältigen zusammen mit zwei Laboranten, zwei Phar- mazeuten und je einem Zahn- und Augentechniker ein enor- mes Arbeitspensum. Das Hospi- tal versorgt die 6 000 Einwohner Dharamsalas sowie weitere 20 000 Menschen, die in einem Umkreis von 400 Kilometern in 19 Settlements leben. Fortbil- dungsprogramme für Ärzte, Krankenschwestern und „Health Worker“ sind mittlerweile selbst- verständlich. Das Delek Hospi- tal organisiert beispielsweise Workshops zur Betreuung von Flüchtlingen, von denen viele unter den Folgen von Inhaftie- rung oder Folter leiden.

Mit Hilfe einer jährlichen Fragebogenaktion versuchen die medizinischen Mitarbeiter, allgemeine demographische Da- ten sowie Daten zur Wasserver- sorgung und zum Krankheitsspek- trum in Dharamsala und den Settle- ments zu erheben. Da weder eine zen- trale Einwohnerkartei noch Straßen- pläne oder Hausnummern existieren, ist die Datenerhebung sehr schwierig.

Bei den Erkrankungen überwiegen Infektionskrankheiten wie Amöben- und Bakterienruhr, Typhus, allgemei-

Das tibetische Delek Hospital in Indien

Geldmangel gefährdet

Versorgung der Flüchtlinge

Mit einfachsten Mitteln versuchen die Ärzte des Delek Hospitals, die medizi- nische Versorgung der im indischen Exil lebenden Tibeter sicherzustellen. Da weder die tibetische Exilregierung noch die Bevölkerung über entsprechen- de Geldmittel verfügen, ist das Krankenhaus auf Hilfe aus dem Ausland an- gewiesen. Dr. med. Egbert Asshauer, der das Hospital seit 1982 regelmäßig besucht, berichtet im folgenden über die schwierigen Bedingungen vor Ort.

Das tibetische Delek Hospital in Dharamsala Foto: Dr. Egbert Asshauer

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ne Durchfallerkrankungen, Lamblia- sis und Wurminfektionen. Häufig tritt auch die Virushepatitis auf, die jedoch effizienter mit traditionellen Metho- den behandelt werden kann. Menin- gokokken-Meningitis tritt endemisch auf, Diphtherie und Malaria sind sel- ten. Ebenfalls häufige Krankheiten sind Magengeschwüre, erosive Ga- stritis und Bluthochdruck, der vor al- lem durch den traditionell stark gesal- zenen Buttertee verursacht wird.

Aufgrund der schlechten hygieni- schen Verhältnisse sind Hautkrank- heiten, vor allem in den überbelegten Internatsschulen und Klöstern, sehr verbreitet.

Die größten Probleme bereitet den tibetischen Ärzten die Tuberku- lose, deren Bekämpfung auch das meiste Geld verschlingt. Obwohl alle Kinder BCG-geimpft werden, ist die Morbiditätsrate von 2,5 Prozent während der letzten zehn Jahre un- verändert geblieben. Mitverantwort- lich für diese hohe Rate ist die schlechte Ernährung der Flüchtlinge mit zuwenig Milchprodukten und Obst. Rund 25 Prozent der Patienten, die neu an Tuberkulose erkranken, sind resistent gegen die üblichen Me- dikamente. Als Hauptursache dafür gilt die irreguläre Einnahme der TB- Medizin. Dazu kommt, daß ständig weitere Flüchtlinge aus Tibet ins Land strömen, die häufig offen tuber- kulös sind. Aus Kostengründen kön- nen die Neuankömmlinge bislang nicht auf TB untersucht werden. Die TB-Morbidität liegt in Tibet wesent- lich höher als in China, und finanziel- le Hilfen aus dem Ausland werden häufig von den chinesischen Behör- den, die das Land besetzt halten, nicht nach Tibet weitergeleitet.

Tuberkulosebekämpfung – ein Faß ohne Boden

Das Delek Hospital hat 1980 ein Tuberkulose-Kontrollprogramm ge- startet. Ziel ist, neben der Gesund- heitserziehung und der lückenlosen BCG-Impfung die Langzeitbehand- lung offen tuberkulöser Patienten zu sichern. Das ist jedoch wegen der Größe des Einzugsgebietes und der oft mangelnden Compliance der Pati- enten schwierig. Außerdem können

die Ärzte das Sputum verdächtiger Fälle nur mikroskopisch untersuchen, weil Kulturen aus Kostengründen nicht angelegt werden können.

Die Tuberkulosebehandlung mit einem Standardregime kostet im Jahr 32 Dollar. Spricht der Patient auf die Therapie nicht an, wird ein Reserve- regime eingesetzt, das für die Dauer eines halben Jahres das Vierfache ko- stet. Multiresistente Fälle, die in Eng- land ausgetestet werden müssen, ver- schlingen 2 500 DM. Aus eigenen Mitteln können diese Therapien nicht finanziert werden. Im Standard- und Reserve-Programm liegen die Hei- lungsraten bei 90 Prozent, bei den multiresistenten Fällen jedoch nur bei 50 Prozent. Dabei gibt es kaum Mög- lichkeiten, die Tuberkulose-Patienten zu isolieren. Bei 300 Neuerkrankun- gen jährlich bleibt die Tuberkulose- bekämpfung ein Faß ohne Boden.

Das Delek Hospital bildet die Mehrzahl der Health Worker aus, die in den Settlements die Gesundheits- fürsorge (Primary Health Care) wahr- nehmen. Eine wesentliche Aufgabe dieser Gesundheitsfürsorge ist die

Prävention. Dreimal im Jahr besu- chen mobile Gesundheits-Teams, die in der Regel aus einem Arzt, einer Krankenschwester und einem Health Worker bestehen, mit dem Jeep alle Settlements. Die Teams legen im Jahr rund 14 000 Kilometer zurück. Dabei entsteht bereits das Problem, wer das Benzin bezahlt und wer für die Ver- pflegung des Teams aufkommt. Oft verfügen weder das Hospital noch die Settlements über das nötige Geld. Ne- ben der routinemäßigen Krankenbe- handlung halten die Teams Vorträge über Umwelt- und Körperhygiene.

Die Health Worker vor Ort sorgen dafür, daß die Wassertanks chloriert werden, leiten zum Bau von Bade- und Toilettenhäusern an und geben Ratschläge zur Ernährung: Was im trockenen, kalten Hochland von Ti- bet richtig war, kann im Klima Indiens völlig unpassend sein.

Von den rund 20 000 Flüchtlin- gen, die vom Delek Hospital betreut werden, sind tausend Mönche und Nonnen sowie 3 000 Kinder, die in In- ternatsschulen leben. Viele von ihnen sind Waisen. Die meisten Schulen und Klöster sind überbelegt. 30 bis 40 Menschen teilen sich oft einen Schlaf- raum, der für nur zehn ausgerichtet ist. Sauberes Wasser ist Mangelware.

Es gibt weder genügend Wasseran- schlüsse in den primitiven und viel zu kleinen Baderäumen noch Seife. Alle Latrinen sind offen. Viele fließende Gewässer sind fäkalienverseucht. Der Gesundheitszustand der Kinder ist oft schlecht, sie sind fehlernährt und kör- perlich unterentwickelt. Blutarmut als Folge von Parasitenbefall macht sie müde und lernunlustig.

Die Kinder, junge Frauen und Mütter sind die besondere Zielgrup- pe im Gesundheitserziehungspro- gramm des Delek Hospitals. Sie sol- len lernen, mehr Eigenverantwortung im Umgang mit ihrer Gesundheit zu entwickeln. Den Frauen versucht man beispielsweise mit Hilfe von Po- stern und Videos die Bedeutung des Händewaschens oder fliegenfreier Küchen zu erklären. Mülltonnen wer- den bereitgestellt, die jedoch oft nicht benutzt werden oder deren Inhalt nicht fachgerecht entsorgt wird, weil es keine organisierte Müllabfuhr gibt.

Die Aufklärungskampagnen bleiben häufig lange Zeit fruchtlos. Sie sind A-1826 (36) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 27, 5. Juli 1996

T H E M E N D E R Z E I T BLICK INS AUSLAND

In der vom Bundestag am 20. Juni verabschiedeten Reso- lution zur Menschenrechtssituati- on in Tibet werden China schwe- re Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen sowie mas- sive wirtschaftliche, soziale, rechtliche und politische Benach- teiligungen der tibetischen Be- völkerung vorgeworfen. Der Bundestag forderte deshalb die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, daß China die Men- schenrechtsverletzungen gegen die Tibeter beendet.

Tibet wurde 1951 von China annektiert. Nach einem niederge- schlagenen Volksaufstand floh der Dalai-Lama, das geistliche und weltliche Oberhaupt der Ti- beter, 1959 ins indische Exil. Mitt- lerweile leben rund 130 000 tibe- tische Flüchtlinge in Indien. Sie haben dort ein eigenes Parlament und eine Exil-Regierung einge- richtet, die von Deutschland je- doch nach wie vor nicht aner- kannt ist. HK

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jedoch der einzige Weg, eingefahrene Verhaltensweisen zu ändern und Ei- geninitiative zu fördern.

Die Lösung der vielfältigen Pro- bleme scheitert meist an Geldmangel.

Schulen und Klöster der Exiltibeter sind abhängig von privaten Spenden, was langfristige Planungen verhin- dert. Dazu kommen sprachliche Pro- bleme. Außerdem liegen viele Settle-

ments, Schulen und Klöster in abgele- genen Gebieten, zu denen Nicht-Ti- beter ohne besondere Genehmigung der indischen Behörden keinen Zu- tritt haben. Trotzdem sind in vielen Bereichen enorme Fortschritte erzielt worden. Vor allem die Arbeit des Per- sonals am Delek Hospital verdient größten Respekt. Dennoch: Im Kran- kenhaus fehlen Spritzen, Nadeln, In-

fusionsbestecke, peak flow meter, Urinsticks und Gummihandschuhe.

Sach- und Geldspenden sowie die Mitarbeit ausländischer Ärzte wer- den immer benötigt.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Egbert Asshauer Neuer Wall 42

20354 Hamburg

T H E M E N D E R Z E I T BLICK INS AUSLAND/AUFSÄTZE

§ 4 Abs. 2, der durch die 3. Ände- rungsverordnung vom 9. Juli 1988 in die GOÄ eingeführt wurde, regelte erstmals die Frage, inwieweit dele- gierte Leistungen als eigene Leistun- gen abgerechnet werden können. § 4 Abs. 2 bestimmte, daß auch solche Leistungen als eigene abrechenbar sind, die unter der Aufsicht des Arz- tes nach dessen fachlicher Weisung erbracht werden.

Gegenüber dieser bisherigen Re- gelung bringt die Neufassung für den Bereich der wahlärztlichen Leistun- gen im Krankenhaus insofern eine Einschränkung, als die Leistungen nach den Nummern 1 bis 62, also ins- besondere die eingehende Untersu- chung und die Visite, sowie Leistun- gen nach den Nummern 56, 200, 250, 250 a, 252, 271 und 272, also insbeson- dere Blutentnahmen, Injektionen und Infusionen, nur noch dann abgerech- net werden können, wenn sie durch den liquidationsberechtigten Arzt oder aber durch seinen „ständigen ärztlichen Vertreter“ persönlich er- bracht werden. Der ständige ärztliche Vertreter muß weiterhin dem Patien- ten vor Abschluß des Wahlarztver- trags benannt werden. Außerdem muß er Facharzt desselben Gebiets sein.

Die entscheidende Frage in die- sem Zusammenhang ist, ob der Wahl- arzt nur einen Arzt oder ob er mehre- re Ärzte seiner Abteilung, die die übrigen Voraussetzungen erfüllen, als ständige ärztliche Vertreter benennen

kann. Ein Bedarf zur Benennung mehrerer Ärzte besteht deshalb, weil in einer Krankenhaus-Fachabteilung regelmäßig die Aufgaben unter den sogenannten nachgeordneten Ärzten verteilt sind. So ist zum Beispiel in ei- ner inneren Abteilung ein Oberarzt federführend für die Kardiologie zu- ständig und insoweit der Vertreter des Chefarztes, ein anderer Oberarzt be- treut die Dialyse, ein weiterer ist für die Leitung der Stationen zuständig und insoweit der Vertreter des Chef- arztes.

Nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 2 könnte man meinen, daß nur einArzt als Vertreter benannt werden darf, da der Verordnungswortlaut vom Vertreter im Singular spricht. Al- lerdings ist diese Interpretation nicht zwingend. Aus der amtlichen Begrün- dung ergeben sich keine weiteren Hinweise für die Interpretation. Auch hier wird vom Vertreter nur im Singu- lar gesprochen. Doch kann nach den Grundsätzen der grammatikalischen Auslegung hieraus nicht der Schluß gezogen werden, daß es dem Willen des Verordnungsgebers entspricht, daß jeder Wahlarzt nur jeweils einen ständigen Vertreter benennen darf.

Gegen die Interpretation, daß nur ein Arzt als ständiger Vertreter benannt werden kann, sprechen ins- besondere folgende Umstände: Einen

„ständigen ärztlichen Vertreter“ des leitenden Krankenhausarztes gibt es rechtlich, insbesondere arbeitsrecht- lich nicht. Zwar sprechen die Tätig- keitsmerkmale für die Eingruppie- rung von Arbeitnehmern im Gel- tungsbereich des BAT im Rahmen der Vergütungsgruppe BAT I vom

„ständigen Vertreter des leitenden Arztes“. Doch besagt dies nicht, daß in einer Krankenhaus-Fachabteilung überhaupt ein „ständiger Vertreter des leitenden Arztes“ durch Anord- nung ausdrücklich bestellt ist. Da eine solche Bestellung mit vergütungs- rechtlichen Konsequenzen verbun- den ist, wird vielfach auf die dienst- rechtliche Bestellung eines solchen

GOÄ ‘96 und Krankenhausarzt

Einschneidende Veränderungen für leitende Ärzte

Einen „ständigen ärztlichen Vertreter“ des leitenden Krankenhausarztes gibt es

rechtlich, insbesondere arbeitsrechtlich nicht.

Die seit 1. Januar 1996 in Kraft ge- tretene 4. Verordnung zur Änderung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) hat insbesondere auch für liquidationsberechtigte Kranken- hausärzte einschneidende Verän- derungen gebracht. Zugleich wirft die Novelle einige Fragen auf, die nachfolgend erörtert werden sollen.

Ulrich Baur

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Vertreters verzichtet. Auch in tarif- rechtlicher Hinsicht gibt es also nicht in jeder Krankenhaus-Fachabteilung einen „ständigen Vertreter“.

Wenn man unter den Begriff des

„ständigen ärztlichen Vertreters“ nur denjenigen Arzt subsumieren würde, den man gemeinhin als ersten Ober- arzt bezeichnet, so wäre das zusätzli- che Tätigkeitsmerkmal, daß der Ver- treter Facharzt desselben Gebiets sein muß, überflüssig, ja sogar unsin- nig, da überhaupt nur ein Facharzt desselben Gebiets zum ständigen Ver- treter im tarifrechtlichen Sinn bestellt werden kann.

Gegen die Benennung nur eines Vertreters spricht auch, daß die ver- schiedenen Funktionsbereiche inner- halb einer Abteilung der Aufsicht je- weils eines der Oberärzte unterstellt werden, der dann wiederum für sei- nen Funktionsbereich engen Kontakt zum Chefarzt hält. Gerade weil es die Absicht des Verordnungsgebers war, durch die Neuregelung dafür Sorge zu tragen, daß der Wahlarzt der Wahl- arztbehandlung sein persönliches Ge- präge gibt, spricht alles für die Zuläs- sigkeit der Bestellung mehrerer Ver- treter. Denn nur durch den regelmäßi- gen, engen Kontakt zwischen dem Chefarzt und dem für den jeweiligen Funktionsbereich zuständigen Fach- arzt ist sichergestellt, daß der Chef- arzt der Behandlung des Wahlarztpa- tienten in den verschiedenen Funkti- onsbereichen auch tatsächlich sein persönliches Gepräge geben kann.

Der Vorstand der Bundesärzte- kammer hat zur Frage des ständigen ärztlichen Vertreters bei wahlärztli- chen Leistungen eine Stellungnahme beschlossen, zu der möglicherweise die hier vertretene Rechtsauffassung in Widerspruch steht (dazu Dt Ärztebl 1996; 93: A-564 [Heft 9]). In dieser Stellungnahme wird ausgeführt, daß der Wahlarzt vor Abschluß des Wahl- arztvertrags dem Patienten nur einen ständigen ärztlichen Vertreter benen- nen könne. Andererseits wird aber auch darauf hingewiesen, daß es bei einer funktionalen Schwerpunktbil- dung oder Arbeitsteilung einer Kran- kenhausabteilung möglich sein müs- se, ständige ärztliche Vertreter jeweils für einzelne Funktions- oder Arbeits- bereiche zu haben. Auch insoweit sei die Benennung eines ständigen ärztli-

chen Vertreters vor Abschluß des je- weiligen Wahlarztvertrags erforder- lich. Mit diesem Hinweis scheint auch der Vorstand der Bundesärztekam- mer, jedenfalls bei einer funktionalen Schwerpunktbildung oder Arbeitstei- lung innerhalb einer Abteilung, die Benennung mehrerer ständiger ärztli- cher Vertreter für zulässig anzusehen, soweit sie bestimmten Bereichen der Abteilung zugeordnet sind.

In jedem Fall muß jedoch sicher- gestellt sein, daß die vom liquidati- onsberechtigten Arzt benannten Ver- treter, neben ihrer Facharzteigen- schaft, auch tatsächlich mit Vertre- tungsaufgaben in der Abteilung be- traut sind. Da heute zunehmend auch Assistenzärzte Fachärzte sind, kann aus dem Kreis der Assistenzärzte nicht jeder beliebige Facharzt als Ver- treter benannt werden.

Das Speziallabor

Für das sogenannte Basislabor (M II) besteht die bisherige Regelung fort, wonach auch solche Laborlei- stungen durch den Wahlarzt berech-

net werden können, die nach fachli- cher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaf- ten oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden.

Seit dem 1. Januar 1996 gilt hingegen für die Leistungen des Speziallabors (M III, M IV) das Erfordernis gemäß

§ 4 Abs. 2 Satz 1, wonach die Leistun- gen unter der Aufsicht und nach fach- licher Weisung des liquidationsbe- rechtigten Arztes erbracht werden müssen.

Unproblematisch ist diese Rege- lung in Zentrallabors, die unter der Leitung eines liquidationsberechtig- ten Labor-Facharztes stehen. In der

Mehrzahl der Krankenhäuser ist das Krankenhauslabor jedoch nicht als ei- genständige Krankenhaus-Fachabtei- lung eingerichtet. Vielmehr wird das Labor von einem der Chefärzte mit- geleitet, meist vom internistischen Chefarzt. In diesen Fällen war es bis- her meist üblich, daß jeder Chefarzt die in seiner Abteilung anfallenden Laborleistungen auch selbst liquidiert hat. Dies war auf der Grundlage der bisherigen Fassung von § 4 Abs. 2 GOÄ zulässig.

In solchen Krankenhäusern be- steht nunmehr eine Diskrepanz zwi- schen der Liquidationsberechtigung im Innenverhältnis und der gebüh- renrechtlichen Berechenbarkeit im Außenverhältnis. Im Ergebnis würde dies bedeuten, daß der Leiter des La- bors zwar gebührenrechtlich eine Lei- stung berechnen kann, aufgrund der Regelungen zur Liquidationsberech- tigung im Krankenhaus für diese Lei- stungen jedenfalls insoweit keine Li- quidationsberechtigung besitzt, als sie für Patienten anderer Abteilungen benötigt werden.

Zur Lösung dieser Problematik werden allgemein zwei Modelle emp- fohlen:

! Sämtliche liquidationsberech- tigten Ärzte des Krankenhauses wer- den an der Leitung des Labors verant- wortlich beteiligt.

! Dem Leiter des Labors wird im allseitigen Einvernehmen das Recht zur Berechnung der Honorare für alle Leistungen des Speziallabors eingeräumt. Im Innenverhältnis führt der Laborleiter das Honorar an dieje- nigen leitenden Abteilungsärzte ab, die bisher liquidationsberechtigt wa- ren.

Die erstgenannte Lösung wird meist an Gründen der Praktikabilität scheitern, weil die Ausübung von Überwachungs- und Weisungsbefug- nissen durch alle liquidationsberech- tigten Ärzte unter Umständen zu Rei- bungen führen kann. Rechtliche Be- denken gegen die zweite Lösung be- stehen nicht. Insbesondere bestehen keine berufsrechtlichen Einwendun- gen gegen ein solches Modell. Zwar bestimmt § 22 der Berufsordnung, daß es Ärzten nicht gestattet ist, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen A-1828 (38) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 27, 5. Juli 1996

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

In der Mehrzahl der Kran- kenhäuser ist das Kranken- hauslabor jedoch nicht als eigenständige Krankenhaus-

Fachabteilung eingerichtet.

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oder sich gewähren zu lassen, doch kann diese Bestimmung auf den vor- liegenden Fall keine Anwendung fin- den. Durch § 22 soll nämlich verhin- dert werden, daß im Rahmen einer Wettbewerbslage Ärzte für die Zu- weisung bzw. Überweisung Zuwen- dungen erhalten. Andernfalls wäre unter anderem das wichtige Rechts- gut der freien Arztwahl gefährdet. Ei- ne Wettbewerbslage besteht jedoch im Krankenhaus nicht. Alle leitenden Krankenhausärzte müssen die für ih- re Patienten erforderlichen Laborun- tersuchungen im Krankenhauslabor durchführen lassen. Eine Versendung nach außerhalb wäre vertragswidrig, jedenfalls soweit die Leistungen im krankenhauseigenen Labor erbracht werden können. Daher stellt die Wei- terleitung des Honorars für Leistun- gen des Speziallabors an den betten- führenden Arzt keine finanzielle Zu- wendung für die Zuweisung von Un- tersuchungsmaterial dar.

Die Honorar-Minderung

Liquidationsberechtigte Kran- kenhausärzte mit einem Altvertrag im Sinne des Gesundheitsstrukturge- setzes (GSG) hatten in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 das Honorar gegenüber sta- tionären Wahlleistungspatienten – wie bisher – um 15 Prozent zu min- dern. Chefärzte mit einem Neuver- trag mußten dagegen bereits in der genannten Übergangszeit eine Min- derung in Höhe von 25 Prozent vor- nehmen.

Ab 1. Januar 1996 gilt die Minde- rungspflicht gegenüber stationären Wahlleistungspatienten in Höhe von 25 Prozent für alle liquidationsbe- rechtigten Krankenhausärzte. Diese Minderungspflicht gilt für solche Lei- stungen, die nach dem 31. Dezember 1995 erbracht wurden. Hat ein sta- tionärer Wahlleistungspatient den Jahreswechsel im Krankenhaus ver- bracht, müssen im Rahmen eines Altvertrags zwei Rechnungen er- stellt werden, nämlich eine Rechnung für die Leistungen bis einschließlich 31. Dezember 1995, eine weitere Rechnung für die Zeit danach.

Für Chefärzte mit Altvertrag ent- fällt ab 1. Januar 1996 zugleich die –

allerdings umstrittene – Verpflichtung zur Entrichtung einer zusätzlichen Abgabe an den Krankenhausträger in Höhe von 10 Prozent des ungekürzten Honorars. Bekanntlich ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob diese Abgabe in der Übergangszeit zusätz- lich zur vertraglich vereinbarten Ab- gabe an den Krankenhausträger ab- zuführen ist oder nicht. Zu dieser Fra- ge ist eine Revision beim Bundesar- beitsgericht anhängig, über die vor- aussichtlich gegen Ende dieses Jahres entschieden werden wird.

Seit dem 1. Januar 1996, also seit der Einführung einer generellen Ho- norarminderung in Höhe von 25 Pro- zent gemäß § 6 a GOÄ, entfällt der früher in der Bundespflegesatzord- nung vorgesehene Pflegesatzabschlag für stationäre Wahlleistungspatien- ten. Gemäß § 8 BPflV war bisher bei

stationären Wahlleistungspatienten der allgemeine Pflegesatz um einen Pflegesatzabschlag in Höhe von 5 Prozent zu ermäßigen. Gleichzeitig verpflichtete die Bundespflegesatz- verordnung den Krankenhausträger, einen in der Verordnung vorgegebe- nen Anteil aus den Chefarzt-Abga- ben kostenmindernd in die Kosten- und Leistungsrechnung einzubringen.

Mit dem Wegfall des Pflegesatz- abschlags gegenüber stationären Wahlleistungspatienten und mit der gleichzeitigen Erhöhung des Wahl- arzt-Abschlags gemäß § 6 a GOÄ stellt sich die Frage, ob die Erhebung einer Kostenerstattungsabgabe ge- genüber dem liquidationsberechtig- ten Krankenhausarzt überhauptnoch rechtmäßig sein kann.

Durch die sogenannte Harmoni- sierungsverordnung 1985, durch die

sowohl die Bundespflegesatzverord- nung als auch die Ärztliche Gebüh- renordnung durch Änderungsverord- nungen vom 20. Dezember 1984 geän- dert worden waren, wurde für den sta- tionären Wahlleistungsbereich eine sogenannte Mischlösung eingeführt, durch die einerseits das ärztliche Ho- norar gegenüber dem Wahlleistungs- patienten um 15 Prozent gemindert werden sollte (§ 6a GOÄ), anderer- seits der allgemeine Pflegesatz für den Wahlleistungspatienten um 5 Prozent reduziert wurde. Dieser Pflegesatzab- schlag war zugleich die Grundlage für den Verordnungsgeber, eine Mindest- Kostenerstattung des liquidationsbe- rechtigten Arztes vorzuschreiben.

Durch diese Mischlösung, bestehend aus Honorarminderung und Pflege- satzabschlag, sollte die sogenannte Doppelbelastung des Wahlleistungs- patienten beseitigt werden.

Wenn nunmehr bei gleichzeiti- gem Wegfall des Pflegesatzabschlags die Honorarminderung gemäß § 6 a GOÄ erhöht wird, so kann dies im Rahmen des vorgegebenen Systems nur zur Konsequenz haben, daß eine Rechtfertigung für die Kostenerstat- tungsabgabe des liquidationsberech- tigten Krankenhausarztes entfällt.

Wenn jedoch der Verordnungs- geber in der neuen Bundespflegesatz- verordnung auch zukünftig von einer Kostenerstattung des liquidationsbe- rechtigten Arztes ausgeht, die für Chefärzte mit Neuvertrag eine nicht mehr nachvollziehbare Höhe er- reicht, dann verläßt der Verordnungs- geber das bisherige System von Ko- sten und Abgaben. Die zukünftigen Kostenerstattungsregelungen für den wahlärztlichen Bereich können also nur noch unter fiskalischen bzw. kon- fiskatorischen Gesichtspunkten ge- rechtfertigt werden. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit solcher Rege- lungen sind berechtigt.

Anschrift des Verfassers:

Rechtsanwalt Dr. jur. Ulrich Baur Steinstraße 11 40212 Düsseldorf

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Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-1827–1830 [Heft 27]

Karikatur:Reinhold Löffler, Dinkelsbühl

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