Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 365. September 2003 AA2291
B R I E F E
Art déco. Art nouveau, also wieder Jugendstil in der Ar- chitektur: Eiffelturm bereits 1889 zur Weltausstellung er- baut. Wieso „vor allem in Eu- ropa“? Es war ein europäi- scher Stil, der nach Übersee erst viel später drang.
Vielleicht wurde in der Re- daktion ein längerer Beitrag unsachgemäß gekürzt, aber hier ist etwas Verwirrung ent- standen, und ich hoffe, etwas geholfen zu haben.
Sigrid Bosse,
Finsterwalder Straße 24, 03048 Cottbus
PKV
Zum Thema Kostendämpfung bei der privaten Krankenversicherung:
Konsequenzen
Es erscheint nur logisch, dass nicht nur die gesetzlichen, sondern auch die privaten Krankenversicherungen zu- sehen müssen, wie sie Kosten einsparen. Welche Konse- quenzen dies haben kann, ist jedoch oft weniger übersicht- lich als in der gesetzlichen Versicherung, und wer sich für einen günstigen Ärzteta- rif interessiert, denkt ja nicht gerade daran, selbst die un- angenehmen Auswirkungen dieser teilweise sehr indivi- duellen Maßnahmen spüren zu müssen.
Eine Patientin, niedergelas- sene fachärztliche Kollegin, wie ich selbst auch bei der Allianz/ehemals Vereinten versichert, ist aufgrund einer Krebserkrankung seit fünf Monaten arbeitsunfähig.
Nach der operativen Thera- pie folgte die Chemotherapie mit einigen Komplikationen, Radiotherapie wird sich noch anschließen. Eine ausführli- che Versicherungsanfrage zum Gesundheitszustand ha- be ich im April beantwortet, seither gewöhnliche Auszahl- scheine abgezeichnet.
An einem Tag, an dem die Patientin mit hohem Fieber bei Neutropenie infolge der Chemotherapie in sehr schlechtem Zustand zu Hause liegt und eine erneute Kran- kenhauseinweisung erwogen wird, klingelt es bei ihr an der Haustür. Der Besucher stellt sich als Mitarbeiter der Alli- anz vor und bittet um Ein- lass. Mangels Energie zur Gegenwehr und in krank- heitsbedingter Erschöpfung lässt sie ihn auch ein, um
dann zur Rede gestellt zu werden: wann sie gedenke wieder zu arbeiten, sie habe doch eine Praxis, und es gin- ge ja wohl nicht an, so lange im Krankenstand zu sein.
Bei der gesetzlichen Versi- cherung werden bei langen AU-Zeiten Nachfragen durch den MdK veranlasst, die sich in solch eindeutigen Fällen auch ohne Probleme und vor allem ohne Behelli- gung der Patienten lösen las- sen. Ich bin entsetzt über die- ses Vorgehen der privaten Versicherung und schäme mich, dass auch ich dies durch meine Beiträge mit fi- nanziere.
Anette Christian,
Brahmsstraße 5, 91052 Erlangen
Stellungnahme
Unsere Kundin wurde von ei- nem so genannten Kranken- tagegeld-Beauftragten der Allianz Privaten Kranken- versicherung aufgesucht.
Falls sich die Kundin dadurch belästigt gefühlt hat, möch- ten wir uns an dieser Stelle aufrichtig dafür entschuldi- gen und auch auf diesem We- ge alles Gute für eine rasche Genesung wünschen.
Gerne würden wir die Funk- tion des Krankentagegeld- Beauftragten erklären:
Aufgrund der uns vorliegen- den Zahlen – nach unseren Schätzungen sind 25 bis 30 Prozent der Versicherungs- fälle im Krankentagegeld- Bereich unberechtigt – ist die Einrichtung eines Beauftrag- ten für Krankentagegeld durchaus angebracht und vor allem auch im Sinne aller Versicherten. Denn es geht um das wichtige Ziel stabiler Beiträge. Im Falle einer län- geren Arbeitsunfähigkeit nehmen unsere Mitarbeiter
zudem die Aufgabe wahr, den Versicherten im Versiche- rungsfall zu beraten und ge- gebenenfalls auch bei weite- ren notwendigen Schritten zu unterstützen.
Wir sehen es als unsere Pflicht an, unseren Kunden gerade auch – wie hier – nach Eintritt schwerer Krankhei- ten zur Seite zu stehen. Sollte zum Beispiel aus einer vor- übergehenden Arbeitsunfä- higkeit eine dauerhafte Be- rufsunfähigkeit werden, ist der Rat von Spezialisten im- mer von Vorteil.
Susanne Kern, Allianz Private Krankenversicherungs-AG,Fritz- Schäffer-Straße 9, 81737 München
Arzneimittel
Zu dem Medizinreport über Arznei- mittelunverträglichkeit „Wie man Betroffene herausfischt“ von Prof.
Dr. med. Joachim Bauer in Heft 24/2003:
Ergänzung
Den Artikel haben wir mit großem Interesse gelesen.
Die Arbeit gibt eine sehr gute Übersicht über den derzeiti- gen Kenntnisstand auf die-
sem Gebiet. Da jedoch beim Lesen des Artikels der Ein- druck ensteht, als könnten die entsprechenden molekular- genetischen Analysen nur in zwei deutschen Laboratorien durchgeführt werden, möch- ten wir ergänzend anfügen, dass solche Untersuchungen durchaus auch von anderen Labors in Deutschland ange- boten werden . . .
Prof. Dr. Wolfgang Höppner, Bioglobe GmbH, Grandweg 64, 22529 Hamburg
Handlungsbedarf
Aufgrund der hohen Anzahl schwerwiegender „Neben- wirkungen“ von Arzneimit- teln besteht Handlungsbe- darf. Als Ursache der be- schriebenen Probleme ist ne- ben der gegenseitigen Beein- flussung von Medikamenten untereinander (Interaktio- nen) in den letzten Jahren zu- nehmend der genetische Hin- tergrund und damit die Indi- vidualität des Patienten in den Fokus der Betrachtun- gen gerückt. Die molekular- genetische Diagnostik kann mit hoher Sicherheit den Phänotyp (schneller oder langsamer Metabolismus) ei- nes Patienten prognostizie- ren. Als Probenmaterial die- nen kernhaltige Zellen aus peripherem Blut oder einem Mundhöhlenabstrich. Die Bestimmung kann bereits vor der ersten Medikamenten- einnahme erfolgen; das Er- gebnis gilt lebenslang und ist häufig prädiktiv für eine Rei- he von Wirkstoffen.
Neben den im Beitrag ge- nannten Diagnostikanbietern für metabolisch relevante Cytochrome bietet das Labor für Medizinische Genetik Dr.
Klein in Martinsried ein brei- tes Untersuchungsprogramm pharmakogenetischer Labor- analysen an. Dieses umfasst neben den dargestellten Cyto- chromen (CYP2D6, CYP2C19, CYP2C9) z. B. NAT2, DPD, TPMT, UGT1A1 oder ADRB2 (http://www.medizinische-ge netik.de/). Die Untersuchung der Cytochrome wird als Stu- fendiagnostik angeboten, um die häufigsten Varianten schnell und kostengünstig zu typisieren.
Die Kosten dieser Untersu- chungen werden von den ge- setzlichen Krankenkassen bei Vorliegen einer entspre- chenden medizinischen Indi- kation übernommen. Seit kurzem existiert eine via In- ternet zugängliche Daten- bank (http://www.drugprofi ler.com/), die, basierend auf der Roten Liste®, pharmako- genetisches Wissen zu vielen Wirkstoffen bündelt.
Dr. Ulrich Grau,Labor für Medizini- sche Genetik Dr. Klein, Lochhamer Straße 29, 82152 Martinsried
Gesundheitsreform
Zu dem „Seite eins“-Beitrag
„Lastenverschiebungen“ von Dr. rer. pol. Harald Clade in Heft 28–29/2003:
Wettbewerb notwendig
Dr. Clade scheint es ein Dorn im Auge zu sein, dass Kranke und Versicherte in der GKV 68 % der Unkosten finanzie- ren. (Wie viel Prozent zahlen wohl die Autofahrer für ihre PKW-Versicherung?) Insbe- sondere beklagt er das Vorha- ben, die Arbeitgeber von der bisherigen Kostenbeteiligung zu entlasten. Man fragt sich, in welcher Welt der Autor lebt:
Sind ihm die steigenden Ar- beitslosenzahlen, die unser Sozialsystem produziert, etwa entgangen? Weiß er nicht, dass im Rahmen der Globali- sierung insbesondere die mit- telständische Industrie durch die aufgebürdeten Sozialko- sten zunehmend konkurrenz- unfähig wird? Ist ihm eine Staatsquote von annähernd 50 % am BSP immer noch nicht genug? Es gibt ernst zu nehmende Ökonomen, die unter den derzeitigen Bedin- gungen des deutschen Staates, insbesondere seiner Sozialpo- litik, die freie Marktwirtschaft in Gefahr sehen. Freie Markt- wirtschaft ist aber die einzige Möglichkeit, Wohlstand zu schaffen („win-win-situa- tion“). Einen Kuchen zu ver- teilen, der immer kleiner wird, hat schon den „real existie- renden Sozialismus“ im Osten in den Bankrott getrieben.
Das deutsche halbstaatliche Gesundheitssystem verführt alle Beteiligten zu einer Ver- schwendung der verfügbaren Ressourcen: Ohne (prozen- tuale) Eigenbeteiligung ha- ben die Patienten keinerlei Anreize, das Kassensystem nicht auszubeuten („Was nichts kostet, kann auch nichts wert sein“). Die sich meist in öffentlicher Hand be- findlichen Krankenhäuser ha- ben einen riesigen Behörden- apparat geschaffen („Drei Stunden Verwaltungsarbeit für die Krankenhausärzte täg- lich“), da nicht auf Gewinn gearbeitet wird und somit nie- mand so recht an Kostendäm- mung interessiert ist. Bei den öffentlichen Krankenkassen stehen die Kosten ebenfalls nicht im Vordergrund: Wenn man schlecht wirtschaftet, er- hält man ja einen Ausgleich der besser organisierten Kas- sen. Im Zweifelsfall erhöht man die Beiträge. „Wettbe- werb als Entdeckungsverfah- ren“, ein vom Nobelpreisträ- ger Friedrich A. von Hayek geprägter Begriff, scheint dem deutschen Gesundheitswesen dringend notwendig.
Dr. med. Hermann Krautter, Fischbrunnenstraße 1, 73728 Esslingen
Einfache Lösung
Als Jurist, der weder Politi- ker noch Sozialwissenschaft- ler ist, habe ich Schwierigkei- ten, den Wirbel um die ge- plante Gesundheitsreform nachzuvollziehen. Statt Lei- stungen zu streichen, zu kür- zen oder sonst wie einzu- schränken, was den Einzel- nen im Versicherungsfall mehr oder minder kosten- mäßig hart träfe, wäre es doch im Sinne einer Solidar- gemeinschaft sowie vom Ver- waltungs- und Kostenauf- wand ungleich sinnvoller, einfach die Krankenversiche- rungsbeiträge zu erhöhen, denn Mehrkosten für not- wendige Zusatzversicherun- gen und/oder ärztliche Lei- stungen sind doch im Prinzip nichts anderes.
Ernst-Albrecht Ruhle, Lohe 3, 22941 Bargteheide
A
A2292 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 365. September 2003
B R I E F E
Foto:Bauer