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Archiv "Einstellung der Allgemeinärzte zur Fortbildung" (23.02.1978)

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Verweildauer

Verweildauer orientieren. Entste- hende Gewinne verbleiben den Krankenhausträgern, Defizite gehen zu ihren Lasten. Für die Feststellung der mittleren notwendigen Verweil- dauer liegen Zahlen in den statisti- schen Angaben der Selbstkosten- blätter und in den Diagnosestatisti- ken der Ortskrankenkassen bereits vor.

~ Danach lassen sich Krankenhäu- ser mit besonders kurzer und beson- ders langer Verweildauer ermitteln.

ln diesen wären dann der Umfang präoperativer diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, War- tezeiten auf Operationstermine, Dauer der Nachbehandlung, Korn- plikationsfrequenzen und Mortalität für einzelne Krankheitsgruppen zu analysieren.

Es wäre auf diese Weise feststell bar, welcher medizinische und zeitliche Aufwand für bestimmte Krankheits- gruppen objektiv notwendig ist. Dar- an hätte sich der Festbetrag zu orientieren.

Durch knappe Kalkulation dieses Betrages für solche Fälle, die in der Regel ambulant behandelt werden können, kann man deren stationäre Aufnahme zumindest einschränken. Ebenso lassen sich durch großzügi- ge Vorgaben Anreize in den Berei- chen schaffen, in denen Versor- gungsengpässe bestehen, wie in der Neurochirurgie, der Gefäßchirurgie, Psychiatrie oder Orthopädie. Kran- kenhausträger könnten so zu Struk- turänderungen oder zum Bettenab- bau veranlaßt werden, um Defizite zu vermeiden und die Rentabilität zu steigern.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers: Dr. med. Kurt Fritz Pestalozzistraße 19-21 7100 Heilbronn

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen THEMEN DER ZEIT

Einstellung der Allgemeinärzte zur Fortbildung

Ergebnisse einer Befragung in Nordrhein

Teil 111: Beziehungen zu Persönlichkeits- und Praxismerkmalen

Rudolf Gross, Manfred Kusche, Hannelore Roemer-Hoffmann

Fortbildung- als Teil der ärztlichen Berufsausübung definiert ist ebenso stark wie die Arbeitsorgani- sation der Arztpraxis selbst an Per- sönlichkeits- und Praxismerkmale gebunden. Wie aus neueren Struk- turanalysen von Allgemeinpraxen (z. B. Verdenstudie, 33) geschlossen wird, sind Persönlichkeitsmerkmale dominierend und können die Um- weltfaktoren einer Praxis kompen- sieren. Der Einfluß von Persönlich- keitsmerkmalen auf das Fortbil- dungsverhalten ist daher von gro- ßem Interesse.

1. Beziehungen zum Alter Als ein grundsätzliches Ergebnis un- serer Befragung in Nordrhein wurde errechnet, daß altersabhängige An- gaben vorwiegend einer Drei-Stu- fung folgen: Differente Angaben werden von drei verschiedenen Al- tersgruppierungen gemacht, von jüngeren Allgemeinärzten bis zu 40 oder 45 Jahren, von Allgemeinärzten mittleren Alters von 41 oder 46 bis zu 60 Jahren und von Ärzten ab 61. Lebensjahr.

Die Angaben über Fachzeitschrif- tenlektüre ließen keine Altersbezie- hung erkennen. Mit zunehmendem Alter wurden jedoch die Zeitaufwän- de für die Fortbildungsteile berufs- ständischer Zeitschriften umfangrei- cher, ebenso die Zeitaufwände für Fachschriften der pharmazeuti- schen Industrie und für medizini- sche Beiträge der Tagespresse. Hier handelt es sich möglicherweise tat- sächlich um eine altersbedingte Ge- wohnheit, langsamer zu lesen, denn

die Informationsgewinne aus dieser Lektüre, die genannt wurden, stie- gen mit zunehmendem Alter keines- wegs an. Deutlich war die Altersbe- ziehung auch zu den Lehr- und Fachbüchern, die von jüngeren Ärz- ten stärker bevorzugt und höher ein- geschätzt wurden. Weniger umfang- reiche Lesezeiten und weniger Nut- zungswerte wurden mit zunehmen- dem Alter angegeben.

Für die Kongreßfortbildung wurde ermittelt, daß die jüngeren Ärzte kür- zere Verweildauern angaben, jedoch ein größeres zukünftiges Interesse für diese Fortbildungsform zeigten. Die Wertschätzung der fachlichen Kollegenkontakte durch Gespräche war bei den jüngeren Allgemeinärz- ten stärker zum Krankenhaus ge- richtet, bei den mittleren Jahrgän- gen stärker zu den niedergelasse- nen Kollegen. Dies mag seine Ursa- che in noch fortbestehenden Bin- dungen der jüngeren Ärzte zu ihren Ausbildungsstätten und persönlich bekannten Krankenhäusern haben.

Die mittleren Altersgruppen zwi- schen 45 und 60 Jahren schätzten außerdem auch die Briefe der nie- dergelassenen Fachärzte als Infor- mationsquellen am höchsten ein. Anders waren die Beurteilungen des Informationswertes der Briefe von Krankenhausärzten in Abhängigkeit vom Alter verteilt: Die Wertschät- zung nahm mit steigendem Alter zu.

2. Frauen

Für die Ärztinnen in Nordrhein, die den Fragebogen beantworteten,

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 8 vom 23. Februar 1978 449

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Einstellung der Allgemeinärzte zur Fortbildung

fanden wir folgende Merkmalsunter- schiede zu den Männern: Sie waren im Durchschnitt jünger und weniger lang niedergelassen als die Männer;

sie hatten bessere Abiturnoten (mehr Abitur-„Einser", aber weniger Examens-„Einser") und in allen Prü- fungen weniger „Dreier" als die Männer; sie gaben weniger Scheine, weniger Arbeitszeit, weniger oft eh- renamtliche Tätigkeiten, aber gleich viel Urlaub an; die Frauen waren re- lativ weniger oft in Land- und Klein- stadtpraxen, öfter in Stadt- und Großstadtpraxen vertreten als die Männer.

Überraschend waren die großen Übereinstimmungen der Angaben von männlichen und weiblichen All- gemeinärzten über die Fortbildung.

Sie waren beispielsweise auffällig in der gleichartigen Beurteilung des Fortbildungswertes der Fachzeit- schriften, der Lehr- und Fachbücher sowie der Pharmaschriften, ebenso im bekundeten Interesse an der für Fortbildung programmierten Litera- tur oder an hospitierender Kliniktä- tigkeit. Positiver war die Einstellung der Frauen zu einer stärkeren Ver- schulung (regelmäßige Kursstunden mit systematischem Lehrplan) und zu einer gesetzlichen Teilnahmever- pflichtung. Stärker bevorzugt wurde von den Frauen der interkollegiale Informationsaustausch, weniger das Fortbildungsangebot in berufsstän- dischen Zeitschriften.

3. Noten

Eine besonders deutliche Korrela- tion wurde zwischen guten Noten — insbesondere „Abitur-Einsern" (No- tendurchschnitt zwischen 1,0 und 1,9) — und der Bevorzugung autodi- daktischer Fortbildung durch Lektü- re errechnet. Gute Leistungen in Schule und Studium standen jedoch auch in positiver Beziehung zu den übrigen Fortbildungsmöglichkeiten.

Sowohl Fortbildungskongresse als auch Kollegenkontakte wurden po- sitiver beurteilt, je besser die ange- gebenen Noten waren. Vor allem die Angaben über „häufige" Informa- tionsgewinne für die Praxis waren zahlreicher. Die persönliche Qualifi- kation als „Lerner" während der

Schul- und Studienzeit scheint also durchaus einen Einfluß auf die späteren Fortbildungsgewohnheiten zu haben.

4. Ehrenamtliche Tätigkeit

Die Ausübung ehrenamtlicher Tätig- keiten kann als ein Merkmal für so- ziales Engagement gewertet wer- den. Zeitaufwände für ehrenamtli- che Tätigkeiten wurden auf einem Drittel aller zurückgesandten Frage- bogen angegeben. Wie zu erwarten, stand dieses besondere Persönlich- keitsmerkmal in Beziehung zur Ein- stellung der befragten Allgemeinärz- te über Fortbildung. Je größer je- weils der angegebene Zeitaufwand für ehrenamtliche Tätigkeiten war, um so positiver waren die Äußerun- gen über Veranstaltungsfortbildung und über Fortbildung durch berufs- bezogene personale Kontakte. Die gleiche positive Beziehung zwi- schen sozialem Engagement und autodidaktischer Fortbildung durch Lektüre ließen die Fragebogen nicht erkennen.

5. Beziehungen zur Praxisgröße

Die errechneten Beziehungen der Angaben zum objektivierbaren Para- meter der Praxisgröße (abgerechne- te Krankenscheine pro Quartal) und zur subjektiven Einschätzung der Arbeitsbelastung waren uneinheit- lich. Daraus ist zu schließen, daß diese beiden Parameter ihrerseits unterschiedlich stark durch Merk- male der Praxisumwelt wie durch Persönlichkeitsmerkmale beeinflußt werden. Berufsfeldforschungen und Arbeitsplatzanalysen (8, 29, 33) sind bereits im Gange; von daher sind weitere Informationen über derarti- ge Einflüsse auf das Fortbildungs- verhalten der Allgemeinpraktiker zu erwarten.

Der beruflichen Belastung des All- gemeinpraktikers wird bei der Beur- teilung des Fortbildungsverhaltens von anderen Untersuchern große Bedeutung beigemessen. In der vor- liegenden Befragung ergab sich speziell für die Fortbildung durch Lektüre kein Zusammenhang mit der Praxisgröße (repräsentiert durch

die Zahl der Krankenscheine pro Quartal). Soweit die Fragebogen darüber Auskunft geben, fällt die Praxisgröße nur teilweise zusam- men mit dem individuellen berufli- chen Zeitaufwand, der von den All- gemeinärzten genannt wurde. So gaben diejenigen mit überdurch- schnittlich hohem beruflichem Zeit- aufwand, nämlich mehr als 60 Wo- chenstunden, mehr Literaturstu- dium an. Kollegen mit großen Pra- xen scheinen nach diesen Angaben rationeller zu arbeiten. Inwieweit hier spezifische Persönlichkeits- merkmale oder beispielsweise ein größeres Angebot von Hilfskräften eine Rolle spielen, kann aus der vor- liegenden Studie nicht abschließend beurteilt werden.

Zusammen mit umfangreicher Ar- beitszeit wurden mehr als die im Ge- samtdurchschnitt genannten 3,0 be- vorzugten Einzeltitel aufgeführt, au- ßerdem umfangreichere Lesezeiten, aber weniger Informationsgewinne genannt und zugleich mehr Interes- se an einem Informationszentrum bekundet, das Literaturangaben be- schafft. Hier handelt es sich offenbar um den Ausdruck eines persönli- chen Arbeitsstils, da gleichlautende Angaben — speziell in Beziehung zur Fortbildung durch Lektüre — nicht auch zusammen mit hohen Schein- zahlen gemacht wurden.

Inhaber großer Praxen (hohe Scheinzahlen) nannten in stärkerem Maße Interesse an direkt berufsbe- zogenen rationellen Fortbildungs- möglichkeiten: Zum Beispiel an ei- nem Informationszentrum, das auf Einzelanfragen Expertenauskünfte erteilt, und an audiovisuellen Lern- methoden. Sie schätzten den Nut- zungswert aller kollegialen Kontakte für ihre Praxisarbeit besonders hoch ein.

Der Bedarf an rationellen Lernme- thoden bei den Inhabern großer Pra- xen wurde außerdem besonders deutlich: Mit zunehmender Schein- zahl — bis zu 2500 Scheinen pro Quartal — stiegen die „Ja"-Antwor- ten, die eine regelmäßige Selbst- überprüfung des Wissensstandes durch Testfragebogen befürworte-

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Heft 8 vom 23. Februar 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Einstellung der Allgemeinärzte zur Fortbildung

ten. Dieses Ergebnis widerlegt die Hypothese der Erwachsenenbildung (Dikau, 6), der erfolgreiche Arzt in großer Praxis sei gerade wegen der Anerkennung, die er genieße, kaum zu einem „Diskrepanz"-Erlebnis im- stande, das ihn zum Lernen motivie- ren könnte. Möglicherweise werden hier allgemeine lernpsychologische Erfahrungen mit Erwachsenen an- derer Berufsgruppen auf das stärker berufsimmanente Fortbildungsver- halten von Ärzten übertragen.

In der großen Studie über das Fort- bildungsverhalten der Akademiker (Kuntz, 23) werden mit soziologi- scher Methodik gefundene Hinweise gegeben, die das Befragungsergeb- nis in Nordrhein in bezug auf große Praxen bestätigen: Es wird eine po- sitive Beziehung zwischen besonde- rer beruflicher und besonderer Fort- bildungsaktivität hergestellt. Es wird festgestellt, daß Fortbildungsaktivi- tät und Erwerb neuer Erkenntnisse zum Statusverhalten besonders des erfolgreichen Arztes gehören (30), dessen Image als Experte durch nachweisbares fachliches Up-to- date-Sein gefestigt wird.

6. Beziehungen zur Praxislage

Für Fachzeitschriften und Fortbil- dungsteile berufsständischer Zeit- schriften wurden die meisten positi- ven Aussagen in Zentrumslagen der Großstädte und Städte ausgezählt.

Sowohl die Lesezeiten als auch die angegebenen Informationsgewinne waren in Zentrumslagen umfangrei- cher als in Randlagen und in Land- praxen. Auch für den Erwerb neuer Kenntnisse in Diagnostik und Thera- pie wurden die Fachzeitschriften als Informationsquelle in zentralen La- gen von Großstädten und Städten auffällig oft genannt.

Mehr Lehr- und Fachbuchlektüre wurde in Stadtrand- und Landpra- xen angegeben. Der Informations- wert von Lehr- und Fachbüchern wurde in Landpraxen am positivsten beurteilt.

„Häufige" Informationsgewinne aus Fachschriften der pharmazeuti- schen Industrie wurden in Landpra-

xen unterdurchschnittlich oft ge- nannt. Großstadtpraxen in zentraler Lage nannten — im Vergleich zu al- len anderen Praxislagen — die Fach- schriften der Pharmaindustrie am häufigsten als Informationsquelle für neuerworbene Kenntnisse in Dia- gnostik und Therapie. Dieses Ergeb- nis wird durch eine Befragung in Nord-Württemberg bestätigt (20).

Landpraxen waren sowohl an der für die Fortbildung programmierten Li- teratur wie an einem Informations- zentrum, das Literaturangaben ver- mittelt, am wenigsten, jedoch weit überdurchschnittlich an audiovisu- ellen Methoden für die autodidakti- sche Fortbildung zu Hause interes- siert. Genau umgekehrt dazu ver- hielt sich das geäußerte Interesse in zentralen Lagen, vor allem der Groß- städte.

7. Beziehungen zu gemein- schaftlicher Praxisausübung

Zusammen mit gemeinschaftlicher Praxisausübung wurden umfang- reichere Lesezeiten für Fachzeit- schriften und Fortbildungsteile be- rufsständischer Zeitschriften ausge- zählt sowie größere Informationsge- winne aus diesen Angeboten für die Berufspraxis. Fachschriften der pharmazeutischen Industrie wurden zwar zeitlich in kleinerem Umfang gelesen, aber offenbar intensiver ge- nutzt: Die Pharmaschriften wurden als Informationsquelle für den Neu- erwerb von Kenntnissen öfter ge- nannt, „häufige" Informationsge- winne wurden zahlreicher angege- ben als von allen Antwortenden. Ins- gesamt deuten die Häufigkeitsver- teilungen der Antworten auf eine ge- steigerte Nutzung von Fortbildungs- lektüre durch diejenigen Allgemein- ärzte, die gemeinschaftliche Praxis ausüben.

Auffällig unterschieden sich die Äu- ßerungen der Frauen in gemein- schaftlicher Praxisausübung von denjenigen aller Frauen: Die Einstel- lungen der Frauen in beruflicher Ge- meinschaft waren zur Fortbildung insgesamt positiver. Außerdem wa- ren diese Frauen entschiedener oder kooperativer; denn sie mach-

ten weniger oft als alle Frauen zu den einzelnen Fragen keine Anga- ben.

Gemeinschaftspraxis als Lerngruppe

Allgemeinärzte in gemeinschaftli- cher Praxisausübung gaben über- durchschnittlich positive Bewertun- gen der Kollegenkontakte, beson- ders mit den niedergelassenen Fachärzten. Sie betonten zudem in freien Antworten die Bedeutung des interkollegialen Informationsflusses und wiesen dabei auf eine noch we- nig untersuchte Sozialform des ärzt- lichen Lernens hin, die sich von der Basis her in eigener Initiative organi- siert: die kollegiale Lerngruppe.

Es handelt sich um kleine Gruppen niedergelassener Ärzte, die in ir- gendeiner Form gemeinschaftlich ihren Beruf ausüben, beispielsweise auch im Rahmen von Labor, und Apparategemeinschaften. In diesen Gruppen wird „Fortbildung auf Ge- genseitigkeit" (Dahmer, 4b) im „Ge- spräch erwachsener Partner" (De- neke, 5) betrieben. Die in den freien Antworten genannten Aktivitäten waren:

das offene, interkollegiale fallbezo- gene Gespräch, oder

in der Gruppe zu festen Terminen organisierte, durch Lektüre thema- tisch vorbereitete Selbstinstruktion.

Solchen fallbezogenen Lernformen, die „Einflüsse der Gruppeninterak- tionen in einem möglichst offenen, autoritätsarmen und angstfreien Ar- beitsstil" (Dikau, 6) zur Geltung brin- gen, wird in der theoretischen und praktischen Erwachsenenbildung die größte Chance eingeräumt.

Die große Bedeutung der Lektüre von Fachzeitschriften und Fachbü- chern im Verbund mit interkollegia- ler Gruppendiskussion für die Fort- bildung in der Vergangenheit haben Artelt (1) und besonders G. Mann (27) ins Bewußtsein gehoben durch die Untersuchung der Fortbildungs- funktionen Medizinischer Lesege- sellschaften, ärztlicher Lesezirkel

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 23. Februar 1978 451

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Spektrum der Wochd Aufsätze • Notizen

Einstellung der Allgemeinärzte zur Fortbildung

mit Zeitschriften- und Bücherumlauf sowie der Ärztlichen Vereine im 18.

und 19. Jahrhundert.

Diese ursprünglich privaten ärztli- chen Aktivitäten erneuern sich nun- mehr im Rahmen gemeinschaftli- cher Praxisausübung und sind da- mals wie heute Ausdruck starker Ei- genmotivation zur Fortbildung. Von daher repräsentieren die modernen Lerngruppen, die sich aus der ärztli- chen Basis eigeninitiativ organisie- ren, eine Antiposition gegen unef- fektive Angebote schriftlicher wie mündlicher institutionalisierter Fort- bildung.

Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

Die Äußerungen von praktischen Ärzten und Ärzten für Allgemeinme- dizin in Nordrhein bestätigen die vorrangige Bedeutung der autodi- daktischen ärztlichen Fortbildung durch Lektüre, in erster Linie durch Fachzeitschriften. Dies betrifft so- wohl die Angaben über die Nut- zungshäufigkeiten wie über den Nutzungswert für die Praxis (siehe Teile I und II in den Heften 6 und 7/

1978, Seite 309 ff. und 388 ff.).

Unter diesem Aspekt ist es nicht überraschend, daß 81 Prozent aller Antwortenden speziell für die Fort- bildung programmierte Literatur be- jahten. Effizienzsteigerungen erwar- teten außerdem 50,3 Prozent von ei- nem Informationszentrum, das auf Einzelanfragen Expertenauskünfte erteilt. Eine Möglichkeit dazu haben Gross und Fritz in Anlehnung an den französischen Kliniker Hamburger aufgezeigt (12). Eine Bereicherung der autodidaktischen Fortbildung zu Hause sprechen 48,8 Prozent den audiovisuellen Methoden zu.

Ein zweites wichtiges Ergebnis der Befragung in Nordrhein ist die uner- wartet hohe Einschätzung des Nut- zungswertes der Arztbriefe und aller Kollegenkontakte. Der Fortbildungs- nutzen des interkollegialen Informa- tionsflusses wird zum Teil höher ein- geschätzt als derjenige von Veran- staltungsfortbildung (siehe Teil II in Heft 7/1978, Seite 388 ff.).

Beide Ergebnisse — Bedeutung der autodidaktischen Fortbildung durch Lektüre und Bedeutung der Kolle- genkontakte — verdienen deswegen besondere Beachtung, weil im Rah- men neugegründeter Fortbildungs- akademien im Bereich der Landes- ärztekammern sich die Gewichtung der verschiedenen Fortbildungswe- ge noch in der Diskussion befindet.

In Hessen und Berlin beispielsweise wird den Mitgliedern der Nachweis ausschließlich von Veranstaltungs- fortbildung zur Pflicht gemacht. Hier stellt sich das Problem der Evalua- tion der verschiedenen Fortbil- dungsmöglichkeiten, zumal nach dem Urteil der hessischen Fortbil- dungsakademie (21) eine lerntech- nisch erforderliche stärkere Diffe- renzierung der Veranstaltungsfort- bildung in kleinere Teilnehmergrup- pen, „auch wenn sie größere Effi- zienz verspräche, nicht mehr prakti- kabel wäre".

Eine Konsequenz wäre daher, neben den Anstrengungen zur Verbesse- rung der Veranstaltungsfortbildung

—sowohl seitens der ärztlichen Be- rufsorganisationen als auch seitens der an der Fortbildung engagierten Hochschulen — ebenso stark die Ent- wicklung effizienter Unterrichtsmit- tel zu fördern, die das individuelle und — in der kleinen Kollegengruppe

—das partnerschaftliche Lernen be- rufsbezogener rationalisieren. Auf diese Weise könnte das berufsbezo- gene individuelle Lesen eines stets großen Angebotes oft ungerichteter Informationen — den Vorstellungen der Befragten entsprechend — „pra- xisnäher programmiert" werden.

(Ein umfangreiches Literaturverzeichnis befindet sich bei den im ersten Teil [Heft 6/1978, Seite 309 ff.] erwähnten Disser- tationen. Die in diesem Beitrag beson- ders erwähnten Autoren sind mit den an- gegebenen Nummern in einem Literatur- verzeichnis aufgeführt, das den Sonder- drucken beigefügt ist.)

Für die Verfasser:

Professor Dr. med. Rudolf Gross Medizinische Universitätsklinik Josef-Stelzmann-Straße 5000 Köln 41

FORUM

„Nichts geschieht in der Natur,

was ihr als Fehler angerechnet werden könnte"

Zu dem Artikel aus Anlaß des 300. Todestages von Spinoza in Heft 8/1977, Seite 543 ff.

von Dr. Bernhard Fleiß

Die von Dr. Fleiß angeführten Zitate von Spinoza erinnern in überra- schenderweise an die Schriften des kürzlich verstorbenen Philosophen Wilhelm Kamlah. Vor seiner 1972 im Bibliographischen Institut, Mann- heim, erschienenen und in medizini- scher Hinsicht mehrfach interessan- ten „Philosophischen Anthropolo- gie" hat auch Kamlah in seinem 1949 bei Kohlhammer herausge- brachten Werk „Der Mensch in der Profanität" das Thema aufgenom- men, wie naturwissenschaftliches Wissen mit unseren übrigen Kennt- nissen zu vereinbaren ist; dabei zeigt er, daß Aussagen der Naturwis- senschaft Antworten auf Fragen sind, die wir auf eine spezielle Weise stellen, so daß wohlbegründete na- turwissenschaftliche Behauptungen gar nicht mit ebenso wohlbegründe- ten Antworten auf Fragen anderer Art unvereinbar sein können.

Auch das, was wir mit dem Wort

„Gott" auszudrücken versuchen, ist Kamlah ein Problem, dessen Lösung bei ihm geradezu an Spinoza ange- lehnt zu sein scheint, wenn er sie auch von Sokrates herleitet; aller- dings ist sie bei ihm weniger von theologischen Annahmen befrach- tet, die es nach Kamlah sinnvoll erst

452 Heft 8 vom 23. Februar 1978

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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