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Archiv "Passive Immunisierung" (04.09.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die passive Immunisierung mit ho- mologen Immunglobulinpräpara- ten erfährt eine „Renaissance". Da immer weniger heterologe, von tierischen Spendern gewonnene Präparate verwendet werden müs- sen, ist die Anwendung weitge- hend gefahrlos, die früher häufi- gen Sensibilisierungen gegen Tiereiweiß fallen weg. Das Indika- tionsspektrum reicht in viele Berei- che der Prophylaxe und Therapie.

U

nter „passiver Immunisie- rung" versteht man die Zu- fuhr humoraler Antikörper eines immunen Spenders an ei- nen nichtimmunen Empfänger. In- dikationen hierzu sind:

1. Antikörpermangelsyndrom, 2. eine fehlende Immunität und der sofortige Bedarf eines spezifi- schen Schutzes,

3. Aufbraucherscheinungen von Antikörpern bei konsumierenden Erkrankungen, Blut- und Plasma- verlusten größeren Umfanges (Unfälle, Verbrennungen und an- deres), Langzeittherapie mit im- munsuppressiven Medikamenten, 4. allergische und autoaggressive Syndrome wie zum Beispiel Thrombozytopenien, Bienengift- allergie, allergische Pollinosis.

Der Vorteil einer passiven Immu- nisierung liegt für den Patienten in der raschen Verfügbarkeit der Antikörper, deren Synthese nicht erst durch den Organismus des Patienten bewerkstelligt werden muß. Besonders indiziert kann die passive Immunisierung bei einer humoralen Immunschwäche infol- ge zytostatischer Chemotherapie sein; hier kommt es auf Antigen- reize hin nur in reduziertem und verlangsamtem Umfange zur Im- munantwort.

Nachteile der passiven Immuni- sierung können bei heterologen Antiseren, die von tierischen

Helmut Stick'

Spendern gewonnen wurden, he- terologe Sensibilisierungen und bei wiederholter Applikation des vom gleichen Tier stammenden Serums die Gefahr des hyperergi- schen Schocks sein; auch die häufige Zufuhr homologer (vom menschlichen Spender gewonne- ner) Antikörper kann zu einer Rückkoppelungssuppression der eigenen Antikörperbildung führen (in praxi sehr selten!). Homologe Immunglobulinpräparate können als humanes Standardimmunglo- bulin G mit einem polyvalenten Gehalt an Antikörpern, als speziel- les Immunglobulin-G-Präparat mit einem hohen Antikörpertiter ge- gen ein bestimmtes Antigen (ne- ben niedrigen, polyvalenten Anti- körpern) sowie als Immunglobu- lin-M- und Immunglobulin-A-Prä- parate zugeführt werden. Die In- jektion der Immunglobuline M und A ist meist mit nicht unerheb- lichen Nebenreaktionen verbun- den und kann sogar bei entspre- chender Anti-A-Sensibilisierung eines Patienten (Vorkommen et- wa einmal auf 500 Personen) zu schockähnlichen Syndromen füh- ren. Auf die Applikation dieser beiden Präparate wird im Folgen- den, da es sich nur um sehr spe- zielle und außerordentlich seltene Substitutionstherapien handelt, nicht weiter eingegangen.

Die erste spezifische, passive Im- munisierung erfolgte mit Tierse- ren durch Emil von Behring zur Behandlung diphtheriekranker Kinder. Behring erhielt hierfür den Nobelpreis. Heute gibt es

weitere Schutzseren tierischen Ursprungs (heterologe Immunse- ren) zur Behandlung oder Prophy- laxe der Botulinus-Vergiftung, des Gasbrandes, der Schlangenbiß- verletzung und neuerdings — als Fortschritt der letzten Jahre — zur Behandlung der Digitoxin-Vergif- tu ng (Antidigitoxinserum vom Schaf).

Die von menschlichen, immunen Spendern gewonnenen homolo- gen Immunglobulin-Präparate sind wirksamer, persistieren über längere Zeit im Organismus und führen vor allem nicht zu hetero- loger Sensibilisierung gegen Tier- eiweiß und damit zur Serumkrank- heit, zur immunogenetischer Po- lyneuritis und, bei wiederholter Verabreichung, zum anaphylakti- schen Schock.

Homologe Immunglobulinpräpa- rate stehen als Mischpräparat mit Antikörpern gegen eine Vielzahl von Viren, Bakterien und ihren Giften, sowie Pilzen, in Form der konventionellen, humanen Stan-

dardimmunglobulin-G-Präparate (sogenannte „Gamma-Globuli- ne") zur Verfügung. Einen hohen speziellen Antikörpergehalt ge- gen das Toxin des Wundstarr- krampfs, das Diphtherietoxin so- wie gegen mehrere Viruserkran- kungen wie zum Beispiel Masern, Mumps, Röteln, Tollwut, Europä- ische Früh-Sommer-Meningoen- zephalitis (FSME), Windpocken und Hepatitis-B enthalten speziel- le, homologe Immunglobulinprä- parate von optimaler Verträglich-

Passive Immunisierung

2554 (54) Heft 36 vom 4. September 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Passive Immunisierung

keit und guter Wirksamkeit. Ein homologes Anti-D-(Anti-rh-)Im- munglobulin zur Prophylaxe und Behandlung der Rh-Inkompatibili- tät kann als Fortschritt der letzten 20 Jahre angesehen werden. Alle homologen Immunglobulinpräpa- rate mit hohem speziellen Anti- körperanteil enthalten auch Im- munglobuline gegen eine Vielzahl anderer Erreger und Antigene.

Dies ist zum Beispiel bei einer eventuell nachfolgenden aktiven Immunisierung mit Lebendimpf- stoffen zu berücksichtigen.

In den letzten Jahren wurden be- stimmte homologe Immunglobu- linpräparate, wie beispielsweise das Anti-D-Immunglobulin, sowie das Rötelnimmunglobulin, immer wichtiger. Mit dem Rötelnimmun- globulin können beispielsweise noch rötelnempfängliche Schwan- gere über die kritische Teratoge- nitätsphase der Schwangerschaft im Falle einer Rötelninfektion ge- schützt werden. Bei der Prophyla-

xe der Hepatitis A sowie der Ma- sern genügen wegen des hohen Antikörpergehaltes die konventio- nellen, homologen Standardim- munglobulin-G-Präparate. Vielfa- che Indikationen fand in letzter Zeit auch das FSME-Immunglobu- lin, das für kurzzeitige Aufenthalte in Endemiegebieten mit Zecken- enzephalitis vor der Erkrankung schützen kann.

Unerwartet schwer verlaufen- de Diphtherieerkrankungen im Rheinland haben homologe Diph- therie-Antitoxine (Diphtherie-Im- munglobulin-G-Präparate, — zur Zeit nicht frei verfügbar) zum Ein- satz gebracht. Daneben existiert noch das Antitoxin vom Pferd ge- gen Diphtherie.

Der Rückgang der heterologen, von tierischen Spendern stam- menden Immunglobuline zugun- sten homologer Präparate war als Fortschritt zu begrüßen. Dennoch ergab sich auch bei den heterolo-

gen Immunglobulinpräparaten mit der Einführung eines Antidigi- toxin-Schutzserums vom Schaf ein erneuter Fortschritt.

In den letzten drei Dekaden war die passive Immunisierung mit he- terologen und homologen Im- munglobulinpräparaten durch die Erfolge der aktiven Immunisie- rung zurückgedrängt worden;

heute erfahren zahlreiche Immun- globulinpräparate eine Renais- sance. Sie sind wieder ein Be- standteil des Arzneimittelschat- zes, auf den nicht verzichtet wer- den kann.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Helmut Stickt Abteilung für Umwelthygiene und Impfwesen

Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Technischen Universität Postfach 95 01 40

8000 München 95

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Sprechen Sie mit den Eltern nicht vollständig durchgeimpfter Kinder über die Risiken der durch Impfung vermeidbaren Krankheiten? Wissen Ihre Patien- ten, daß Ersatz- und RVO-Kassen die Kosten für öffentlich emp- fohlene Impfungen durch nieder- gelassene Ärzte übernehmen?

D

ie Durchimpfungsquoten in der Bundesrepublik waren bisher im Vergleich zu Nachbarländern unbefriedigend.

Beispielsweise stagnierten sie ge- genüber Masern seit 1975 bei et- wa 65 Prozent der Geburtsjahr- gänge. Als Folge dieser ungenü- genden aktiven Immunisierung sind die Masern bei uns noch en- demisch, während sie beispiels- weise in der Tschechoslowakei und in mehreren Staaten der USA durch aktive Schutzimpfungen eliminiert sind. Ähnliches gilt für

Röteln und Mumps. Die Durchimp- fungsquote gegen Poliomyelitis ist derzeit bei uns so unbefriedigend, daß die Gefahr des Wiederaufflak- kerns dieser weitgehend ver- schwundenen Krankheit nicht aus- zuschließen ist. Über Kleinraum- epidemien an Diphtherie bei unzu- reichend immunisierten Patienten mußte in den letzten Jahren immer wieder berichtet werden. Über die aktuelle Bedeutung der Diphtherie berichtete kürzlich das DEUT- SCHE ÄRZTEBLATT 79 (1982), Heft 51/52, 21-28.

Ursachen

des bisherigen Impfdefizits Zu der unbefriedigenden und dringend verbesserungsbedürfti- gen Impfsituation in unserem Land hat eine Vielzahl von Fakto- ren beigetragen.

Eine große Zahl von Bürgern und sogar einige Ärzte bewerten soge- nannte Kinderkrankheiten noch immer falsch, und zwar als Erkran- kungen, die man besser durch- macht, einerseits wegen der ih-

Möglichkeiten zur Verbesserung der Durchimpfungsquoten

Hermann Olbing

Aus der Universitäts-Kinderklinik Essen

(Direktor: Professor Dr. med. Hermann Olbing)

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 36 vom 4. September 1985 (55) 2555

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