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Archiv "Hepatitisrisiko von Immunglobulin-Präparaten" (21.01.1988)

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Hepatitisrisiko

von Immunglobulin-Präparaten

Neubewertung und Konsequenzen

D

ie weltweite Konfron- tation mit der erwor- benen Immunab- wehrschwäche AIDS hat sowohl die medi- zinische als auch die breite Öffent- lichkeit für das Problem der Virussi- cherheit von Blut und daraus herge- stellten Arzneimitteln sensibilisiert.

Die Frage der Kontamination mit dem AIDS-Virus HIV hat dabei die

— vielleicht sogar wichtigere — Frage der Übertragung von Hepatitisviren durch Blut und Plasmapräparate in den Hintergrund gedrängt. Wäh- rend bei den aus Plasma hergestell- ten Arzneimitteln, die bei Gerin- nungsstörungen eingesetzt werden (Gerinnungsfaktoren-Konzentrate), das Problembewußtsein für das He- patitisrisiko heute allgemein vorhan- den ist, wurde bei Immunglobulin- Präparaten diese Problematik bisher nur ungenügend berücksichtigt.

Zu den durch Arzneimittel aus Blut übertragbaren Hepatitis-Erre- gern zählen das Hepatitis-B-Virus und die Erreger der Hepatitis Non-A, Non-B. Um das Hepatitisri- siko aller Arzneimittel aus Blut so niedrig wie möglich zu halten, wer- den diese Präparate nur aus Plasma klinisch gesunder Spender herge- stellt, das in gesundheitsbehördlich kontrollierten Blutbanken und Plas- mapheresestationen gewonnen wur- de. Zusätzlich wird jede Plasma- spende unter anderem auf das Vor- handensein von Hepatitis-B-Ober- flächen-Antigen (HBsAg) unter- sucht und die SGPT (ALT)-Aktivi-

Udo Sugg und Peter Fister

Die Übertragung von Hepatitis B durch Immunglobulin-Präparate gilt gegenwärtig als sicher aus- geschlossen. Da man die Erre- ger der Hepatitis Non-A, Non-B bis heute nicht kennt, können Plasmaspenden auch nicht ent- sprechend untersucht werden.

Hier bleibt das Übertragungsri- siko, Es werden inzwischen ei- nige Ansätze in Richtung einer Verminderung auch dieses Risi- kos diskutiert, woraus sich For- derungen ergeben.

tät beim Spender bestimmt. Diese Maßnahmen reduzieren zwar das Hepatitis-Risiko, schließen es aber nicht völlig aus. Hepatitis-B-Viren, die trotz HBsAg-Screening mögli- cherweise das Plasma kontaminie- ren, werden bei der Immunglobulin- herstellung neutralisiert oder inakti- viert beziehungsweise entfernt (für die Herstellung von Gerinnungsfak- toren trifft dies nicht zu [20]). Des-

Blutzentrale (Direktor: Privatdozent Dr.

med. Udo Sugg) beim Katharinenhospital Stuttgart; Biotest Pharma GmbH, Frankfurt am Main

halb gelten Immunglobulin-Präpara- te als sicher bezüglich der Übertra- gung von Hepatitis B (23, 24).

Keine gezielte

Aussonderung möglich

Völlig anders stellt sich die Si- tuation beim Hepatitis-Non-A- Non-B-Risiko dar. Die Erreger der Hepatitis Non-A, Non-B sind bis heute nicht bekannt. Deshalb ist es auch nicht möglich, Plasmaspenden spezifisch auf das Vorhandensein von Hepatitis-Non-A-Non-B-Erre- gern zu untersuchen. Eine geringe, aber nicht ausreichende Reduzie- rung des Hepatitis-Non-A-Non-B- Risikos läßt sich durch Bestimmung der Aktivität der Serumtransamina- sen beim Spender erzielen (1, 2).

Zunehmend wird auch die Testung auf Anti-HBc diskutiert, die das Ri- siko weiter vermindern, aber nicht ganz ausschließen könnte (16, 8).

Dieses Unvermögen, Hepatitis- Non-A-Non-B-infektiöse Plasma- spenden gezielt auszusondern, hat bei der Verwendung konventionel- ler oder nicht ausreichend virusinak- tivierter Gerinnungsfaktoren-Kon- zentrate ernste Folgen: Bei einmali- ger Applikation beträgt das Hepati- tisrisiko 30 bis 100 Prozent (4, 5, 14, 17, 18, 19).

Anders als beim Hepatitis-B-Vi- rus ist über die Inaktivierung und Elimination der Erreger der Hepati- tis Non-A, Non-B während der Plas- mafraktionierung nichts bekannt. >

A-98 (54) Dt. Ärztebl. 85, Heft 3, 21. Januar 1988

(2)

Folgende Tatsachen sprechen aber dafür, daß die Erreger der Hepatitis Non-A, Non-B auch in die Cohn- Fraktion II, aus der Immunglobulin- Präparate hergestellt werden, gelan- gen und die Behandlung mit Ethanol unbeschadet überstehen:

1983 berichtete Lane im Lancet von einer Studie, in der alle zwölf Patienten, die mit einem intravenös applizierten Immunglobulin-Präpa- rat behandelt worden waren, eine Hepatitis Non-A, Non-B entwickel- ten. In der Vergleichsgruppe, die mit einem intramuskulär applizier- ten Immunglobulin-Präparat aus der gleichen Cohn-Fraktion behandelt wurde, entwickelte keiner der Pa- tienten eine Hepatitis. Lane schloß daraus, daß die nach der Cohn-Frak- tionierung durchgeführten Behand- lungen der Immunglobulin-Präpara- te ausschlaggebend für deren Hepa- titisrisiko seien. Vom Auftreten ei- ner Hepatitis Non-A, Non-B nach Gabe intravenöser Immunglobuline wurde seither mehrfach berichtet (10, 11, 12, 13, 21, 22).

Chronische Verläufe mit persistierender Virämie Da es sich bei der Hepatitis Non-A, Non-B häufig um eine „stil- le Erkrankung" mit zumeist (75 Pro- zent) anikterischem und relativ asymptomatischen Verlauf (2) han- delt, wurde sie lange Zeit nicht als schwerwiegendes Problem betrach- tet. Dies mag auch daran liegen, daß zwischen der akuten Phase einer He- patitis Non-A, Non-B und einer spä- teren Leberschädigung oftmals eine lange Latenzphase liegt. Die Bedeu- tung dieses Typs der Hepatitis liegt nicht in der akuten Manifestation, sondern in der Häufigkeit und Schwere chronischer Verläufe mit persistierender Virämie Aufgrund einer Chronizitätsrate von 10 bis 68 Prozent (3, 6) und einem Übergang von 10 bis 38 Prozent (3) der chroni- schen Erkrankungen in eine Leber- zirrhose muß die Problematik der Hepatitis Non-A, Non-B heute neu gewichtet werden: Sie scheint eine der Hauptursachen für die Zirrhose sowie die Morbidität und die Letali- tät der chronischen Lebererkran-

kung zu sein. Auch gibt es inzwi- schen — wie bei der Hepatitis B — Hinweise für einen Zusammenhang zwischen der Hepatitis Non-A, Non-B und dem Leberzellkarzinom beim Menschen (15, 7).

Mit welcher Häufigkeit eine Übertragung der Hepatitis Non-A, Non-B nach i.v.-Applikation von Immunglobulinen auftreten kann, scheint vom Herstellungsverfahren abhängig zu sein. Offensichtlich be- stehen Unterschiede in der Virusin- aktivierung und -elimination selbst bei den verschiedenen Abwandlun- gen der üblichen Kälte-Ethanol- Fraktionierung nach Cohn. Wäh- rend aus den Untersuchungen von Trepo et al. die unterschiedliche Vi- rusbelastung der Plasmafraktionen nach dem Cohn-Verfahren bekannt ist, fehlen solche Untersuchungen für die neuen Herstellungsverfahren wie der Proteinfällung mit PEG (Po- lyethylenglycol) und den chromato- graphischen Trennverfahren. Bis heute sind keine Daten über die Vi- russicherheit von auf solche Weise hergestellten Immunglobulin-Präpa- raten vorhanden.

Spezifische Testmethoden zum Nachweis der Erreger der Hepatitis Non-A, Non-B fehlen bis heute, und deshalb besteht das Risiko einer Übertragung dieser Problemerkran- kung auch für Immunglobulin-Prä- parate. Um die Hepatitis-Non-A- Non-B-Sicherheit dieser Präparate zu gewährleisten, gibt es heute nur die Möglichkeit, bei ihrer Herstel- lung bewährte virusinaktivierende Verfahren anzuwenden. Deshalb muß die Forderung erhoben wer- den, daß jeder Hersteller von i.v.- Immunglobulin-Präparaten die Si- cherheit seines Herstellungsverfah- rens durch experimentelle Daten be- legt.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, zu beziehen über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Privatdozent Dr. med. Udo Sugg Blutzentrale

beim Katharinenhospital Keplerstraße 32

7000 Stuttgart 1

NOTIZ

Neurofibromatose

Zu dem Editorial von Professor Dr.

med. Rudolf Gross in Heft 37/1987 erhielten wir zwei Zuschriften, die wir ohne Kommentar veröffent- lichen:

1. Für die Betroffenen:

Der Beitrag gibt mir Anlaß, dar- auf hinzuweisen, daß auch in Ham- burg inzwischen durch die Koordi- nation der „Von Recklinghausen Gesellschaft e. V." ein interdiszipli- näres Ärzteteam besteht, das Pa- tienten betreut. Diese Ärztegruppe hat unter anderem eine Informa- tionsbroschüre für Betroffene ge- schrieben. Am 17. Oktober 1987 fand in Hamburg eine Vortragsver- anstaltung der Von Recklinghausen Gesellschaft e. V. für Mediziner und Betroffene statt. Für weitere Aus- künfte stehe ich gern zur Verfügung.

Dr. med. Victor F. Mautner Medizinischer Beirat

Von Recklinghausen Gesellschaft e. V.

Allgemeines Krankenhaus Harburg

Neurologische Klinik Eißendorfer Pferdeweg 52 2000 Hamburg 90

2. Frage an Kollegen:

Ist Ihnen in Ihrem Literaturstu- dium ein solcher Fall bekannt ge- worden, bei dem es durch die ausge- dehnten multiplen Aussackungen aus den Naralforamina der Lenden- wirbelsäule zu einer Verschmächti- gung der Bögen und der Wirbelkör- per dergestalt gekommen ist, daß die Wirbelsäule der Belastung nicht mehr standgehalten hat und es zu Ermüdungsfrakturen der Bögen ge- kommen ist?

Prof. Dr. med.

Hans-Walter Staudte Orthopädische Abteilung Kreiskrankenhaus Marienhöhe Mauerfeldchen 25

5102 Würselen A-100 (56) Dt. Ärztebl. 85, Heft 3, 21. Januar 1988

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