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Archiv "Längere Lebensdauer der Frau" (28.11.1991)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

KURZBERICHT

Längere

Lebensdauer der Frau

7

u den Charakteristika der Evolu- tion gehört das artspezifische Alter. Dies zeigen Vergleiche des Maximalalters bei Pflanzen und Tie- ren. So kann die Buche 300 Jahre, das Efeu 400 Jahre und die Birke 1000 Jahre alt werden. Der Rhesus- affe wird maximal 29 Jahre, der Go- rilla 40 Jahre, der Schimpanse 45 Jahre und der Orang-Utan 50 Jahre.

Fast dasselbe Alter wie der Orang- Utan können ein Nilpferd, ein Esel und ein Krokodil erreichen. Ein indi- scher Elefant kann über 60 Jahre alt werden. Ein hohes Alter erreichen die Schildkröten, die Seychellen-Riesen- schildkröten bis über 180 Jahre.

Das Maximalalter des Menschen wird auf 130 Jahre geschätzt. Es soll sich in dem geschichtlich überschau- baren Zeitabschnitt kaum geändert haben, nämlich nur um 14 Jahre. Im Gegensatz zum Maximalalter ist die durchschnittliche Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren ganz er- heblich gestiegen. Der durch den medizinischen Fortschritt bedingte Anstieg der Lebenserwartung doku- mentiert sich auch in einer Zunahme der Zahl der Hundertjährigen, zum Beispiel in Großbritannien innerhalb von 30 Jahren — von 1952 bis 1982 —, von 200 auf 1750. Allerdings betrifft diese günstige Entwicklung nur die In- dustrienationen. In der 3. Welt war vor Jahrzehnten die durchschnittliche Lebenserwartung wesentlich niedri- ger als in der westlichen Welt. Es be- steht immer noch ein deutlicher Un- terschied, freilich nicht mehr in dem Ausmaß früherer Jahre.

Differenziert man die Lebenser- wartung nach Geschlechtern, dann findet man fast bei allen Vergleichen eine höhere Lebenserwartung des weiblichen Geschlechts. So beträgt die durchschnittliche Lebenserwar- tung in der Bundesrepublik zur Zeit 72 Jahre für den Mann und 79 Jahre für die Frau. In den nächsten Jahr- zehnten ist mit einem weiteren An-

stieg der durchschnittlichen Lebens- erwartung zu rechnen, wobei die Ge- schlechterrelation vom psychosozia- len Verhalten abhängt, wie noch er- läutert wird. Die Kausalitätsfrage dieses Phänomens wurde unter bio- logischen, medizinischen und psy- chosozialen Aspekten bearbeitet.

Dieter Platt hat kürzlich im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT hierüber referiert (7), wobei er zu dem Schluß kam, daß weder biologische noch an- dere Faktoren zur Zeit eine eindeu- tige Erklärung für die höhere Le- benserwartung der Frau gegenüber dem Mann liefern. Ein wesentlicher, vielleicht entscheidender physiologi- scher Mechanismus wurde dabei nicht erwähnt, nämlich der protekti- ve Effekt des physiologisch gebilde- ten Östrogens auf die Kreislaufregu- lation der geschlechtsreifen Frau, der in einer Serie von Untersuchun- gen studiert wurde.

Versuche über das Verhalten autonomer Funktionen bei emotio- naler Belastung — Kopfrechnen wäh- rend Belärmung — hatten ein uner- wartetes Ergebnis ergeben. Auf den gleichen Reiz hatten nämlich die männlichen Versuchspersonen mit stärkeren Anstiegen des Blutdrucks reagiert. Das bis dahin unbekannte Vorhandensein einer geschlechts- spezifischen Blutdruckregulation be- schränkte sich aber nicht nur auf quantitative Unterschiede. Es erga- ben sich auch qualitative Differen- zen. Sie wurden in der Weise erfaßt, daß die autonomen Reaktionen ei- ner männlichen und weiblichen Ex- perimentalgruppe verglichen wur- den, denen je zwei Filme vorgeführt wurden. In Vorversuchen an an- deren Experimentalgruppen waren zwei Filme gefunden worden, die ei- ne geschlechtsspezifische Stimulati- onsprävalenz hatten. Bei dem Film, der die weiblichen Versuchsperso- nen besonders stimulierte, ein Film um ein Eifersuchtsgeschehen, rea-

gierten im Geschlechtsvergleich die weiblichen Versuchspersonen mit al- len autonomen Funktionen, außer dem Blutdruck, stärker als die männ- lichen Versuchspersonen. Bei dem Film mit der männlichen Stimulati- onsprävalenz, ein Film über einen Generationskonflikt, der durch be- rufliche Ambitionen verschärft wur- de, reagierten die männlichen Ver- suchspersonen nur mit dem Blut- druck stärker als die weiblichen Ver- suchspersonen. Das bedeutet, daß Männer, im Gegensatz zu den Frau- en, bevorzugt mit dem Blutdruck reagieren, das Gefäßsystem der Männer daher häufigeren und stär- keren Blutdruckerhöhungen ausge- setzt ist (1). Bekannt war zu diesem Zeitpunkt, daß vor dem 5. Lebens- jahrzehnt Männer häufiger an Hy- pertonie oder deren Herz- und Ge- fäßkomplikationen litten. Es lag na- he, in der gefundenen geschlechts- spezifischen Blutdruckregulation ei- nen entscheidenden verursachenden Faktor hierfür zu vermuten, wobei zu prüfen war, welche Rolle die weiblichen Sexualhormone für den protektiven Mechanismus schwäche- rer und seltener Blutdruckreaktio- nen bei der Frau spielten.

Die diesbezüglichen Untersu- chungen wurden an geschlechtsrei- fen Frauen, an Frauen nach der Me- nopause und an ovarektomierten Frauen unter Ruhebedingungen und während Streß durchgeführt. Sie er- gaben einen protektiven Kreislauf- Ostrogeneffekt im Streß, der physio- logisch bei der geschlechtsreifen Frau entsteht und nach der Meno- pause verschwindet und der auch im pharmakologischen Experiment in Form eines doppelten Blindversuchs an ovarektomierten Frauen bewie- sen werden konnte. Sowohl phy- siologisch wie pharmakologisch schwächt Progesteron diesen Schutz- mechanismus ab (2). Dieser Schutz- mechanismus ist in der Schwanger- schaft am ausgeprägtesten (3), wäh- rend des Zyklus zur Zeit der Ovulati- on (2). Der protektive Östrogenef- fekt kommt außerhalb der Schwan- gerschaft erst im mittleren Lebensal- ter voll zur Wirkung, wenn die Stabi- lität des menstruellen Zyklus am höchsten ist. Von der Pubertät an bis zum Beginn des 2. Lebensjahrzehnts A-4288 (68) Dt. Ärztebl. 88, Heft 48, 28. November 1991

(2)

läßt sich auch eine geschlechtsdiffe- rente Blutdruckregulation nachwei- sen; sie basiert aber in erster Linie auf der blutdrucksteigernden Wir- kung des Testosterons bei den männ- lichen Personen (5). Bei der ge- schlechtsreifen Frau wird der pro- tektive Ostrogeneffekt durch orale Kontrazeptiva abgeschwächt und durch die Kombination von Pille und Rauchen völlig aufgehoben, wobei erwähnt werden muß, daß die Unter- suchungen vor der Mikropillenära durchgeführt wurden (6).

Der positive Effekt einer Östro- gentherapie nach der Menopause bezüglich des Risikos einer kardio- vaskulären Erkrankung wurde in der Literatur fast einseitig auf den positi- ven Effekt des Östrogens auf den Fettstoffwechsel bezogen und führte zu der Güterabwägung einer solchen Therapie (8). Ob der Blutdruckregu- lationseffekt allein schon ausreicht, therapeutische Konsequenzen zu überdenken, wurde in einer extre- men Fragestellung untersucht, näm- lich ob dieser Schutzmechanismus pharmakologisch für das männliche Geschlecht geschaffen werden kann, wobei aus ethischen Gründen die Versuche bisher nur in Tierexperi- menten möglich waren.

Zur Verfügung standen Ratten, die eine spontane Hypertonie ent- wickeln. Während sich bei den unbe- handelten männlichen Ratten von der neunten bis zur zwölften Lebens- woche ein Blutdruckanstieg von 178 auf 252 mm Hg und bei den unbe- handelten weiblichen Ratten von 151 auf 192 mm Hg entwickelte, konnte bei den mit 17-beta-Östradiolbenzo- at behandelten Ratten dosisabhän- gig (0,03125 mg/kg; 0,125 mg/kg, 0,5 mg/kg) der Blutdruckanstieg signifi- kant reduziert oder ganz verhindert werden. Wurde dieselbe Behandlung erst begonnen, nachdem sich eine Hypertonie von 275 mm Hg entwik- kelt hatte, wirkte Östrogen auch an- tihypertensiv bis zu einer maximalen Senkung des Blutdrucks auf 185 mm Hg. Bei den weiblichen Tieren zeigte lediglich die höchste Dosis Östrogen eine antihypertensive Tendenz. Die mit Placebo behandelten weiblichen Tiere hatten eine längere Lebens- dauer (88,5 Wochen) als die männli- chen Ratten (68,0 Wochen). Wäh-

rend die Östrogentherapie die Le- bensdauer der weiblichen Tiere nicht verlängerte, verlängert sich die Lebensdauer der männlichen Tiere dosisabhängig signifikant; bei der höchsten Dosis unterschied sich die Lebensdauer nicht mehr von derjeni- gen der weiblichen Tiere. Der le- bensverlängernde Effekt wurde al- lerdings nur erzielt, wenn die Thera- pie in einer frühen Lebensphase be- gonnen wurde. Hatte sich die Hyper- tonie voll entwickelt, dann kam es trotz Abfalls des Blutdrucks nicht zu einer Lebensverlängerung (4).

Bei der großen Bedeutung der kardiovaskulären Erkrankungen für die Morbidität und Lebensdauer ist die Hypothese gerechtfertigt, daß die Frauen ihre höhere Lebenser- wartung hauptsächlich dem protekti- ven Effekt des Ostrogens auf die kar- diovaskulären Reaktionen verdan- ken. Nach der Menopause, wo die Frau ein prognostisch ungünstigeres Lipidprofil entwickelt, unterliegt ihr Gefäßsystem ungünstigen additiven Effekten. Der Gefäßschutz bis zur Menopause bewirkt aber, daß das KHK-Risiko hinter dem des Mannes zurückbleibt. Wenn allerdings Frau- en im geschlechtsreifen Alter den protektiven Mechanismus durch Verhalten eliminieren, müssen sie damit rechnen, daß sie bezüglich KHK-Morbidität und Mortalität kei- ne bessere Ausgangsposition haben als Männer.

Literatur:

1. v. Eiff, A. W.: Jap. Circul. J. 1970, 34, 147-153

2. v. Eiff, A. W., E. J. Plotz, K. J. Beck, H. Czer- nik: Am. J. Obstet. Gynecol. 1971, 109, 887-892

3. v. Eiff, A. W., C. Piekarski: Progress in Brain Research, Vol. 47, 1977, 291-299

4. v. Eiff, A. W., H. M. Lutz, J. Gries, R. Kretz- mar: Basic Res. cardiol. 1985, 80, 191-201 5. v. Eiff, A. W., E. Gogolin, M. Jakobs, H.

Neuß: Clin. Exp. Hypertens., 1986, 8, 577-581

6. v. Eiff, A. W.: Applied Psychophysiology in Hypertension. Satellite Symposium to the 1 lth Scientific meeting of the ISH, 1986.

7. Platt, 0.: Dt. Ärzteblatt, 1991, 88, 2160-2161 8. Ross, R. K., A. Paganini-Hill, Th. M. Mack, B. E. Henderson: Am. J. Obstet. Gynecol., 1989, 160, 1301-1306

Professor Dr. med.

August Wilhelm von Eiff Em. Direktor der Medizinischen Universitätsklinik Bonn

Am Paulshof 30 W-5300 Bonn 1

FÜR SIE REFERIERT

Condylomata acuminata und Karzinomrisiko

Zur Feststellung, ob Patienten mit spitzen Kondylomen (Condylo- mata acuminata) einem erhöhten Karzinomrisiko ausgesetzt sind, wur- de in einer prospektiven Untersu- chung entsprechender Patienten die Zahl maligner Tumoren in der Ko- horte mit den nationalen Inzidenzen gemäß dem Schwedischen Karzi- nomregister verglichen.

3260 Patienten (2549 männliche und 711 weibliche), im Mittel 23 Jah- re alt, (zwischen 1 und 80 Jahren) wurden von 1969 bis 1984 durch- schnittlich 7,8 Jahre lang überwacht.

In der Untersuchungsgruppe gab es 27 maligne Tumoren. Ein signifi- kantes Ansteigen von Genitalkarzi- nomen bei Frauen im Vergleich zur nationalen Gesamtinzidenz war nicht zu verzeichnen. Nur eine Pa- tientin hatte ein invasives Zervixkar- zinom (Relatives Risiko 1,8; 95%

Vertrauensintervall 0 - 10,1). Sieb- zehn Frauen hatten ein Zervixkarzi- nom in situ (1,5; 0,9 - 2,5) im Ver- gleich zu einer erwarteten Zahl von 11,5; diese Steigerung war nicht sig- nifikant Bei Männern wurden 22 Karzinome verschiedener Lokalisati- on (1,6; 1,0 - 2,5) festgestellt. Die Zahl der bei Männern beobachteten Karzinome lag im urogenitalen Be- reich fast dreimal höher als erwartet (2,6; 1,2 - 5,0) - ein Ergebnis, dessen Bedeutung unklar ist.

Die Autoren schließen, daß das Risiko, ein Zervixkarzinom in situ oder ein invasives Zervixkarzinom nach einer Infektion mit humanem Papillomavirus im Genitalbereich zu entwickeln, geringer ist als ursprüng- lich angenommen jhn

Sigurgeirsson, B.; et al.: Condylomata acu- minata and risk of cancer: an epidemiolo- gical study. Brit. Med. Journ. (303) 1991,

341-344.

Dr. B. Sigurgeirsson, Dept. of Dermatolo- gy and Cancer Epidemiology, Karolinska Hospital, Stockholm, Schweden.

Dt. Ärztebl. 88, Heft 48, 28. November 1991 (71) A-4289

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