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Automatische Zuordnung von NMR chemischen Verschiebungen anhand einer bekannten Proteinstruktur

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Academic year: 2022

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Automatische Zuordnung von NMR chemischen Verschiebungen anhand

einer bekannten Proteinstruktur

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades

des Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) vorgelegt von

M.Sc. Matthias Trautwein an der

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Chemie

Tag der mündlichen Prüfung: 15.1.2016 1. Referent: PD Dr. Thomas E. Exner 2. Referentin: Prof. Dr. Christine Peter

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Danksagung Mein Dank gilt

• PD Dr. Thomas Exner für die interessante Aufgabenstellung, die Betreuung und Unterstützung während der Anfertigung dieser Arbeit

• Prof. Dr. Christine Peter für die Übernahme des Zweitgutachtens

• Prof. Dr. Helmut Cölfen für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes und die Beglei- tung während meiner Zeit als Doktorand

• Prof. Dr. Frank Böckler für die Unterstützung während meiner Promotionszeit und viele hilfreiche Anregungen

• Prof. Dr. Heiko Möller für die Aufnahme und die Bereitstellung der verwendeten NMR-Spektren und die stets hilfreichen Anregungen beim fachlichen Austausch, sowie bei Fragen bezüglich NMR-Daten und NMR-Theorie

• Remco Sprangers für die Aufnahme und die Bereitsstellung der verwendeten NMR- Spektren

• Meinen Kollegen: Andreas Lange, Markus Zimmermann, Ionut Onila und Kai Fre- driksson für das gute Arbeitsklima und auch für die außerhalb der Arbeit zusam- men verbrachte Zeit

• Meiner Freundin Claudia für die viele Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit und das gründliche Korrekturlesen

• Meinen Freunden in Tübingen für die allgemeine Unterstützung und die schöne Zeit in Tübingen

• Meiner gesamten Familie für die Unterstützung während der gesamten Zeit der Promotion

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 6

1.1. Aufgabenstellung und Aufbau der Arbeit . . . 8

2. Grundlagen 9 2.1. NMR-chemische Verschiebungen . . . 9

2.2. Berechnung chemischer Verschiebungen in Proteinen . . . 11

2.3. Der ADMA-Ansatz . . . 12

2.4. Mehrdimensionale NMR-Spektren . . . 13

2.5. HSQC-Spektren . . . 14

3. Zuordnungen basierend auf theoretischen Vorhersagen chemischer Ver- schiebungen 15 3.1. Einleitung . . . 15

3.2. Theorie und Methodik . . . 15

3.2.1. TOCSY-Spektren . . . 15

3.2.2. Zuordnung mit Hilfe von TOCSY-Spektren . . . 17

3.3. Ergebnisse . . . 18

3.3.1. Testsysteme . . . 18

3.3.2. HSQC-Spektren . . . 20

3.3.3. Hinzunahme von TOCSY-Spektren . . . 23

4. Zuordnung basierend auf 1H15N-4D-NOESY-Spektren 34 4.1. Einleitung . . . 34

4.2. Theorie und Methodik . . . 34

4.2.1. NOESY-Spektren . . . 34

4.2.2. Überblick über den entwickelten Algorithmus . . . 36

4.2.3. Doppelsignale . . . 38

4.2.4. Erste Zuordnung . . . 38

4.2.5. Reduce-Assignment-Routine . . . 39

4.2.6. Optimierungsroutine . . . 40

4.2.7. Bestimmung der Referenz . . . 42

4.3. Ergebnisse . . . 43

4.3.1. Performance Tests . . . 43

4.3.2. Ubiquitin . . . 48

4.3.3. Enzyme I . . . 54

4.3.4. Bewertung der mehrdeutigen Zuordnungsmöglichkeiten . . . 57

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5. Zuordnung basierend auf1H13C-4D-NOESY-Spektren von Methyl-gelabelten

Proteinen 65

5.1. Einleitung . . . 65

5.2. Methodik . . . 65

5.3. Ergebnisse . . . 66

5.3.1. Ubiquitin . . . 66

5.3.2. YuaF . . . 72

6. Ergänzende Untersuchung 77 6.1. Behandlung zu kurzer Restraints . . . 77

6.1.1. Methodik . . . 77

6.1.2. Ergebnisse . . . 79

6.2. Automatische Identifikation von Doppelsignalen . . . 82

6.2.1. Methodik . . . 83

6.2.2. Ergebnisse . . . 83

7. Zusammenfassung und Ausblick 85

Anhang 92

A. Berechnung chemischer Verschiebungen 93 A.1. Vergleich berechneter mit gemessenen chemischen Verschiebungen . . . . 93

A.2. Zuordnung der berechneten Graphen . . . 112

B. Zuordnung mit Hilfe von 4D-NOESY an Amidgruppen 118 B.1. Performance Tests . . . 118

B.2. Bewertung mehrdeutiger Zuordnungen . . . 124

B.3. Zuordnung mit Hilfe von 4D-NOESY an Methylgruppen . . . 129

C. Literaturverzeichnis 130

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1. Einleitung

Für das Verständnis biochemischer Vorgänge ist es unerlässlich, die genaue 3D-Struktur eines Proteins zu kennen. Für die Bestimmung derselben stehen dabei grundsätzlich zwei Verfahren zu Verfügung. Zum einen die Röntgenkristallstrukturanalyse, welche auch die am häufigsten verwendete Methode zur Strukturbestimmung von Proteinen ist. [1] Für eine erfolgreiche Röntgenkristallstrukturanalyse ist es allerdings erforderlich, das Protein zu kristallisieren. Ist dies nicht möglich, so ist die kernspinresonanzspektroskopische (kurz NMR-Spektroskopie von engl. nuclear magnetic resonance) Bestimmung der 3D- Struktur die Methode der Wahl. Bei der Bestimmung der 3D-Struktur eines Proteins ist die Zuordnung NMR-chemischer Verschiebungen, das sogenannte NMR-Assignment, der erste wichtige und zugleich allerdings auch sehr zeitaufwändige Schritt. [2–8] Aus den zugeordneten chemischen Verschiebungen kann dann mittels sequentieller Spektren, wie HNCO und TOCSY-Spektren, und Spektren die auf räumlicher Nähe basieren, wie NOESY-Spektren, die 3D-Struktur bestimmt werden. [9–11]

Ist es gelungen, die NMR-chemischen Verschiebungen eines Proteins zu bestimmen, können mittels NMR-chemischer Messungen noch weitere Untersuchungen an einem Pro- tein durchgeführt werden. So können Wechselwirkungen mit anderen Proteinen oder Liganden untersucht werden. Der wichtigste Ansatz hierzu ist die chemical shift per- turbation, ein Verfahren bei dem ein HSQC-Spektrum, meist ein NH-HSQC Spektrum, eines Proteins gemessen und dann nach und nach ein zweites Protein oder ein Ligand zugegeben wird. Im Spektrum können dann Signale beobachtet werden, die sich durch die sich ändernden chemischen Verschiebungen im HSQC-Spektrum auszeichnen. Mit bereits bekannter Zuordnung kann damit die Bindungsregion eines Proteins bestimmt werden. [12–15] Von besonderem Interesse sind weiterhin Untersuchungen zur Dyna- mik von Proteinen, da die aus Kristallen gewonnenen 3D-Strukturen starre Gebilde sind und keine Information über die Dynamik eines Proteins liefern können. Die NMR- Spektroskopie erlaubt es, ein Protein über einen längeren Zeitraum zu beobachten. So können mittels NMR spektroskopischer Untersuchungen Aussagen zur Flexibilität und gegebenenfalls auch zu mehreren gleichzeitig vorkommenden Konformeren getroffen wer- den. Zudem kann die Kinetik einer Protein-Ligand Reaktion beobachtet werden. [16–24]

So konnte bei Klasse 1 Phosphoinositid-3-Kinasen gezeigt werden, dass hier die Mu- tation weniger für eine Strukturänderung sorgt, als vielmehr eine veränderte Dynamik des Proteins verursacht und das mutierte System daher krebsauslösend wirkt [25, 26].

Protein-NMR-Spektren werden in wässriger Lösung gemessen. Bei der Verwendung deu- terierter Proteine innormalem Wasser kann der Protonen-Deuterium-Austausch zeitlich verfolgt werden und so kann daraus geschlossen werden, wie sich ein Protein entfal- tet. [27, 28] Eisenmesser et.al [29, 30] konnten die Dynmik eines Enzyms während der Katalyse am Cyklophilin A-System messen. Dieses System katalysiert die reversible cis-

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trans Isomerisierung von Prolyl-Peptidbindungen. Die Untersuchung eines solchen re- versiblen Vorgangs ist besonders deswegen von Bedeutung, weil mit einer NMR-Probe des Enzyms eine Vielzahl an Substraten getestet werden kann, indem einfach weitere Substrate hinzugegeben werden.

Eine Vielzahl an Proteinstrukturen wurde mittels Röntgenstrukturanalyse bestimmt.

Möchte man für diese Proteine die genannten NMR-spektroskopischen Untersuchungen anstellen, so stellt sich das Problem der fehlenden Zuordnung der Signale. Geht man genau so vor wie bei der Strukturbestimmung mittels NMR-Spektroskopie, ist die Zu- ordnung der Signale ein sehr arbeitsintensiver und zeitraubender Prozess. Bezieht man die bereits bekannte 3D-Struktur mit in den Prozess der Zuordnung ein, so kann der Arbeitsaufwand erheblich reduziert werden. Praktisch bedeutet das, dass die Anzahl benötigter Spektren deutlich reduziert werden kann. Hierzu sind bereits einige Ansät- ze bekannt, die diese Idee verfolgen. [31–40] Bei NOEnet [31, 32] werden NH-HSQC und 3D-NH-NOESY-Spektren verwendet. Aus der 3D-Struktur werden alle im NOESY- Spektrum zu erwartenden Restraints berechnet. Das berechnete Restraintsnetzwerk wird als Graph interpretiert, indem die HSQC-Signale als Punkte und die Restraints als Ver- bindungslinien zwischen den Punkten aufgefasst werden. Die experimentellen Restraints werden dann graphentheoretisch auf dieses vollständige Netzwerk gematched. Um die Anzahl eindeutiger Zuordnungen zu erhöhen, wurden in einem zweiten Schritt zusätz- lich berechnete chemische Verschiebungen hinzugezogen. Pristovsek et. al. entwickelten den st2nmr-Ansatz [33]. Dazu wurde eine Zielfunktion entwickelt, welche experimentelle und aus der 3D-Struktur vorhergesagte Restraints aus 13C- und 15N-NOESY Spektren vergleicht. Diese Zielfunktion wird dann in einer Monte-Carlo-Optimierung angewendet um Sequenz spezifische Zuordnungen zu erhalten. Neben diesen Ansätzen, die darauf zielen Amidprotonen oder auch Seitenketten im Allgemeinen zuzuordnen, gibt es auch noch weitere Ansätze, die sich darauf fokussieren, Methylgruppen an großen Proteinen zuzuordnen. Dafür gibt es spezielle Ansätze, um auch sehr große Proteine, wie das Pro- teasom [16, 17], diese zu labeln [41–44], so dass auch für diese noch sehr gut aufgelöste Spektren [45] zu erhalten. Einige Ansätze verwenden noch eine Signalverstärkung durch paramagnetische Spinlabel. Diese so genannte PRE-Technik (paramagnetic relaxation enhancement) erfordert das Einbringen eines oder mehrerer paramagnetischer Labels.

Mit dem Programm FLAMEnGO [34, 35] können die chemischen Verschiebungen von Methylgruppen in Proteinen zugeordnet werden. Dazu werden neben NOESY-Restraints und einem HMBC-Spektrum noch PRE-Daten und berechnete chemische Verschiebun- gen verwendet. MAP-XSII [36], der Nachfolger von MAP-XS [46] ist in der Lage unter Verwendung eines 4D-NOESY-Spektrums viele Methylgruppen zuzuordnen und kann durch die Hinzunahme von PRE-Daten die Zahl an Zuordnungen noch verbessern. Zu- dem noch erwähnenswert sind die auf RDCs (residual dipolar coupling) beruhenden Ansätze von Jung und Zweckstetter [39] sowie He et al. [40].

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1.1. Aufgabenstellung und Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit soll Möglichkeiten aufzeigen, um ausgehend von einer gegebenen 3D-Sturktur die NMR-chemischen Verschiebungen den einzelnen Atomen im Protein zuzuordnen. Zu- nächst sollen im Kapitel 2 die Grundlagen der eindimensionalen NMR-Spektroskopie kurz erläutert werden. Darauf aufbauend sollen dann noch Methoden zur Berechnung chemischer Verschiebungen und im Detail das ADMA-Verfahren erläutert werden und abschließend sollen noch die mehrdimensionalen NMR-Methoden und insbesondere das HSQC-Spektrum kurz vorgestellt werden. Im Anschluss daran sollen dann in Kapitel 3 Methoden untersucht werden, wie die Zuordnung der NMR-chemischen Verschiebun- gen anhand berechneter chemischer Verschiebungen gelingen kann. Da hierbei der Fokus neben der Berechnung der chemischen Verschiebungen auch in der Verwendung von TOCSY-Spektren liegt, sollen diese zu Beginn des Kapitels kurz erläutert werden. Da es nicht zu erwarten ist, dass die bloße Berechnung der chemischen Verschiebungen es ermöglichen wird, diese den Atomen eindeutig zuzuordnen, sollen durch die TOCSY- Spektren zusätzliche Informationen gewonnen werden, welche Signale zusammen gehö- ren. So sollte es dann möglich werden, dass diese Signale zu Gruppen zusammengefasst werden können und sich das Problem dahingehend vereinfacht, dass dann nur noch Gruppen von Signalen Gruppen von Atomen zugeordnet werden müssen.

Ergänzend dazu soll im darauf folgenden Kapitel 4 ein Verfahren entwickelt wer- den, um nur mit Hilfe eines 4D-NOESY Spektrums die Zuordnung der chemischen Ver- schiebungen zu den Amidgruppen eines Proteins zu erreichen. Dazu sollen zunächst die Grundlagen der NOESY-Spektren und dann insbesondere des vierdimensionalen NOESY-Spektrums erläutert werden. Die hierbei verfolgte Idee ist, dass aus den NOESY- Spektren Restraints abgeleitet werden, die es ermöglichen, aus einer vollständig mehr- deutigen Zuordnung der chemischen Verschiebungen nach und nach immer mehr Zu- ordnungsmöglichkeiten zu entfernen, bis schließlich im Idealfall nur noch eine einzige eindeutige Zuordnung übrig bleibt. In einem ersten Schritt soll der entwickelte Algo- rithmus dann zunächst an einigen Testsystemen getestet werden, dabei soll vor allem untersucht werden, wie robust der Ansatz ist. Das heißt: Inwieweit Ungenauigkeiten, die in jedem realen Spektrum auftauchen werden, die Zuordnung beeinträchtigen. Dar- auf aufbauend soll überprüft werden, inwieweit sich dieses Verfahren auf reale Systeme übertragen lässt. Da nicht unbedingt zu erwarten ist, dass es sich stets um den Ideall- fall handelt, bei dem nur eine einzige Zuordnungsmöglichkeit übrig bleibt, sollen noch Möglichkeiten untersucht werden, verbleibende Mehrdeutigkeiten nach Abschluss der Optimierung zu bewerten.

Im letzten Abschnitt in Kapitel 5 soll der eben entwickelte Algorithmus noch auf die Zuordnung von Methylgruppen übertragen werden. Hierbei sollen bei einem Pro- tein dessen Methylgruppen speziell mit 13C gelabelt sind mit Hilfe vierdimensionaler NOESY-Spektren die chemischen Verschiebungen den einzelnen Methylgruppen zuge- ordnet werden.

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2. Grundlagen

Hier soll zunächst nur auf die Grundlagen eingegangen werden, die für alle späteren Ansätze zur Zuordnung der chemischen Verschiebungen von Bedeutung sind. Einerseits sind dies die chemischen Verschiebungen und Methoden zu deren Voraussage, ande- rerseits HSQC-Spektren, welche einen zentralen Bestandteil der später beschriebenen mehrdimensionalen Spektren bilden.

2.1. NMR-chemische Verschiebungen

Viele Atomkerne besitzen einen Kernspin, der im klassichen Bild einer Eigenrotation der Atomkerne entspricht. Aus der Quantenmechanik folgt, dass ein Atomkern für den Spin nicht beliebig viele Orientierungsmöglichkeiten einnehmen kann, sondern es nur genau definierte Zustände gibt. Die Anzahl der Orientierungsmöglichkeiten für den Kernspin wird über die KernspinquantenzahlIbeschrieben [10]. Es gibt dann2I+1Orientierungs- möglichkeiten für einen Kernspin. Zunächst einmal spielt die Orientierung des Kernspins keine Rolle, da alle Zustände energetisch entartet sind. Bringt man den Atomkern al- lerdings in ein externes Magnetfeld, so wechselwirkt der Kernspin mit dem Magnet- feld, so dass sich die Zustände energetisch unterscheiden. Dabei gilt zunächst einmal, dass für jedes isolierte Atom einer Atomsorte der Energieunterschied der Spinzustän- de bei gleichem Magnetfeld stets der gleiche ist. Neben dem einfachsten Fall, bei dem ein Atomkern nur eine Möglichkeit zur Orientierung besitzt, ist für die Spektroskopi- ker besonders der Fall interessant, bei dem ein Atomkern für den Kernspin genau zwei Orientierungsmöglichkeiten besitzt, da diese keine Kernquadrupolmomente besitzen. So kommt es hier nicht zu zusätzlichen Linienverbreiterungen im Spektrum und auf Grund der nur zwei möglichen Orientierungsmöglichkeiten auch nur zu einer überschaubaren Kopplung mit anderen Kernspins und in der Folge zu einfacheren Spektren. Unter den für Biochemiker interessanten Atomen sind dies die Isotope1H, 13Cund 15N. Allerdings wechselwirken auch die die Atomkerne umgebenden Elektronen mit dem Magnetfeld und können dieses abschirmen. Je stärker die Abschirmung, desto kleiner ist die Ener- giedifferenz zwischen den Zuständen. Für die Chemie interessant sind nun genau diese Abschirmungen, da sie charakteristisch für die chemische Umgebung um einen Kern und damit die chemische Struktur sind. Im einfachsten Fall eines 1D-NMR-Experiments wird die Probe in ein externes Magnetfeld gebracht und einer elektromagnetischen Strahlung ausgesetzt. Dabei wird die Frequenz der Strahlung kontinuierlich verändert. Diejenigen Frequenzen, bei denen Absorption eintritt, werden als Resonanzfrequenzen bezeichnet.

Die Resonanzfrequenzen haben dann genau die Energie, die nötig ist um einen Kernspin von einer Orientierung in eine andere zu versetzen. Im Allgemeinen werden aber nicht

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die absoluten Resonanzfrequenzen angegeben, da diese magnetfeldabhängig sind, son- dern die Abweichungen der Energieunterschiede eines Atomkerns von einer Referenz. Als Referenzsubstanz wird meist Tetramethylsilan eingesetzt. Die Abweichung gegen diese Referenz wird dann als chemische Verschiebung δ bezeichnet und errechnet sich wie folgt: δ = νProbeνReferenz−νReferenz. Hierbei bezeichnet ν die Resonanzfrequenzen der Probe bezie- hungsweise der Referenz. Die chemische Verschiebung ist somit dimensionslos. Um aber handlichere Werte zu erhalten wird die chemische Verschiebung in der Praxis mit einem Wert von106 multipliziert und erhält dann die Einheit ppm. Auf weitere Details und ei- ne tiefergehende Theorie sei an dieser Stelle verzichtet und auf die gängigen Lehrbücher, wie zum Beispiel [10], verwiesen.

Da, wie gerade beschrieben, die chemischen Verschiebungen von der molekularen Um- gebung abhängen, können deren Messungen umgekehrt dazu verwendet werden, die mo- lekulare Struktur aufzuklären. Für kleine Moleküle reichen dabei 1D-Spektren aus, aus denen die Konstitution und im Idealfall auch die relative Konfiguration abgeleitet werden können. Für größere Moleküle kommt der Konformation eine immer entscheidendere Be- deutung zu. Bei sehr großen Systemen wie Proteinen, ist nicht nur die Sequenz der Ami- nosäuren, die sogenannte Primärstruktur, von Bedeutung. Insbesondere für die Funkti- onsweise spielt die räumliche Orientierung der Aminosäuren, die sogenannte Sekundär- und Tertiärstruktur, eine entscheidende Rolle. Um die Funktionsweise eines Proteins zu verstehen und die Dynamik eines Proteins untersuchen zu können, ist daher die vorherige Bestimmung der Struktur erforderlich. Die räumliche Struktur kann mittels NMR-Spektren gelöst werden. So gibt es zahlreiche sogenannte sequentielle Spektren aus denen bestimmt werden kann, welche Atome miteinander verknüpft sind. Mit Hilfe dieser Spektren kann die Primärstruktur des Proteins bestimmt werden und es kön- nen die chemischen Verschiebungen den einzelnen Atomen zugeordnet werden. Mit Hilfe von räumlichen Spektren können sogenannte Restraints aufgestellt werden, die Aussa- gen darüber treffen wie nahe sich zwei Atome räumlich kommen. Hierbei sind besonders zwei Spektren interessant. Zum einen sind das NOESY-Spektren. Diese beruhen auf dem Kern-Overhauser-Effekt [10, 47], dessen Signale umso intensiver sind, je näher sich zwei Atome kommen. Hierbei skaliert die Signalintensität in sechster Potenz zum reziproken Abstand der beiden Atome, das heißt das Volumen steigt in sechster Potenz, je näher sich die beiden Atome kommen. Die andere Klasse sind sogenannte RDC-Spektren. RDC steht fürresidual dipolar couplings. Bei RDC-Spektren wird eine anisotrope Umgebung erzeugt, zum Beispiel durch Einbringen in eine Flüssigkristallphase. Wird ein Spektrum in dieser nicht mehr homogen orientierten Umgebung aufgenommen, können Aussagen darüber getroffen werden, in welchem Winkel sich eine Bindung zwischen zwei Atomen zur durch die Flüssigkristalle vorgegebenen Struktur orientiert. Daraus können dann Restraints für die Diederwinkel des Proteins abgeleitet werden.

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2.2. Berechnung chemischer Verschiebungen in Proteinen

Aus der bekannten 3D-Struktur können die chemischen Verschiebungen des Proteins vorausgesagt werden. Hierbei gibt es prinzipiell zwei verschiedene Ansätze. Der erste Ansatz sind die empirischen Methoden. Diese basieren auf der statistischen Analyse von Datenbanken, in denen chemische Verschiebungen von Proteinen mit bekannter 3D- Struktur gespeichert sind. Hierbei gibt es zum einen die strukturbasierten Methoden zu denen zum Beispiel die Programme SHIFTX [48], SHIFTX+ aus SHIFTX2 [49], SPAR- TA+ [50] und SHIFTS [51, 52] gehören. Dabei wird das gegebene Strukturelement, das heißt die das vorauszusagende Atom umgebenden Atome und die von dem Atom aus- gehenden Bindungen, mit denen der in der Datenbank gespeicherten Strukturelementen verglichen um daraus die chemische Verschiebung vorauszusagen. Der andere empirsche Ansatz sind die sequenzbasierten Methoden, wie zum Beispiel in SHIFTY [53] oder SHIFTY+ aus SHIFTX2 [49] umgesetzt. Dabei wird ausgenutzt, dass Proteine aus nur wenigen Aminosäuren bestehen, die als Bausteine begriffen werden können. Dabei wird die Sequenz, also die Abfolge der Aminosären, mit Datenbankeinträgen verglichen und so eine chemische Verschiebung ermittelt. Falls die chemischen Verschiebungen eines Proteins vorausgesagt werden sollen, welches dazu verwendet wurde, diese Datenbank zu erstellen, werden hierbei natürlich genau diese chemischen Verschiebungen erhalten.

Daher sollten solche Ergebnisse nicht zur Bewertung der Qualität von sequenzbasierten Ansätzen berücksichtigt werden. Der entscheidende Vorteil der empirischen Methoden ist, dass diese die chemischen Verschiebungen sehr schnell voraussagen können, da hier- für nur Datenbanken abgerufen werden müssen. Ein Nachteil ist jedoch, dass Ausreißer, die so in der Datenbank nicht vorhanden sind, nur unzureichend beschrieben werden können. Um auch solche Ausreißer voraussagen zu können, eignen sich die ab-initio Me- thoden. Diese können einzig aus den Koordinaten und dem Atomtyp die chemischen Verschiebungen berechnen. Gravierender Nachteil der quantenmechanischen Methoden ist die lange Rechenzeit. Einerseits steigt die Rechenzeit umso stärker an, je genauer die Ergebnisse erhalten werden sollen und andererseits skalieren diese Methoden mit der Größe des Systems in 3. bis 6. Potenz. Das bedeutet, dass bei einer Verdoppelung der Systemgröße die Rechenzeit auf das 8 bis 64-fache ansteigt. Dies ist natürlich insbeson- dere für Proteine, die sehr große Systeme darstellen, nicht praktikabel. NMR chemische Verschiebungen hängen aber im Wesentlichen nur von der lokalen Umgebung ab. Wei- ter entfernte Bereiche haben nur einen geringen Einfluss auf die chemische Verschiebung eines Atoms. Es genügt daher meistens die lokale Umgebung des zu untersuchenden Sys- tems in die Berechnung mit einfließen zu lassen. Dies führte zur Verwendung fragment- basierter Ansätze, wie zum Beispiel dem im folgenden Unterkapitel 2.3 beschriebenen ADMA-Ansatz [54–57]. Ein weiterer Ansatz ist derjenige von Jacob und Visscher [58], die die Berechnung von Cα chemischen Verschiebungen untersuchten und davon aus- gehen, dass die chemischen Verschiebungen im wesentlichen von der Sekundärstruktur des Proteins abhängen, so dass die Hinzunahme weiter entfernter Aminosäuren als der benachbarten nur noch einen geringen Einfluss haben. Umgesetzt haben sie dies mit

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einemfrozen embedding potential, wie es ursprünglich von Wesolowski und Warshal [59]

vorgestellt wurde. Außerdem sind in diesem Zusammenhang auch die beiden fragment- basierten Ansätze von Lee und Bettens [60] sowie von He, Wang und Merz [61] zu erwähnen.

2.3. Der ADMA-Ansatz

Das ADMA-Verfahren (Adjustable Density Matrix Assembler) [54–57] ist ein fragment- basiertes Verfahren mit der Elektronendichtematrix als zentraler Größe. Mit dieser las- sen sich molekulare Eigenschaften wie die Gesamtenergie berechnen. Der Fragmentie- rungsansatz kann dabei auch für die quantenmechanische Berechnung NMR-chemischer Verschiebungen genutzt werden. [62–64] Zunächst wird ein zu untersuchendes Makromo- lekül in eine Vielzahl von kleinen sich nicht überschneidenden Fragmenten zerteilt. Klein bedeutet hier nicht mehr als etwa 20 Atome. Aus den Fragmenten werden sogenannte parent molecules konstruiert, indem den Fragmenten noch eine Umgebung hinzugefügt wird. Dazu wird ein Umgebungsradius definiert und alle sich in diesem Umgebungsra- dius befindlichen Atome werden dem Fragment als Umgebung hinzugefügt. Da hierbei kovalente Bindungen gebrochen wurden, werden an diese Stellen am Rand der parent molecules Wasserstoffatome gesetzt, um die formale Enstehung von Radikalen zu ver- meiden. In Abbildung 2.1 ist dies exemplarisch für zwei benachbarte Fragmente an dem Tryptophan Cage, einem kleinen künstlich konstruierten Miniprotein [65], gezeigt. In grün sind die beiden Fragmente und in rot die das Fragment umgebenden Atome impa- rent molecule zu sehen. Als Umgebungsradius wurde hierbei ein Wert von 3 Å verwendet.

Je größer der Umgebungsradius gewählt wird, desto besser werden die Ergebnisse, die

Abbildung 2.1.: Zwei benachbarte Fragmente, grün, mit ihrer Umgebung, rot aus den quantenmechanischen Berechnungen der Fragmente resultieren. Die Berechnung dauert aber auch umso länger, je größer das Fragment gewählt wird. Im Grenzfall eines unendlichen großen Radius entspricht jedesparent molecule gerade dem Makromolekül.

Dann wird zwar die maximale Genauigkeit erreicht, der Zeitvorteil gegenüber dem Stan- dardverfahren geht aber verloren. Wird der Umgebungsradius zu klein gewählt, werden

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die Ergebnisse zu ungenau, da dann zu viele Wechselwirkungen vernachlässigt werden.

Daher ist erforderlich, den Umgebungsradius so einzustellen, dass sowohl die Geschwin- digkeit als auch die Genauigkeit der Rechnung akzeptabel sind. Die NMR-chemischen Verschiebungen hängen von der lokalen Abschirmung des Magnetfeldes durch die Elek- tronenstruktur ab. Da diese Abschirmung im Wesentlichen aus den die das Atom direkt umgebenden Elektronen resultiert, genügt hierfür ein Umgebungsradius von 5 Å [62–64].

Für Proteine als Makromoleküle erfolgt die Fragmentierung anhand der Aminosäuren- sequenz. Die beiden kleinsten Aminosäuren Glycin und Alanin werden als ein Fragment behandelt. Bei allen anderen Aminosäuren wird sowohl die Seitenkette als auch das Rückgrat als ein separates Fragment behandelt. Die NMR-chemischen Verschiebungen werden dann aus den Berechnungen der parent molecules entnommen. Bei geeigneter Wahl der verwendeten Theorie und des verwendeten Basissatzes können Genauigkeiten vergleichbar mit empirischen Modellen erhalten werden. [49, 50, 62, 63]

2.4. Mehrdimensionale NMR-Spektren

Bei eindimensionalen NMR-Spektren wird entlang der x-Achse die chemische Verschie- bung und entlang der y-Achse die Intensität eines Signals gemessen. Je mehr Atome ein Molekül enthält, desto mehr Signale erscheinen auch im Spektrum. Auf Grund der begrenzten Auflösung sind die einzelnen Linien nicht unendlich schmal, so dass es bei vielen Signalen zu Überlagerungen mehrerer Signale kommt, die dann nicht mehr aufzu- lösen sind. Insbesondere bei NMR-Spektren von Proteinen wird dies zum Problem, da sich hier nicht nur einzelne Signale überlagern, sondern sogar die meisten Signale über- lagert erscheinen. Der Nutzen eines solchen Spektrums ist daher sehr begrenzt. Um dem Abhilfe zu schaffen, muss ein solches Spektrum in eine weitere Dimension aufgespalten werden.

Ein eindimensionales NMR-Experiment besteht standardmäßig aus zwei Phasen: Einer Anregungsphase folgt eine Detektionsphase. Vereinfacht gesagt gilt, dass in der Anre- gungsphase durch einen Impuls eine Vielzahl an Kernspins in ihrer Orientierung geändert werden und in der Detektionsphase dann die Frequenzen gemessen werden, die die Probe aussendet, wenn sich die Kernspins wieder in ihre Ausgangsorientierung zurück orien- tieren. Bei zweidimensionalen NMR-Experimenten wird zwischen die Anregungsphase und die Detektionsphase noch die Evolutions- und Mischphase eingebaut. Die Evoluti- onsphase ist dabei eine variable Wartezeit und die Mischphase eine konstante Wartezeit.

Für die Aufnahme eines zweidimensionalen Spektrums wird nun eine Vielzahl eindi- mensionaler Spektren aufgenommen, wobei hierfür die Wartezeit der Evolutionsphase iterativ von Null bis auf einen Endwert erhöht wird. Meist werden dabei die von den

13C- oder 15N-Kernen ausgesendeten Frequenzen detektiert. Wichtig ist, dass während der Entwicklungszeit keine Entkopplung zu den1H Kernen stattfindet. Auf diese Weise koppeln die Protonen unterschiedlich, je nachdem wie lange die Evolutionszeit gewählt.

Die Intensität des Kohlenstoffs oder Stickstoffs hängt dann von der Kopplung zu den Protonen ab. Am Ende werden nun alle diese einzelnen Spektren nebeneinander gelegt.

Auf diese Weise kann dann entlang dieser zusätzlichen Dimension, in der diese einzelnen

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Spektren gelegt wurden, eine zusätzliche Frequenzdimension erhalten werden. Üblicher- weise geht man dann so vor, dass entlang der x-Achse die gemessene Frequenz gelegt wird und die einzelnen Spektren entlang dery-Achse ausgebreitet werden. Die Intensität wird dann auf diez-Achse gelegt. Bei diesen zweidimensionalen Spektren kommt es dann nur noch in Einzelfällen zur Überlagerung von Signalen. Für weiterführende Details sei auf die entsprechenden Lehrbücher, wie zum Beispiel [10], verwiesen.

2.5. HSQC-Spektren

Das HSQC-Spektrum ist das einfachste und am meisten verwendete zweidimensionale Spektrum für die NMR-Spektroskopie an Proteinen. HSQC steht hierbei fürheteronucle- ar single quantum coherence. Hierbei werden zwei verschiedene Kerne, üblicherweise 1H und13Coder1H und15Nmiteinander korreliert. Üblicherweise wird entlang derx-Achse die Wasserstoffdimension und entlang dery-Achse die Kohlenstoff- oder Stickstoffdimen- sion aufgetragen. Bei der Aufnahme eines HSQC-Spektrums wird die Magnetisierung von einem Wasserstoffkern auf einen benachbarten Kohlenstoff- oder Stickstoffkern übertra- gen, von wo aus diese in einem zweiten Schritt zurück auf die Protonen übertragen wird. [10] Auf diese Weise sind die chemischen Verschiebungen von Wasserstoffen und Kohlenstoffen beziehungsweise Stickstoffen miteinander verknüpft. Im Spektrum erschei- nen dann nur die CH- beziehungsweise NH-Gruppen, also solche Gruppen, wo an einen Kohlenstoff beziehungsweise einen Stickstoff direkt ein Wasserstoff gebunden ist. Die Si- gnale erscheinen dann auf derx-Achse bei der entsprechenden chemischen Verschiebung des Wasserstoffs und auf der y-Achse bei der entsprechenden chemischen Verschiebung des Kohlenstoffs oder des Stickstoffs.

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3. Zuordnungen basierend auf theoretischen Vorhersagen chemischer Verschiebungen

3.1. Einleitung

Ein erster Ansatz, NMR chemische Verschiebungen zuzuordnen, basiert darauf aus meh- reren mehrdimensionalen NMR-Spektren Zusammenhänge zwischen einzelnen chemi- schen Verschiebungen zu generieren und diese dann durch einen Vergleich mit berech- neten chemischen Verschiebungen zuzuordnen. Wie in der Einleitung im ersten Kapitel und im Theorieteil im zweiten Kapitel bereits beschrieben, liegen die Fehler bei der Be- rechnung der chemischen Verschiebungen in einer Größenordnung von etwa 1 ppm für Kohlenstoffe und etwa 0,2 ppm für Wasserstoffe. Damit sind die Fehler bei der Berech- nung auch dann noch zu groß für eine eindeutige Zuordnung, wenn die Wasserstoffe und die Kohlenstoffe durch die Aufnahme eines HSQC-Spektrums miteinander korreliert wur- den. Ähnliche Gruppen wie zum Beispiel Methylgruppen sind sich im HSQC-Spektrum so ähnlich, dass sie unter Berücksichtigung der zu erwartenden Fehler in der Voraus- sage der chemischen Verschiebungen nicht eindeutig voneinander unterscheidbar sind.

Um weitere Zuordnungen zu ermöglichen, müssen die einzelnen Signale im HSQC weiter miteinander korreliert werden. Es müssen weitere Spektren hinzugezogen werden, die Verknüpfungen zwischen einzelnen Signalen ermöglichen. Dafür eignen sich besonders TOCSY-Spektren.

3.2. Theorie und Methodik

3.2.1. TOCSY-Spektren

Eine Möglichkeit die Signale eines HSQC-Spektrums miteinander zu verknüpfen bietet das TOCSY-Spektrum. TOCSY steht dabei für total correlation spectroscopy. Im Falle eines zweidimensionalen1H-1H-TOCSY Spektrums werden von einem Proton ausgehend alle über ein Spinsystem verknüpften Protonen korreliert. Dafür wird ein einzelnes Pro- ton angeregt und die Magnetisierung wandert dann schrittweise über das gesamte Spin- system zu allen anderen Protonen dieses Spinsystems. Ein einzelnes Spinsystem zeichnet sich dabei dadurch aus, dass die einzelnen Protonen dabei nicht weiter als drei kovalente Bindungen voneinander entfernt sind. Die räumliche Entfernung der Kerne spielt bei einem TOCSY-Spektrum keine Rolle [10]. In Proteinen besteht zwischen den einzelnen

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Aminosäuren eine Peptidbindung. Die dort vorhandene Carbonylgruppe trennt die Spin- systeme. Auf diese Weise ist jede Aminosäure in einem Protein ein einzelnes Spinsystem.

Ausgehend von zum Beispiel den Hα-Signalen, können diese dann mit der Seitenkette korreliert werden.

Hierbei ergibt sich allerdings wiederum das Problem, dass es in einem Protein viel zu viele Wasserstoffsignale gibt, so dass es zu einer Vielzahl an Überlagerungen kommt und ein 2D-TOCSY-Spektrum zumindestens für mittelgroße Proteine nicht mehr auswertbar ist. Um ein übersichtlicheres Spektrum zu erhalten, kann das TOCSY-Spektrum um eine dritte Dimension erweitert werden. Hierbei wird der ursprüngliche Kern von dem aus das TOCSY-Spektrum gemessen wird zuerst mit dem benachbarten Kohlenstoff korreliert.

Auf diese Weise wird diex-Achse im 3D-Spektrum in zwei Achsen aufgespalten, die dann diexy-Ebene bilden. Die TOCSY-Spur ist dann alsz-Achse zu finden. Diexy-Ebene des 3D-TOCSY Spektrums ist dabei analog zum HSQC-Spektrum aufgebaut. Dort wo im HSQC-Spektrum Signale zu erwarten sind, sind diese auch in dieser Ebene zu erwarten.

Zusätzlich zum HSQC-Spektrum enthält das 3D-TOCSY-Spektrum noch die TOCSY- Spur. Wird ein beliebiges Signal ausgewählt, so erscheinen dann in derz-Dimension alle chemischen Verschiebungen aller Wasserstoffe, die sich in demselben Spinsystem befin- den. Auf diese Weise wird die gleiche Information erhalten wie im zweidimensionalen TOCSY-Spektrum, es wird aber die Überlagerung aufgelöst. Da ein Spinsystem in ei- nem Protein auf eine Aminosäure beschränkt ist, sind die TOCSY-Signale, die hier zu sehen sind, gerade die Signale der Seitenkette der entsprechenden Aminosäure. So kann man zum Beispiel vom CαHα-HSQC-Signal ausgehen und in der indirekten Dimensi- on des TOCSY-Spektrums die chemischen Verschiebungen der Seitenkettenwasserstoffe erhalten.

Neben der Möglichkeit, ein Proton mit einem Proton zu korrelieren, kann auch ein Proton mit einem anderen Kern korreliert werden. Für die Protein-NMR ist hier beson- ders die 1H-13C-Korrelation von Bedeutung. Auf diese Weise werden in der indirekten Dimension statt der chemischen Verschiebungen der Wasserstoffe die chemischen Ver- schiebungen der Kohlenstoffe des Spinsystems erhalten. Auch hierfür kann und sollte bei Proteinen ein 3D-Spektrum aufgenommen werden um zahlreiche Überlagerungen aufzu- lösen. Die xy-Ebene bleibt dabei unverändert, da in diesem Spektrum nur die Korrela- tionsziele geändert werden. Bei der Auswahl eines Signals in der xy-Ebene erscheinen dann auf der z-Achse die Signale aller 13C-Kerne dieses Spinsystems. Die hier zu se- henden korrelierten chemischen Verschiebungen der Kohlenstoffe entsprechen allesamt den chemischen Verschiebungen der Kohlenstoffe in der Seitenkette, da sich auch diese Spinssysteme jeweils auf eine Aminosäure beschränken.

Mit der Aufnahme eines 3D-CH-H TOCSY-Spektrums und eines 3D-CH-C TOCSY- Spektrums können dann sowohl die chemischen Verschiebungen der Wasserstoffe der Seitenkette als auch die chemischen Verschiebungen der Kohlenstoffe der Seitenketten erhalten werden. Mit der Erweiterung des TOCSY-Spektrums um eine vierte Dimension zu einem 4D CH-CH TOCSY-Spektrums sieht man in der indirekten Dimension die chemischen Verschiebungen der Wasserstoffe und der Kohlenstoffe beide gleichzeitg, so dass direkt ersichtlich wird, welche HSQC-Signale zu dieser Aminosäure gehören.

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3.2.2. Zuordnung mit Hilfe von TOCSY-Spektren

Durch die Aufnahme beider TOCSY-Spektren, sowohl des CH-H TOCSY-Spektrums als auch des CH-C TOCSY-Spektrums, erhält man die Möglichkeit festzustellen, welche Signale des HSQC-Spektrums zusammen gehören, das heißt aus der gleichen Aminosäure stammen.

Für dasexperimentelleTOCSY-Spektrum werden dafür folgende Annahmen getroffen:

1. Es ist vollständig, es werden also keine Bereiche abgeschnitten.

2. Alle Seitenkettensignale sind zu sehen, es fehlen keine Signale.

3. Alle Signale sind eindeutig aufgenommen. Es kommt nur soweit zur Überlagerung von Signalen, dass alle Signale noch eindeutig aufgelöst werden können.

Durch die TOCSY-Spuren ist bekannt, welche Signale der verschiedenen Atomgruppen zu derselben Aminosäure gehören. Anschaulich kann dies beschrieben werden, indem die Punkte im HSQC-Spektrum zu Graphen verbunden werden. Verbindet man alle Seiten- kettensignale einer Aminosäure so entsteht dabei je nach Aminosäuretyp ein charakteris- tisches Muster. Diese Muster können nun dazu verwendet werden, Gruppen chemischer Verschiebungen den Aminosäuretypen zuzuordnen.

Neben diesen so erzeugten Graphen sollen auch aus den berechneten chemischen Ver- schiebungen solche Graphen erzeugt werden. Die so erzeugten Graphen sollen dann mit- einander verglichen werden, in dem Sinne, dass jedem berechneten Graphen ein experi- menteller Graph zugeordnet werden soll. Dabei kann zunächst jeder berechnete Graph jedem gemessenen zugeordnet werden, so dass alle Permutationen in Frage kommen. Für jede Permutation wird eine Bewertungsfunktion berechnet, die aussagt wie stark in die- ser Zuordnung die Abweichungen der berechneten von den gemessenen Graphen ist. Um einen solchen Wert zu berechnen, werden drei prinzipielle Möglichkeiten verwendet diese Abweichung zu bewerten. Allen drei Möglichkeiten liegt jedoch zu Grunde, dass alle Ab- weichungen in der Wasserstoffdimension mit einem Faktor von 10 multipliziert werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der Bereich der Wasserstoffdimension und auch deren Fehler viel kleiner sind als der Bereich und die Fehler in der Kohlenstoffdi- mension.

• Direktes Matching: Die erste und naheliegendste Möglichkeit ist alle absoluten Ab- weichungen aufzusummieren. Dazu werden die beiden Graphen miteinander vergli- chen, die in der gewählten Permutation der gleichen Aminosäure zugeordnet sind.

Die beiden Signale, welche dieselbe Atomgruppe bezeichnen, werden miteinander verglichen, indem die Differenz ihrer jeweiligen chemischen Verschiebung berechnet wird. Die Summe der absoluten Differenzen aller beteiligten Atomgruppen eines Graphs (entsprechend einer Aminosäure) beschreibt die Abweichung für die zwei verglichenen Aminosäuren. Die Summe dieser Abweichungen über alle miteinan- der verglichenen Graphen beschreibt die Bewertungsfunktion, die die Permutation bewertet. Mathematisch bedeutet das:

S= 10 (|Hαexp−Hαcalc|+|Hβexp−Hβcalc|+. . .)+|Cαexp−Cαcalc|+|Cβexp−Cβcalc|+. . .

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• Graphmatching: Hier werden nicht die Punkte der HSQC-Signale miteinander ver- glichen, sondern die Abstände der einzelnen Punkte zueinander. Dazu werden in einem Graph die Längen aller Verbindungslinien berechnet. Dann vergleicht man die beiden Graphen miteinander, die in der gegebenen Permutation der gleichen Aminosäure zugeordnet wurden. Die absoluten Differenzen der Längen der Verbin- dungslinien werden aufsummiert und ergeben die Abweichung für die beiden mit- einander verglichenen Graphen. Aus diesen wird dann wie beim direkten Matching die Summe gebildet und so die Bewertungsfunktion für die gewählte Permutation berechnet.

• Offset korrigiertes Matching: Sollen zwei Graphen mit dieser Methode miteinan- der verglichen werden, so wird zunächst die Differenz ihrer beiden Schwerpunkte berechnet. Diese Differenz wird als Offset bezeichnet und entspricht einer syste- matischen Abweichung. Um zu verhindern, dass solche systematischen Fehler die Bewertung beeinflussen, wird beim Vergleich eines experimentellen mit einem be- rechneten Graphen diese Differenz beim berechneten Graphen addiert, so dass bei- de Schwerpunkte dann aufeinanderfallen. Der anschließende Vergleich der beiden Graphen und die Berechnung erfolgt wie beim direkten Matching.

3.3. Ergebnisse

3.3.1. Testsysteme

Die entwickelte Idee wurde an zwei Proteinen geprüft. Das erste verwendete System ist der lösliche C-terminale Teil des Proteins YuaF aus Bacillus subtilis, entsprechend den Aminosäuren 97-174 des gesamten Proteins. Dieser Teil des Proteins wird auch als sYuaF bezeichnet. YuaF gehört zu den NfeD-ähnlichen Proteinen und ist wahrscheinlich für die Aufrechterhaltung der Membranintegrität bei zellulärem Stress verantwortlich.

Die Sturktur des sYuaF wurde in der Arbeitsgruppe von Heiko Möller [66] gelöst und wurde in der Proteindatenbank PDB [67] unter dem PDB-Code 2K14 veröffentlicht. In Abbildung 3.1 ist der schematische Aufbau des Proteins gezeigt. Das Protein besteht aus einer N-terminalenα-Helix die an einβ-Fass, bestehend aus fünf β-Faltblättern, gebun- den ist. Die Zuordnung der NMR-chemischen Verschiebungen des Rückgrades und der Seitenketten der Aminosäuren des Proteins, sowie die 3D-Strukur wurden durch dreidi- mensionale NMR-Spektren gelöst. Die hierbei zugeordneten chemischen Verschiebungen wurden in der BMRB [68] unter der Nummer 15475 veröffentlicht. Da die Struktur dieses Protein mittels NMR-Spektroskopie ermittelt wurde und alle dabei verwendeten Spektren zur Verfügung standen, eignet sich dieses Protein hervorragend als Testfall.

Neben dem YuaF wurde das Ubiquitin als zweites Testsystem verwendet. Ubiqui- tin ist in allen lebenden Zellen zu finden und dient der Qualitätskontrolle, indem es reversibel an andere Proteine bindet. Für die folgenden Untersuchungen wurde die in der PDB-Datenbank [67] unter dem Eintrag 1D3Z [69] veröffentlichte Struktur und die zugehörigen in der BMRB [68] unter der Nummer 17769 veröffentlichten chemischen Verschiebungen verwendet. Ubiquitin ist vor allem deswegen sehr interessant, da es das

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Abbildung 3.1.: Die veröffentlichte 3D Struktur des Proteins YuaF: Am N-terminalen Ende ist die α-Helix zu sehen, die an β-Fass anschließt, das aus fünf β-Faltblättern zusammengesetzt ist.

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beliebteste Testprotein für NMR-Spektroskopiker ist und daher diverse 3D-Strukturen existieren, die mittels NMR-Spektroskopie gelöst wurden. Zudem sind auch alle chemi- schen Verschiebungen des Ubiquitins bekannt und veröffentlicht. Neben diesen zahlrei- chen 3D-Strukturen, die mittels NMR-Spektroskopie gelöst wurden, existieren auch viele 3D-Strukturen, die mittels Röntgenkristallographie gelöst wurden.

3.3.2. HSQC-Spektren

Zur Vorhersage der chemischen Verschiebungen wurde das empirische Programm SHIFTX2 [49] verwendet, welches eine Kombination aus sequentieller und struktur- basierter Vorhersage benutzt. Des Weiteren wurden zwei quantenmechanische Verfah- ren verwendet. Zum einen das ADMA-Verfahren mit einem B3LYP-Funktional, einem 6-311g(d) Basissatz und einem Kugelradius von 5 Å für die Umgebung der Fragmente;

zum anderen das ADMA-Verfahren mit einem mPw1Pw91-Funktional, einem 6-311g(d) Basissatz und einem Kugelradius von 7 Å für die Umgebung der Fragmente.

Die Ergebnisse der Berechnungen für das YuaF sind in Abbildung 3.2 dargestellt.

Weitere Zahlenwerte zu mittleren und absoluten Fehlern einzelner Gruppen sind im Anhang aufgeführt. Dabei zeigt sich, dass lediglich der Bereich der Aromaten, welcher in Abbildung 3.2 jeweils oben rechts durch einen grauen Kasten dargestellt ist, mit großer Sicherheit vom Rest abgetrennt wird. Der Bereich der Methylgruppen, in der Abbildung jeweils unten links durch einen grauen Kasten dargestellt, lässt sich dagegen nicht sauber auflösen.

Aus den in der BMRB veröffentlichten NMR-Daten sowie den zur Verfügung gestellten experimentellen NMR-Spektren konnte durch Verknüpfung der chemischen Verschiebun- gen der Wasserstoffe und der Kohlenstoffe ein vollständiges experimentelles CH-HSQC- Spektrum erzeugt werden. Aus den berechneten chemischen Verschiebungen des YuaF konnten drei künstliche HSQC-Spektren erzeugt werden. Diese künstlichen Spektren wurden erhalten, indem auch hier die chemischen Verschiebungen der beteiligten Koh- lenstoffe und Wasserstoffe miteinander verknüpft wurden.

Die künstlich erzeugten HSQC-Spektren sind in Abbildung 3.3 dargestellt. Der Aro- matenbereich ist oben rechts in den jeweiligen HSQC-Spektren zu sehen und sauber vom Rest abgetrennt, wie dies bereits aus der Betrachtung der Korrelationen zu erwar- ten war. Der Methylbereich unten links ist zwar zu erahnen, aber nicht mehr so sauber aufgelöst. Die Nahaufnahme des Methylbereichs, in der Abbildung unten links darge- stellt, zeigt, dass eine Zuordnung der berechneten HSQC-Signale zu den experimentellen Signalen nicht möglich ist, da die mittleren Fehler in der Berechnung größer sind als die Abstände der Signale im Spektrum. Beim Vergleich der beiden mittels ADMA berech- neten HSQC-Spektren in Abbildung 3.3 ist ersichtlich, dass diese sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden.

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